Der Glasgarten von Gadreel_Coco ================================================================================ Kapitel 122: …and the ugly. --------------------------- „Was ist passiert?“, fragte Aya vollkommen entspannt. Schuldig tat gerade sein Bestes um ihn von seinem vor ein paar Stunden erworbenen Wissen über den Iren und Yohji abzulenken und Aya wusste Schuldigs Bemühungen durchaus zu schätzen. „Keine Ahnung. Aufregend nicht wahr?“, flüsterte der verschwörerisch und war gerade dabei sich aufzusetzen. Er zog das Leintuch heran und legte es über seinen nackten Ran, küsste ihn auf die Wange bevor er aufstand und zur Tür ging. „Sehr aufregend...“, grollte Aya. „Untersteh dich und gehe jetzt weg. Ich bin gerade dabei, mich zu entspannen!“ Wohlig räkelte er sich unter dem Laken. Doch was, wenn es ein Angriff war? Nein... sicher nicht. Dann wäre Schuldig nicht so gelassen und zu Witzen aufgelegt. Nur… es war Schuldig, da galten normale Verhaltensweisen nicht. „Na du bist mir ja ein schöner Freund“, spöttelte Schuldig und mimte den Beleidigten. Er wandte sich zum Nachtisch griff sich die dort liegende Waffe, entsicherte sie rein zu schauspielerischen Zwecken und ging Richtung Tür. „Warte hier auf mich, Babe, ich erledige schnell die bösen Buben und bin dann sofort wieder an deiner Seite“, sprachs und wollte die Tür öffnen, als es plötzlich leise klopfte. Schuldig sicherte die Waffe, seufze und öffnete die Tür, da er Nagis Signatur telepathisch erfasst hatte. „Ich… wollte nicht stören…entschuldigt.“ „Was…zur Hölle… ist los?“, fragte Schuldig ungehalten, nur mühsam die aufkommende Verstimmung unterdrückend. „Nichts. Ich habe den Strom auf den Genera…“, weiter kam Nagi nicht, da Schuldig ihn am Saum seines Yukattas fasste, ihn hochhob und ihn aufs Bett warf, danach die Tür schloss. Er hörte nur noch ein verhaltenes Ächzen, als Nagi federnden Kontakt mit der Matratze schloss. „Du hast was?“ „Den Generator eingeschaltet“, sagte Nagi kühl, die Hand umklammerte Stahlbänder, er wurde sich gerade in diesem Moment des nackten Rothaarigen neben sich bewusst und schluckte. „Weshalb?“, wollte Schuldig wissen. Das Bett senkte sich, doch es war nicht Schuldig, sondern... sondern... Aya war SEHR froh über die Dunkelheit, während er sich auf die Seite drehte, überrascht zu Nagi sah. Was in aller Welt geschah hier denn jetzt schon wieder? „Schuldig...“, knurrte Aya warnend. „...du hättest mir auch gleich sagen können, dass du mit ihm schlafen willst.“ Doch Schuldig ignorierte seine sogenannte bessere - in diesem Fall vorlaute - Hälfte und widmete sich dem bereits vom Bett hastenden Telekineten. Schuldig schloss die Tür und schubste Nagi wieder aufs Bett. „Schön hier geblieben, junger Mann“, mahnte er streng und stand mit verschränkten Armen vor Nagi, der etwas nervös vor ihm saß. „Was willst du mit den Handschellen? Und weshalb ist der Strom auf den Generator…“, noch bevor er es ausgesprochen hatte, verstummte er. „Du willst doch nicht hier? Seid ihr verrückt?“, ächzte er und wartete auf eine Antwort. Die ausblieb. Er konnte Nagis Gesicht nicht einsehen, aber er hätte schwören können, dass die Wangen gerötet und die Lippen trotzig verzogen waren. Zumindest wäre das sein Gesichtsausdruck gewesen wenn jemand ihn derart bloß gestellt hätte. „Ihr könnt hier nicht vögeln!“ Aya glaubte, nicht richtig zu hören und zu sehen, als der junge Telekinet klugerweise floh, aber nicht ganz mit Schuldig gerechnet hatte, der ihn augenscheinlich auf diesem Bett haben wollte. „Schuldig“, stöhnte Aya auf. Er hatte doch noch nicht einmal richtig verdaut, dass sich Youji und der Ire annäherten, dann musste er jetzt nicht noch Nagi neben sich im Bett haben, der sich von Schuldig eine Moralpredigt anhören durfte, was sein Sexualleben anging. „Lass ihn doch... Omi wird schon nicht schwanger werden“, verkannte Aya das Problem schlicht aus Nichtwissen heraus. „Wenn‘s nur das wär!“, schnaubte Schuldig resignierend und wedelte gelassen mit der Rechten in Richtung Ran. „Was bringst du zu deiner Verteidigung vor? Wie willst du verhindern, dass uns hier gleich die Bretter um die Ohren fliegen?“, fragte er Nagi. Dieser blickte ihn weiter stoisch an, als wäre er die Ruhe selbst, seine Finger jedoch verrieten die Unruhe im Inneren, sie spielten emsig mit den Handschellen. „Fang nicht an zu heulen, Kleiner“, warnte Schuldig. Nagi sprach immer noch nicht und Schuldig atmete tief ein, als er eine kühle Stimme vernahm, die jedoch ein minimales Zittern beinhaltete, welches darauf deutete, dass Nagi mit seiner Selbstbeherrschung zu kämpfen hatte. „Es gibt immer noch die Möglichkeit einer Implosion.“ „Bullshit…“ „Das ist mein Problem… und ich WILL DAS. Hast du verstanden, MASTERMIND?“, schrie Nagi die letzten Worte. „Er geht weg. Du kennst das Problem nicht. Also halt dich da raus.“ Er stürmte zur Tür hinaus und schlug diese derart heftig hinter sich zu, sodass sie zu - und wieder aufflog. Schuldig pfiff leise über diesen dramatischen Abgang ihres kleines Prinzchen. Aya hatte Nagi noch nie so dermaßen emotional gesehen wie gerade eben und es erstaunte ihn. Der sonst so kühle Japaner war gerade schier explodiert und das aus lauter Verzweiflung. „Das war ja gelungen“, murmelte Aya und legte sich auf das Bett zurück. Nagi ließ das Haus einstürzen, wenn er Sex hatte? Vorstellen konnte Aya es sich nicht, aber... wer wusste ob es nicht doch so war? Nun gut, dann warteten sie eben darauf, dass ihnen der Himmel auf den Kopf fiel. „Willst du etwa meine Fähigkeiten als Berater in Liebesdingen in Frage stellen?“ Schuldigs Stimme troff förmlich vor resignierendem Sarkasmus. Er wandte sich nach einem Moment um, schloss die Tür leise und fragte sich ob es noch Sinn machte die Tür für die nächsten Minuten noch zu schließen. „Der führt sich wie ein pubertierendes Gör auf.“ „Ich würde schätzen, dass er verliebt ist. Und denk dran, wie du dich aufführst, wenn du verliebt bist. Wenn er sich ein Beispiel an dir genommen hat, können wir uns warm anziehen.“ Aya sagte es mit tödlichem Ernst, vergrub sein Gesicht jedoch unauffällig ins Kissen, damit Schuldig sein breites Grinsen nicht sah. „Sehr witzig“, erwiderte Schuldig missvergnügt. Er hatte durchaus die ‚humorige’ Note von Rans Gesagtem zwischen den Worten heraus gehört. „Und was heißt hier eigentlich aufführen? Wie führe ich mich denn auf?“, wollte er jetzt in gestrengem Ton wissen. Mit demonstrativ vor der Brust verschränkten Armen, blickte er in Oberlehrermanier hinunter auf die mit kühlem Licht beschienene Silhouette der Rückenpartie, die sich ihm einladend präsentierte und ihm zurief, dass sie gestreichelt werden wollte. „Sag ich nicht“, kam es impertinent von dem ungehorsamen Schüler zurück. „Du musst ja schließlich nicht alles wissen!“ Oh das würde eine sehr strenge Strafe nach sich ziehen, aber Aya nahm die mit Freuden entgegen. Ihm war danach die Stimmung etwas aufzulockern, indem er Schuldig triezte. Rans Stimme klang gedämpft, doch dessen unverschämt zu nennende, gar herausfordernde Replik schrie nach Rache. „Und ob ich das muss!“, ereiferte sich Schuldig und kam wieder aufs Bett, kroch zu Ran und legte sein Kinn auf dessen Flanke. Mit spitzen Fingern, zog er aufreizend langsam das dünne Leintuch hinunter und streichelte die warme Haut darunter… Währenddessen eilte Nagi zurück zu Omi, stürmte das Zimmer, in welchem die Monitore seiner drei Rechner den Raum mit Licht erhellten und blickte den anderen ein wenig außer Atem und vor allem mit zu allem entschlossenem Gesichtsausdruck an. Er machte einen Schritt auf ihn zu, nahm seine Hand und wischte mit ihm aus dem Raum hinaus. Omi hatte das Gefühl, dass sein Gehirn noch oben in dem Zimmer verweilte und ab dem Zeitpunkt, an dem Nagi ihn dermaßen wütend angeschaut hatte, nicht mehr arbeitete. Sie gingen hinunter ins Erdgeschoss, über die Waschküche nach draußen. Dort durchquerten sie den Garten, dessen Umrandung hohe Hecken und einen hohen Holzzaun aufwies. Es regnete stärker. Nagi zog Omi zu dem Unterstand, mit zwei geschlossenen Seiten, der ihren Fuhrpark beheimatete. Unter den drei Fahrzeugen war auch ihr Einsatzwagen. Nagi lehnte sich an die Tür an, zog Omi an sich und küsste ihn erstickend, machte dem Frust Luft, der ihn quälte. Omi versuchte nachzuvollziehen, was hier geschehen war, warum Nagi so erbost schien, doch es brachte ihm nichts... er musste auf Erklärungen warten, die ihm erst einmal in Form eines Kusses gegeben wurden, in den Omi sich hinein lehnte. Wut war es, die diesen Kuss kolorierte und Nagi weniger vorsichtig sein ließ als sonst, doch Omi begrüßte das sogar sehr. Der Regen rauschte in seinen Ohren und Nagis umher flirrende Gefühle taten es in seinem Inneren ebenso, als er den etwas kleineren Takatori Sprössling gierig küsste, ihn wie ausgehungert bestürmte, als müsste er sich selbst und vor allem allen anderen etwas beweisen. Seine Linke drückte Omi die Handschellen an die Brust, während er an dessen Lippen keuchte, die Augen geschlossen hielt. „Hier draußen ist es ungefährlicher. Entweder hier oder im Wagen.“ Omi starrte dümmlich auf die Handschellen, noch dümmlicher dann zum Wagen und Nagi bekam die volle Dosis seines Unglaubens. Wie? Draußen? Handschellen? Er? Es war schwül hier draußen und unromantisch, es roch nach Benzin und Autos... und Rücksitze waren für das erste Mal mit einem Telekineten sicherlich nicht das Richtige. Nicht wirklich... Omi schluckte. „Ich... soll sie mir anlegen? Für... hier?“, fragte er schließlich, die Stimme ungläubig. Nagis Finger hatten sich in Verzweiflung um den Stahl geschlungen, als er in Omis Gesicht blickte. Die Innenseite seiner Unterlippe war bereits gehörig von seinen Zähnen malträtiert zwecks Kompensation der beginnenden Frustration aufgrund der befürchteten Ablehnung. Und dann kamen die Worte, die den Knoten in seinem Magen ein wenig lösten. „Du? Wieso du?“, Nagi schüttelte den Kopf. „Wie kommst du darauf?“ „Nicht? Ich dachte... dass ich...“ Omi verstummte und lächelte. „Also soll ich dich fesseln, ja? Hier? Im Wagen?“ Seine Hand hob sich und strich Nagi zärtlich über die Wange. „Warum?“ Warum? Warum kam Nagi das Lächeln nur mitleidig vor? Er verzog das Gesicht, fieberhaft darum bemüht Omis Stimme als nicht zu sanft, nicht zu liebevoll zu werten. Es war als würde der andere mit ihm wie mit etwas Zerbrechlichem umgehen. Und das wollte Nagi nicht. Er ließ seine Hand mit dem Stahl sinken und wandte sich seitlich an den Van an, blickte hinaus in den Regenguss. „Weil es so ungefährlicher ist“, erklärte er lahm. „Ich dachte, ich könnte schnell alles vorbereiten und habe den Notstrom umgeschaltet, habe die Dinge geholt, die wir brauchen und hier draußen ist es besser. Die Energie kann sich verteilen. Es ist nicht schlimm, wenn der Wagen zu Bruch geht, aber das Haus sollte dies nicht tun. Ich weiß nicht was passiert… wenn es zu… heftig wird“, sagte er peinlich berührt. „Woher sollst du es auch wissen?“, erwiderte Omi wie selbstverständlich. Genauso fühlte er sich auch. Es war okay, dass Nagi es nicht wusste. Er wusste es auch nicht. Also... „Da hilft nur eines: ausprobieren und sehen, was passiert“, grinste er in das abgewandte Gesicht und drehte es zu sich herum. „Ich würde mich freuen, die Ehre zu haben.“ Ernst hatte sich in seine Worte geschlichen. Nagi spürte die immense Last, die von ihm abfiel, dennoch fühlte er auch eine Bekümmertheit, die sich nicht abstreifen ließ. Er lächelte ein verunglücktes Lächeln und lehnte den Kopf an die Wagenwand. „Ich wünschte, das wäre alles nicht nötig. Ich wünschte ich wäre normal.“ Er blinzelte und schloss die Augen. Stets war er stolz darauf gewesen nicht normal zu sein. Anders als die übrigen, die Normalen zu sein, nicht in ihrer Welt leben zu müssen. Und das seit damals, seit sie ihn ausgestoßen hatten, seit er als Kind zwischen dem Dreck und dem zurückgelassenem Nippes weggeworfen worden war. Verdammt, er wusste noch nicht einmal wer seine Eltern waren. Er wusste nicht wo er geboren worden war. Er wusste gar nichts. Er wusste nur, dass irgendwann Brad kam und ihn in seine Welt holte. „Normal ist langweilig. Du bist außergewöhnlich... etwas Besonderes. Darauf kannst du stolz sein.“ Omi veränderte ihre Position und presste Nagi gegen den Van. Nagi sah Omi an. Er war schon zu lange aus den falschen Gründen auf die falschen Dinge stolz gewesen. Warum brauchte es diesen… Menschen, der ihm das klar machte? Nagi schwieg zu seinen Gedanken. „Also...Van oder Luxuskarosse? Oder gleich auf dem… feuchten Rasen?“ Omis Knie stahl sich zwischen Nagis Beine und rieb leicht. „Wie soll ich denn in dieser ‚Zwangslage’ nachdenken können?“, Nagi erschauerte, verdrängte das Selbstmitleid, ließ den Sturm zu, fühlte sich gewollt und begehrt. Sein Gesicht legte sich auf Omis Schulter, während seine freie Hand den Weg durch eine Stofffalte auf die warme Haut des Älteren fand. Er mochte den sehnigen, warmen Körper an seinem und zog Omi näher. „So etwas nennt man dann eine Entscheidung aus Instinkt getroffen...“ Omi grollte und haschte nach den Lippen des Telekineten. Er verstärkte den Druck auf Nagis Unterleib. „Sag mir, wo du mit mir schlafen willst...“ „Ich habe die passende Umgebung für uns.“ Nagi wandte sich um, lehnte sich leicht an Omi und öffnete mittels einer Schlosskombination den Van. Ein Schalter am Eingang betätigte die Elektronik des Inneren ihres Überwachungswagens. Dutzende kleine farbige Lämpchen an den unterschiedlichen Geräten sprangen an. Zwei Monitore begannen zum Leben zu erwachen. Einige der Eingabegeräte leuchteten in blauen und grünen Farbnuancen. Nagi stieg in den Van, ging nach hinten bis er zu einer Liegefläche kam unter der einige Koffer verstaut waren. Die Liegefläche ging über die gesamte Breite des Wagens. Ein Futon war über dem kühlen Material ausgebreitet worden. Omi folgte Nagi und schloss die Tür hinter sich. Ja... hier konnten sie es aushalten. Es war nicht ganz so steril von der Atmosphäre, aber dennoch verrucht. „Soso...“, schnurrte er und folgte Nagi, nachdem er die Tür hinter sich geschlossen hatte. „Jetzt bleibt nur noch die Frage des Wies. Wie willst du mich?“, fragte er Nagi im Näherkommen, ihn an sich ziehend. Nun sah sich Nagi in einer Lage, die er nicht mehr so ganz überschauen konnte. Die Handschellen in seinen Händen erfuhren eine bedachtsame aber auch rege Fingerfertigkeit. „Nun… das übliche, oder?“, fragte er unsicher nach. „In Anbetracht der Unkenntnis über derartige intime…“, Nagi verstummte. Wie... das Übliche? Was war denn das Übliche? „Möchtest du mir dabei in die Augen sehen... oder möchtest du meinen Körper spüren, wie er an dich geschmiegt liegt und sich in dir bewegt... möchtest du mich von hinten...leidenschaftlich... Wie willst du mich?“ Ach DAS meinte Omi. Nagi spürte augenblicklich wie ihm die Worte in den Unterleib fuhren, direkt ohne Umwege. Er stöhnte verhalten. Zu viele Entscheidungen, die er nicht treffen konnte, oder wollte. „Was wäre denn besser?“, fand er zu seiner Stimme zurück, die zugegebenermaßen viel zu leise in seinen Ohren klang. Er hatte das Gefühl, dass ihre Intimität hier in diesem kleinen Raum, der ihm so vertraut war, ihn einschüchterte. „Alles nacheinander! Das ist das Beste!“, machte Omi hier klar, dass Nagi mit einem Mal nicht davonkommen würde. Auch wenn es nur spielerisch war. Nagi war unberührt und hatte anscheinend noch nie mit einem anderen Mann geschlafen. Er würde ihn nicht über Gebühr ausschöpfen, ganz abseits der Tatsache, dass er vermutlich quer durch den Van fliegen würde, wenn Nagi seinen Höhepunkt erreichte. „Wie wäre es für den Anfang mit der guten, alten Löffelchenstellung? Die macht es uns am Einfachsten.“ „Gut.“ Nagi nickte und suchte in der eingenähten Innentasche des Kleidungsstücks, das er trug nach seinen Mitbringsel. Er drückte beide Packungen Omi in die Hand und kümmerte sich selbst darum sich auszuziehen. Wenige Augenblicke später lag sein Oberkörper frei, der Stoff nur gehalten vom Gürtel des Kleidungsstücks. Die Handschellen klickten um seine mageren Handgelenke. Als er fertig war sah er Omi an und kletterte auf das Lager, die Schöße des Yukattas um ihn gebreitet, nur marginal etwas verdeckend. Nagi war... „..schön“, sagte Omi und kam langsam nach. Genauso langsam ließ er sich vor Nagi nieder und hob dessen gefesselte Hände zu seinen Lippen, setzte erst auf die Finger einen Kuss, dann auf die Handrücken, schließlich auf die eisernen Bänder der Handschellen. Nagi begab sich in Fesseln... für ihn. Einzig für ihn. Omi kam sich wie ein verdorbenes Stück vor, das sich der reinen, weißen Unschuld bemächtigen wollte. Er kam sich schmutzig vor... und dennoch absolut geehrt, dass Nagi IHM Vertrauen schenkte ihm das zu nehmen, was er nun beinahe zwei Jahrzehnte bewahrt hatte. Er löste mit einer Hand den Yukatta und legte sich nackt neben Nagi. Sich Omis Gedanken und dem dazugehörigen Brimborium nicht bewusst gab Nagi seine halb sitzende Position auf und lehnte sich mit seinen Händen auf Omis Brust, beugte sich zu ihm hinunter und küsste sich einen Weg über den Bauch. Seine Hände und Arme lagen ausgestreckt auf dem Körper des Blonden, während er das vernachlässigte heiße Fleisch mit Küssen und Lecken zu mehr Leben zu überreden suchte. Omis nur zu gerne erwachende Männlichkeit ließ sich SEHR schnell überreden. Guttural stöhnte er auf und hob seine Hüfte, bat um mehr. „Nagi...“, seufzte Omi selig und holte den anderen schließlich wieder zu sich hoch. „Lass mich dich verwöhnen“, raunte er und zupfte spielerisch durch die fedrigen Haare. Nagi schmirgelte ihre Körper aneinander, als er dem Zug seiner Haare folgte und sich der Länge nach halb auf den anderen legte. Ein Zittern ging durch ihn, als sich ihre Geschlechter berührten, er den Drang nach mehr Reibung nachgeben wollte und schlussendlich in einem tiefen Zungenkuss Kompensation suchte. Diesen Kuss nutzte Omi, um sich nun seinerseits zu Nagis noch nicht ganz wachem Fleisch zu stehlen und es zu streicheln, es mit harten Strichen zu verwöhnen. „Mach…“, wisperte Nagi an Omis Lippen, seine Lider auf halber Höhe. „Ich bin nicht zerbrechlich“, grimmte er dann schon fast, zwickte den anderen sanft in die frechen Lippen. „Gut...“, veräußerte Omi unheilschwanger und griff zum Gleitgel, benetzte seine Finger und kam dann wieder zu seinem eigentlichen Ziel zurück. Er folgte Nagis Drängen und umspielte den engen Muskelring vorsichtig, bevor er einen Finger ganz vorsichtig hinein gleiten ließ. Nagis schneller Atem brach sich an der erhitzten Haut unter seinen Lippen, er presste seine Stirn an die Schulter unter sich, keuchte vor beginnender Lust, versuchte sorgenvolle Gedankensprünge zu verdrängen, die ihm einreden wollten, dass er trotz allem die Kontrolle verlieren würde. Er wollte sie verlieren, wollte alle Fesseln in sich sprengen und hatte gleichzeitig große Angst vor den möglichen Konsequenzen. „Komm... dreh dich“, gurrte Omi beruhigend, als er spürte, dass er Nagi fast soweit hatte, dass dieser nun mehr wollte, nicht verschreckt war. Er selbst war hoch erregt, begierig darauf, sich in den schmalen Körper zu versenken. Nagi hielt sich an dem kühlen Metall der Fesseln fest, drehte sich an der erhitzten Haut, überließ sich den fürsorglichen Administrationen. Zu behaupten die Gedanken, die Sorgen wären weggewischt, wie er es in blumigen Beschreibungen über den Sex zwischen Menschen gelesen hatte wäre glatt gelogen gewesen. Sie waren keineswegs weg, er schwankte zwischen An-und Entspannung. Ein beruhigendes Grollen ertönte hinter ihm. So nahe, wie sie sich waren, spürte Omi nur zu gut den Wechsel in dem anderen. Und wieder kam er sich vor wie das verdorbene böse Stück, wie ein Zerstörer. Doch was zerstörte er denn? Nagis Unantastbarkeit? Das war Unsinn. Sie beide wollten es auf diese Weise, sie beide waren sich nahe, er zerstörte nichts. Er gab. Er bekam. Er nahm. „Sag mir, wenn es dir zu viel wird“, wisperte er leise und positionierte sich, drängte langsam nach vorne. Auch sein Atem ging schneller, auch sein Herz schlug rasend schnell, als wolle es aus seiner Brust springen. „Hör auf zu reden“, erwiderte Nagi und wandte das Gesicht leicht nach hinten um es Omi zuzuwenden. Nicht zu wissen, ob er sich verstecken oder den Blick des anderen suchen sollte war belanglos, erkannte er im gleichen Augenblick. „Mach es nicht schwerer, als es ist.“ Wäre Omi nicht schon so rot gewesen, wäre sein Gesicht in flammender Röte aufgegangen. Natürlich, durch sein Reden machte er Nagi nur noch nervöser. Sanft küsste er sich seinen Weg den zerbrechlich erscheinenden Hals entlang, als er Zentimeter für Zentimeter tiefer sank, immer wieder einhielt, bis er schließlich tief in ihm war, bis sie vollständig miteinander verbunden waren, schwer atmend. Es geht. Das war das einzige was Nagi spontan in den Kopf kam und kurz darauf wusste er, dass es besser war sich völlig zu entspannen. Was er seinem Körper auch befahl und dieser nach und nach befolgen konnte. Es war das Gefühl der absoluten Intimität, der völligen Auslieferung dem anderen gegenüber, die ihn für einige Momente erneut verunsicherten, doch die Röte im Gesicht des anderen sagte ihm, dass er nicht der Einzige war, der sich hier auslieferte. Sein Atem floh über die trockenen Lippen, brach sich an der Stirn des anderen, kam zu ihm zurück und erschuf eine warme Intimität zwischen dieser kurzen Distanz. Er konnte nicht viel unternehmen, auch wenn es ihn drängte Omi zu berühren hinderten ihn die Fesseln daran. Das was sie alle schützen sollte, dass einzige dass ihn dazu gebracht hatte, diese Intimität zu wagen störte ihn immens. „Ich habe nie verstanden warum Schuldig und Ran Gefallen an diesen Spielchen finden konnten… und können… im Augenblick…“, er keuchte. „…verstehe ich es noch weniger. Es stört…es nervt…“ "Soll... ich dich befreien? Soll ich dir die Handschellen abnehmen?", fragte Omi alarmiert, sich im nächsten Moment jedoch wieder beruhigend. Wer, wenn nicht Nagi, würde sich im Ernstfall der Panik daraus befreien. Zudem Nagi nicht panisch klang, eher... genervt. Ja, wirklich genervt. Omi lachte leise. "Die beiden sind eben... anders. Anders als wir." Und das war auch gut so. Omi wagte es und bewegte sich leicht. Was Nagi sowohl ein leises Stöhnen aus Unbehagen, als auch aus Erregung bescherte. „Das ist keine Option…“, fiel ihm noch ein, bevor er die Augen schloss, sich den Bewegungen des anderen ergab. Er musste sich ergeben, ihm ergeben. Das konnte er. Die zuvor noch unangenehme Reibung wurde zur drängenden Hitze, die eine Unruhe in ihm auslöste, die sich aufbaute und derer er sich nicht entziehen konnte. Seine Hände ballten sich um das kühle Metall. Er fühlte wie Omi über seine Hüfte strich, seine Finger streichelten über die Haut seines Unterbauchs, fanden den Bereich, der seiner Berührung bedurfte und Nagis Blick verschwamm im Gefühl der körperlichen Lust, die über ihn hereinbrach. o~ „Unggh…“, stöhnte Aya genüsslich ins Kissen, den Kopf seitlich gedreht, die Arme bequem darunter geschoben. „Du machst das wirklich hervorragend“, sagte er genießerisch. Die Massage war eine Entschädigung für seinen Part in Osaka, besser dafür, dass dieser Part ihm Verschwiegen worden war. „Ja?“ Schuldig grinste verschlagen und hauchte einen Kuss auf die Fußsohle, die er gerade massierte. Sein Blick labte sich an der im Licht der Laterne kühl schimmernden Haut, an den wie ein seidiger dunkler Schleier darauf liegenden Haaren… Die Laterne flackerte vor dem Haus auf der Straße. Während er verfolgte wie Nagi unweigerlich auf seinen Höhepunkt zusteuerte ließ er plötzlich das Objekt seiner Begierde wie eine heiße Kartoffel fallen. Behände aufstehend, nahm er den Yukatta auf, der am Rande des Bettes lag und warf ihn Ran zu, der noch zu träge war um überhaupt zu registrieren, dass Schuldig – alias ‚der Masseur‘ – nicht mehr seine Füße bearbeitete. Als jedoch das Kleidungsstück über ihn fiel bewegte sich etwas darunter. Etwas gar ungehaltenes. „Was ist jetzt schon wieder?“, murrte Aya einen Tick gereizter, als bei Naoes kurzweiligem Besuch zuvor. Schuldig hastete zur Tür, riss sie auf. „Los jetzt mach schon, nicht trödeln, verdammt! Wir müssen raus!“ Aya schien sich der Dringlichkeit nicht bewusst zu sein, denn im schieren Zeitlupentempo schälte sich der Japaner aus der Decke, robbte ans Bettende und griff sich den Yukatta, den er umständlich anzog um ihn schließlich zu gürten und aufzustehen. „Die Russen kommen! Ich weiß. Oder waren es Ufos? Jetzt sag schon was los is!“ Aya gähnte verhalten und schlüpfte in seine Hausschuhe. Er tastete mit einer Seelenruhe nach seiner Waffe. Schuldig griff sich den Tagträumenden an der Hand und zog ihn mit sich nach unten. Einen Großteil dieser Lethargie hatte er zu verschulden. „Du siehst zu viele Filme, Ran! Es ist Nagi der kommt und das ist wahrhaftig unangenehmer als Russen, Chinesen oder sonst etwas auf diesem Planeten, oder von außerhalb, das da kommen könnte!“ Plötzlich war Aya hellwach. „Du hast sie bespitzelt? Wie kannst du das machen? Es ist ihre Privatsphäre! Außerdem ist Kudou an meinem Filmwissen schuld!“, verteidigte er sich und bremste ihre Flucht im Eingangsbereich des Ryokan, in dem er abrupt stehen blieb. Schuldig wechselte sein Schuhwerk, hastete zur Tür, riss die Eingangstür auf. Es regnete noch immer Bindfäden. „Na herrlich! Was auch sonst“, brummte er. Er mochte den Sommer hier nicht besonders. Zu heiß, zu feucht, zu stickig, zu… einfach alles. Resignierend stand er im Eingang und wandte sich zu Ran um, der ihn erbost ansah. „Wieso sollte es während wir die Treppen hinunter gehen aufgehört haben zu regnen?“, fragte der Japaner Neunmalklug. Schuldig schätzte diesen Schlaubinismus nicht unbedingt. Jeder wusste was am Ende jeder Folge der Schlümpfe geschah. Schuldig würde jetzt aber großzügig eine Ausnahme machen. „Tu mir einen Gefallen und komm her, ja? Ich erklär dir alles, aber komm her. Bitte. Jetzt. Gleich“, rang er mit Rans Sturheit. Aya kam. Wenn auch wenig motiviert. Er sah der dunklen Gestalt im offenen Türrahmen entgegen, die umrahmt von Bindfäden war. Mit verschlossener Miene ließ er sich ins Freie ziehen. Ein stechender Geruch drang ihm in die Nase. „Was…? Ist das…?“ Schuldig riss Ran an sich und zog ihn mit sich in den Porsche Cayenne. „Ja, das ist Ozon. Nagi hat die Kontrolle verloren. Sieh dir deine Haare an.“ Ayas Haare waren elektrisch aufgeladen, bis sie ins Freie liefen und seine Haare sich nässten. Die Laternen knisterten und zuckten noch einmal im Todeskampf bevor sie ausgingen. Sie schlugen die Türen des Wagens zu. „Kannst du ihn nicht aufhalten?“ Schuldig sah skeptisch zu ihm hinüber. „Ich habe es versucht.“ „Was wird passieren?“ Aya wischte sich die feuchten Haare aus den Augen. „Du erinnerst dich an die Sache mit Tot?“ Ja. Er erinnerte sich. An die „Sache“. Ein euphemistischer Begriff für: Damals als ich deine Schwester als Druckmittel einsetzte, als der verrückte Sohn von Takatori durchdrehte. „Ja. Mir war da so, als erinnere ich mich dunkel an die „Sache““, merkte Aya an, in einem Tonfall, der Schuldig klar machte an was er sich noch erinnerte. „Ähm. Ja. Also damals legte Nagi das komplette Anwesen in Schutt und Asche. Das würde hier ein paar Häuser miteinschließen. Wenn‘s dumm läuft vielleicht einen oder zwei Quadratkilometer.“ „Wenn‘s dumm läuft?“ echote Aya ungläubig. Schuldig bagatellisierte in seinen Worten die Zerstörung von einem Quadratkilometer dicht besiedelten Lebensraums, oder vielleicht zwei, fügte Aya ironisch in Gedanken hinzu. „Damals war er verletzt und zornig. Er hatte die Kontrolle und wollte, dass alle seinen Schmerz fühlen und ihn erleiden, deshalb hat er nur das Gebäude zerstört. Es geschah willentlich. Hier… regiert nur mehr das Verlangen und die Gier nach dem Höhepunkt.“ Aya sah zweifelnd zu Schuldig hinüber. „Und Omi weiß worauf er sich eingelassen hat?“ „Das hoffe ich für ihn. Denn jetzt ist es ohnehin zu spät, findest du nicht?“ Schuldig erwiderte Rans Blick leicht zweifelnd. „Aus der Nummer kommt er jetzt nämlich nicht mehr raus.“ Darüber musste Schuldig Lachen. „Nicht witzig, Schuldig“, mahnte Aya in strengem Ton. Doch auch er musste zugeben, dass es eine gewisse Komik barg. Aber er durfte nicht zulassen, dass Schuldigs schräger Humor den Ernst der Lage kaschierte. „Es geht los.“ Schuldig wies auf den Van, der ein Wagen weiterstand und der sich langsam in die Höhe hob. Elektrische Entladungen leckten an den Straßenlaternen. „Macht das nicht Leute auf euch aufmerksam, die speziell nach solcherart Vorkommnisse Ausschau halten?“ Aya starrte auf den Van. Seine Stirn war umwölkt. Schuldig wischte sich eine Haarsträhne hinter das linke Ohr und stützte seinen Ellbogen am Fenster ab. „Sicher. Falls der Kleine jetzt völlig durchdreht, haben wir ein Problem“, seufzte er. „Es gibt viele Leute, die sich für einen Flügge gewordenen Telekineten interessieren, der es gerade mit dem einzig noch lebenden Spross von Takatori Reiji treibt.“ Er lachte auf. „Ich weiß nicht was Schlimmer ist. Die Tatsache, dass er ein Spätzünder ist oder dass er es mit einem Takatori…“ „Schuldig! Du weißt so gut wie ich, dass Shuichi sein Vater…“ Aya rollte mit den Augen, als er zu Schuldig und dessen auf böse getrimmtes Grinsen sah. Schuldig wollte ihn also nur hochnehmen. Warum fiel er noch immer darauf herein? „Ich denke die Boulevardpresse wird sich ganz sicher auf seine Verbindung zum organisierten Verbrechen stürzen. Telekinese ist schließlich ein alter Hut. Wer will sowas noch lesen?“ lamentierte Aya und konterkarierte so Schuldigs Vorstoß. „Pah!“, machte der. „Immerhin habe ICH einen lieben Freund. Keinen Sohn von irgendwelchen Bösewichten“, heuchelte er. „Persha gehörte zu den Guten. Bloß noch einmal zur Erinnerung.“ „Sicher?“ Schuldig lachte amüsiert auf, ließ den Van aber nicht aus dem Blick. Nachdem das Ding herunter krachte, wie eine überreife Melone und es ordentlich rumpelte, sah er zu Ran hinüber, zog ihn an seinem Yukatta zu sich her… „Weil wir gerade von den Guten sprechen. Also von dir…“ Er lächelte freundlich, musste aber Ran dabei beobachten, wie der eher gelangweilt auf seine Eröffnung reagierte. Dass er nicht die Augen verdrehte war wirklich alles was jetzt noch fehlte. Schuldig kümmerte sich nebenher per Telepathie, dass die Nachbarn schön in ihren Betten und Träumen blieben und von dem Krach nichts mitbekamen. „Was?“, meinte Aya langsam. „Wolltest du mir nicht etwas erzählen? Über das was dich beschäftigt? Ich habe es nicht vergessen.“ Schade. Aya seufzte lautlos. Er wusste nicht wie er es in Worte fassen sollte. Was er auch Schuldig mitteilte. „Versuch es einfach.“ Schuldig stupste Rans Nase an, lehnte sich zurück und beschäftigte sich damit den Van im Auge zu behalten. Ein lohnenswerter Anblick den Weiß Agenten aus dem Wagen torkeln zu sehen mit einem debilen zufriedenen Grinsen im Gesicht. Aya verzog den Mund unwirsch. Es regnete und war schwül. Schuldig mochte dieses Wetter nicht sonderlich, wie er wusste. Es würde noch richtig heiß werden. „Was weißt du über… die Verbindung zwischen Takatori und meinem Vater?“ Oha. Damit hatte Schuldig nicht gerechnet. Das brachte ihn lange zum Schweigen. Er hatte das Gefühl, dass mit dieser Frage Antworten gefunden wurden, die das letzte halbe Jahr in Sekundenbruchteilen ausradieren würden. „Zum damaligen Zeitpunkt war dein Vater erst kurz für die Mitsubishi Group, als Bankmanager im Segment der Unternehmensfinanzierung tätig. So traten die beiden zum ersten Mal in Kontakt. Soweit ich weiß, fand dein Vater im Laufe der Jahre heraus, dass Takatori illegal erwirtschaftete Gelder über seine Firmen gewaschen hat. Als dein Vater das zur Sprache brachte war er kurz davor seine Stelle bei der Bank zu verlieren. Der Vorstand bat ihn von einer Denunzierung Abstand zu nehmen und dieses ‚Missverständnis‘ ihnen zu überlasen. Offenbar hatte Takatori Angst davor, dass dein Vater dieses Missverständnis womöglich doch noch an anderer Stelle zur Sprache bringen könnte und das wäre vielleicht das frühe Aus für seine politischen Ziele gewesen. Er erpresste deinen Vater, doch der wollte sich das nicht gefallen lassen.“ „Mit was konnte er meinen Vater erpressen?“ „Keine Ahnung. Es muss etwas gewesen sein, dass dein Vater in arge Bedrängnis bringen sollte. Aber der Plan schien nicht aufzugehen. Er gab den Auftrag den guten Ruf deines Vaters zu beschädigen.“ Aya erinnerte sich an den Streit den er, als Jugendlicher mitbekommen hatte, was von seinen Eltern nicht beabsichtigt gewesen war. Seine Mutter wollte sich eine Arbeit suchen und sein Vater wollte das nicht zulassen. Er lehnte es strikt ab. Seine Mutter war eine Frau, die ihren Mann respektierte, aber sie wusste was sie wollte und das tat sie dann auch. Doch dieses Mal akzeptierte sie seine Ablehnung. Er war damals auf der Treppe stehen geblieben, als er sich abends leise vom Training hereingeschlichen hatte, weil er die aufgebrachte Stimme seiner Mutter zum ersten Mal in einem schneidenden, harten Tonfall hörte. Im Nachhinein betrachtet war es die Zeit gewesen in der Takatori bereits damit angefangen hatte seine Familie langsam, schleichend zu töten. Aya wartete ein paar Wochen ab und suchte sich dann einen Job, den er neben der Schule und seinen sonstigen Verpflichtungen leisten konnte. Die Schwertkampfkunst trainierte er seit er ein Übungsschwert aus Bambus halten konnte. Erst war seine Mutter ihm eine Lehrerin, dann wechselten die privaten Lehrer. Am Schulunterricht durfte er nicht teilnehmen, auch an keinem der Wettkämpfe. Die zusätzliche Arbeit im Café bewirkte jedoch, dass er sein Training aussetze und es schließlich einstellte. Es vergingen zwei Jahre bis er zur Klinge seiner ermordeten Mutter griff und sie mit Blut fütterte. Er hatte ihre Klingen noch, in einem Bankschließfach, wie alle anderen Gegenstände, die ihm wichtig erschienen. Schuldig hatte Ran die Stille gegeben, die dieser nach den Informationen benötigt hatte, fuhr nun fort: „Dummerweise hörte dein Vater nicht auf. Er setzte mehrere Privatdetektive auf Takatori an und fand einige unschöne Dinge heraus. Vor allem über diverse Forschungsgelder, die dieser dazu benutzte um seinen verrückten Sohn zu unterstützen. Du erinnerst dich an den Organhandel, an die Kinder, die entführt wurden, an verschiedene Testläufe, deren Auswirkungen ihr zu spüren bekamt und oft bereinigt habt.“ Aya nickte die Worte ab und versuchte seine eigene Vergangenheit mit der nüchternen Beobachtungsgabe eines Fremden zu sehen. „Masafumi.“ „Wir wurden von Takatori nach Tokyo gerufen als Masafumi anfing seine Testläufe in der Öffentlichkeit durchzuziehen. Brad erhielt die Anweisung von Takatori seinen Sohn im Auge zu behalten. Falls sich das wiederholen sollte erteilte er uns den Befehl ihn zu eliminieren. Takatori legte Wert darauf nicht mit den Forschungen in Verbindung gebracht zu werden. Er wollte sie geheim halten.“ „Masafumi war das offenbar egal.“ Schuldig lachte auf. „Masafumi hatte zu diesem Zeitpunkt schon zu viel an sich selbst herum gepfuscht, dass ihm jeder Sinn für die Realität fehlte. Zwischen Masafumi und seinem Vater entbrannte ein Kampf. Masafumi nutzte seine Zellreproduktionsforschung, die er im Korin Konzern unterhielt um sich selbst eine schlagkräftige Truppe zu erschaffen, die uns ebenbürtig sein sollte.“ „Schreiend“, sagte Aya nachdenklich. „Ja, Schreiend.“ Schuldig. Er starrte blicklos aus dem Fenster. Masafumi war ein armer, verblendeter Trottel, der zum Größenwahn neigte, im steten Bestreben nach der Aufmerksamkeit seines Vaters, wollte er schlussendlich das der ganzen Welt. Und bekommen hat er nur die des Todes. Voll und ganz. Das Experiment eines Menschen bleibt ein Experiment. Die Evolution hat uns geschaffen, nicht perfekt und mit einigen Macken, aber sie hatte viele Jahrtausende Zeit. Masafumi ein paar Jahre. Was soll dabei schon groß rauskommen? Im Endeffekt hat er es in den Sand gesetzt. Ihr habt uns den Job den Typen kalt zu machen abgenommen. Takatori war es Leid hinter seinem Sohn aufzuwischen. Er entsorgte ihn über euch und mit ihm seine Puppen.“ „Es waren Frauen, Schuldig“, sagte Aya tadelnd und sah Augenbrauenhebend zu Schuldig hinüber. „Sicher waren sie das. Irgendwann einmal. Aber als Masafumi sie sich in der Schönheitsfarm und an anderen Orten krallte waren sie zum letzten Mal Menschen gewesen.“ Schuldig zuckte mit den Schultern und verzog die Mundwinkel bedauernd. „Der Typ hatte einen völligen Dachschaden. Und das nur weil er besser, als wir sein wollte.“ „Ja. Ich hatte das Vergnügen mit dem selbst ernannten „Gott““, sagte Aya in Erinnerung daran wie sie gegen das Monster gekämpft hatten. Es hätte nicht viel gefehlt und er wäre drauf gegangen. Yohji litt immer noch unter der Vergangenheit. Es hatte den Anschein als würde sie ihn zerstören. Die Gedanken daran, dass Asuka zuerst getötet, dann manipuliert, als Zombie zurückgekehrt und dann von ihm, der sie liebte getötet worden war, fraß das Gute, das Positive in ihm auf. Er selbst war nur davor bewahrt worden, weil Schuldig ihn nicht in Ruhe gelassen hatte. Ihn als Eigentum betrachtete, dachte Aya innerlich schnaubend. Woher kam nur dieses Denken? „SZ hatten auch diesen Spleen mit dem Gott-sein-wollen. Die haben zumindest eines begriffen. Das Wichtigste ist die Kontrolle über die Macht zu behalten, die man besitzt. Ohne diese Kontrolle sind wir nicht besser als Masafumi. Und genau das ist es was uns unterscheidet. Takatori Masafumi hatte nie die Kontrolle über irgendetwas. Weder über das Geld, dass ihm zwischen den Fingern versickerte, noch über seine Experimente oder über sich und seinen Größenwahn. SZ waren deshalb auch schwieriger zu beseitigen. Sie hatten Kontrolle über alles. Eine lange Zeit auch über uns.“ „Während Masafumi also seinem Hobby frönte räumte Hirofumi die Widersacher seines Vaters im Kabinett aus dem Weg.“ „Naja, zeitweise hat er ihm böse dazwischengefunkt, aber Hirofumi war ein feiges sadistisches Schwein“, sagte Schuldig und Aya sah Ekel im Gesicht des Deutschen aufblitzen. Schuldig erinnerte sich noch gut daran, als er Omi entführte, ihn zu Hirofumi brachte um dem Kleinen klar zu machen, dass er nicht zu dieser Drecksfamilie gehörte. Und er war es auch gewesen, der Kritiker gesteckt hatte wo er sich aufhielt. Mit etwas Unterstützung hatten Weiß sich also auch um Hirofumi gekümmert. Danach… nun danach hatte er selbst ein wenig Spaß. Man musste schließlich sehen wo man bleibt. „Sollen wir reingehen? Ich denke, die beiden bleiben noch ein Weilchen hier draußen.“ Nagi war sicher in einen Regenerationsschlaf gefallen. Aya öffnete die Tür des Wagens und sah zu, dass er im Nieselregen zügig zum Vordach des Hauses kam. Er öffnete die Tür und wartete auf Schuldig. Sie gingen wieder hinauf in ihr Zimmer und Aya setzte sich aufs Bett. Die ganze Misere wieder aufzurollen war unbequem aber nötig. Er hatte einen gewissen Abstand zur damaligen Zeit, zumindest in einigen Aspekten. Sein Blick fiel auf Schuldig, der die Tür schloss und sich auf die wenige Zentimeter betragende Erhöhung am Fenster zu setzen, wo zwei niedrige Sessel und ein passender Tisch standen. „Wir wussten damals nicht, dass ihr den Befehl von Takatori erhalten hattet, seinen Sohn auszuschalten falls nötig. Das bestätigt mir wieder einmal, dass Takatori…das eigentliche Monster war.“ Er fühlte, dem Hass nach, der kalt, alt und schal schmeckte. Zu Vergleichen mit einem schlecht gelüfteten Raum in dem früher oft geraucht wurde. Trotz der Zeit, der Umstände, die sich verändert haben mochten war der Geruch immer noch da. Er hing in den Vorhängen, im Mobiliar, in den Wänden. Aya unterschlug ein Bein, er sah zu Schuldig, der seinerseits nach draußen blickte. So saßen sie eine Weile da, im Dunkel. Das Schweigen war einvernehmlich, daher willkommen. Sie hingen beide mit ihren Gedanken in der Vergangenheit fest. Obwohl Schuldig weniger gern dort hingezogen wurde, begab er sich ins Damals für Ran. „Der Regen wird heftiger. Ich frage mich wo sich Jei herumtreibt.“ Schuldig ließ seinen Kopf gegen die Wand lehnen und schloss für einen Moment die Augen. Aya betrachtete sich die melancholische Gestalt, die sich trotz der fehlenden künstlichen Beleuchtung in ihrem Yukatta vom offenen Fenster abhob und musste trotz ihres weniger erbaulichen Themas lächeln. „Vermutlich auf dem Weg zu Youji.“ Schuldig schnaubte amüsiert, sagte jedoch nichts. Nach einer Weile legte sich Aya in die Mitte des Bettes, die Arme unter dem Kopf verschränkt, sein Zopf störte, wieder einmal, also löste er ihn. Er starrte an die Decke, während seine Finger mit dem Haargummi beschäftigt waren. „Ich frage mich immer noch warum ich überlebt habe“, sagte Aya leise. „Glaubst du an Zufälle?“, fragte Schuldig lapidar. Er beugte sich über den niedrigen Tisch und öffnete die beiden Fenster einen Spalt weit. Das Geräusch des Regens füllte die Stille zwischen ihnen. „Nicht wirklich“, antwortete Aya leise. „Gut. Denn es war keiner.“ Schuldig erhob sich, ordnete seine Yukatta und stand auf. Er kam zu Aya, der sich aufgrund von Schuldigs gesagtem fühlte, als wäre er gegen eine Wand gelaufen. Er setzte sich auf und stützte sich mit den Händen nach hinten auf dem Futon ab. „Wie meinst du das?“, fragte er ahnungsvoll. Schuldig setzte sich neben Aya, ihm zugewandt. „Es war egal…“ Er fand die Augen des Japaners aufmerksam auf sich gerichtet. In ihnen lesen konnte er bei diesen spärlichen Lichtverhältnissen nicht. „… was mit deinen Eltern passierte, aber es war wichtig, dass euch nichts geschehen sollte. Das Aya verletzt wurde war so nicht vorgesehen.“ „Warum?“ „Keine Ahnung. Das war ein Punkt, den Takatori in dem Plan hasste, es war ihm nicht Recht, dass ihr überleben solltet. Er wollte die Fujimiyas auslöschen. Er tobte, als er uns den Befehl gab. Allerdings musste er die Drecksarbeit dieses Mal selbst erledigen, da wir von SZ zurückgepfiffen wurden. Irgendjemand legte Wert darauf, dass das Erbe der Fujimiyas die Zukunft erleben sollte und es war ganz bestimmt nicht Takatori.“ „Können wir jetzt noch herausfinden wer?“ Schuldig betrachtete sich Ayas Gesicht. Das sicherlich stürmische Violett in den Augen, die Lippen, die sich vor Bitterkeit schmälerten. Das dunkelrote Haar, das er aus dem hohen losen Zopf befreit hatte und ungeordnet das attraktive Gesicht umschmeichelte. Schuldig lächelte warm. Der ungeordnete out of bed look hätte den einen oder anderen sicher getäuscht, Mädchenherzen höher schlagen lassen und Gegner Ran unterschätzen lassen. „Soll ichs versuchen?“ Aya nickte wortlos. „Gut. Beantwortest du mir eine Frage, Ran?“ Als Aya nichts sagte, verstand Schuldig das als Zustimmung. „Wie kommst du auf all das jetzt?“ „Manx. Sie taucht auf. Sie verschwindet. Sie erzählt uns Dinge und wir haben sie zu glauben.“ Aya hatte Schuldig nicht aus den Augen gelassen. „Ich habs satt. Ich habs satt von allen angelogen zu werden. Ich will wissen warum meine Eltern sterben mussten, warum Aya das passierte und warum ich als einziger noch am Leben bin. Damals bin ich hinter Takatori her gewesen. Ich wollte ihn tot sehen. Ich habe nicht tiefer gebohrt. Nicht jeden nach dem Warum gefragt. Manx hat mir gesagt was ich wissen wollte oder musste.“ „Mutierst du wieder zum Racheengel, Ran?“ „Mal sehen“, sagte Ran tatsächlich und Schuldig legte den Kopf schief. Er streckte die Hand aus, fuhr mit den Fingern Rans Schläfen entlang, strich ihm dabei eine der langen Haarsträhnen an ihren Platz hinter eine zarte Ohrmuschel. „Mal sehen? Ein bisschen untypisch, diese Antwort für den jungen Herrn Fujimiya.“ Aya sah Schuldig lange an, nahm seine Hand herunter, strich über die eleganten, schlanken Finger, über die Hand, hinauf zum Arm. Schuldig trug den Ring, fiel ihm auf. Er nahm Schuldigs Arm und legte ihn sich um den Bauch, bettete seine Wange an Schuldigs Schulter. „Eher eine Antwort, die Gabrielle Villard zum Besten geben würde?“ Schuldig grinste an Rans Ohr. „Jepp. So ungefähr. Vielleicht eher Crawford. Wir kriegen das hin. Ich finde heraus was damals los war und wenn ich Manx das Gehirn dafür weich kochen muss.“ „Übertreibs nicht.“ „Ich finde sie hat eine Abreibung verdient. Schon allein wegen der Tatsache, dass sie Brad gevögelt hat.“ Aya lachte auf. „Da spricht nur deine Eifersucht, mein Lieber, denn Brad war sicher nicht abgeneigt.“ Schuldig brummte nur etwas Beleidigendes über manipulative, japanische rothaarige Teufel, darüber hinaus noch über arme amerikanische dumme Männer und streckte seinen müden Körper neben Ran aus, der das Ganze von seiner sitzenden Position amüsiert verfolgte. Ran versicherte sich der Tatsache, dass seine Waffe in der Nähe war und legte sich zu Schuldig. Er brauchte nach dem heutigen Tag das Wissen um die Nähe des anderen. Schuldig sah zum Fenster hin. „Brad tut nichts ohne Grund, nichts ohne Lohn.“ Aya öffnete für einen Moment die Augen bevor er sie wieder schloss. „Außer bei dir.“ o~ Es war einige Stunden später, als Aya aufwachte. Er hob den Kopf von Schuldigs Brust, orientierte sich, ein Blick nach oben zeigte ihm, dass der Telepath nicht schlief. Was hatte ihn geweckt? Stimmte was nicht? „Schuldig?“, krächzte Aya noch mit schlafrauer Stimme. Schuldig lächelte verträumt, öffnete die leer wirkenden Augen. Aya hatte sich so vertrauensselig an ihn geschmiegt und solange Schuldig nicht weg ging schlief er tief und fest, doch sobald sich Schuldig bewegte schoss Aya förmlich von der Tiefschlafphase in einen wachen Zustand. Seine Finger begannen Ayas Nacken zu streicheln. „Schlaf weiter. Jei ist nicht da, deshalb überwache ich die Umgebung“, sagte er mit abwesendem, hölzernen Tonfall, denn so ganz und gar war er nicht bei Ran. Nur ein Teil seines Bewusstseins war bei Ran. Aya kannte diesen Zustand. Es war zwar merkwürdig, aber, da er wusste, dass es nötig war konnte er es akzeptieren. Schuldig konnte Sin zwar nicht mit seinen Sinnen entlarven, aber falls andere Menschen im Umkreis verdächtige Geräusche hörten oder Menschen sahen hatte Schuldig die Möglichkeit über diese zu sehen was sie sahen. Es war mühsam, wie er von Schuldig wusste. Er legte sich so, dass er Schuldig nicht zu stark beeinträchtigte, denn wenn der Telepath ‚beschäftigt‘ war, dann kümmerte der sich weniger um sein körperliches Wohl. Aya deckte sie beide zu, lauschte noch ein Weilchen dem noch nicht nach lassenden Regen und schlief wieder ein. o~ „Wo zum Teufel ist der Winzling, wenn man ihn mal braucht?“, fauchte Yohji genervt seine Besorgnis kaschierend und warf sein Mobiltelefon zum dritten Mal aufs Bett. Dort landete es in trauriger Zweisamkeit neben einer leeren Zigarettenschachtel. Manx hatte ihm zwar verboten Omi zu kontaktieren, da für die Sicherheit ihrer Leitungen nicht mehr garantiert werden konnte… aber… Oh verdammt, er war kein Anfänger mehr. Es war dunkel im Haus, kurz nach halb drei. Yohji ging zum Fenster und spähte durch die Lamellen der Jalousie nach draußen. Nichts rührte sich. Er ließ die Lamellen in ihre ursprüngliche Position zurückgleiten und entfernte sich vom Fenster. Draußen plätscherte das Wasser, das sich in den Dachrinnen sammelte vor seinem Fenster in die Tiefe. Fernes Donnergrollen hatte beinahe eine beruhigende Wirkung auf seine Nervosität. Es hatte etwas von Normalität. „Der geht doch immer an sein Telefon“, murmelte er und ging hinüber zu seinem Kleiderschrank. Er beschloss sich umzuziehen und schlüpfte in robuste dunkle Kleidung, zog seinen Mantel an, zippte den Reißverschluss zu. Danach waren die Stiefel dran. Nachdem er sich die Handschuhe übergestreift hatte, die wie eine zweite Haut anlagen, überprüfte er den geschliffenen Metalldraht aus einer speziellen Legierung, in der kleinen Vorrichtung. Ken und er hatten sich vor einiger Zeit in die Haare bekommen, weil Yohji ihn Freddie getauft hatte. Der Kinderliebe nette junge Mann von Nebenan – wie er sich selbst am liebsten sah – fand den Vergleich mit Freddy Krueger gar nicht komisch. Und Yohji schoss sich ein übles Eigentor. Ken schoss sich daraufhin auf das Thema ein und spielte auf seine offenbar weniger geheimen Treffen mit Jei an, der wohl eher Freddy Krueger einer Horrorfilmfigur aus dem 20 Jahrhundert ähnelte, als Ken mit seinen Bugnucks. Sie hätten den Abend nicht mit Horrorfilmklassikern und Pizzas verbringen sollen. Yohji zeigte es nicht, aber er fiel in ein tiefes Loch. Sie wussten von Berserker, dass er das Kind einer katholischen Ordensschwester war, dass er sich selbst verletzt hatte… die beiden Dinge ähnelten sich auf frappierende Weise. Und diese Albtraumgestalt hatte er angefasst? Das… DAS war es was er wollte? Dieses Ding? Yohji fand sich immer noch in der Betrachtung des Drahtes, als er von seinen Gedanken zurück fand. Ken bemerkte seine Stimmung und taufte ihn den „dunklen“ Spiderman um ihn aufzumuntern. Was nur zur Folge hatte, dass sich Yohji mieser als zuvor fühlte. Der dunkle Spiderman war nichts anderes als ein Symbiont. Etwas das einen Wirt brauchte um zu überleben. Er hatte damals einen schlechten Tag gehabt. Er ließ den Draht zurückgleiten und verzog die Lippen im Versuch eines gut gelaunten Lächelns. „Spiderman ist wieder unterwegs und er hatte ein paar neue Tricks drauf.“ Er wusste nicht wie Recht er damit hatte. o~ Das Motorrad wurde langsamer und hielt auf der dreispurigen Hauptstraße an. Feine Bindfäden ließen sich auf das verspiegelte Visier des schwarzen Helms nieder. Der Motor der Sportmaschine erstarb. Der Fahrer setzte sich auf, klappte mit der behandschuhten Linken das Visier nach oben und betrachtete sich die Straße vor sich. Ein paar Autos waren unterwegs. Drei schwarze Rover jedoch erregten seine Aufmerksamkeit. Sie hielten einige hundert Meter vor ihm, er konnte sie nur deshalb mit bloßem Auge erahnen, weil er das Farbspektrum ihrer Emotionen in seinem Gehirn verarbeitete und zum Schluss kam, dass die Insassen… nicht fühlten. Es waren zum jetzigen Augenblick emotionslose Kreaturen. Das war interessant. Um feststellen zu können ob diese Emotionslosigkeit natürlichen Ursprungs oder ein Eingriff in organische Strukturen war musste er näher gehen. Er startete den Motor, parkte es in einer Seitenstraße und legte den Helm in eine Tasche, die er in einem dichten Gebüsch unterwegs verbarg. Schuldigs Emotionen kochten jedes Mal hoch, wenn er wieder einmal einen Helm ‚irgendwo herumliegen‘ ließ. Es reichte schon wenn Jei ihm nicht mehr sagte wo er seine Motorräder abgestellt hatte. Entweder er sagte es ihm nicht, oder er erklärte ihm auf möglichst umständliche Art und Weise, dass sie nicht mehr an der Stelle standen wo er sie abgestellt hatte. Was für Schuldig hieß, dass sie gestohlen worden waren. Auf diese Weise hatte Jei ihm bereits zwei abgenommen, die er als Transportmittel in der Stadt an bestimmten Stellen postiert hatte. Jei war sich fast sicher, dass der Telepath von seinem ‚Diebstahl‘ wusste, es aber für nötig hielt den Ahnungslosen zu spielen. Aber was die Helme betraf… Schuldig war in einigen Belangen sehr seltsam. Jei beschleunigte seine Schritte und folgte den Männern in einigem Abstand. Seine Schritte verklangen ungehört auf dem nassen Asphalt. Als er erkannte in welche Richtung sie gingen hielt er inne. Sie gingen zum ‚Savehouse‘ der Weiß Agenten. Ein Savehouse, das längst keines mehr war. Trotzdem hielt sich dort… Jei konzentrierte seine Aufmerksamkeit auf das entfernte Gebiet in dem der Blumenladen lag. Derjenige, der dort anwesend war stellte ihn vor ein Problem. Er hatte nicht vor einzugreifen, aber der Blonde, hatte etwas zu ihm gesagt was er erst vor einer Stunde mit Schuldig und dem rothaarigen Teufel besprochen hatte. Er gehörte ihm. Der Schluss lag nahe, dass das was ihm gehörte auch von ihm beschützt werden musste. Wenig später beobachtete er wie sich zwei der Männer an dem Wagen des Blonden zu schaffen machten, der zwar nicht am koneko geparkt war sondern in der Nähe. Kudou hatte den Wagen gewechselt und fuhr ein unauffälliges Model wie Jei beim letzten Mal festgestellt hatte. Trotzdem wussten die Männer in den akkurat sitzenden schwarzen Anzügen von dieser Änderung. Nach den Anzügen und den Mienen, der Männer zu schließen waren das gedungene Auftragskiller, der örtlichen Yakuza. Sie waren zu sechst. Zwei am Wagen, der Rest bereits auf dem Weg zum Laden. Er versuchte auf ihr limbisches System zuzugreifen, was ihm kolossal misslang. Es war schlicht nicht vorhanden für ihn. Aber trotzdem konnte er sie ausmachen. War es nun Sin oder nicht? Zeit für derlei Überlegung hatte er nicht mehr als er sich näherte, seine Messer zog und noch während der eine sich aufrichtete dessen Kehlkopf mit einem gezielten Wurf traf. Gurgelnd ging er zu Boden, doch noch während er das tat zog er sich das Messer heraus. Er schleuderte es davon und stand wieder auf, er hatte offenbar nicht damit gerechnet, dass das hervorquellende Blut seine Atmung beeinträchtigen würde, denn er torkelte. Jei bekam das nur am Rande seines ohnehin schon eingeschränkten Blickradius mit, da er mit dem zweiten Widersacher beschäftigt war, der sich trotz aller Mühe nicht so leicht umbringen lassen wollte, obwohl er ohnehin nur dafür gemacht war. Ohne limbisches System war es unmöglich lange zu überleben. Vor allem nicht in dieser Branche. Jei nahm an, dass dies hier lediglich Kanonenfutter war, sicherlich teures Kanonenfutter aber wenn nötig höchst effizient. Ohne Angst, ohne Bedauern, ohne Gnade, ohne Ekel, ohne diese Gefühle war vieles möglich. Keine Gier, keine Freude, nichts was einen braven Soldaten von seinem Weg abbringen mochte. Es war wirklich schwer jemanden ohne Angst, ohne Überheblichkeit oder Freude zu töten. Es gab kein Zögern, es gab keinen Moment der Überlegung, nichts, nur den Auftrag. Er hatte in der Vergangenheit bereits öfter Kontakt mit gut ausgebildeten Killern gehabt. Es war immer schwierig gewesen sie zu töten. Bis er seine speziellen Fähigkeiten zum Einsatz brachte. Jei hatte bereits zwei Messer in den größeren Mann versenkt, doch er war immer noch auf den Beinen und schützte sich zu gut. Jei wich einem Tritt aus und konnte mit einem Sprung über den Angreifer verhindern, dass dieser seine Waffe wieder in die Finger bekam, die er ihm zuvor aus der Hand getreten hatte. Er rammte ihm seine Faust in die Leber, zog ein Messer mit der anderen Hand und ersetzte seine Faust damit. Der Mann zuckte nicht einmal zusammen. Jei wich dem Konter mit einem Sprung aus, warf eines der beiden größeren Messer und traf die Seite des Halses in der Hoffnung einen Treffer auf die Halsschlagader zu erzielen. Tatsächlich wurde er nach zwei Schritten, die er auf ihn zu machte um einen Angriff zu starten langsamer, sank dabei in die Knie… Jei wollte sich abwenden um die vier, die auf dem Weg zum Laden waren einzuholen als Schmerz in seinem Gehirn explodierte. Er brachte sich mit einem Sprung zur Seite aus der Schusslinie. Im Gegensatz zu den Männern, die er gerade ausgeschaltet hatte, schätzte er die Informationen seines Körpers über etwaige Systembeschädigungen. Sie waren wichtig, aber nachdem er über den Status der Verletzung Bescheid wusste, denn es betraf eine Schussverletzung an seiner Flanke und vermutlich eine ähnliche Verletzung seines Oberschenkels unterbrach er die Koppelung des limbischen Systems an die Schmerzverarbeitung. Er drückte sich an einen Getränkeautomaten und spähte hinter ihm hervor um zu sehen wer ihn angeschossen hatte, denn er konnte niemanden in seiner ganz speziellen Wahrnehmung ausmachen. Sin. Zwei Männer standen mitten auf der Straße. Damit waren es mit den Vieren, die er auf dem Weg zum Blumenladen wähnte tatsächlich acht Männer. Zwei hatte er ausgeschaltet. Zwei waren hier und vier unterwegs. Einer von denen, die hier vor ihm standen war bestimmt an die zwei Meter groß und gut trainiert. Der Zweite war schmal gebaut und kleiner, vielleicht etwas kleiner als Brad oder Schuldig. Der Hüne drehte ihm den Rücken zu und Jei sah das breite Kreuz, die abgesägte Schrotflinte in der Hand, die er neben seinem Oberschenkel hielt. Jei fühlte den Schwindel, als er sich zurücklehnte um tief einatmen zu können und er sah auf seinen Oberschenkel hinunter. Blut sickerte hervor und er wickelte sich von seinem Hals das Tuch ab, das er während einer Motoradfahrt trug und band es sich um den Oberschenkel. „Berserker.“ Jei sah von seiner Tätigkeit auf. Das Wort… hatte er lange nicht mehr so gehört. Wer hatte es zuletzt … zu ihm gesagt? Offenbar hatten sie ihn erkannt. Die Stimme hörte sich an, als wüsste der Besitzer, wie man das Wort richtig aussprach. Er lehnte sich vor und nahm den schlankeren der Beiden in Augenschein. Im Gegensatz zu dem Großen trug er seine Haare in einer wilden Frisur, die ihm halb ins Gesicht hing. Er hielt eine Katana in den Händen, die noch in der Scheide steckte, die er sich lässig über die Schulter gelegt hatte. Beide trugen Anzüge, er bemerkte nur bei dem Schlankeren, die roten Schuhe… Chucks von Converse. „Sehr passend, wie ich finde. Wer kam auf die Idee?“ Die Stimme klang redegewandt, erweckte den Eindruck von Vertrautheit und Harmlosigkeit. Ein geübter Redner, der sich vermutlich schnell auf sein Gegenüber einstellen konnte. Wie Schuldig. Nur war hier etwas anderes im Gange. Er sprach walisisches Englisch. Jei zog seine Handschuhe aus, betastete seine Flanke und fühlte warme Nässe. Er griff in die Wunde. Nicht tief, urteilte er. Er zog seine Handschuhe wieder an und stand auf. Wieder erfasste ihn Schwindel und schwarze Punkte tanzten ihren hässlichen Reigen in seinem Sichtfeld. Er blinzelte sie weg und richtete sich auf. Im normalen Schritt trat er aus seiner Deckung auf die Straße. Ihm fiel wieder ein warum er hier war und dass er sich keine Zeitverzögerung leisten konnte. Nur wie sollte er Sin das klar machen? Er wusste wie, aber das würde ihm für die Zukunft mehr Probleme bringen, als er hier augenblicklich lösen würde. Zum Berserker zu werden war einfach, vielleicht zu einfach, aber der Weg zurück würde für ihn vielleicht nicht mehr möglich sein. Jei schwieg, er wartete ruhig darauf, dass eine Reaktion kam, denn er rechnete nicht damit, dass sie ihn töten wollten. Jetzt sah er, dass der Schmale eine Handfeuerwaffe in seiner anderen Hand trug. Die Schüsse waren nicht tödlich gewesen obwohl sie es hätten sein können. „Kein gesprächiger Killer, wie ich sehe. Ihr PSI seid so eigen, so… speziell. Ganz anders als wir. Wir sind nun wie soll ich es sagen…“ Er steckte die Waffe in den Holster unter seiner Anzugjacke. „… künstlich“, sagte Jei mit der für ihn so typischen unbenutzten und deshalb rauen Stimme. Darauf erkannte er ein entspanntes Lächeln bei dem schlanken Mann. „Sie haben Recht, Berserker.“ Er trat einen Schritt nach vorne, während der Hüne zurückblieb. Jei machte einen Schritt zurück. „Wir haben Ihnen ein Angebot zu machen.“ In seiner Umgebung sammelten sich vier der übrig gebliebenen Männer, die er auf dem Weg zum Blumenladen gewähnt hatte. Jei legte den Kopf schief als würde er seine Aufmerksamkeit auf den Mann richten. Stattdessen orientierte er sich an den vier Männern, die ihn umkreist hatten und auf vier bis sechs Meter näher gekommen waren. Er hatte noch drei Klingen und über ein Duzend Nadeln zur Verfügung. Jei stand still. Während der Mann sprach - und er nicht das Geringste davon hielt dem zuzuhören, denn er beschäftigte sich damit herauszufinden wie er am schnellsten von hier wegkam - fiel ihm auf, dass einer der Männer, die ihn umkreist hatten näher kam. Jei warf das Messer noch ehe der Schrei des Anführers, den Mann daran hindern konnte näher an ihn heran zu rücken. Ein Regen aus Nadeln ging auf die anderen nieder. Jei benutzte den Mann mit dem Messer in der Stirn als Kugelfänger, bevor er dessen Waffe an sich nahm und einen Schuss auf den Redner absetzte. Er sah nicht ob er getroffen hatte sondern machte sich aus dem Staub. Was ihm zur Flucht verholfen hatte war die bloße Tatsache, dass sie etwas von ihm wollten, nicht sein kämpferisches Geschick. Das war ihm bewusst und so hoffte er, dass sie ihm folgten. Er ließ sie von Zeit zu Zeit näher heran rücken um in ihnen den Gedanken einer möglichen Erreichbarkeit seiner Person aufkeimen zu lassen, nur um den Abstand dann zu vergrößern. Er kannte die Gegend um den Blumenladen in einem größeren Radius sehr gut. Die Schritte der Verfolger hallten von den hohen Steinmauern und Zäunen mit denen sich die Häuser umgaben wider. Er musste nicht lange überlegen um zu entscheiden, dass ein Richtungswechsel sinnvoll war. Mit akrobatischem Geschick erklomm er eine hohe Mauer und verbarg sich im Geäst der darüber hängenden Äste. Die Männer liefen an ihm vorbei. Die beiden Anführer fehlten. Jei konzentrierte sich auf den Blumenladen und entdeckte, dass sich Kudou in Bewegung setzte. Jei saß auf einem Ast, ein Bein angezogen, das andere hing nach unten. Völlige Stille umgab ihn. Er verfolgte Kudou mit seiner besonderen Wahrnehmung, sah wie sich die für den Blonden so typische emotionale Signatur entfernte und vor allem in welche Richtung sie dies tat. Er wartete und wog die Konsequenzen ab. Jei öffnete sein Auge. Er entschied, dass er Kudou folgen musste. Also kletterte er lautlos auf die Mauer zurück umrundete darauf das Gebäude und ließ sich im Schatten auf der anderen Seite in einem Nachbargarten nach unten gleiten. Sein Motorrad war zwei Straßen weit entfernt. Er würde Zeit gut machen müssen wenn er den Blonden einholen wollte… o~ Es bestand eine gute Chance Omi zu finden. Yohji musste nur zu Ran. Ihn anzurufen war momentan viel zu gefährlich. Das lag aber daran, dass er Ran misstraute ruhig zu bleiben. Also musste er zu den beiden fahren. Seinen Wagen hatte er eine Straße weiter geparkt. Auf dem Weg dorthin streckte er seine Fühler aus, spürte jedoch nicht das was sonst oft der Fall war wenn sein persönlicher irischer Stalker anwesend war. Also beeilte er sich zu seinem Wagen zu kommen und fuhr in Richtung Yokohama. Der Regen ließ während der Fahrt etwas nach. Er überquerte die breiten Kanäle, die die Stadtgrenze darstellten, dank der späten Uhrzeit war in Yokohama und in dieser Gegend nur wenig los. Als er am Wohnsitz der beiden Turteltäubchen ankam, parkte er seinen Wagen in einiger Entfernung und legte den Weg durch die Parkanlange zurück, die an der Uferpromenade entlang führte. Er kam an einem Laden für Sportartikel vorbei, sein Blick fiel auf Surfbretter, die in der Auslage standen. Wann war er das letzte Mal auf einem Brett draußen gewesen? Er konnte sich nicht erinnern. Das war noch vor Asuka gewesen. Er wich von seinem Weg über die Uferpromenade ab und verkürzte durch den Park. Am Gebäude angekommen sah er nach oben. Kein Licht. Die Rollladen waren unten. Das obere Stockwerk gehörte den Beiden. Er stand immer noch im Schatten eines Baumes, sondierte die Umgebung, bevor er die Straße überquerte, den etwas versteckt liegenden Hauseingang anvisierte und klingelte. Es machte keiner auf. Sie waren nicht da. Verdammt. Er bezweifelte, dass Schuldig in der Wohnung war und ihm nicht öffnen würde, denn der Telepath stand zu sehr unter dem Pantoffel ihres rothaarigen Samurais. Wo sollte er jetzt hin? Der Blumenladen stand außer Diskussion, dort fühlte er sich schon seit Wochen nicht mehr sicher. Das hieß, dass er in ein Hotel gehen würde. Er sah auf sein kürzlich erworbenes Prepaid Handy. In ein billiges Hotel. „Kurz vor Drei Uhr.“ Yohji schnaubte frustriert, als plötzlich seine inneren Alarmglocken zu schrillen begannen. Jemand war hinter ihm. Vielen Dank fürs Lesen. Fortsetzung folgt… Bis zum nächsten Mal! ^.^ Gadreel & Coco Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)