Der Glasgarten von Gadreel_Coco ================================================================================ Kapitel 12: Drachenhorst ------------------------ ~ Drachenhorst ~ Erst bot ihm der andere Mann an, die Haare zu waschen und nun, sie zu kämmen? Anscheinend eine wirkliche Obsession mit diesen dicken, langen Zotteln! „Gib’s zu, das hast du von Anfang bis Ende so geplant!“, funkelte er und fuchtelte mit der behaarten Bürste vor Schuldigs Hand herum. Nicht im Geringsten böse, nein. Dafür war er trotz der widerspenstigen Vogelnester auf seinem Kopf zu ruhig, zu entspannt. Kopfschüttelnd warf er dem anderen Mann die Bürste zu und stand auf, knüllte das Handtuch zusammen, das ihm bisher als Unterlage gedient hatte. Ging vor in das immer noch etwas diesig-feuchte Bad. "Ja na logisch", antwortet Schuldig augenrollend und sparsam blickend, den Mund dabei leicht verziehend. "Seit meiner Geburt habe ich geplant, einmal einen Mann einzufangen um ihm die langen Haare bürsten zu dürfen", griente er neckend und folgte Aya, wartete bis dieser sich auf den Badewannenrand oder auf die Bank gesetzt hatte um damit zu beginnend erst die Spitzen auszubürsten. Aya schüttelte ebenso amüsiert den Kopf und entschied sich für die Bank. Seine Haare waren im Gegensatz zu seinem Körper der Teil von ihm, den Schuldig berühren konnte…durfte. Weil ihre Vereinbarung es so verlangte. Sollte der Deutsche allerdings meinen, dies wäre eine Einladung…konnte er sich auf was gefasst machen. „Was habe ich gesagt…durchgeplant…und das über Jahre hinweg“, spottete er sacht. „Und was tust du nun, da du am Ende deiner Ränken angekommen bist?“ "Haare bürsten?" lachte Schuldig gelöst und entspannt, werkte konzentriert. Hielt die langen Haare mit der Hand fest um Aya nicht zu grob an der Kopfhaut zu ziehen, arbeitete so die Flechten heraus, griff zu seiner Haarkur und nahm einen Kamm, arbeitete die Kur in die Spitzen ein. "Die sehen aber echt fertig aus...die letzten Tage waren nicht so günstig", murmelte er. "Machst du nichts mit deinen Haaren, was Pflege betrifft?", hakte er nach, in seine Aufgabe vertieft. Er hatte immer auf seine Haare geachtet, da sie von Farbe und auch von der Fülle eher selten waren. Aya schnupperte zweifelnd, als sich ein unmissverständlich frischer Mandelduft hinter ihm ausbreitete. Den er mit einem leichten Herumdrehen seines Kopfes als Produkt einer Haarkur identifizierte. Aya hob misstrauisch seine Augenbraue. Vielleicht hätte er dem anderen Mann doch nicht seinen Rücken zudrehen sollen. Aber wie hatte er auch schon ahnen können, dass dieser die Rolle seines Privatcoiffeurs übernehmen würde? „Es sind nur Haare…wenn sie kaputt sind, kommen sie eben ab“, erklärte er kopfschüttelnd, hielt jedoch inne, als diese Bewegung an seinen Haarwurzeln zog. „Da braucht man nichts pflegen…und wie du schon gesagt hast, stehen sie mir sowieso nicht.“ Er lachte leise. Verschwendung waren sie an ihm, hatte Schuldig ihm charmant vor ein paar Tagen unterbreitet. Und dass eben diese Verschwendung durch die Mangelernährung der letzten Tage gelitten hatte. Nun…das wussten sie beide. Da brauchte er dem Telepathen nicht zustimmen. Schuldig verzog unmutig den Mund und stupste Aya leicht auf den Kopf. "Das sagte ich, weil ich dich ärgern wollte", gab er zu. "Die Haare würden einem anderen nicht so gut stehen wie dir, was will man schon mit solchem Haar, wenn der Typ dazu unmöglich ist...das...", murmelte er verdrossen, wollte noch etwas hinzufügen, beließ es aber dabei. Aya zuckte mehr vor Überraschung als vor Schmerz zusammen und bedachte den Telepathen mit einem bösen Blick. Er hätte ihm DEFINITIV nicht den Rücken zudrehen sollen. Er seufzte schwer, hatte er wohl gehört, dass dieser Satz nicht beendet war…dass da noch etwas hingehörte. Was natürlich – wie konnte es auch anders sein – Neugier in ihm weckte. „Das…..?“, hakte er fragend nach, lauschte wie nebenher dem leichten, gar nicht mal so schmerzhaften Zug an seinen Haaren. Eigentlich ein sehr angenehmes Gefühl…zumindest angenehmer als das, was er sich hatte angedeihen lassen. Schuldig grübelte einige Wimpernschläge vor sich hin, wie er nun seinen Satz beenden sollte, entschied sich für das Naheliegendste. "...dass deine Haare zu dir passen und ...naja...", druckste er herum, fühlte sich mit einem Mal seltsam. "Du siehst .... eben gut aus", grummelte er beinahe unwillig, dies zugegeben zu haben. Warum denn plötzlich? Hatte er nicht schon vorher gezeigt, dass Aya ihn nicht kalt ließ? Ähnliches durchzog auch Ayas Gedanken. Natürlich war er sich bewusst, dass der andere Mann sich nicht von ihm abgestoßen fühlte. Leider, wie eine kleine, gemeine Stimme in seinem Unterbewusstsein zum Besten gab. Dennoch fühlte er sich in keinster Art und Weise davon beeinträchtigt. Auch nicht in seinem Umgang mit dem Telepathen. „War schwer, das zuzugeben, oder?“, lächelte er gutmütig und schüttelte amüsiert den Kopf. Löste den letzten Rest Anspannung aus seinen Zügen. Wartete einfach, bis der andere Mann mit seiner Beute, sprich, den roten Zotteln, fertig wurde. Schuldig stutzte etwas, lachte aber dann warm. "Naja, schwer eher, es nicht zu schmachtend auszudrücken", durchzog sein warmes leises Lachen das Badezimmer. Mit einem glatten Kamm durchkämmte Schuldig wiederum die langen leicht durchkämmbaren Strähnen, legte sie locker über den Rücken, er widerstand dem Drang an ihnen zu riechen, legte den Kamm, zur Seite nachdem er die Haare die sich darin verfangen hatten, entfernte. Er wandte sich um, schloss die Haarkur und verräumte sie. Aya verharrte für ein paar Momente still, nahm Kenntnis davon, was der Telepath tat, registrierte das aber nicht wirklich. Sein Fokus lag auf den gerade eben ergangenen Worten. Nicht schmachtend…eine Bewunderung für Schönheit. Schönheit, die er nicht besaß. Welch charmant gelogenes Kompliment. Aya gab nichts um Schönheit…um die musischen Dinge des Lebens. Sie war nicht wichtig in seinem Beruf. Denn Schönheit bedeutete meist Begehrt sein…und das wiederum Bindungen jeglicher Art. Das konnten sie sich nicht erlauben. Nicht, wenn sie am nächsten Tag schon unter der Erde liegen konnten, kalt, Fraß für die Würmer. Ein bitteres Lächeln stahl sich auf seine Lippen, bevor er es mit Gewalt wieder tilgte. Das war nichts, worüber er nachdenken wollte. Er hätte ein normales Leben führen können, da hatte Schuldig recht gehabt. Und er hatte ausgeschlagen. „Schönheit ist nichts, das in unsere Welt gehört“, veräußerte er schließlich leise und schüttelte den Kopf. Sah auf die emsige Gestalt des anderen Mannes. Innehaltend und den Kopf nachdenklich zu Aya drehend zog Schuldig die Brauen zusammen. "Wer sagt, dass du in ‚unsere’ Welt gehörst?", fragte er leicht dahin, als wäre für ihn völlig klar, dass Aya diese Schönheit war und als hätte Aya die ganze Zeit von sich selbst gesprochen. Diese so präzisen und gut gewählten Worte ließen jedoch erahnen, dass sich viel mehr hinter dieser locker dahin gesagten, aber leisen Frage verbarg. Seine Augen fixierten Aya ruhig und mit einer Gelassenheit die er sonst selten an den Tag legte. Aya lächelte beinahe schon traurig. Vielleicht hätte es ihn irgendwann geehrt, so etwas zu hören. Irgendwann einmal vor ein paar Jahren, doch nun prallte es an genau der Schicht ab, die ihn befähigte zu töten. Wie Wasser an einem schmierigen Ölfilm, der nichts hindurchließ. Er gehörte nicht in die Welt der dunklen Gestalten? Dass er nicht lachte. „Natürlich gehöre ich dazu“, sagte er Schuldigs ruhigen Augen, dem Blick, der ihn trotz seiner inneren wie äußeren Schutzwälle zu durchdringen schien. „Oder habe ich hiermit nicht getötet?“ Langsam hob er seine Hände, streckte Schuldig leicht die Handflächen entgegen. Ausgebreitet wie ein Messias bei der Verkündigung. Nur dass er keiner war. "Darum geht es nicht", schüttelte Schuldig den Kopf und wiegelte ab. "Schönheit ...ist vorhanden, dort wo Hässlichkeit zu finden ist, es sind Gegenpole, die ohne einander nicht vorhanden wären, ihre Definition hängt vom jeweils anderen ab", sagte er sanft, seine eigenen Ansichten wiedergebend. Er überlegte einen Moment "Willst du beim Frühstück weiter reden?" „Natürlich sind es Gegenpole…aber in unserer Welt überwiegt das Negative. Oder kannst du am Rot des Blutes etwas Schönes finden?“ Aya erhob sich, schüttelte seine Haare leicht nach hinten, band sie schließlich wieder zu einem nachlässigen Dutt zusammen, damit die nassen Strähnen ihm nicht zusätzliche Kälte bereiteten. Er folgte dem Vorschlag des anderen Mannes, auch wenn er nicht wirklich Hunger hatte. Doch es roch gut…es roch gesund. Und was sollte er denn hier bleiben? Er hatte ja sowieso nichts zu tun. Vermutlich war er deswegen innerlich so unruhig. Langsam trat er an Schuldig vorbei zurück in den Wohnbereich, warf einen langen Blick zur Küche, wo ihn ein reichlich gedeckter Frühstückstisch erwartete. Beinahe schon fürstlich. Ein schwach belustigtes Lächeln huschte über seine Züge. Nein, ganz sicherlich fürstlich. Sein Blick glitt durch den Raum, blieb an einer halb offenen Tür hängen. Die er bisher noch nicht wahrgenommen hatte. „Was ist dahinter?“, fragte er neugierig und sah zurück, fokussierte sich wieder auf Schuldig. Den Blick Ayas folgen lassend, wandte er sich ab als er erkannte was dieser mit seiner Frage meinte und schenkte sich Kaffee ein, während er antwortete. "Ein Raum, der schalldicht ist um mich zu entspannen. Wenn ich schon nicht die Gedanken ausschließen kann, dann - so dachte ich mir - wenigstens die Geräusche. Es kommt aber eher selten vor, dass ich die Gedanken der anderen nicht aussperren kann", zuckte er mit den Schultern, nahm einen Schluck des heißen Getränks und sah Aya an. Nun es stimmte nicht ganz, was er Aya erzählte, aber besser eine Halbwahrheit als eine Lüge. Die Gedanken verblassten zu einem Hintergrundgeräusch, welches er nicht mehr wahrnahm, doch er konnte nicht sagen, dass er sie komplett aussperrte. Dies wäre falsch. Aber das ging Aya nichts an... Der momentan völlig fasziniert auf eben diesen Raum zustrebte. Schalldicht? Ohne Geräusche? Nur man selbst...ohne die Umwelt. Schuldig diente er als Entspannung. Ein guter Zweck, wie Aya befand. Ein Teil von ihm fragte sich, wie es sich wohl anfühlte, bis oben hin gefüllt mit den Gedanken anderer zu sein, nicht mehr zu wissen, was zu einem selbst und zu den Menschen gehörte, die die Welt barg. War es das, was Schuldig mit vergessen meinte? Dass es manchmal besser war zu vergessen, bevor man verrückt wurde? Stumm betrat er den Raum, vollkommen in sich gekehrt und zog die Tür hinter sich. Tauchte hinein ins Dunkel der Stille. Schwarze, taube Stille. Da war nichts. Nicht einmal ein Rauschen, nicht einmal ein Flimmern. Nur er als Mittelpunkt seines Denkens. Etwas erstaunt über Ayas Interesse setzte sich Schuldig an den Tresen und begann mit dem Frühstück, Aya würde schon wieder rauskommen, falls es ihm zu viel der ‚Ruhe’ wurde. Auf manche Menschen konnte diese Art Raum einen seltsamen Einfluss aber auch körperliche Auswirkungen haben. Er konnte damit umgehen, schließlich hatte sein Leben eine Zeitlang aus dem Tingeln durch verschiedene psychiatrische Anstalten bestanden, als er noch Kind war. Aber das gehörte nicht mehr hierher, beschloss er. Aya schloss seine Augen, ließ die Stille wohltuend auf sich einwirken, ihn sich beruhigen. Ohne fremde Gedanken…ohne störende Geräusche, die ihn aus der Bahn brachten…gar nichts. Und dennoch… Seine Finger tasteten sich langsam voran , als wollten sie ihre Umgebung genauestens erkunden, umschmeichelten sanft die Türklinke und drückten sie hinunter, ließen Licht und Lärm hinein, wie ihm plötzlich bewusst wurde. Das Radio im Hintergrund, die minimal zu hörende Lüftung. Er trat hinaus, öffnete langsam seine Augen. Sah den anderen Mann beim Frühstück…dem reichhaltig dargebotenen. „Nett“, nickte er anerkennend und ließ sich gegenüber vom Telepathen auf einen der Hocker nieder, zog dabei ein Bein an sich und starrte hinaus auf die Stadt. "Du solltest dich vielleicht um dein kleines Gewächs dort drüben kümmern, sonst müssen wir ihn notwässern!", grinste Schuldig und wies auf den Bonsai, mitten in die eingetretene Stille zwischen ihnen hinein. Obwohl sie nicht unangenehm war. Das Radio lief, murmelte vor sich hin und untermalte ihr Beisammensein, als würden sie dies öfter tun. Was nicht der Fall war - und vermutlich nicht mehr oft so sein würde. Es gaukelte ihm vor, es wäre alles in bester Ordnung. Der Blick des rothaarigen Mannes kehrte zurück zu seinem momentanen Pendant, von ihm schließlich auf das kümmerliche, schier weinende Gewächs, das seine noch verbleibenden Blätter verzweifelt gesenkt hatte und um Gnade bat. Aya lächelte. Eine Herausforderung für jeden Floristen. Er studierte den Fukientee aufmerksam, entschied in Gedanken, was für ihn das Richtige wäre und nickte schließlich bedächtig. „Sollte ich…aber erst nach dem Frühstück“, erwiderte er mit hochgezogenen Augenbrauen und griff ruhig zur Kaffeekanne, schenkte sich eine halbe Tasse ein. Tat es unvorsichtiger Weise, denn obgleich er sich schon besser fühlte, viel ausgeruhter, überkamen ihn von Zeit zu Zeit doch noch leichte bis mittelstarke Magenkrämpfe. Wenn auch nicht so intensiv wie zuvor. Doch er brauchte den Kaffee, das war seine Droge. Kaffee und Tee. Genüsslich tat er den ersten Schluck und sah Schuldig unverwandt in die Augen, studierte dessen auch nicht wirklich ausgeruhtes Gesicht und ließ seinen Blick schließlich über den Tisch gleiten. Es war kein traditionelles, japanisches Frühstück, aber was machte das schon? Er war neugierig, wenn auch nicht hungrig genug, um einiges davon zu probieren. Wie in einem Hotel. Hotel Schwarz. Bester Service, freundliche Bedienung, gute Aussicht. Aya schnaubte amüsiert anhand der Vorstellung und schüttelte den Kopf. Und wer war der Concierge? Etwa Farfarello? Stumm erwiderte Schuldig den Blick für die Momente, die er hielt, bis das amüsierte Schnauben ein Grinsen auf sein Gesicht legte und er sich seinem Toast widmete. "Waaas?", fragte er gedehnt, bevor er in das getoastete Weißbrot biss. Er wollte schon wissen, was Aya amüsierte... Da hatte er den Salat. Jetzt durfte er seine Gedanken auch noch laut erklären, wusste Aya doch genau, dass Schuldig sich mit einem ‚Nichts’ nicht zufrieden geben würde. Ein Lachen wellte in ihm hoch, sprudelte aber nur teilweise an die Oberfläche seiner Stimmbänder, als er sich ein weiteres Mal in seine Kaffeetasse tauchte. „Vielleicht…solltet ihr euren Job aufgeben und ein Hotel groß ziehen. Pension Schwarz, oder etwas Ähnliches. Schöne Aussicht, kompetente Bedienung, ausgiebiges Frühstück. Unser Concierge wird Sie sicherlich gerne beraten“, wiederholte er seine Gedanken und zuckte amüsiert mit den Schultern, begegnete dem inquisitorischen ‚Waaas?’ mit einem Schmunzeln. In seinem Kauen innehaltend, wurden Schuldigs Augen größer und er schluckte hastig hinunter bevor sich ein breites Grinsen auf seinem Gesicht ausbreitete, dass die grünen Augen nur so strahlen ließ. "Haustiere ebenfalls willkommen. Ihre Hunde und ‚Katzen’ sind hier in besten Händen", lachte er und gluckste vor sich hin. "Und Nagi kümmert sich um das Gepäck, ich um die Wünsche der Gäste und Crawford kümmert sich um das Finanzielle", grinste Schuldig. „Und Farfarello nimmt die Gäste in Empfang….samt…Katzen…und Hunden“, vollendete Aya den Vorschlag und schüttelte sichtbar amüsiert den Kopf. Sowas. Eine nette Vorstellung, wirklich nett. Wie gruselig. Dass er momentan in eben diesem Gruselkabinett verweilte...nun gut. Als Katze wohlgemerkt, hatte er doch genau die Intonation des anderen Mannes herausgehört. „Wir haben uns diese Codenamen nicht ausgesucht“, erwiderte er mit einem indignierten Naserümpfen, griff sich einen der noch warmen Toasts und brach sich ein trockenes Stück davon ab. Kaute bedächtig langsam und erwiderte den grünen Blick mit einem herausfordernden Funkeln. "Ja vermutlich und aufgrund dessen würden die weiteren Gäste wohl ausbleiben", mutmaßte Schuldig, zu dem Vorschlag Farfarello an den Empfang zu stellen, mit einem bösen Lächeln. "Ahh, aber diese Namen passen schon zu euch, es macht Spaß, euch damit aufzuziehen, wer will von euch schon Kätzchen genannt werden? Dumm gelaufen, was?" Eine rotbraune Augenbraue hob sich in eleganten Schwung. Sie passten schon zu ihnen? Na das war ja etwas ganz Neues… „Ja…sehr dumm gelaufen. Aber Gott sei Dank sind wir nicht die Einzigen mit völlig absurden Codenamen…nicht wahr, Mastermind?“, erwiderte Aya und verzog den englischen Namen in bestem japanischen Akzent. Natürlich wusste er, wie es ausgesprochen wurde, und dennoch konnte er es sich nicht verkneifen. Schuldig verzog seinen Mund in gespielter Leidensmiene, in Wirklichkeit belangte es ihn nicht sonderlich, wie sein Deckname ausgesprochen wurde. "Nun, es kommt lediglich auf die Bedeutung drauf an!", wies er grinsend darauf hin. "Mastermind klingt genauso bescheiden wie Abyssinian, wenn du mich fragst, aber dahinter steht vielmehr als diese Namen ihrem Klang nach sind, meinst du nicht?", fragte er mit einem lauernden Unterton, ein gefährliches Lächeln präsentierend, schien es fast so, als wolle er Aya zu irgendetwas verleiten. Aya lächelte leicht, ließ sich bewusst zu mehr verleiten. Der Ausdruck in seinen Augen änderte sich, reagierte auf den provokanten Ton des anderen Mannes mit dunklem Amüsement in der Stimme, als er in aller Ruhe ein weiteres Stück Toast abbrach und dann erst zu den Augen des Telepathen zurückkehrte. „Natürlich sind sie das…wie soll ich sagen. Manche Katzen lieben es, mit den Mäusen zu spielen, die sie fangen, bevor sie sie dann fressen…oder meinst du nicht auch?“, erwiderte er, die Stimme angenehm weich, die Lippen zu einem hintergründigen Lächeln verzogen. Und Schuldig lief es bei dieser Stimme in Kombination mit diesem waffenscheinverdächtigen Lächeln heiß und kalt den Rücken hinunter, wahrte jedoch sein dreistes Lächeln, obwohl er viel lieber trocken geschluckt hätte. "Lass mich raten, die Maus wäre dann wohl ....wer?", fragte er harmlos und spitzte die Lippen, die Brauen nachdenklich zusammengezogen. „Du natürlich“, erwiderte Aya ganz und gar nicht harmlos und spiegelte das Lächeln des Telepathen, gab ihm jedoch eine noch gefährlichere Note. Eine raubtierähnlich fixierende Note. Ohne zu überlegen, hatte er auf die Frage des anderen Mannes geantwortet und riss ein weiteres Stück Toast aus der Scheibe, schob es sich langsam zwischen die Lippen und kaute genüsslich. Sah offen in die grünen Augen. Eine Katze spielte mit ihrer Beute, bevor sie sie fraß. "Der Gedanke drängte sich mir auch kurz auf", schmälerte Schuldig seinen Blick aus den grünen Augen leicht, zog ein schmollendes Gesicht. "Und du wärest wohl welche Sorte..? Die, die ihre Beute nach dem Spielen zu ihrem Herrchen bringen um sie stolz zu präsentieren, oder die, die ihre Beute für sich behält und verzehrt?", hatte er den Ansatz eines spöttischen Lächelns, den Blick in die violetten Iriden versenkend. Aya hatte die Anspielung wohl verstanden. Wohin brachte er seine Beute. Tja… „Das kommt ganz auf die Art der Beute drauf an“, lächelte er beinahe schon charmant. „Wenn es sich für mich lohnt, behalte ich sie solange in meinen Fängen, bis ich Hunger bekomme.“ Ein weiteres Stück, ein Schluck aus der Kaffeetasse. Ein undurchdringlicher Blick. Antwort auf die allzu herausfordernde Frage des Telepathen. Schuldig belegte sich ein weiteres Toastbrot. "Dann warte lieber nicht zulange, nicht, dass sie dir dann noch ausbüxt, vor lauter Warten, bei deinem mangelnden Appetit kann es schon sein, dass du dann mit leeren Samtpfoten dasitzt und in die Röhre guckst", grinste er wieder und kaute genüsslich auf seinem Toast herum. Aya lächelte leicht und nahm sich demonstrativ ein Stück des frischen Obstes, biss genüsslich hinein. „Aber vielleicht ist genau das die Absicht der Katze. Alles Illusion…Illusion für die Maus, dass sie erst frei ist. Doch letztendlich hat die Katze ihren Geruch aufgenommen und wird sie jagen…im Stillen, unbemerkt von der Maus. Und wenn sie DANN Lust hat, wird sie sie sich fangen und fressen, wie es ihr Plan gewesen ist.“ Sein Blick ruhte immer noch auf den Zügen des Telepathen, während seine Stimme immer leiser geworden war. Sein Blick etwas von der Beharrlichkeit verriet, von der er gerade gesprochen hatte. Oh ja…Schuldigs Geruch hatte er schon lange aufgenommen. Ohne aufzusehen, widmete sich Schuldig seinem Frühstück. "Ein psychologisches Gutachten über das Jagdverhalten der Katze?", fragte er in sich hineinlächelnd. "Die Katze sollte sich lieber um die Beweggründe der Maus Gedanken machen. Und sie vor allem nicht unterschätzen." Seine Worte waren ebenso leise, fast schon beiläufig ließ er sie wirken. Durch die Sanftheit darin konnten sie jedoch durch die Thematik des Gespräches eher als eine kleine Warnung verstanden werden. Aber immer noch im Rahmen ihres Gespräches und nicht weiter hinaus gehend. „Vielleicht ist die Katze sich dieser Beweggründe sehr wohl bewusst, weiß sie aber in ihre eigenen Pläne mit einzuflechten, ohne dass die Maus es merkt. Wer weiß…vielleicht ist das auch nur ein Spiel der Katze. Um der Maus scheinbare Freiheit zu gewähren.“ Aya ließ seinen Blick hinausschweifen in die kalte Landschaft und nahm sich derweil ein Glas Fruchtsaft. Lächelte schließlich, hatte er wohl schon verstanden, was Schuldig damit ausdrücken wollte. Die Warnung ihm gegenüber. Auch wenn er ihrer nicht bedurfte. Kritiker hatten Schwarz einmal unterschätzt…den Telepathen unterschätzt. Das würde er nicht machen. Aus Fehlern lernte man. Zumal er wusste, mit welchen Faktoren er zu spielen hatte. „Vergiss nicht. Die Katze ist der natürliche Feind der Maus….und die Maus ihre Beute.“ "Oh, das ‚vergesse’ ich mit Sicherheit nicht", lächelte er hintergründig, Aya immer noch nicht ansehend. "Ich weiß aber auch, dass der Spieltrieb der Katze ihr Verhängnis werden kann und ihre Schwäche ist, ebenso wie ihr... Stolz." Er griff zur Kaffeekanne. "Möchtest du noch?", sah er auf, die Augen etwas dunkler als sonst, da er sich Gedanken darum machte, wie er weiter verfahren sollte. Sollte er Aya weiter hier behalten? Mit welchem Ziel, welcher Absicht? Ein gezwungenes Lächeln auf den Lippen sah er Aya an. Dass sein Blick, das Lächeln in Kombination mit den Worten eher wehmütig oder gar traurig erschienen, obwohl der Ton eher neutral war, war ihm nicht bewusst. Schuldig nicht, Aya in diesem Moment schon. Vielleicht gerade deswegen, weil er es so selten erlebt hatte, stach eben diese Traurigkeit wie ein leuchtender Pfeil aus dem üblichen Verhalten des Telepathen hinaus. „Danke nein“, erwiderte Aya mit ruhigem Samt in der Stimme und schob seine Tasse zu sich. „Auch wenn es ihr zum Verhängnis wird, so hatte sie doch wenigstens ein gutes Leben gehabt. Das ist doch schon mal was…nicht jeder stirbt an Spieltrieb…und an Stolz schon gar nicht. Zumindest hat sie dann ihre Würde bewahrt, meinst du nicht auch?“ Warum Schuldig jedoch diese offene Niedergeschlagenheit zeigte, war Aya ein Rätsel. Er wusste es nicht. Doch wollte er sich Gedanken darüber machen? Er war sich nicht sicher, ob das wirklich gut war. "Damit kann sie aber nicht weiterwachsen, aus ihren Fehlern nicht lernen und stärker werden, wenn sie zu sehr ihren Idealen verhaftet ist. Aber gut, Instinkte kann man nicht einstellen, Katzen sind nunmal so", zuckte er mit den Schultern, bewusst den ersten Satz noch auf Aya bezogen, den zweiten wieder auf die samtpfötigen Jäger. Er füllte sich seine Tasse erneut auf, nahm einen Schluck und beendete sein Frühstück. o~ Aya seufzte innerlich. Seitdem er sich nun nach dem Frühstück auf eines der beiden Sofas zurückgezogen und darauf gehofft hatte, noch etwas Ruhe zu finden…Schlaf inbegriffen, war genau diese Traumvorstellung wie eine Seifenblase zerplatzt. War ihrer Nadel in Form des Telepathen begegnet, der sich auf dem anderen Möbelstück breit gemacht und sich durch die nachmittäglichen Sendungen zappte. Immer bei dem stehen blieb, das Aya schon lange als nicht ausstrahlungswürdig befunden hatte. Doch zum Lesen hatte er jetzt keine Lust, dazu war er innerlich viel zu träge. Also blieb nur das stumme Zuschauen und Gedanken schweifen lassen…oder sich, wie er es nun machte, eine Tasse Kaffee zu holen, der noch frisch gebrüht auf der Wärmeplatte stand. Das und einen Apfel, da sich sein Magen doch recht penetrant meldete. Nach Inhalt verlangte. Schon beinahe schmerzte. Langsam schlich sich Aya zurück, verzog unwillkürlich das Gesicht, als ihm eine quietschige, piepsende Frauenstimme die neusten Süßigkeiten anpries. Zucker pur…das neumoderne Japan, wie es poppiger nicht mehr ging. Ohne Rücksicht auf alte Traditionen….Seufzend biss er in den Apfel, ließ sich auf seine Ruhestätte nieder. Vertilgte langsam sowohl Kaffee als auch Obst. Auch wenn das seine Beinahemagenschmerzen nicht tilgte, ganz im Gegenteil. Aya fühlte deutlich, dass sie schlimmer wurden. Deutlicher. Ziehender. Unwillkürlich zog er die Beine zu sich auf das Polster, versuchte sich somit etwas Erleichterung zu verschaffen. Es kam wirklich nichts Interessantes auf den aktuellen Sendern und Schuldig ließ frustriert die Fernbedienung neben sich fallen, machte es sich auf der Couch bequem und ließ seinen Blick zu Aya hinübergleiten. "Willst du etwas trinken? Saft, Wasser?" fragte er müßig, den verbissenen Gesichtsausdruck des anderen bemerkend. "Geht's dir nicht gut? Du siehst aus als hättest du Bauchschmerzen...", murmelte er, ließ Aya nicht aus dem taxierenden Blick, selbst noch immer gemütlich eingerollt, den Kopf auf der Lehne abgelegt. Aya schüttelte stumm den Kopf. Nein…trinken wollte er jetzt nichts mehr. Höchstens einen Tee gegen Magenschmerzen. Und eine Wärmflasche. Aber das würde er dem anderen Mann nicht auf die Nase binden. „Alles in Ordnung“, log er glatt und ließ seinen Blick wieder auf den Bildschirm gleiten. Weg von Schuldigs fragendem Blick. Verdammter Kaffee. Verdammte Fruchtsäure. Alles zuviel. Er hätte es sich eigentlich denken können. Verdammter Hungermarathon. Für einen Augenblick spielte er mit dem Gedanken, weiter zu versuchen, den immanenten Schmerz zu ignorieren, doch dann stieß ihn sein Magen auf ein ganz anderes Vorhaben. Er brauchte diese Wärmflasche…irgendetwas, dass das Gefühl minderte, das sich nun in ihm breit machte. Ein weiteres Mal den Kopf schüttelnd begab er sich in den Küchenbereich und suchte nach einer Wärmflasche. Bisher allerdings erfolglos. Mit den Schultern zuckend täuschte Schuldig vor sich wieder auf die uninteressante Sendung zu konzentrieren, doch die Unruhe in dem anderen Mann blieb ihm nicht verborgen. Er blickte Aya nach wie dieser scheinbar auf der Suche nach etwas durch die Küche streifte. "Ich kann dir nicht irgendwie helfen?", fragte er von seiner Position. "Die Wohnung ist wirklich groß, wenn du mir sagst was du willst, könnte ich dir’s bringen?!", überlegte er laut, sich keineswegs rührend und Aya weiter in aller Seelenruhe zusehend. Eine Weile suchte Aya noch schweigend weiter, bis er zu dem Ergebnis kam, dass er sie nie finden würde…nicht mit seinem planlosen Suchen. Für einen Moment starr vor Unwohlsein lehnte er sich an die Anrichte und sah zu Schuldig hinüber. Wie dieser sich keinen Millimeter von der Couch bewegt hatte. Faultier. Er gab auf. „Eine Wärmflasche“, brachte er schließlich ausdruckslos hervor, wollte dem anderen Mann nicht eingestehen, dass ihm nicht gut war und er regelrecht Schmerzen hatte. Wie gut, dass er den Tee schon gefunden hatte und nicht auch noch deswegen fragen musste… Schweigend drehte er sich wieder weg und setzte Wasser auf. Schuldig schüttelte innerlich den Kopf über soviel Verbohrtheit. Warum konnte Aya das nicht sagen? Warum nicht zugeben, dass es ihm nicht gut ging, obwohl man es ihm ansehen konnte. Die Schultern, die leicht nach vorne gezogen waren, der ganze Körper nur minimal gekrümmt und der verbissene Gesichtsaudruck, wiesen darauf hin, dass es Aya nicht gut ging. Aber nein, Herr Ich-bin-so-stark-und-ein-Indianer-kennt-keinen-Schmerz, kann ja nicht zugeben, wenn’ s ihm nicht gut geht, grummelte Schuldig innerlich, während er sich seufzend erhob und zielstrebig ins Badezimmer ging, in den Schränken nach der Wärmflasche suchte. Im obersten Fach fand er dann das grüne Plüschtier, das als Innenleben eine Wärmflasche hatte. Ein grüner Drache mit hellgrünen Zacken auf seinem Rücken und einem frechen Blick lag in seinen Händen als er damit in die Küche ging, kurzerhand das heiße Wasser - welches sich Aya scheinbar schon vorbereitet hatte nahm und durch das Maul des Drachen in die Wärmflasche einfüllte. Fluchs war der Deckel zugeschraubt und der flauschige Drache an Ayas Bauch gedrückt. So stand Schuldig da und grinste etwas schräg. "Hier", schob er den Drachen Aya in die Hände. "Warm, weich und flauschig, was will man mehr? Und...der passt auch auf grummelige, kranke Patienten auf, damit sie schnell wieder gesund werden", fügte er besserwisserisch an, bevor er seinen Platz auf der Couch wieder aufsuchte und sich dem Programm widmete. Aya grummelte wirklich. Empfänger war jedoch anstelle des Deutschen der zu ihm hoch blinzelnde Drache. Ein Viech, schon wieder eins. Für grummelige Patienten. Er war nicht grummelig! Aya verspürte große Lust, dem Telepathen einen gehörigen Tritt in den Hintern zu verpassen, überdeckte dies jedoch mit dem warmen Wohlgefühl, das sich auf seinem Bauch ausbreitete. Ihm jedoch noch keine Erlösung schenkte. Noch nicht. Sich den Tee greifend, folgte er dem anderen Mann in den gemütlichen Sitzbereich der Wohnung, nahm erneut Patz auf der Couch. Ließ es sich dieses Mal jedoch nicht nehmen, sich hinzulegen und die Decke bis zum Kinn hochzuziehen. Den freundlichen Drachen zu verstecken, der so angenehm auf seinem Bauch lag. Aya kuschelte seinen Kopf auf das Kissen. Schwor sich, nie wieder soviel Kaffee zu sich zu nehmen. Nie wieder. „Danke“, fauchte er mit einiger Verspätung und warf einen grollenden Blick in Richtung des Telepathen. "Aber bitteschön", lächelte Schuldig allerliebst und grinste dann. "Du machst deinem Schoßtierchen alle Ehre, fauchen kannst du, das muss man dir lassen!", gab er anerkennend zu und grinste eine Spur breiter, den Kopf auf die Hand aufgestützt und seitlich auf der Couch liegend. "Hoffentlich speist du nicht auch gleich noch Feuer...obwohl deinem Magen nach... vermutlich muss ich mich doch noch in Acht nehmen, nicht, dass mich hier eine Feuersalve trifft", schmunzelte er, doch sein Blick lag weich auf der eingerollten Gestalt Ayas, den er lediglich necken wollte. „Vermutlich ist aber optimistisch ausgedrückt“, grollte Aya zurück, machte jedoch keine Anstalten, seiner Drohung nachzukommen oder gar, sich auch nur einen Millimeter zu bewegen. Er war viel zu sehr damit beschäftigt, ruhig ein und aus zu atmen. In den Schmerz zu atmen…ihn aus seinem Körper zu bekommen. Auch wenn er sich dazu schließlich auf den Rücken drehen musste, aber nicht ohne vorher Schuldig noch einen nicht wirklich bösen Blick zuzuwerfen. Dennoch endete er schließlich damit, wie blind an die Decke zu starren und einfach nur zu atmen…seinen Kopf zu leeren und zu atmen. Schuldig runzelte die Stirn und sah das Drama auf der anderen Couch mit an, die Lippen nachdenklich verziehend. "Nun stirb mir hier ja nicht weg!", sagte er etwas lahm und stand dann doch auf, ins Badezimmer gehend um nach Tabletten zu suchen. "Und das will ein Killer sein", murmelte er etwas abfällig im Bad unhörbar für Aya und mit einem grinsenden Kopfschütteln. Er wollte nicht zu sehr zeigen, wie besorgt er war, oder dass er sich gerne mehr um den Anderen kümmern würde. Also mimte er den gelangweilten und genervten Typen. Ungesehen von Schuldig…oder vielleicht auch nicht, erhob sich nun langsam ein Arm und ragte als einsamer Ast empor, entblößte aber eindrucksvoll einen starken, männlichen Mittelfinger. Aya war nicht nach Worten, jetzt schon gar nicht, also ließ er Gesten sprechen. Schuldig konnte ihn…aber gehörig. Sterben…er. Es tat trotzdem weh und er hatte es sich nicht ausgesucht! Er schloss seine Augen. Wo waren sie denn...,wühlte Schuldig in Gedanken vertieft und darin nach dem Aufenthaltsort seiner Magentabletten forschend in dem kleinen Koffer herum, in dem er diverse Medikamente aufbewahrte. Das kleine Glasfläschchen fiel ihm dann auch prompt in die Hände und er ging in die Küche um Aya ein Glas Wasser zu füllen, kam wieder zu dem Leidenden und setzte sich neben den sterbenden Schwan auf den Boden und blickte Aya aus forschenden Augen an, als wäre dieser ein Versuchsobjekt in einem Schaukasten. "Ich hab hier was für dich...", hielt er die Tabletten in die Höhe und wackelte auffordernd mit den Augenbrauen. „Garantierter Lebensretter für alle sterbenden Schwäne!", sagte er ernst, doch die grünen Augen glitzerten frech, als er Aya betrachtete. Schwan passte wirklich gut, die Hautfarbe und der schlanke Hals fügten sich gut in dieses Bild ein. Das Kissen, welches gerade noch so bereitwillig als Unterlage für seinen gemarterten, sterbenden Schädel gewesen war, fand seinen Weg in Schuldigs allzu zuvorkommend lächelndes Gesicht. „Der SCHWAN braucht keine Tabletten“, grollte er indigniert…er war doch nicht sterbenskrank. Und schon gar kein…wie konnte Schuldig es wagen, ihn mit dieser… „Ich habe NUR Magenschmerzen…kein Grund..!“ Und nun versagte ihm auch noch äußerlich die Stimme vor lauter Entrüstung, seine Arme verschränkend. "Doch der SCHWAN braucht wohl `ne Tablette!", nuschelte Schuldig, das Kissen immer noch vor dem Gesicht, jetzt aber langsam herabziehend und wie ein Kleinkind, welches zu Streichen aufgelegt war, linste er über den Rand des Kissens. "Was heißt hier ‚nur' Magenschmerzen? Ich dachte wirklich, du gehst drauf!", ereiferte er sich und klimperte mit den Wimpern. „Nein, der SCHWAN braucht einen Tee und Wärme…und….“, erwiderte Aya, verstummte jedoch angesichts des Anblicks, der sich ihm bot. Des zwinkernden und albernden Telepathen, der für einen Moment das erreichte, was Aya bisher nicht gelungen war. Er ließ die Magenschmerzen in den Hintergrund treten und machte Platz für ein überraschtes Schnauben, das nur allzu bald in ein amüsiertes Lachen brandete. Hinter dem Kissen breitete sich ein Grinsen aus, als Schuldig das Lachen hörte und es förmlich durch seinen Körper perlte. Wow. Dass er dies doch noch erleben durfte! Aya lachte. Und das auch noch wegen ihm! Starke Leistung, Schuldig, lobte er sich innerlich und sein Blick wurde warm, lag auf Aya als er das Kissen fortnahm. Und er sonnte sich in diesem Lachen, weil es durch ihn ausgelöst wurde. Seltsam, dass es ihm gut tat, dachte er momentan etwas stirnrunzelnd und piekste dann auf der Wärmflasche herum, hörte das gluckern des Wassers im Inneren des Drachen, um sein Wohlgefühl aufgrund der guten Laune von Aya zu überspielen. "Na, da gluckerts aber ordentlich im Bauch des Schwans, scheint als hätte der schon einen warmen Teebauch!" Aya sah förmlich, wie Schuldig angesichts seines Lachens erblühte und ihn anstrahlte, als hätte er gerade etwas besonders schönes gesagt. Blinzelte ungläubig, als der Drache auf seinem Bauch in Bewegung kam, zielsicher zum Sprechen gebracht durch Schuldig. „Na sowas“, lächelte Aya, sah sich im Moment außer Stande ernst zu sein. „Wo ich doch noch gar nichts getrunken habe!“ Drehte sich leicht zur Seite, zu Schuldig hin. Piekste selbst noch mal auf den glucksenden Drachen. "Ha!" ereiferte er sich und machte gespielt große Augen. "Das hast du alles gebunkert! Und ich mach mir da Sorgen...", verstummte er leiser werdend, sich bewusst, dass er gerade etwas verraten hatte, was er nicht so direkt hatte sagen wollen. Verlegen wandte er sich wieder dem abgestellten und in halbe Vergessenheit geratenen Glas voller Wasser zu. "Willst du noch, oder meinst du es geht wirklich ohne?" Wieder etwas ernster, aber dafür verlegener, mied er momentan den Blick, den er sonst so offen suchte. „Sorgen?“, fragte Aya ungläubig nach, verstummte aber ebenso wie Schuldig und blinzelte verwirrt. Besah sich den ungewöhnlich ausweichenden Mann vor sich. Er hatte durchaus eine Idee davon, was Schuldig so zu schaffen machte, auch wenn er erst davon überzeugt gewesen war, dass der Telepath solche Dinge nur im Scherz sagte. Niemand brauchte sich Sorgen um ihn zu machen, ein Mitglied des gegnerischen Teams schon gar nicht. Sorgen erschwerten das Leben nur und hielten unnötig davon ab, seine Aufgaben zu verrichten. „Es geht ohne“, erwiderte er schließlich ruhig, beinahe schon beruhigend. Spürte wirklich schon Besserung. Lachen wirkte anscheinend Wunder. „Der sterbende Schwan ist noch einmal mit seinem Leben davongekommen….“ "Ach war nur Spaß", kam es wenig glaubhaft zurück und Schuldig stand auf, setzte sich auf die Couch, die Fernbedienung und sein Dauerzappen wieder aufnehmend. Wie Indiana Jones auf der Suche nach dem heiligen Gral, so machte er sich auf die Suche nach einer interessanten Sendung! Er machte sich doch nicht wirklich sorgen, zumindest wollte er das Aya weismachen. "Is gut“, sagte er etwas verspätet zu Aya gerichtet, sah ihn aber nicht an. "Willst du später etwas mit mir essen? Darfst auch kochen", spielte er den Gönner und zog die Beine an sich, die Arme lässig darauf abgelegt. Aya tat für ein paar lange Momente so, als müsste er überlegen, ob er überhaupt für Schuldig kochen konnte. Als müsste er abwägen, welche Risiken das barg. Er legte den Kopf schief, schob sich das auf dem Tisch liegende Kissen wieder zurück unter seinen Schädel und fixierte den zappenden Telepathen schweigend. „Das willst du dir wirklich antun? Dass ich koche? Bist du dir sicher?“, spöttelte Aya und zog sich die Decke wieder ein Stückchen höher, warf einen Blick auf den immer noch niederprasselnden Regen, der so sanft geräuschvoll an die Scheiben wehte. Spaß? Nein…das war es nicht gewesen. Kein Spaß. Das wusste Aya ganz genau, wie auch Schuldig. "Klar", antwortete Schuldig unumwunden. "Bin wagemutig und blicke dem Grauen immer offen ins Gesicht!", witzelte er mit einem Grinsen. "Aber mal im Ernst. Deinen Händen geht's besser, nicht? Also ...du wolltest doch gestern kochen, warum nicht heute?", schlug er vor und zuckte mit den Schultern, als wäre alles kein Problem. „Ah….nichts ist umsonst“, lächelte Aya frech. „Was bekomme ich denn dafür, wenn ich dich mit der Kunst des Grauens beehre?“ Unbewusst sah er auf seine Hände hinab, nahm die wütend roten Spuren in seinem Gedächtnis auf. Besser ging es ihnen…ja. Auch wenn es noch ein kleines Weilchen dauern würde, bis sie wirklich verheilt waren…doch dass ihn das am Kochen hindern würde…nein. Schuldig wandte den Kopf blickte Aya für einen Augenblick nachdenklich an, tat so als müsse er schwer überlegen. "Ich lasse mir etwas einfallen! Es wird sich aber wirklich lohnen, dass kann ich dir schon einmal versprechen!", lächelte er nun breit und verschränkte die Arme vor der Brust. "Wenn du was leckeres kochst, gewinnst du damit den Hauptpreis." „Ach?“, hakte Aya nun wirklich neugierig nach. „Den Hauptpreis…der da wäre?“ Neugier war der Katze Tod…er merkte es immer und immer wieder. Er war einfach viel zu neugierig, als dass es gut für ihn sein könnte. Und was war der Hauptpreis? Ein weiterer Urlaub? Dieses Mal auf den Malediven? Spanien? Afrika? Usbekistan? Aya schauderte unwillkürlich. Mit dem Finger wedelnd sah Schuldig Aya listig an. "Wird nicht verraten, sonst ist die ganze Spannung dahin", grinste er und blickte wieder zum Fernseher. Für ihn war das Thema somit erledigt, auch wenn ihn innerlich eine leise Wehmut beschlich. o~ Neugier war der Katze Tod, wie wahr, wie wahr. Doch bevor Aya schließlich an Neugier starb, weil Schuldig sich lange Zeit nichts anderem als dem Fernsehen widmete, goss er lieber den Bonsai. Seufzend erhob sich Aya und streifte in die Küche. Nahm den armen Fukientee in Augenschein. Verkümmertes, armes Gewächs…ab unter die Dusche mit dir, sprach er in Gedanken mit dem Bonsai, schüttelte lächelnd den Kopf und trug das Pflänzchen ins Bad, wo er es erst einmal richtig mit Wasser versorgte. Damit sein Namensvetter endlich wieder auf die Beine kam und nicht verdurstete. Den Nachmittag verbrachte Schuldig in trauter Einsamkeit mit sich und dem Zepter der Macht, sich der ungeteilten Herrschaft über die Fernbedienung sicher, ärgerte sich über dumme Kommentare der Moderatoren in diversen Shows. Oder er ekelte sich in farbenfroher und grimassierender Ausdrucksweise über die Aufgaben, die Kandidaten in Mutprobeshows bewältigen mussten. Aya geisterte unterdessen irgendwo in der Wohnung herum, von Schuldig geflissentlich außen vor gelassen, entschlossen seinem erwachten Interesse für Aya und die damit verbundene Sorge mit einer Verdrängungstaktik beizukommen. Aus dem Augen aus dem Sinn, so das Motto der Stunde. Also starrte er in die Flimmerkiste und ignorierte den Weiß, besser er versuchte es... . Ebenso wie Schuldig sich völlig auf etwas anderes konzentrierte, begann Aya nach einiger Zeit mit dem Kochen und versank ebenso in seiner eigenen Welt aus Konzentration und Kunst. Auch wenn er es nicht gerne zugab, so verschaffte ihm der Umgang mit rohem Fleisch und Messern doch eine gewisse Befriedigung. Ebenso wie er sich glücklich schätzte, mit einfachen Tricks etwas wirklich leckeres zu erschaffen. Aber mal sehen…vielleicht schmeckte es dem Telepathen ja gar nicht. Aya lächelte stumm, summte zu einer imaginären Melodie. Wenn Schuldig es wagen sollte, das wirklich gut gewordene Hühnchen zu verschmähen…und das galt auch für das angebratene Gemüse und den Reis. An sich Basics, doch das, wonach ihm gerade der Sinn stand. Aya reckte sich empor. Diese Schränke waren einfach zu hoch für ihn. Anscheinend auch zu hoch für das Shirt, welches er trug und nun seinen mehr als ausgehungerten Bauch entblößte. Während Aya kochte, machte sich Schuldig in der Pause seiner Quizshow in den Schlafbereich auf, zog sich ein dünnes schwarzes Hemd an und werkelte ein Weilchen in seinem Schrank herum, bevor er wieder ohne großes Aufsehens zur Couch kam und sich darauf bequemte. Ohne weitere Worte schloss er an die Sendung an und ignorierte Ayas Tun. Obwohl ihm fast schon das Wasser im Mund zusammenlief bei dem leckeren Düften die seine Nase umwehten. Es dauerte noch gut eine halbe Stunde, bis Aya schließlich wirklich sagen konnte, dass er fertig war. Mit allem. Aus reiner Langeweile hatte er auch das Tischdecken übernommen...wie auch Spülen und Abtrocknen. Denn bevor er sich diese Shows antat und sich selbst verdummschte, mutierte er zum Hausmann. Als wenn er bei Weiß etwas anderes wäre…wer konnte von ihnen denn schon kochen? „Wenn du noch nicht all deine Gehirnzellen abgetötet hast um deinen Hintern in die Küche zu bewegen, ist das Essen fertig“, ließ er über seine Schulter in Richtung Fernseher klingen und nahm die Töpfe vom Herd, stellte sie samt Untersetzer auf den Tresen. "Von wegen!", motzte Schuldig zurück und bequemte sich aufzustehen, schaltete den Fernseher aus und ließ leise Musik erklingen. "Das sind durchaus bildende Sendungen gewesen", erläuterte er Aya näselnd. Sich setzend sah er neugierig was Aya gekocht hatte und freute sich schon darauf die Köstlichkeiten probieren zu dürfen. Erwartungsvoll sah er Aya an, bis dieser sich endlich setzte. Er hatte durchaus bemerkt, wie dünn Ayas Leib war, wie wenig er aß und Schuldig ließ seinen Blick erneut zur Rumpfmitte des Anderen wandern. "Ich will aber schwer hoffen, dass du jetzt mehr isst als bei den paar Malen, die ich gekocht habe", sagte er und zog zweifelnd eine Augenbraue nach oben. Aya schnaubte verächtlich und angelte sich die letzte Schüssel mit dem frischen Salat von der Anrichte, setzte sie schließlich ebenso auf den Tisch. Da kochte er für den anderen Mann und womit dankte es dieser ihm? Mit einem äußerst lästigen Spruch über seine Essgewohnheiten. Wenn Aya eins hasste, dann das. Schon Youji konnte ihn damit nicht in Ruhe lassen. ‚Aya…hier, ich hab dir was mitgebracht, jetzt ISS ES!’, Aya…na komm…es schmeckt doch…WAGE ES JA NICHT DAS STEHEN ZU LASSEN!’. Nett gemeinte Ratschläge, alle miteinander. Und dass er nun noch weniger aß, lag nicht nur daran, dass er diese glorreichen zwei Fastentage hinter sich hatte. Seine Augen kamen auf dem Telepathen zum Ruhen, huschten für einen Moment über dessen Gestalt. Konnte der andere Mann nicht einfach anfangen zu essen? Dann würde er wenigstens mit etwas anderem als ihm selbst beschäftigt sein. „Warum sollte ich? Wenn ich mich so wenig bewege wie hier, setzt das nur an“, gab er scheinbar ernst zurück und griff sich eine der Kellen, wandte sich erneut an Schuldig. „Reis?“ Im Normalfall würde Schuldig jetzt seinem Drang nach einem lauten Lachen nachgeben... . Doch dies war kein Normalfall. Also ... "Ja gerne", sagte er nur schulterzuckend und bediente sich. "Ich hatte dich eigentlich etwas anders eingeschätzt. Aber Aufmerksamkeit zu erregen, indem du nichts isst...passt gar nicht zu dir...", spielte er den großen Denker und zog die Brauen zusammen, während er vor sich hin murmelte und sich am Essen bediente. "Ist ja deine Sache, nur fällt halt auf und lenkt mich vom Essen ab, wenn du es dir nicht schmecken lässt!" Was Schuldig unterdrückte, ließ Aya nun frei aus sich herausperlen. Er lachte. Überrascht. Schallend. Lachte über das, was Schuldig ihm unterstellte. Schüttelte amüsiert den Kopf. Youji hätte seine wahre Freude an Schuldigs Kommentar, das WUSSTE Aya nur zu gut. Würde wahrscheinlich sogar noch nicken und dem Deutschen die Hand reichen. Seine Augen blitzten fröhlich, als er sich in aller Ruhe ein Glas Saft einschenkte, seinen Teller noch leer ließ. An dem köstlichen Getränk nippte. „Wenn es dich stört, kann ich natürlich auch die Küche verlassen. Dann kann wenigstens einer von uns gut essen.“ Schuldig hatte angefangen zu essen, blickte bei der Antwort nicht auf. Er fand es nicht zum Lachen. Ganz und gar nicht. Aya war viel zu dünn. Und das durch seine Schuld. Und er brauchte Schuldig nicht erzählen, dass er der große Esser war, denn scheinbar fehlte Aya schon allein die Grundeinstellung zum Essen. Was es bedeutete, sich ausgewogen zu ernähren, nicht um sich zu überfressen, aber um seinen Körper gesund zu halten. Schuldig verdrängte seinen stillen Monolog und aß vor sich hin. "Am Besten, du verlässt die Wohnung, dann kann ich wirklich in Ruhe essen. Die Tür ist offen. Die Kleidung hab ich dir bereits hingerichtet, das Essen hat den ersten Preis verdient und das ist deine Freilassung", sagte er ruhig und leise, betont kühl. Er fühlte sich verletzt. Durch Ayas Lachen verletzt. Aya aß definitiv zu wenig. Die herausstehenden Knochen, alles zeugte davon, dass Schuldig daran Schuld hatte und seine Bemühungen, Aya dies zu vermitteln - dass er sich sorgte, dass er wollte, dass es ihm gut ging, schlug der Andere aus. Er wollte es nicht sehen. Aber warum sollte er es denn annehmen? Du hast keine Beziehung zu ihm, in keinster Weise. Vielleicht eher eine feindschaftliche Beziehung, das ist alles. Also warum nervst du ihn damit? Lass ihn doch machen, was er will. Das geht dich nichts mehr an. Dir geht es gut! Sonst ist nichts wichtig, riet ihm seine innere Stimme, die immer dann einsprang, wenn ihn etwas gekränkt hatte. Vielen Dank fürs Lesen! Fortsetzung folgt... Coco&Gadreel Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)