Der Glasgarten von Gadreel_Coco ================================================================================ Kapitel 36: Welche Farbe hat Vertrauen? --------------------------------------- ~ Welche Farbe hat Vertrauen? ~ Schuldig war nie so bewusst gewesen, wie wichtig es ihm sein könnte, nach dem Sex umarmt zu werden, sich anzukuscheln, Küsse auszutauschen. Das Gefühl auskostend strich er über Rans Haar, fuhr bis in den Nacken, erwiderte den zarten Kuss. Danach kuschelte er sich einfach an und tat gar nichts mehr außer dazuliegen und ihrem Herzschlag, ihrer Atmung zu lauschen. Er fühlte sich geborgen, ein Gefühl, das ihm beinahe die Tränen in die Augen trieb. "Ich spür’ noch gar nichts", lachte er halb erstickt. Kitamura hatte keine Macht über ihn und Ran hatte ihm dies gezeigt, er war bei Ran zuhause. Selten sentimental verkroch sich Schuldig bei Ran, genoss ihre Intimität in der kleinen Welt, in der nur sie existierten. „Angeber“, schnurrte Aya leise und schlang seinen Arm etwas enger, intensiver um Schuldig. Mit der anderen Hand angelte er nach der Decke und hüllte sie beide ein. Er summte leise, streichelte sonst schweigend über den Wangenknochen, das Kinn des Deutschen und kraulte dessen empfindliche Kopfhaut. "Keine Angst, das kommt nachher sicher noch umso gemeiner", murmelte Schuldig an die warme Haut unter seinen Lippen, sog genießend den Duft von Ran ein und lauschte auf das Summen, ließ sich von Ran in einen Mantel aus Trost vor dem Grau der Welt und Geborgenheit hüllen. Zufrieden lächelte er. "Ich fühl mich schwerelos", sagte er sanft. Es war eher ein Zustand von Glück. "Dumme Hormone." Aya lächelte ebenso glücklich, schüttelte amüsiert den Kopf. „Das sind nicht die Hormone“, behauptete er frech und stupste Schuldig zärtlich auf die Nase. „Das war ich. Mit meinem Zauberstab.“ Ein leises Kichern wellte sich an die Oberfläche seiner heiteren Gelassenheit und er sah Schuldig in die grünen, seligen Augen. "Das heißt ich hab noch zwei Wünsche frei?", prustete dieser auflachend. "Und ich dachte immer gute Feen sind pummelig und haben rosa Kleidchen an", sinnierte er mit geschlossenen Augen, aber einem Grinsen. „Das mit dem rosa Kleid ließe sich nicht einrichten“, gab Aya zurück und verdrehte innerlich die Augen, als er sich im Tutu vorstellte. Sicherlich, als wenn er so etwas je anziehen würde. „Aber die zwei Wünsche hast du schon frei, das stimmt.“ Vielleicht auch mehr, je nachdem, wie sich das für ihn selbst rentierte, wie Aya amüsiert befand. Schuldig öffnete ein Auge und eine Idee kam ihm bei diesem Angebot. "Soo? Wirklich?" Das grüne Auge sah Ran an und ein hintergründiges Lächeln umspielte die Lippen. "Da nehme ich dich beim Wort. Ich hätte da etwas ... zwar nicht rosa ... und keine Spitze ... aber etwas Pelz und sehr ‚anschmiegsam’, passgenau sozusagen." Ah…und ob Aya dieses Lächeln misstrauisch machte. Er kannte das. Er wusste, dass Schuldig etwas plante, das garantiert etwas mit wildem, hemmungslosen Sex zu tun hatte. Das wusste er auf der Stelle. „So…und was ist es?“, fragte er mit hochgezogener Augenbraue. Ran witterte etwas, schlussfolgerte Schuldig und schloss das Auge wieder. Grinste wie die Katze in Alice im Wunderland vor sich hin. "Och ... es wärmt und ist ganz flauschig. Wenn du willst kannst du es in zwei, drei Tagen anprobieren", bot er freigiebig an. "Es steht dir mit Sicherheit ausgezeichnet." Seine Stimme klang beinahe schnurrend. Auch die zweite Augenbraue lupfte sich nun und violette Augen betrachteten den anderen Mann kritisch. „Du weißt, dass ich dich durchschaut habe“, klagte er an und stupste mit einem Finger sacht auf die Brust des Deutschen. „Das ist garantiert etwas Obszönes, habe ich Recht?“ Und OB er Recht hatte. Und ob. Schuldig grinste dreckig. "Ohjaaa", versprach er aus tiefster Überzeugung. "Und WIE obszön." Eine Zunge stahl sich hervor und leckte sich über die Lippen und Schuldig machte einen genießenden Laut. "Perfekt für dich." „Na das werden wir noch sehen“, lächelte Aya und schüttelte amüsiert den Kopf. Neugierig war er schon, wollte er doch wissen, was dieses ominöse Stück war. Er brannte schier darauf zu erfahren, was Schuldig da schon wieder geplant hatte. Gerade eben weil er wusste, dass es sicherlich nicht zu seinem Nachteil sein würde. "Ich hoffe ... dass ich es sehen werde", schloss Schuldig und räkelte sich entspannt. "Wir müssen bald los, oder?" Schließlich mussten sie noch zum Kaffeetrinken zu Weiß. Schon allein beim Gedanken daran verzog sich alles in ihm. Aya warf umständlich einen Blick auf die Uhr und nickte schließlich mit diebischem Grinsen auf den Lippen. Ja, mussten sie! Dass sich das Ganze vermutlich zu einer Katastrophe entwickeln würde, wusste er selbst…doch wo blieb der Spaß, wenn alles immer glatt lief? Außerdem freute er sich viel zu sehr, dass er sein Team wiedersehen konnte und dass sie endlich wieder alle auf einem Haufen waren. Seine Augen wanderten über die Züge des unlustigen Deutschen und Aya wuschelte Schuldig beruhigend durch die Haare. „Jetzt zieh nicht so ein Gesicht! Da wird dich niemand auffressen!“ „Pah, wäre ja noch schöner! Bevor die mich fressen, fress’ ich sie!“, maulte Schuldig in bester Kleinkindmanier und zog ein trotziges Gesicht. „Dann geh ich mal besser duschen, oder?“, fragte er seufzend. Aya lachte vergnügt und wedelte tadelnd mit dem Zeigerfinger. „Oh nein, du wirst sie nicht fressen, sonst bekommst du entweder einen Maulkorb oder…“ Er rückte nahe an den anderen Mann heran und sah ihm eindringlich in die Augen. „..einen großen, passenden Schnuller.“ Er nickte bestätigend und schraubte sich langsam in die Höhe. „Also los, ab mit dir unter die Dusche…ich bin danach dran!“ Wieso musste er da nur an Sexspielzeug denken? Darüber nachgrübelnd stand Schuldig auf, streckte dabei kindischerweise Ran die Zungenspitze entgegen und ging ins Bad, diesmal ohne Leintuch, sondern nackt wie er war. Nach einer Stunde war er soweit fertig, geduscht, rasiert, Haare frisiert. „Ich komme mir vor, als würde ich einen Besuch bei der Schwiegermutter machen“, stichelte er, vor dem Kleiderschrank stehend, ratlos hinein spähend. Am besten wieder etwas Dramatisches, überlegte er. Mit beängstigendem Treffsinn vermutete Aya das Gleiche und warf einen kritischen Blick zu Schuldig. „Wie wäre es mal mit etwas Gediegenem?“, warf er dem nackten Mann hinterher und verengte nachdenklich seine Augen. Ja, ganz bieder. Eben wie ein Schwiegermutterbesuch. „Die Bezeichnung trifft es übrigens ganz gut. Genauso kritisch werden sie dich unter die Lupe nehmen. Es geschieht schließlich nicht alle Tage, dass der große, BÖSE Schuldig vorbeischaut und sich die Ehre gibt.“ Aya grinste und machte alleine schon durch die Betonung deutlich, dass er nicht wirklich an das ‚böse’ glaubte. "Gediegen?", echote Schuldig entrüstet. Nichts da. "So etwas hab ich nicht." Er würde schon das Passende anziehen und er wusste auch schon was. Ein gemeines Grinsen legte sich auf sein Gesicht, als er eine weiße Hose, ein weißes Hemd und den dazu passenden bodenlangen Gehrock anzog. Eine Sonderanfertigung, wirkte es wie ein langer Mantel, war jedoch eher wie ein Gehrock geschnitten, und wurde auch nur bis zur Taille geknöpft. Das Hemd ließ er zwei Knöpfe offen und seine Haare band er sich streng im Nacken bis auf wenige Strähnen die sein Gesicht umrahmten zusammen. "Schließlich gehen wir zu ‚WEIß’“, murmelte er und grinste in sich hinein. Aya besah sich das Outfit des anderen Mannes, sagte aber wohlweißlich nichts dazu. Er ging erst einmal ins Bad und machte sich fertig, bevor auch er den Kleiderschrank aufsuchte. Trotz allem sah er noch einmal zu Schuldig zurück. „Willst du sie damit provozieren? Zieh dir was anderes an. Ich finde das nicht komisch“, merkte er ernst an und machte sich daran, seine Sachen herauszusuchen. Er selbst hielt sich an schlichteres, als es Schuldig jetzt trug. Im ersten Moment huschte Unverständnis über Schuldigs Gesicht. Wie konnte Aya ihm sagen, was er anzuziehen hatte? Er sagte nichts, sondern ging zur Couch hinüber, der Mantel wehte hinter ihm her, nahm seine Zigaretten auf und ging auf die Terrasse hinaus. Niemand sagte ihm, was er anziehen sollte. Absolut niemand. Zorn flackerte in ihm auf. Er wollte dort nicht hin, fühlte sich absolut fehl dort, hasste es jetzt schon und er brauchte seine Abgrenzung zu ihnen, brauchte dieses Weiß als Symbol, als klare Aussage. Seine gefurchte Stirn und sein konzentrierter Blick zeigten, wie sehr ihn diese Worte von Ran beschäftigten. Er musste sich irgendwie entscheiden, entweder er trotzte dem Ganzen, oder er zog sich um. Beides würde schwierig sein. Mit verschränkten Armen sah Aya Schuldig hinterher, wie dieser sich schweigend von ihm zurückzog. Und er wieder einen Schritt auf ihn zumachen durfte, um zu hinterfragen, was los war. Genau das würde er tun. Genau das tat er jetzt. Wie immer. Gemächlich kam er Schuldig hinterher und lehnte sich an den Türrahmen. Vergrub seine Hände in den Hosentaschen. „Was hast du?“, fragte er ausdruckslos, ernst. Bevor Ran zu ihm trat und ihn ansprach, hatte er sich an vieles aus der Vergangenheit erinnert und lodernder Hass hatte seinen Blick verdüstert. Als er jetzt auf Ran blickte, war genau dieser Hass für Momente darin zu sehen, als würde er eine Made aus purer Überlegenheit und Freude unter seinem Stiefel zerquetschen wollen. Doch er schloss die Augen und wandte den Kopf ab. Er wusste, wie er gerade ausgesehen hatte. "Erinnerungen ... nichts weiter", entschuldigte er sich und nahm einen Zug, blies den Rauch in die kalte Luft. "Was willst du von mir, Ran?", fragte er leise, sein Blick verschwamm. "Ich will nicht wie sie sein und ich habe keine Ambitionen, etwas von ihnen anzunehmen. Ich kann auch vor der Tür warten, es ist kein Problem für mich." Ayas entspanntes Ich zog sich anhand der Abneigung, der offenen Abscheu im Blick des Deutschen zurück und ließ ihn selbst vorsichtig und zurückhaltend werden. Das war der alte Schuldig, der Schuldig, gegen den er als Abyssinian so oft gekämpft hatte. Auch wenn er erahnen konnte, was den Telepathen beschäftigte, was diese Erinnerungen waren. Das verstand er. „Was ich möchte? Ich möchte, dass du sie nicht provozierst und für mich sieht das so aus.“ Er deutete auf die Kleidung des anderen Mannes. „Ich möchte nicht, dass du vor der Tür wartest. Du gehörst zu mir, ich lasse dich nicht wie einen Chauffeur warten, das kannst du vergessen. Entweder ganz oder gar nicht. Ich kann ebenso alleine hingehen, das geht auch, wenn es dir dann besser geht.“ Schuldig hob die Lider und ein harter Blick traf Ran. Statt einem ‚Du gehst nicht allein' sagte er jedoch: "Ich möchte nicht, dass du allein gehst". Etwas diplomatischer, auch wenn sein Blick und sein Tonfall, die beide viel zu ruhig für ihn waren, eher etwas anderes sagten. Er würde ihn nicht allein gehen lassen, es war schlicht zu gefährlich. Dafür müsste er jedoch etwas in Kauf nehmen. Sie hatten also eine verzwickte Situation mit dem Hauch von Erpressung. Er würde Ran nur dann beschützen können, wenn er seine Kleidung wechselte. Dies war die Quintessenz aus dem Ganzen. Er stieß sich ab und ging an Ran vorbei zum Kleiderschrank, begann sich umzuziehen. Er war einen Kompromiss eingegangen, nein kein Kompromiss... er hatte sich untergeordnet. Er wusste nicht, wie er das Gefühl in seinem Innern beschreiben konnte, welches er nun hatte. Und ob Aya diesen Ton verstanden hatte. Worte waren nicht alles. Gesten, Blicke, Gedanken. Und Schuldigs Gedanken konnte er schon fast erraten, so wie dieser ihn taxiert hatte. Aya folgte dem anderen Mann nach einigen Momenten und legte ihm die Hand auf die Schulter, zwang ihn an eben dieser zu sich herum. „Gut, wenn du es so willst: Ich WILL nicht, dass du mitgehst. Es gefällt dir nicht, das ist in Ordnung. Das akzeptiere ich. Und damit gehe ich alleine“, bestimmte er mit eisernem Willen in seinen Augen. Wenn Schuldig das nicht wollte, dann würde er hier bleiben. Er konnte auch alleine zum Koneko kommen und Kritiker umgehen. Schuldig nahm die Hand, drehte sich und drückte Ran somit gegen sich und den Schrank. "Du WILLST. Schön. Lässt du dir etwa von mir sagen, was du anziehen und was du besser nicht anziehen solltest? Lässt du dir von mir etwa sagen, wohin du gehst und wohin nicht, oder ob du gehst oder nicht?", fragte er wütend. "Lass mich raten? Nein? Ich auch nicht. Ich lasse mir es aber scheinbar doch von dir verbieten, so wie es aussieht, und dann willst du wieder etwas. Fragst du mich mal, was ich will? Oder bist du nur gut darin, Befehle zu erteilen?" Er sah in das Violett und sein Blick wurde müde. Sie waren beide dominant, aber er kam sich momentan eher so vor, als hätte er all seine Dominanz eingebüßt. "Wie kommst du darauf, dass sie sich von Kleidungsstücken provozieren lassen?" Aya starrte Schuldig in die aufgebrachten, grünen Augen. „Dann sage mir einfach, was du willst. Denn ich glaube kaum, dass du mit dorthin fahren willst. Habe ich nicht Recht? Ich will dich nicht bevormunden, Schuldig, aber ich will auch nicht, dass du wegen mir diese Opfer bringst. Dir sagt mein Team nicht zu, fein. Damit kann ich leben. Aber dann bleibe auch hier.“ Er machte sich von Schuldig los und trat einen Schritt zur Seite. „Du willst allen Ernstes sagen, dass ich nichts anderes als befehlen kann? Gerade du solltest es besser wissen. Gerade du.“ Er schwieg, machte eine Pause und deutete dann auf den verlassenen Kleiderstapel. „Ich kenne sie. Ich kenne ihre Denkweisen und dass sie dir gegenüber misstrauisch sind. Wer wäre das nicht? Wir mögen miteinander schlafen, aber für sie bist du immer noch Schwarz, ein Gegner und wenn es sein muss, auch Feind. So. Deswegen hielt ich deine Kleiderwahl für provokant.“ Schweigend sah er Ran an, fuhr sich dann in einer hilflosen Geste eine der langen Strähnen nach hinten. „...ich ... will einfach in deiner Nähe sein, das ist alles.“ Er setzte sich aufs Bett, auf dem die Kleidung lag, nahm den Mantel auf. „Ich mag das Zeug eben, und provozieren will ich damit niemanden. Es ist mir ... eher egal, was sie davon halten. Es grenzt mich von ihnen ab und ich fühl mich gut darin. Weniger zu Weiß gehörend, wenn ich dort schon einlaufe. Ich habe damit eher das Gefühl ich wäre Schwarz und kein Überläufer, oder Verräter, wie Nagi und Brad bereits glauben“, sagte er wesentlich ruhiger, aber auch resignierender als zuvor. „Vielleicht will ich sie auch unbewusst darauf aufmerksam machen, dass ich immer noch der „Böse“ bin auch wenn du dich davon nicht schrecken lässt.“ Er lächelte schwach, betrachtete sich das reine Weiß und die glatte Struktur des Mantels. Aya ließ langsam einen langen Atemzug an Luft heraus und seufzte vernehmlich. Natürlich…als hätte er es sich nicht denken können. Wieso musste er auch immer das Schlechteste vermuten? Er konnte Schuldig verstehen, restlos sogar, war aber wie ein Elefant im Porzellanladen vorgegangen und hatte gemeint, dass es keine andere Ansichtsweise außer der eigenen gab. Er spiegelte das schwache Lächeln des anderen Mannes und nickte schließlich. „Meine Schuld. Ich hätte mehr darauf vertrauen sollen, dass du weißt, was du tust…aber weißt du, wie oft ihr bei Aufträgen und Kämpfen gegen uns Weiß getragen habt? Als Parodie auf das, was wir taten? Zumindest kam es Weiß so vor. Aber natürlich ist es dein gutes Recht, dich von ihnen abzugrenzen.“ Schuldig hob die Hand, streckte sie Ran entgegen um diesen an sich zu ziehen um sein Gesicht an ihm zu bergen. "Nein. Weiß stand für uns immer für den Tod, für das Vergängliche, dafür, dass wir uns abgrenzen wollten von euch, soweit, dass nicht einmal ein Blutspritzer auf uns fallen sollte, wenn wir töteten. Sauber und weiß waren unsere Westen in der Öffentlichkeit. Während eure besudelt waren. Das war eher unser Grund, dies zu tragen. Ein Witz, wenn man es genau nimmt, aber keine Parodie auf euch. Ihr wart zufällig dabei und habt die deutsche Bezeichnung getragen. SZ wollte uns diese Art der Kleidung verbieten, weil sie ihrer Maxime trotzte - es war beabsichtigt sie zu provozieren nicht euch." Aya nahm diese Hand an und vergrub Schuldigs Gesicht an seinem Bauch. „Das wusste ich vorher nicht…ich habe vorschnell geurteilt“, murmelte er und hauchte einen sanften Kuss auf den Feuerschopf des Deutschen. „Trotzdem solltest du nicht mitkommen“, seufzte er ergeben. „Ich würde es gerne sehen, wenn sie dich, wenn sie UNS akzeptieren und vielleicht würden sie das auch tun, aber du fühlst dich dort nicht wohl, habe ich Recht? Und was machst es dann für einen Sinn, wenn du dich dort herumquälst?“ Schuldigs Arme umschlangen Ran und er zog ihn näher an sich. "Du fühlst dich auch nicht wohl, wenn Nagi oder Jei hier sind, ganz zu schweigen von dem großen bösen Amerikaner, trotzdem versuchst du, sie kennen zu lernen. Ich bin nicht blind und taub auch nicht, ich merke das schon. Natürlich fühle ich mich nicht wohl bei ihnen, aber ich fühle mich wohl bei dir. Und wenn bei dir sein bedeutet auch für kurze Zeit bei ihnen zu sein dann tue ich das. Erstens. Zweitens, habe ich zugesagt dich zu begleiten und ich halte mein Wort. Drittens halte ich es für eine Illusion, wenn du glaubst, dass Kritiker sie nicht abhören oder ihre Spitzel überall haben. Ein jahrelanger Nachbar könnte ein Agent von ihnen sein. Ich mach mir einfach Sorgen, wenn du mich zurücklässt. Außerdem habe ich noch was gut bei dir!", meckerte er leicht angesäuert über Rans nächtlichen Exkurs zu ihm während des Auftrages. "Oder hast du Angst, dass ich mich nicht benehmen kann?", hob er seinen Kopf und stützte sein Kinn auf Rans Bauch um so nach oben zu sehen. Aya gab sich innerlich geschlagen. Schuldig hatte einfach die besseren Argumente. Aber deutlich. Oder er wusste sie besser rüberzubringen mit diesem verdammten Dackelblick, der Ayas Vorsätze samt und sonders dahin schmelzen ließ. „Ich bin mir da nicht so sicher“, überlegte er wirklich ernsthaft grübelnd. „Keine unschicklichen Gedanken, hörst du! Und es wird nicht gefummelt! Kein Sex im Bad! Auch nicht in der Trainingshalle! Und im Wohnzimmer schon gar nicht!“ Aya verstummte, einfach aus dem Grund, dass er bereits wieder dabei war, sich an diese Gedanken zu gewöhnen und sie höchst reizvoll zu finden. ZU reizvoll für einen Kaffeebesuch. „Gut, du kommst mit, ziehst an, was du willst, aber du gehst nicht nackt!“ "Sex?", lachte Schuldig und ließ sich auf das Bett fallen. "Wie kommst du denn darauf?", lachte er immer noch schallend. "Tut dir dein Hintern nicht mehr weh? Also wenn das der Fall ist, musst du wohl schon wieder scharf sein ... vor allem wenn ich bedenke ... wie zum Geier kommst du auf die Idee ich würde dich bei Weiß vögeln wollen? Noch dazu, wenn ich den Umkreis von einer halben Meile unter Kontrolle halten muss?" Schuldig grinste, als wüsste er genau, wie Ran die Örtlichkeiten zu nutzen wusste, dafür brauchte er nicht einmal Telepathie. „Oh mein Lieber…ich habe nicht davon geredet, dass ICH meinen hübschen Hintern hinhalten soll“, lächelte Aya völlig überzeugt davon, dass er derjenige war, der Schuldig über ihre Couchlehne beugte und tief in ihn stieß… Aya blinzelte. Schon wieder. Dachte er an nichts anderes als an Sex mehr? „Außerdem…MEIN Hintern ist dank DEINEM kleinen, gemeinen Freund da oben“, er stieg Schuldig nach und tippte dem anderen Mann auf die Schläfe. „…noch SO unbrauchbar, dass du die nächsten vier Tage nicht mal in den Genuss kommen wirst.“ "Vier?", echote Schuldig umarmte Ran und wälzte sich mit ihm auf dem Bett herum, bis er auf dem anderen Mann lag. "Tja, dann heißt es jetzt wohl Abstinenz oder Selbst ist der Mann, mein Hintern ist gerade erst von deinem besten Stück durchgenommen worden, nur weil ich nicht hinke, heißt es nicht, dass es nicht noch etwas zieht, mein Kirschchen", grinste er frech, pustete dann Ran eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Senkte dann seine Lippen auf Rans und küsste sie sanft. Aya ergab sich diesem zärtlichen Kuss, ließ es sich jedoch nicht nehmen, mit seinen geschäftigen Fingerchen herzhaft nach Schuldigs Hintern zu greifen und zuzupacken. Die wohlgeformten Rundungen zu erfühlen. Er lächelte in den Kuss hinein. Oh ja… „Ich bin also dein Kirschchen, ja? Aber wie gut, dass mein Hintern nicht so rot wie eine ist“, schnurrte er. „Kullerpfirsich. Und wehe, du legst selbst Hand an, ohne dass ich zuschauen kann.“ Schuldig löste sich und lächelte, seine grünblauen Augen blitzten vor Unternehmungslust. Er schüttelte nachsichtig den Kopf. "Ran, Ran du denkst nur ans Vögeln! Mir kommt es so vor, als wärst du auf Entzug gewesen, hmm?" Ein Grinsen schloss sich daran und er zuckte mit den Schultern. "Tja, deine Augen können nicht überall sein", trällerte er beinahe. „Meine Augen nicht, aber meine Hände“, lächelte Aya und ließ ebenso flinke wie geschickte, besagte Fingerchen in Windesweile nach vorne in die Hose des auf ihm liegenden Mannes schlängeln und dessen bestes Stück umgarnen. Seine weichen, warmen Hände betteten sich darum und tanzten auf dem weichen Fleisch. „Auf Entzug? Ich? Nein, ich weiß mich zu beherrschen.“ Dreiste Lüge? Nicht doch. Die Lust, die sich schon wieder in ihm regte, ließ Schuldig darin kanalisieren, dass er Ran mit einem hitzigen und leidenschaftlichen Kuss in Beschlag nahm. "Du ...", keuchte er an den Lippen zupfend "... bist definitiv... scharf und unwiderstehlich ... wenn du solche Sachen machst..." Er stöhnte rau in den Kuss hinein, drängte sich näher an die Hand, die sein Glied umfasste, es lediglich hielt, warm und fest. Aya schnurrte und lächelte in diese fordernde Inbesitznahme. Oh ja…da war aber jemand noch nicht wirklich ausgelastet, geschweige denn befriedigt. Noch so überhaupt nicht. „Genau…und es aus dem Grund“, grinste er zufrieden und zog seine Hand so schnell wie sie gekommen war, auch schon wieder zurück. „…werden wir uns jetzt ganz brav und gesittet benehmen und uns fertig machen. Wir müssen los.“ Damit versetzte er Schuldig einen kleinen, frechen Schubs und beförderte ihn in die Rückenlage. "Wir müssen ...WAS?", keifte Schuldig empört und sein Kopf fiel enttäuscht auf die Matratze, seine Hand tastete in seinen Schritt. "Das ist gemein", maulte er. "Du weißt schon, dass ich mich dafür grausam rächen werde?", murmelte er in die Decke hinein, kaum verständlich, da noch damit beschäftigt, diesen herben Verlust, diese Verschmähung seines Selbst zu verkraften. „Jetzt stell dich mal nicht so an!“, rügte Aya mit reichlich boshaften Lächeln auf den Lippen, während er sich die Schuhe überstreifte und dann einen kritischen Blick auf Schuldig warf. „Planst du Weiß zum Campen einzuladen?“, fragte er schließlich mit kritisch hochgezogener Augenbraue und ließ seinen Blick bedeutsam auf der prächtigen Zeltstange in der unteren Hälfte dieses Prachtkörpers ruhen. "Nein. Das Zelt muss ich erst noch abbauen" murrte die Stimme des Prachtkörpers. "Kannst ja schon mal vorgehen", schlug Schuldig bissig vor und rollte sich auf den Rücken um sich aufzusetzen. Er musste jetzt an eklige Sachen denken, an ... Kritiker zum Beispiel ... oder Crawford, wenn er sauer wurde ... oder... Während er sich allerlei langweilige Dinge vorstellte, die absolut nichts mit dem Mann im selben Raum gemein hatten, konnte er wieder aufstehen und sich dem Ernst des Lebens stellen: Kaffeeklatsch mit Weiß. o~ Youji versetzte dem Campingzelt, das seit geschlagenen zwei Wochen unnütz hier im Weg herum lag, einen wütenden Tritt. Konnte Ken nicht endlich mal dafür sorgen, dass sein Krempel hier wegkam? Zumindest aus dem Bereich, in dem sie allesamt mindestens zweimal pro Tag über die Sachen stolperten. Wie er jetzt eben über die große Zeltstange, die sich scheppernd auf den Weg gen Wand machte. „Miststück“, zischte er fluchend und warf einen Blick aus dem Fenster. Ran sollte bald kommen und mit ihm Schuldig. Eine interessante Erfahrung, um es euphemistisch zu sagen. Ran würde er am Liebsten hier behalten, Schuldig…nun ja. Er war eben notwendiges Übel. Eben dieses notwendige Übel hielt nun Einfahrt mit ihrem Wunschkandidaten und parkte seinen Sportschlitten in ihrer engen Einfahrt. Na da konnte es ja losgehen, das Armageddon, das häusliche Kaffeetrinken im Kreise alter Freunde. Obwohl sie genau das tun konnten: über alte Zeiten plaudern. Genau. Sicherlich. Youji seufzte. Er sollte mehr schlafen, weniger rauchen, weniger trinken. Sich weniger Vorwürfe machen, dass das alles hier seine Schuld war und dass er besser auf Ran hätte aufpassen sollen. Wer weiß, vielleicht hätten die Beiden sich dann nie kennen gelernt. Richtig kennen gelernt und er hätte Ran ein nettes, japanisches Mädchen besorgt, das ihn nach zwei Jahren heiraten und ihm fünf Kinder gebären würde. Schuldig ließ den Motor verstummen, holte noch einmal tief Luft, ohne dass es Ran bemerkte, indem er den Wagen verließ und sich umsah. Den obligatorischen Kritikeragenten, der das Haus bewachte, hatte er ruhig gestellt und auch die zwei Anderen, die eine Straße weiter ihr Quartier als Basis bezogen hatten. „Kritiker müssen flüssig genug sein, damit sie ihre eigenen Leute bewachen können“, sagte er spöttisch in seine Gedanken vertieft und kam zu Ran um den Wagen herum. Das weiße, locker geschnittene Hemd hatte er anbehalten, lediglich die weiße Hose gegen schwarzes Leder eingetauscht und eine dazu passende Lederjacke übergeworfen. Aya schüttelte lächelnd den Kopf und strich Schuldig eine vorwitzige Strähne aus der Stirn. „Das Geld, was sie Weiß vorenthalten und sie knapp bei Kasse halten, sacken sie selbst ein. Ist doch immer so, oder nicht?“, scherzte er und hauchte dem Deutschen einen kleinen, flüchtigen Kuss auf die Lippen, bevor sich Youji mit einem Räuspern bemerkbar machte und Aya herumfahren ließ. „Keine Fummelei in der Öffentlichkeit. Wir sind ein anständiges Haus“, brummte der blonde Mann, der in der Tat nicht gut sah. Alleine schon die Augenringe, die sich bis nach Australien buddeln wollten, so tief hingen sie. Aya lächelte und löste sich anständig von Schuldig, strich sich sittsam sein Jackett glatt, das er über den schlichten Rollkragenpullover gezogen hatte. „Ich freue mich auch, dich zu sehen Youji!“, erwiderte er und kam auf seinen Teampartner zu, umarmte ihn schließlich. Schuldig konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Keine Fummelei in der Öffentlichkeit? Na da kannte er aber so ganz andere Erinnerungen aus dem Verstand des Playboys. Aber er enthielt sich und schluckte seine Antwort hinunter. Er musste brav bleiben, bevor ihm Ran noch das ‚schwarze’ Fell über die Ohren zog. „Na kommt, wir gehen rein“, sagte Aya und zog Schuldig an dessen Hand mit sich ins Haus, was Youji mit einem argwöhnischen Grummeln mitverfolgte. Er stand dieser Liaison immer noch mit Vorsicht gegenüber. Schon alleine deswegen, weil Schuldig… Ach, egal. Das brachte zu nichts. Er sollte sich lieber freuen, dass es Ran gut ging und dass er hier war. Genau das tat er auch und stolperte vor Freude gleich NOCH einmal über dieses verdammte Campingset. „Ach verfluchte Scheiße, KEN, räum dein ZELT samt verfluchter STANGE hier weg!“, brüllte er quer durch das Haus und erntete zumindest von Aya einen ungläubigen Gesichtsausdruck und ein amüsiertes Lachen. Und von Schuldig ein schräges Lächeln. Er dachte eher an seine Zeltstange vor nicht allzu langer Zeit. "So Zeug ist schwer wieder abzubauen, sag ich dir", murmelte er gewichtig und grinste danach Ran hinterhältig an. "Yohji, was schreist du hier so herum?", kam Omi aus dem Wohnraum. "Ken ist nicht da, er kommt später dazu, hat eine Verabredung", zuckte Omi mit den Schultern und strahlte Ran an. Das gemeine Grinsen, das Aya Schuldig in Antwort auf dessen Bemerkung geschenkt hatte, wandelte sich nun in ein erfreutes Lächeln, als er ihren Kleinen sah. Der gar nicht mehr so klein war. Der genauso große Augenringe wie Youji hatte. Was in aller Welt trieben Weiß, wenn er nicht da war? „Alles in Ordnung, Omi?“, fragte er und suchte innerlich noch nach irgendwelchen Anzeichen, dass Crawford dem Anderen etwas getan hatte. „Ihr seht mir beide aus, als würdet ihr nicht mehr zur Ruhe kommen…habt ihr keine regelmäßigen Schlafenszeiten mehr?“ Omi kam zu Ran und umarmte ihn, verweilte für kostbare Momente in dessen Armen. "Nein, ich war ... nur weg gewesen, letzte Nacht, hab wohl zu wenig Schlaf bekommen", log er glatt ohne ins Stottern zu kommen, warf Ran nur einen flüchtigen Blick zu, so wie man es in so einer Situation eben tat. Er wollte schließlich nicht, dass Yohji davon erfuhr, dass er vergangene Nacht ein Stelldichein mit Naoe und Crawford gehabt hatte. Das wäre die Katastrophe ... Yohji würde Amok laufen... ganz sicher... "Kommt rein. Ken wird später sicher auftauchen, er freut sich schon auf dich." Omi warf einen bedeutsamen Blick auf Schuldig. Nichts für ungut, sie mussten ja nicht lügen. Keiner freute sich, Schuldig zu sehen. Wobei. Doch. Eigentlich war es gar nicht so schlecht, wenn dieser Ran beschützte und sie sicher sein konnten, dass nicht jeden Moment Kritiker das Haus stürmten. So gesehen ... Aya hob eine Augenbraue, sagte aber nichts mehr dazu. Er würde in einer stillen Minute noch einmal mit Omi darüber sprechen und den Jungen fragen, was nun wirklich vorgefallen war. Wie die beiden Schwarz sich verhalten hatten. Wenn er denn die Gelegenheit dazu bekam, hieß das. „Das ist schön…gut zu hören“, erwiderte er und verstärkte den Griff um Schuldigs Hand, lächelte den schweigenden Mann beruhigend an. Es würde schon klappen, sagten seine Augen. Irgendwie… „Was gibt es denn Leckeres?“, fragte er gut gelaunt und strebte das Wohnzimmer an. „Berliner“, hörte er hinter sich eine trockene Stimme und konnte sich ein Lächeln nun doch nicht verkneifen. „Youji…“, richtete er trotzdem tadelnd an den anderen Mann und sah Schuldig schulterzuckend in die Augen. Und er sollte Weiß nicht mit seiner Kleidung reizen? Wenn er hier mit Worten gereizt wurde, die geradezu beleidigend waren? Ran verlangte hier einiges von ihm. Sein Silberblick traf den Playboy und ein abfälliges Lächeln folgte, bevor er Ran folgte. Er nahm sich einfach vor dies als ‚Beherrschungsübung’ zu sehen. Beherrsch dich selbst ... dann kannst du andere beherrschen, grinste er teuflisch in sich hinein. Es war seine eigene Auslegung... Derweilen ging er Ran nach und beschäftigte sich mit den Kritikeragenten, ließ sie allerlei Unsinn in ihre Berichte verfassen. Youji führte sie an den Tisch und maß den Deutschen mit zusammengezogenen Augenbrauen. Hatte er sich doch durchaus auf ein kleines Wortgefecht gefreut, aber anscheinend hatte Aya da jemanden schon gut erzogen. Konnten sich Menschen ändern? Vielleicht. Vielleicht konnte sich Schuldig ändern. Hm. „Setzen wir uns“, bot er an und holte den erwünschten Kaffee aus der Küche, schenkte jedem ein. Ganz unzeremoniell. „Und wie klappt es? Habt ihr euch schon umgebracht?“, richtete er schließlich sowohl an Ran als auch an Schuldig und sah mit Freude, dass ihr Freund dem Telepathen das Antworten überließ. „Wir sind noch in der Erprobungsphase“, sagte Schuldig mit einem zuvorkommenden, extrasüßen Lächeln ...schneller als er seinen Mund wieder schließen konnte setzte er hinzu: „…aber wir arbeiten daran.“ „Und bei dir? Alles noch so trist und öd, wie bisher?“ Er senkte seine Stimme zu einem Plauderton herab, griff zur Tasse und nahm sich Zucker und Milch. Yohji war sehr direkt. Wenn er das war konnte Schuldig das ebenfalls sein. Was Youji sehr schätzte. Das hörte sich schon mehr nach dem Telepathen an. „Die Arbeit, du verstehst? Es kann ja nicht jeder auf der faulen Haut liegen“, erwiderte er lässig und nahm einen Schluck aus seiner Tasche. Doch mit seinen Worten handelte er sich einen schweigenden Blick von Ran ein, der in diesem Moment beschloss, die Beiden einfach machen zu lassen. Sie waren erwachsen und wenn sie meinten, sich deswegen die Köpfe einschlagen zu müssen, dann gut. Sollten sie tun. Kommentarlos griff er zu einem Stück Kuchen und bröselte es sich auseinander. Schuldig hob die linke Augenbraue an und legte den Kopf schief. ‚Hör mal gut zu, Kudou. Dass Ran momentan ohne Job ist, brauchst du ihm nicht noch unter die Nase zu reiben', schickte er dem Blonden ernst und ohne Witz. "Wer liegt hier auf der faulen Haut? Also ich bin ausgelastet ... und das mehr als nur in einer Hinsicht", grinste er dabei zweideutig und hoffte, dass Ran nicht bemerkt hatte, wie er Yohji telepathisch kontaktiert hatte. Aya hatte es nicht bemerkt, aus verschiedenen Gründen. Er mischte sich hier nicht ein…sollten die beiden ihre Hahnenkämpfe untereinander austragen. Wenn Youji jedoch meinte, ihn noch einmal beleidigen zu wollen… ‚Wessen Schuld das wohl ist, brauchen wir nicht zu diskutieren, oder?’, erwiderte Youji beißend. ‚Ich gönne ihm von Herzen, dass er Kritiker los ist, verstehe mich nicht falsch. Aber er will beschäftigt werden…oder meinst du, er wird ewig dein Hausmütterchen spielen?’ „Tatsächlich?“, lächelte er nach außen hin, um den Schein zu wahren. „Dann nimmst du ihn also hart ran…wenn es ums Arbeiten geht, Ran?“, richtete er sich an seinen Freund und kassierte eine hochgezogene Augenbraue. ‚Hausmütterchen?', echote Schuldig, als er die Gedanken las. ‚In meiner Wohnung sorge ich dafür, dass alles passt. Ran ist nicht bei mir, um meine Wohnung zu putzen. Was soll das, Kudou? Willst du Ärger? Oder bist du nicht ausgelastet, wenn du hier ständig herumstänkern musst?' Schuldigs Augen funkelten zu Yohji. „Youji…“, durchbrach Ayas dunkle, ruhige Stimme ihre mentale Konversation und machte durchaus deutlich, dass er mitbekommen hatte, dass er mit Schuldig kommunizierte. Der rothaarige Mann holte tief Luft und stand dann langsam auf. „Ihr habt genau eine Viertelstunde, dann habt ihr eure Differenzen beigelegt oder tragt sie für alle hörbar aus. Ich werde mich derweil mit Omi UNTERHALTEN.“ Weg war er und hinterließ einen zähneknirschenden Youji. ‚Wozu ist er dann bei dir?’, giftete er zurück. ‚Sag mir bloß nicht, dass du ihn in die Aktivitäten deines Teams einbindest…was macht er denn schon anderes, als auf dich zu warten?’ "Frag ihn das, nicht mich", sagte Schuldig und stand auf, ging ans Fenster und blickte hinaus. Die Aussicht war nicht überwältigend wie bei ihm, doch besser, als sich ständig von diesem neunmalklugen Blonden anmachen zu lassen. "Und sag bloß, du traust ihm das zu?", zischte er hämisch. Omi sah kurz auf als er - damit beschäftigt, Süßkram auf einen Teller zu häufen - sich gerade fragte, ob Ran ihn wohl fragen würde, was heute Nacht mit Nagi so passiert war und warum er nicht geschlafen hatte. Tja und da war er schon. „Na wer weiß…wer weiß, an was er sich gewöhnt hat…dir zuliebe gewöhnt hat“, erwiderte Youji und stand auf. „Komm, wir gehen eine rauchen.“ Und schon war er im Hinterhof verschwunden, die Tür für Schuldig aufgelassen…vielleicht war es besser, wenn Ran nicht alles mitbekam, was um ihn herum geschah. Schuldig zögerte, doch er riss sich erneut zusammen, war versucht einzulenken und ging etwas langsamer hinterher. Es war, als würden zwei Jungen sich davonstehlen, während die Eltern sich unterhielten - auf der beschaulichen Gartenparty. Eine beschauliche Gartenparty war es zwar nicht, dafür aber eine beschauliche Runde in ihrem Hinterhof. Youji lehnte sich schweigend an eine der Mülltonnen und nahm sich eine Zigarette aus der halbleeren Schachtel. Er bot Schuldig ebenso eine an. „Ich mache mir Sorgen um ihn, dass er innerlich an der Trauer zugrunde geht“, gab er nach einem langen Moment des Schweigens zu. „Er zeigt nicht immer das, was er fühlt.“ Ein bitteres Lächeln umspielte Youjis Lippen. Wer tat das denn schon? Er kaute gedankenverloren auf dem Filter. „Das tun die Wenigsten“, kam es auch prompt von Schuldig zurück, als er eine Zigarette nahm und aus seiner Jackentasche ein Feuerzeug hervorzog und Yohji Feuer anbot. „Wir reden kaum darüber“, fing er an, ließ jedoch den Tod von Aya unausgeprochen, als wüssten sie beide, wovon er sprach. Und das taten sie wohl auch. „Die letzten Tage war es eher so als sei nichts geschehen. Er sucht Ablenkung“, sagte Schuldig leise und lehnte sich seinerseits an die Hausmauer. „Die er auch bekommt.“ Vielleicht war es genau das, was Ran bei ihm suchte ... Ablenkung, Vergessen. Er musste daran denken, wie er aufgewacht war und unerwarteter Weise zu Rans Gedanken Zugang erhalten hatte. Der Wunsch nach ebenso einer Familie wie die, die er verloren hatte, war beinahe erdrückend gewesen. Youji nahm das Feuer dankend an und nickte in Anerkennung von Schuldigs Worten. Genau das dachte er sich. Ran verdrängte, wie er auch andere Dinge in seinem Leben verdrängt hatte, die erst nach und nach zum Vorschein gekommen waren. „...und selbst das wird irgendwann nicht mehr genügen“, fügte er an und nahm den ersten, wohlschmeckenden Zug, steckte schließlich die Packung wieder in die Hosentasche. „Das war damals schon so, nachdem er Takatori erledigt hatte. Zuviel in sich hineingefressen, zu wenig rausgelassen. Und dann schließlich der Zusammenbruch. Keine schöne Sache...niemanden zu wünschen.“ Schuldig furchte die Stirn. Es interessierte ihn ungemein, welche Gedanken der Schnüffler bei diesen Worten hegte, aber er übte sich in Geduld und ließ ihn reden. „Zusammenbruch?“ Schuldig seufzte unhörbar und fixierte Yohji mit einem ernsten Blick. „Wie äußerte er sich? Willst du es mir sagen?“ Vielleicht konnte er so besser darauf achten, wenn ein solcher Ausbruch anstand. Oder hatte er ihn schon erlebt? „Es war beinahe wie die Ruhe vor dem Sturm“, erinnerte sich Youji nach einer kurzen Gedankenpause, die Augenbrauen konzentriert zusammengezogen. „Er hat völlig normal gearbeitet, an Missionen teilgenommen, seine Schwester besucht. Aber gleichzeitig war er auch rastlos, gereizt. Nervös bis an seine Grenzen. Er hat wenig geschlafen, noch weniger gegessen. Was alles darin gegipfelt hat, dass er während eines Auftrages sein Opfer schier niedergemetzelt hat.“ Youji schauderte angesichts des Bildes, das sich ihm nun ungefragt in seine Gedanken stahl. Wie er Aya dabei beobachtet hatte, dass dieser den Mann... „...in blinder Wut und Hass zerstückelt hat. Er hat solange auf ihn eingeschlagen, bis seine einzelnen Körperteile, Gedärme und Knochen um ihn herumlagen. Bis er selbst über und über mit Blut bespritzt war. Auch wenn sein Opfer schon lange tot war, er hat nicht von ihm abgelassen, war überhaupt nicht mehr ansprechbar.“ Es waren Gedankenfetzen, die sich zu Bildern formten, ihnen einen Rahmen gaben, während die hoch frequentierten Bilderreihen an Schuldigs innerem Auge vorüber zogen. Am Meisten erschreckten Schuldig die blinden Augen, mit denen Ran wie ein Unbeteiligter auf die Masse aus Fleisch, Sehnen und anderen Körperanteilen einhackte. Als wäre seine Klinge zu einem Teil geworden, welches aus ihm geboren war, aber ab diesem Zeitpunkt nichts mehr mit ihm zu tun hatte. Er verließ diese Bilder zugunsten des verzweifelten Gesichtsausdrucks, der zusammengepressten Lippen, seines Gegenübers. Es waren nicht die Bilder, oder die Tatsache an sich, die Schuldig erschreckten, vielmehr die Leere zu der Ran fähig war. „Und weiter? Wann hat er die Kurve gekriegt?“, fragte Schuldig und sein Blick richtete sich auf die Tür, die vom Haus auf den Hinterhof führte, ganz so als käme Ran gleich hindurch. „Er? Gar nicht. Zumindest nicht an diesem Abend. Ich habe ihn von seinem Opfer weggezerrt und mit nach Hause genommen, ihn anschließend in mein Zimmer gesperrt und sehr sehr lange mit ihm geredet. Über Dinge, die er partout verschwiegen hat.“ Dass er Aya dabei mehr als eine Tüte angedreht hatte, um ihn ‚gefügig‘ zu machen, erwähnte er nicht, das konnte Schuldig aus seinen Augen lesen. Aus seinen Gedanken, die sich nun an Ereignisse und Worte erinnerten, die so offen wie selten zuvor waren. Ein bitteres Lächeln schlich sich auf Youjis Lippen. „Es hat lange gedauert, bis er sich endgültig von selbst dazu entschlossen hat, aufzutauen und sich uns zu nähern...seine Isolation aufzugeben...und mit mir durch die Clubs zu tingeln oder sich für andere Dinge zu interessieren. Kunst...Vernissagen, Ausstellungen, all das. Er hat sich Ruhe gesucht. Bis du kamst und ihn innerlich wieder aufgerieben hast.“ Eine kleine Spitze gegen den anderen Mann und seiner Entführung....einschließlich der darauf folgenden Katastrophen. „Ah...ich dachte schon der Kern dieser Unterredung würde mir entgehen“, sagte Schuldig leise mit dem Hauch von Sarkasmus. Doch es zielte weniger auf Yohji ab, mehr auf diese ganze Geschichte. Es tat ihm weh ... dass es gerade jetzt dazu kommen musste, dass er Ran ’gefunden’ hatte. Er empfand zuviel für ihn, als dass es ihn kalt ließ, was Yohji da sagte. Auch wenn es ungerecht war, puren Sarkasmus über Yohji auszuschütten. Doch wie immer war es bei Schuldig ein Schutzschild, wenn er seine Gefühle nicht zeigen wollte. Eine Schwäche. „Darf ich zusammenfassen?“ fragte er und breitete gönnerhaft und gleichzeitig, als erwarte er eine göttliche Gabe, die Hände aus, die Zigarette lässig im Mundwinkel und sich schließlich einige Schritte von Yohji entfernend. „Der Böse ...“, er machte eine ausführende Handbewegung. „...in diesem Fall ... mal wieder ich, reißt die holde Jungfer – gut ich nehme mir einige kleine Änderungen in der Story heraus – aus ihrem trauten Heim und verführe sie – entführe sie in mein dunkles, finsteres Reich, in dem sie fortan an meiner Seite leben muss. Natürlich – schließlich liegt es in der Natur der Sache – erfreue ich mich an der Not der holden Jungfer.“ Youji lächelte spöttisch, deutete eine ironische Verbeugung samt Zigarette an. „Situation korrekt erfasst und wiedergegeben, oh böser Drache.“ Er schwieg einen Moment und aschte seine Zigarette ab. „Wir haben uns alle Sorgen gemacht, als er zurückgekommen ist und zwischen den Fronten aufgerieben wurde. Zwischen dir, uns und Kritiker. Zusätzlich dann noch seine Schwester. Ayas Tod half dem nicht wirklich ab. Ganz im Gegenteil. Ich habe ihn ungern aus meiner Reichweite, wenn die Gefahr besteht, dass er wieder in die Apathie zurückfällt.“ Ehrliche, ernste Worte, die Schuldigs Sarkasmus trotzten. Und dies auch schafften. Schuldig betrachtete Yohji einen langen, sehr langen Moment bevor er seine Zigarette langsam aus dem Mundwinkel nahm, die Asche sich im aufkommenden Wind verlor und er einen genauso langen Augenblick diesen Vorgang verfolgte. „Willst du mir einen Ratschlag geben?“, fragte er ernst. „Sag mir, was du willst“ „Ich will so vieles“, entgegnete Youji ausweichend, musste sich für einen Augenblick sammeln, bevor er die chaotisch verlaufenden Gedanken ordnen konnte. Er fuhr sich mit der Hand durch die dichte, ungeordnete Mähne und verschränkte beinahe schon störrisch die Arme. „Momentan würde ich ihn am Liebsten an meiner Seite wissen, hier im Koneko, oder irgendwo außerhalb von Kritikers Reichweite. Doch da würde spätestens ein sturer, rothaariger, japanischer Esel etwas dagegen haben. Daher begnüge ich mich schon damit, dass es ihm auch weiterhin gut geht und dass du dafür sorgen wirst.“ Die Hände in die Hosentaschen steckend, da ihm langsam kalt wurde, zog Schuldig scharf an der Zigarette und ihm war, als hörte er wie das Papier um den Tabak knisterte, als es verglomm, so still war es auf diesem Hinterhof zwischen ihnen. „‘Hier im Koneko‘ ist das Gegenteil von ‚außerhalb von Kritikers Reichweite‘, sagte er langsam. „Es sieht momentan nicht so aus, als würde es ihm schlecht bei mir gehen, oder? Aber ich verstehe...“ Er verzog den Mundwinkel zu einem kleinen echten Lächeln ... „dass du dir Sorgen machst, dass dieser Eindruck eher davon kommt, dass er alles verdrängt. Er hat seinen eigenen Kopf und solange er ihn durchsetzen kann, geht es ihm wohl gut. Wenn er anfängt ...“, er verstummte für Momente. „... ich möchte diese leeren Augen ... kein zweites Mal bei ihm sehen, das kann ich dir versprechen.“ „Solange er ihn durchsetzt?“ Auch Youji lächelte, dankbar über diese kleine Aufmunterung. Ja, er konnte auf diesen harmlosen Spaß eingehen, weil er die Versicherung hatte, dass Schuldig etwas daran lag, Aya nicht so tief fallen zu sehen...nicht noch einmal. „Lass mich raten, ich habe an der falschen Stelle angesetzt? Hätte ich fragen sollen, ob unser kleiner Despot dich auch gut behandelt?“ Seine Augenbraue hob sich fragend, scheinbar besorgt. „Despot?“ Zunächst nur leise lachend musste Schuldig daran denken, dass Yohji wohl nicht ganz unrecht mit dieser wenig schmeichelhaften, dennoch nicht böse gemeinten Bezeichnung hatte. Das Lachen weitete sich aus, bis Schuldigs Augen strahlten und er sich wieder an die Mauer anlehnte, den Kopf in den Nacken gelegt und leise vor sich hin grinste. „Ich halte es gerade noch so aus. Heute hat er mich aus dem Keller herausgelassen, zur Feier des Tages.“ Er richtete sein Augenmerk auf Yohji und schüttelte den Kopf. „Außerdem musste ich anziehen, was er sagt, du solltest dir eher Sorgen um mich statt um ihn machen!“ Grüne Augen quollen schier über vor Besorgnis, als Youji mit einem offenkundigen Grinsen sein Mitleid verdeutlichte. „Ich hoffe, er gibt dir wenigstens eine warme Decke? Kleidung? Zigaretten? Ich kann dir sagen...der Zigarettenentzug ist das Schlimmste an der ganzen Sache. Er will, dass man ihn auf Knien anfleht...dieser elende Sadist.“ Er schüttelte schier verzweifelt seinen Kopf und nahm einen weiteren, tiefen Zug von seinem Glimmstängel. „Sei froh, dass er nicht passionierter Nichtraucher ist...“ „Ja ... die Sache mit den Knien kenn ich“, sagte Schuldig eines seiner teuflischen Lächeln präsentierend. Dass in seinen Worten jeweils ein Körnchen Wahrheit mitschwang, behielt er für sich. „Du hörst dich aber an, als wüsstest du genau, wovon du sprichst. Sag nur, du hast auch schon vor ihm auf den Knien nach etwas gebettelt?“ Es interessierte ihn fast schon brennend, ob der Blonde mit Ran im Bett war. Aber er wollte es von Yohji selbst hören. Youji beschäftige sich für einen Moment mit der Vorstellung, wie Schuldig sein Dasein auf seinen Knien vor Ran fristete. Eine durchaus passable Vorstellung, das konnte er wohl sagen. „Natürlich habe ich das“, gab er mit einem zitternden Seufzen zurück. „Jedes Wochenende. Oh Ran-sama...bitte, ich möchte auf die Piste. Ich bitte Euch, seid so gnädig und erlaubt es mir“, mimte er den perfekten, ängstlichen Untertan. „Ich sage dir, die Hornhautschicht auf meinen Knien ist in den letzten Monaten um ein Vielfaches dicker geworden.“ Ihm gefiel es nicht, was er in den Gedanken des Weiß lesen konnte. Wie auch in seinen – war auch in Youjis Worten Wahrheit enthalten gewesen. Ran und Yohji hatten mehr als nur einmal Sex miteinander gehabt. Es dämpfte seine gute Laune etwas. Er wusste zwar nicht mit Bestimmtheit zu sagen, woran das lag, aber es hatte wohl etwas mit dem Gefühl der Eifersucht zu tun, merkte er selbst mürrisch an. „Willst du noch etwas von ihm?“, kam er direkt zum Punkt, der ihn beschäftigte. Es würde erklären, warum Yohji so vehement gegen ihn arbeitete – wenn man mal außer Acht ließ, dass Schuldig einer der Erzfeinde der Gruppierung war. „Ich würde es vorziehen, wenn du nicht in meinen Gedanken herumschnüffelst“, rügte Youji mit hochgezogener Augenbraue. „Ich hoffe, es hat dir gefallen, was du dort gesehen hast.“ Natürlich konnte er sich vorstellen, was der Telepath gerade in seinen Erinnerungen gelesen hatte. Wie sie durch die Clubs getingelt waren, wie sie sich mehr als einmal mit verschiedenen Männern und Frauen auf einer der großen Liege- und Spielwiesen getummelt hatten. Exhibitionisten...sie beide. Und ja, sie hatten Orgien gefeiert. Zusammen. Sie hatten miteinander geschlafen. Mehr als einmal. „Er ist ein guter Freund und ebenso gut im Bett, doch er ist kein guter Geliebter. Ich schätze ihn als platonischen Freund, nichts weiter. Eine Beziehung mit ihm wäre mir zu anstrengend, wenn du es so willst“, nickte er und neigte leicht den Kopf, zum Zeichen, dass er es ernst meinte. Dass er Schuldigs unterschwellige Eifersucht durchaus verstehen konnte, auch wenn sie ihn amüsierte. Schuldig musste darüber nachdenken. Ran war kein guter Geliebter? Er beschloss diese interne Diskussion darüber zu vertagen. „Gut“, sagte er lediglich, da er das Gefühl hatte, sich äußern zu müssen. Schuldig verzog den Mund zu einem schrägen Lächeln und schnippte die Zigarette auf den Boden nur um den Stummel danach auszutreten. „Hast du etwas dagegen, wenn wir wieder hineingehen?“ o~ Zur gleichen Zeit hatte sich auch Aya auf ein Gespräch vorbereitet und lächelte nun Omi in die dunkel unterlaufenen Augen. „Hey.“ Ein sanfter Gruß in Richtung des Jungen, den er in der letzten Nacht im Nachhinein schmählich im Stich gelassen hatte und Aya streifte näher, gesellte sich zu ihm an den Herd. Lehnte sich locker an die Anrichte. „Wie ist es mit Crawford gelaufen? Hat er sich ordentlich benommen? Was ist mit dem Telekineten?“ „So ordentlich, wie sich nun mal ein ‚Crawford’ benehmen kann“, knirschte Omi und stocherte frustriert mit dem Löffel in seinem Kaffee. „Rate mal, wann ich heute Morgen nach Hause gekommen bin, nur weil das verfluchte Orakel mich dazu verdonnert hat, bei Naoe zu bleiben...damit diesem nichts passiert, während er Leuchtdiode spielt.“ Aya runzelte fragend die Stirn. „So ernst?“ „Es hat wohl irgendetwas mit seinen Kräften zu tun“, zuckte Omi mit seinen Schultern. „Etwas einsam der Gute, wenn du mich fragst. Unausgelastet.“ Er seufzte. „Sag...wie hältst du es nur mit Schwarz aus? Sie scheinen alle so...schwierig zu sein. So...arrogant.“ Aya nickte in Anerkennung an Omis Worte. Und ob sie das waren. Arrogant, besonders wenn es sich um das Orakel handelte. Was mit dem Kleinen war...würde sich zeigen. „Hast du Mitleid mit Naoe?“, fragte er schließlich und er erntete ein minimales Kopfschütteln dafür. „Nein, nicht wirklich...oder vielmehr, nachdem er gestern so hilflos war, vielleicht doch ein wenig. Aber das war schnell vorbei“, lächelte er abschließend und nahm einen Schluck. Kurz darauf sah er nach den Muffins im Backofen und fischte das Tablett aus dem heißen Fach. „... hat wohl irgendetwas mit seinen Kräften zu tun“, hörte Schuldig Omis Worte, als sie in die Nähe der Küche kamen, der Duft von Kuchen in der Luft lag und Schuldigs Magen laut knurrte. Wann hatte er das letzte Mal etwas gegessen? Er blieb stehen, kurz vor der Küchentür, sodass weder Ran noch Omi ihn sehen konnten und lauschte der Unterhaltung. Was redeten die beiden da? Nagi hilflos? „Was ist gestern passiert?“, wollte er wissen, das Gesicht kühl und reserviert. Er machte sich Sorgen um Nagi. Große Sorgen. Sein Blick heftete sich zunächst auf Omi und es war unmissverständlich, dass er Antworten wollte. Aya hatte schon bevor Schuldig sich geäußert hatte, gewusst, dass der andere Mann bei ihnen war und mitgelauscht hatte. Seine Augenbraue hob sich und er wollte etwas erwidern, doch kam Omi ihm mit einem unmissverständlichen Grimmen in der Stimme zuvor. „Ich habe gestern Nagi nach Hause begleitet...zumindest versucht, bevor er quasi zusammengebrochen ist und ich ihn in ein Hotel verfrachten musste. Ich habe dann RAN“, betonte Omi den Namen des rothaarigen Mannes mit einem bedeutsamen Blick. „...benachrichtigt, der sich an Crawford gewandt hat. Der wiederum mich verdonnert hat, die ganze Zeit bei eurem Telekineten zu bleiben, bis er wieder aufwacht. Das ist alles.“ Schuldig blinzelte. Einmal. Zweimal. Danach wandte er sich ab, wischte sich übers Gesicht und kontaktierte Nagi per Telepathie. ‚Hey Kleiner? Geht’s dir gut?‘ ‚Gemessen an der Tatsache, dass ich mich regeneriert habe und mein physischer Zustand auf einem akzeptablen Level ist, kann ich diese Frage nur positiv beantworten‘, kam es auch prompt zurück. ‚Du bist sauer‘, stellte Schuldig fest. ‚Das ist irrelevant.‘ ‚Ist es nicht. Ich hätte dich nicht allein lassen sollen. Warum hast du nicht gesagt, dass du den Weiß nicht begleiten kannst‘ ‚Es ist irrelevant, ich wiederhole mich. Stör mich nicht weiter.‘ Schuldig zog sich zurück und seufzte. „Er ist sauer, na herrlich“, murmelte er und zuckte mit den Schultern. Sein Magen knurrte wieder. „Das Raubtier hat Hunger...“, schmunzelte Aya, hatte er gerade doch genau gesehen, dass Schuldig gedanklich sehr abwesend war. „Vergiss den Kleinen, er bekommt sich schon wieder ein.“ Und schon machte sich ein wundervoll duftender Muffin auf seine Reise in deutsche Gefilde, um schließlich mit seiner schier überwältigenden Anwesenheit die Sinne des Telepathen zu vernebeln, als Aya ihn mit bedeutsamem Lächeln vor Schuldigs Nase auf und ab tanzen ließ. „Damit du mir nicht vom Fleisch fällst“, grinste er unter den ungläubigen Blicken seines Teams, die sie beide gerade anstarrten, als wären sie einem Horrorfilm entsprungen. „So ein Service...“, grummelte Omi missgestimmt. „Das ist Benachteiligung von Randgruppen...“ Schuldig grinste, griff nach Rans Handgelenk und führte den Muffin an seinen Mund. „Zeit für die Fütterung“, sagte er mit einer dunklen Note und biss hinein. „Aber schön brav bleiben“, erwiderte Aya mit dem minimalsten Hauch eines Schnurrens in seiner Stimme, dabei lächelte er sanft. Seine Augen glitten von Schuldig zu seinem Team, die erst ihn allesamt anstarrten, dann den Muffin, dann Schuldig. Aya zuckte schmunzelnd mit den Schultern. Sie haben sich beide gezähmt, durchfuhr es Youji und er schüttelte ebenso vergnügt, wie es die zwei Männer vor ihm waren, den Kopf. Gegenseitig...auch wenn bei Schuldig die Verwandlung am Sichtbarsten ist. Kaum zu glauben nach dem, was passiert ist. Er hütete sich davor, Ayas Verschleppung zu Schuldig als positiv zu bewerten, das würde er ganz sicher nicht tun, dennoch war er in gewisser Weise dankbar für den Umstand, dass die Beiden sich näher kennen gelernt hatten. Sehr dankbar, denn Schuldig tat Aya gut, das sah er. Und das...wünschte er sich auch für seinen Freund. Auch wenn er den seltenen Sex sicherlich vermissen würde...irgendwie. Doch das war zu verschmerzen. o~ Die Sporttasche wurde sorgfältig auf den Boden gestellt, ausgepackt und danach verräumt. Crawford wechselte seine Kleidung und begab sich in sein Büro, bearbeitete seine Korrespondenz. Nach zwei Stunden sah er von seiner Arbeit auf und lehnte sich zurück. Er hatte heute einen freien Tag, keine Termine, keine außergewöhnlichen Vorkommnisse. Er entschloss sich nach Farfarello zu sehen. Sich den verspannten Nacken reibend stand er auf und ging dann ins oberste Stockwerk. Vielleicht sollte er sich wieder etwas massieren lassen, trotz seines täglichen Schwimm- und Kampftrainings hatte er Kopfschmerzen und diese schob er auf eine muskuläre Verspannung im Nacken. Oder es lag einfach an Schuldig. Dessen Eskapaden immer der Grund für Kopfschmerzen waren. Schritte hallten durch die Stille. Schritte, die auf der hölzernen Treppe knarrten. Schritte, die ihn loslösten von seiner Tätigkeit. Farfarello lauschte, wandte seinen Kopf leicht zur Seite. Crawford. Nicht so leicht wie die des Jungen, nicht so lasziv wie die des Telepathen. Also Crawford, eine einfache Gleichung. Farfarello ließ den dicken Pinsel sinken und sah zurück auf Farben. Auf das Gelb, das in trägen Tropfen vom Pinsel auf den Boden tropfte. Auf das Grün, mit dem er sich bekleckert hatte. Auf Rot, das vielleicht sein Gesicht zierte und Schwarz, das die Farben trennte in seiner nichtfarblichen Form. Farfarello legte den Kopf schief. Farbfelder, schier ohne Anordnung und dennoch...? Formen? Figuren? Er vermochte es zu sagen, doch ein anderer Betrachter? Gleich...gleich. Doch dieser Betrachter ließ sich dazu kaum aus. Crawford hielt einige Schritte hinter Jei an und betrachtete sich das Bild. Jei malte die Farben der Gefühle, die er als interessant betrachtete. „Möchtest du dieses Bild als Abschluss deines Zyklus benennen? Die Farben ... gefallen mir nicht, fügen sich aber gut in die anderen ein“, sagte er ruhig. Er wusste, dass er mit Jei keine Spielchen spielen musste, dazu durchschaute der Ire ihn zu oft – allerdings oft nur dann, wenn Crawford es zuließ. Jei jedoch war schwer bis gar nicht zu durchschauen. Der Blick des Iren wandte sich leicht nach oben, glitt über das Bild. Sie...gefielen nicht? „Natürlich gefallen sie dir nicht“, erwiderte er nachdenklich, schwelgte in den Schwingungen und Strömen, die von diesem Wesen ausgingen. „Narzissmus ist nicht deine Vorliebe.“ Er drehte sich langsam herum und fixierte den Amerikaner. Studierte ihn und seine Worte. „Das Bild ist nicht das Letzte. Aber du stellst es trotzdem aus.“ Eine Feststellung, keine Frage. Kein Befehl. Er hob den Pinsel, besah sich das leuchtende Gelb. Es passte. Harmonierte genau darauf. „In der nächsten Ausstellung, nicht in dieser, Jei“, antwortete Crawford. Es störte ihn, dass Farfarello ihn als Ziel seines neuesten Bildes ausgewählt hatte. Aber er unterdrückte das Gefühl des Unmutes und verbarg es hinter einer kühlen Mauer, die selbst Jei nicht durchdringen konnte. „Nagi wird morgen die Ausstellung besuchen.“ Mit diesen Worten verließ der Amerikaner den offenen und weiten Raum, der eher schlicht eingerichtet war. o~ Omi stand zunächst einmal wie ein Fremder in dem offenen, weiten Raum. Wie Falschgeld, wie ihm Youji charmant gesagt hatte und dann in den Untiefen der alten Fabrikhalle im Hafen verschwunden war. Er müsse alleine hierdurch, hatte er zu dem Jüngeren gesagt und noch schnell einen Treffpunkt in drei Stunden ausgemacht. Drei Stunden. Wie in aller Welt sollte er drei Stunden einzig und alleine mit der Betrachtung von irgendwelchen Farbklecksen verbringen? Omi hatte keine Ahnung und noch weniger einen Plan. Er war noch nie privat in einer Aufstellung gewesen. Zu Aufträgen, ja. Doch nun sollte er anscheinend Rans Rolle übernehmen. Er sah sich zweifelnd um und seufzte ergeben. Wenigstens konnte er so in aller Ruhe über ihr gemütliches ‚Kaffeetrinken‘ mit Schuldig nachdenken. Drei Tage war es nun her, dass Aya mit dem Mann seines Vertrauens bei ihnen war. Dass sie das Kaffeetrinken aufgrund eines vielfachen Wunsches eines einzelnen Magens ausgeweitet hatten auf ein gemeinsames Kochen, an dem auch Ken teilgenommen hatte. Und selbst wenn Omi es nur ungern zugab, hatte er es genossen. Vor allem, Ran und Schuldig zu beobachten, wie sie miteinander umgingen und sich gut taten. Das vor allem. Omi verschränkte kritisch die Arme und ließ sich auf eine der mitten im Raum stehenden Steinbänke nieder, die spartanisch als weiße Brocken aus dem Boden ragten. Wie auch alles weiß und Backstein war...Omi konnte das verstehen. So kamen wenigstens die Bilder zur Geltung. Die kräftigen, leuchtenden Farben. Vielleicht war es doch nicht so schlecht, dass Youji ihn hierhin geschleppt hatte. Der junge Mann streifte durch die Hallen auf seinem Weg um die Ausstellung zu verlassen. An einem der größeren Bilder blieb er für einen Moment stehen, lange genug um auf der gegenüberliegenden Seite der Halle einen blonden, hoch gewachsenen Mann zu identifizieren, der ihm besser als Balinese bekannt war. Nagi war etwas verblüfft, wie er zugeben musste. Es reizte ihn, zu dem Weiß hin zu gehen und ihn anzusprechen. Aber er ließ es, zuckte innerlich mit den Schultern und machte sich auf den Weg ins Erdgeschoss. Die Menschen um ihn herum nahmen kaum Notiz von ihm und das war ihm nur Recht. Selbst als er ungeschickter Weise angerempelt wurde, kam nur eine murmelnde Entschuldigung und Nagi ging unangenehm berührt weiter. Es waren mehr Menschen hier unten und er achtete darauf niemanden zu berühren. Nach einigen Schritten blieb er stehen. Sein Blick auf den blonden, fedrig geschnittenen Haarschopf gerichtet. War das nicht...? Er ging näher an den Mann heran, der ihm den Rücken zugekehrt hatte und in die Betrachtung eines Bildes versunken war. Nagi zögerte. Sollte er ihn ansprechen? Er fühlte sich im Augenblick unfähig ein einziges Wort herauszubringen, denn noch immer schwirrten in ihm die peinlichen Momente im Kopf herum, wie er sich hatte gehen lassen und den Weiß näher an sich heran gelassen hatte – durch seine eigene Unzulänglichkeit. „Gefällt es dir?“ fragte er leise und doch kam er sich unbeholfen vor. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)