Der Glasgarten von Gadreel_Coco ================================================================================ Kapitel 138: GAME OVER I ------------------------ GAME OVER Erst, als Brad über eine Stunde gelaufen war, klärten sich seine Gedanken und er stellte das Laufband ab. Er fühlte sich ruhiger, verließ den Raum, der mit Übungsmatten ausgelegt war, um das gegenüberliegende Badezimmer zu betreten. Nachdem er sich entkleidet hatte, stellte er das Wasser der Dusche an. Eiskalt rann es über seinen Kopf und er streckte das Gesicht dem kalten Strahl entgegen. Hatte er zugelassen, dass sie vom Jäger zum Gejagten wurden? Mit seinem Wunsch nach Ruhe und Frieden? Er lehnte seine Stirn an die kalten Fliesen und schlug mit der Faust dagegen. Er hätte sie ausrotten sollen. Er hätte jeden einzelnen von ihnen jagen und vernichten sollen. Aber er hatte es nicht. Sie waren zu angeschlagen gewesen und er hatte ihnen glaubhaft versichert, dass der Orden nicht mehr erstarken würde, dass sie nun die Herren wären. Sie waren es nie gewesen. Wenn er die Macht ergriffen hätte, die sich ihm damals so offen dargeboten hatte, dann wären sie nun nicht in dieser Situation. Er hätte die Geschicke des Ordens lenken können, sie gegen die Sakurakawa Gruppe richten können. Nichts davon hatte er getan. Er verdrängte diese Gedanken und konzentrierte sich stattdessen lieber auf ein Problem, das er lösen konnte. Das Ryokan war nicht sicher genug. Die umstehenden Häuser zu nahe, die Straße zu nahe. Sollten sie tatsächlich zurück in das Haus ziehen? Die Vision hatte es ihm gezeigt, also was galt es noch zu überlegen? Woher kam diese plötzliche Unsicherheit gegenüber der Fähigkeit, die sich stets als sicher und zuverlässig erwiesen hatte? Und das seit er denken konnte. Doch so sicher und zuverlässig sie war, so trügerisch konnte sie werden, wenn er sie falsch deutete. Er hatte gelernt, die Visionen mit der Realität zu verknüpfen, ihnen die Wahrheit zu entlocken, die sie in sich trugen. Doch gab es viele Realitäten in seiner Welt und ihm oblag es, welche er wählte. Nur um welchen Preis? Er hatte das Haus damals aus verschiedenen Gründen erworben. Zum einen war es riesig und zum anderen gehörte ein unverschämt großes Grundstück dazu. Die Sicherheitsanlagen waren auf dem neuesten Stand. Zuvor hatte ein Makler dieses Haus sein Eigen genannt und als Hauptsitz für seine Firma genutzt. Sollte sein Alter Ego - Keith Martinez - seine Firma dort ebenfalls unterbringen? Eine gute Tarnung samt seiner Scheinfirma. Brad stellte das Wasser schließlich auf warm und griff zum Duschgel. Die Sorgen ließen ihn jedoch auch nicht los, als er mit dem Waschen fertig war und sich abtrocknete. Er schlang sich das Badetuch um die Mitte und begann damit, sich zu rasieren. Er musste wieder zum Friseur, wie ihm die etwas überlangen Strähnen bewusst werden ließen. Er sah sein Spiegelbild an. Rasierschaum bedeckte die untere Hälfte. Seine Augen waren immer noch rot, doch der erhöhte Stoffwechsel ließ das Rot der Bindehaut langsam zu einem kränklichen gelb verblassen. Er würde nicht das werden, was die dahingeschiedene Trias in ihm damals gesehen hatte und was sie selbst zu werden hofften, indem sie ihre Seelen vereinen wollten. Lieber würde er dem ganzen ein Ende bereiten. Der Gedanke war verführerisch wie stets. Doch zunächst galt es Schuldig, Jei und Nagi die Sicherheit zu geben, die sie verdienten. Schuldig war bei Fujimiya gut aufgehoben, nur Jei und Nagi machten ihm Sorgen. Er musste sich selbst aus dem Spiel um die Macht herausnehmen. Eine Flucht schied aus, die war in der Vergangenheit mehrmals gescheitert, wie sich jetzt wieder bewies. Wie oft war er davor geflohen, eingespannt zu werden? Wie oft hatte er versucht, das zu schützen was er liebte, bis er dazu übergegangen war, nichts mehr zu lieben. Er war nicht lebensmüde, er hatte es nur satt, dass sich alles um ihn drehte. Strategisch betrachtet war es sinnvoll, sich aus dem Spiel zu nehmen, indem er starb. Die Rosenkreuzer hatten dann keinen Grund mehr, Schuldig, Jei und Nagi zu verfolgen. Seine Schwester würde irgendwie damit klar kommen, besser mit seinem Tod als mit der Tatsache, dass er irgendwo war und sie nicht zu ihm gelangen konnte. Es wäre endgültig. Und vielleicht war er deshalb doch seines Lebens müde. Es war kurz gewesen und er hatte es genossen, das musste reichen. Er trat nur die endlose Tradition vieler Hellseher an, die in der Vergangenheit mit ihrem Dasein nicht klar kamen, die der Bürde nicht gewachsen waren. Er befand sich also in guter Gesellschaft. Und er musste sich eingestehen, dass er älter geworden war als viele vor ihm. Zeitlebens hatte er die Kette um seinen Hals gespürt, mal war sie länger und locker gewesen, mal kurz und erdrückend. Letztendlich hatte er sie zerschlagen. Die letzten drei Jahre hatte ihn die Illusion von Freiheit verweichlicht, ihn glauben lassen, dass ihm nie wieder ein anderes Wesen an die Leine nehmen konnte. Nur um jetzt zu erfahren, dass Finn Asugawa sich längst an ihn gebunden hatte. Diese neue Kette, die er nicht verstand und nicht kannte, war ihm zu eng, zu bezwingend. Der Druck, der auf ihm lastete, war immer Teil seines Lebens gewesen. Die Beherrschung seines Selbst. Einem Selbst, das er nicht mehr kannte und nur hin und wieder ausbrach, wenn Schuldig sich zu weit vorgewagt hatte. Mit dem Schaum im Gesicht ging er in sein Büro und wählte dort Schuldigs Nummer. Dieser nahm nicht ab – was für diese Uhrzeit auch undenkbar war. „Wir ziehen ins Haus zurück. Fang mit den Vorbereitungen an. Ich kontaktiere die Säuberungstruppe.“ Nach dieser knappen Anweisung legte er wieder auf. Wenn sie einem Angriff ausgesetzt werden würden, dann war das Haus am besten zu verteidigen. Es wäre einfacher diesem Land den Rücken zu kehren, aber er würde nicht mehr weglaufen. Schuldig, Jei und Nagi mussten selbst entscheiden, was sie mit ihrem Leben anfingen, er würde sich daraus zurückziehen. Wieder im Badezimmer begann er die Rasur. Die Baugenehmigung für einen Anbau wäre mit Schuldigs Intervention sogar offiziell zu erlangen und sie konnten den Einflussradius des Mädchens separieren, den Wirkbereich Schuldigs und Jeis wieder erhöhen. Ob sie bei ihnen blieb war noch nicht ersichtlich. Aber wo sollte sie hin? In der Nachbarschaft wohnten Politiker, aber auch hochrangige Polizeibeamte und auch einige Clanfamilien. Ein Angriff musste im Verborgenen ablaufen und kam ihnen somit entgegen. Zudem würde es keinem merkwürdig auffallen, wenn viele Menschen dort wohnten, wenn es sich um eine Firma handelte. Als er fertig war schlüpfte er in einen Bademantel und ging den Flur entlang, der sich zu einem großen Wohnraum mit Glasfront öffnete. Er brauchte diesen weiten Blick über die Stadt, der ihm das Gefühl von Freiheit vermittelte. Mit diesem Bedürfnis ähnelte er Schuldig. Zielgerichtet ging er zu seiner kleinen Bar, griff nach der Flasche Scotch und entsann sich, dass er sie gestern Abend geleert hatte. Wann hatte er das letzte Mal etwas gegessen? Noch war es nicht soweit, sich gehen zu lassen. Er stellte die Flasche zurück, ignorierte den Rest seiner gut gefüllten Bar und ging in die Küche. Während er sich ein amerikanisches Frühstück bereitete, stellte er das Radio an und hörte dem Nachrichtensprecher zu, der im Prinzip nichts außergewöhnlich Wichtiges zu sagen hatte. Nach dem Essen mixte er sich einen Fruchtcocktail zusammen und ging barfüßig auf den seine Wohnung umrundenden Balkon hinaus. Er trank einen Schluck und lauschte auf die erwachende Stadt. Es gab für ihn noch viel zu tun in nächster Zeit. Sie würden erneut umziehen und Nagi aus der Klinik holen. Dabei kam ihm der flüchtige Gedanke, den Doc bei ihnen einzuquartieren. Übergangsweise mit einer kleineren Ausstattung an Equipment. Dafür brauchten sie unter anderem Geld. Was kein Problem darstellte, nur eines Termins bedurfte. Er hatte heute noch viel vor. Er gönnte sich noch einige Minuten, bevor er sich daran machte, das benutzte Geschirr zu spülen und es wegzuräumen. Danach zog er sich an und verließ, die Sonnenbrille aufsetzend, sein Refugium. Zunächst führte ihn sein Weg zu dem Ort, an dem Asami seinem Schatten in einigen Tagen habhaft werden würde. Er hatte viele Kontakte und die Zeichen standen auf Sturm. Die Frage war, wie viel von ihm nach diesem Sturm noch übrig sein würde. Und wen es kümmerte? o „Wie weit seid ihr?“ fragte Crawford und warf einen Blick zu den Aufzügen, die ihm seinen Geschäftspartner in das oberste Stockwerk des Hochhauses transportieren sollten, in dem das Restaurant lag, in dem sie sich verabredet hatten. Sein gegenwärtiger Gesprächspartner allerdings gab lediglich ein entrüstetes Schnauben von sich. „Dir auch einen schönen guten Morgen...“ fing Schuldig in diesem typischen quengligen Tonfall an, den Brad immer besonders schnell auf die Palme brachte. Dessen Gedanken waren allerdings mit einer anderen Person beschäftigt. „Es ist Mittag, Schuldig“, unterbrach er deshalb ruhig den Telepathen. „Von mir aus. Für mich ist jedenfalls erst kurz nach dem Aufstehen. Und dein ‚Befehl’ wieder zurück ins Haus zu ziehen rührt nicht vielleicht daher, dass es dir ein dreckiges kleines Vögelchen gezwitschert hat?“ fragte Schuldig in ätzendem Tonfall. Für den Brad momentan wenig übrig hatte. „Wo von sprichst du?“ fragte Brad abwesend. „Von Asugawa oder dem kleinen Kawamori-Fratz.“ Das brachte Brad, der in Gedanken bei dem bevorstehenden Treffen mit Asamit war, zurück zu seinem nervigen Gesprächspartner. „Fratz? Er ist älter als du, wenn sein Vater nicht gelogen hat“, sagte er trocken. „Wie auch immer. Spielst du hier auf Zeit oder warum willst du mir meine Frage nicht beantworten?“ Schuldig gähnte ihm ins Ohr und Brad seufzte ungehört, wartete das dramatisch klingende, akustische Intermezzo ab, bevor er seine Kaffeetasse an sich heranzog und einen Schluck nahm. „Die Information stammt tatsächlich von dem ‚Fratz’ über den kleinen Umweg meiner Schwester...“ „Du vertraust dem Kerl?“ Schuldig hörte sich an, als hätte er seinen eigenen Kaffee gerade ausgespuckt. Brad hörte ein Husten und hielt sein Mobiltelefon etwas von seinem Ohr weg. Als er Worte vernehmen konnte wähnte er sein Gehör wieder in Sicherheit und wagte eine Annäherung an das Gesagte. „... was mit China war? Und als sie Ran verprügelten, da war er schließlich auch dabei. Außerdem nicht zu vergessen Jei...“ Brad holte tief Luft und sein Blick verlor sich kurz auf der weißen Tischdecke. Er ließ Schuldigs Aufzählung durch sich hindurch rauschen und pickte sich schließlich das, was ihn am meisten interessierte heraus. „Er war dabei, als Ran verprügelt wurde? Wie kommst du zu dieser Information? Du warst schließlich nicht dabei, oder irre ich mich?“ Schuldig verstummte. Aber nur kurz. „Witzig Brad. Sehr witzig. Natürlich war ich nicht dabei.“ Wieder war nur Stille zu vernehmen. Brad lächelte kühl. Das war interessant. Schuldig hatte Geheimnisse vor ihm. Sehr selten war das. Der Telepath konnte sich doch meistens kaum zügeln wenn es darum ging, etwas auszuplaudern. Brad wartete. „Als ich Jei aus seinem Traum geholt habe bin ich mit ihm zurück gegangen.“ Jetzt ließ er sich alles aus der Nase ziehen. Auch sehr untypisch für den Deutschen. „Warum?“ „Um ihn an den Schnüffler zu erinnern.“ „Was hat unser Schönling mit Ran zu tun?“ „Nichts. Also... oh man Brad... das spielt doch keine Rolle.“ Brad schwieg. Er wusste schließlich wie sehr es Schuldig hasste, wenn er das tat. Und wie stets hatte er Erfolg mit diesem stoischen Schweigen. „Ich musste ihm die Verbindung aufzeigen, die er mit Kudou hat, eine Parallele, wenn du so willst. Wir sind zufällig an diese Erinnerung gelangt und ich habe mich dabei umgesehen.“ „Dein Eindruck?“ „Ein Typ mit der Maske, die wir schon kennen, hat SIN zurückgepfiffen. Vermutlich war es Asugawa. Naja, ich gehe mal schwer davon aus, aber ich weiß es nicht. Er hat die Maske nicht abgenommen. Daraufhin sind sie verschwunden.“ „Dann war er nicht direkt an der Tat beteiligt?“ „Was spielt das für eine Rolle? Er hat sie vielleicht beaufsichtigt, die Pläne hierzu gemacht...!“ Schuldig schnaubte wieder. „Suchst du etwa Pluspunkte für diesen Kerl? Er ist nicht vertrauenswürdig und er hält sich stets im Hintergrund, was definitiv dafür spricht, dass er einiges zu sagen hat und uns nur noch tiefer reinreiten kann als ohnehin schon. Wieso vertraust du ihm, was den Umzug anbetrifft?“ „Ich vertraue ihm nicht. Aber ich vertraue mir selbst und den Bildern deines toten Schätzchens im Ryokan wenn wir dort bleiben. In die Offensive zu gehen ohne Nagi halte ich für falsch, im Hinblick darauf, dass wir nicht wissen, wie die Fußtruppen mental ausgerüstet sind. Jei hatte keinen Zugriff auf ihr limbisches System. Sie sind schwer zu töten, zwar zu lokalisieren aber weder Jei noch du können sie beeinflussen. Das Haus ist besser zu verteidigen.“ „Ran stirbt wenn wir hier bleiben?“ Schuldigs Stimme war rau und kaum zu hören. „Ja. Wir hätten nie wegziehen sollen. Ich habe mich beeinflussen lassen. Von SIN. Das hätte nie geschehen dürfen. Etwas hat sich damals verändert, ist nicht dem Ursprung gefolgt. Dadurch hat sich eine neue Zeitlinie ergeben der ich gefolgt bin. Ich hätte sie ignorieren sollen.“ „Ich bereite alles vor.“ Schuldig legte auf. Brad seufzte und steckte das Mobiltelefon wieder in seine Jackentasche. Er sah auf seine Armbanduhr. Asami würde in einer Minute... die Türen des Aufzugs öffneten sich und Asami samt Entourage betraten das Restaurant und wurden von dem Oberkellner begrüßt. Während dessen rechte Hand und die beiden Bodyguards unauffällig zurückblieben, kam Asami näher. Sie begrüßten sich und nahmen wieder Platz, tauschten Höflichkeiten aus und kamen schließlich zu dem eigentlich Thema. „Wir haben heute Abend ein mögliches Ziel. Nach ihrer Beschreibung trifft er sich heute in Sowas Club um an Informationen zu gelangen. Das tut er wohl hin und wieder, wie mir sein Sohn versichert hat.“ „Was hat sein Sohn davon, wenn er Ihnen dies versichert?“ „Ich halte Sowa von Steam fern, indem ich ihm meinen Club anvertraue. Die beiden haben, sagen wir... unüberwindbare Differenzen. Solange dieses kleine Arrangement gut funktioniert habe ich einen getreuen Vasallen und einen Fuß im Geschäft, das Sowa betreibt.“ Brads Blick verdunkelte sich. Sowa handelte mit jungen Frauen und Männern, vor allem aus Thailand und China. Er verschacherte sie an reiche Japaner oder nach Übersee, dort verschwanden sie in die Zwangsprostitution. Russland war nicht sein bevorzugtes Gebiet denn dort hatte Fei Long seine Finger im Spiel. Die beiden waren Konkurrenten in diesem Geschäft, da Sowa in Fei Longs Revier wilderte, gab es hin und wieder kleine kriegerische Scharmützel, die unter dem Radar der Behörden ausgetragen wurden oder mit deren blinder Billigung. Brad konnte sich gut vorstellen, warum die Sakurakawagruppe Fei Long von der Bildfläche tilgen wollte – Sowas Geschäft könnte damit gut nach China expandieren, zumindest solange Fei Long noch keinen Nachfolger hatte, der die Geschäfte nach seinem Ableben übernehmen würde. „Sowas Geschäfte gehen gut?“ hörte sich Brad höflich fragen. „Für meinen Geschmack zu gut. Ich versuche die Kontrolle zu behalten, aber Sowa liebäugelt mit den Tetsuras. Wenn Sakurakawa noch mehr Macht in dieser Stadt bekommt, verliere ich Sowa und die Kontrolle über diesen Sektor.“ „Sowa vermittelt den Tetsuras Männer?“ fragte Brad. „Er hält es für sinnvoll die Machtverhältnisse ausgeglichen zu halten. Ich stimme dem zu, nur bezweifle, ich dass dem so ist.“ Brad neigte leicht den Kopf. Sowa war ein widerwärtiges Schwein, der alleine stand, keinem Clan zugehörig war und doch überall mitmischte. „Rein hypothetisch: was wäre, wenn Sowa das Zeitliche segnete, an wen würde dieser Sektor fallen?“ „Zunächst würde es Chaos geben, die Unterhändler würden sich an die Familien wenden. Die Sakurakawas kauften Sowa in den vergangenen Monaten eine große Menge Ware ab.“ Vermutlich für die Versuchslabore oder ihr manipuliertes Kanonenfutter, überlegte Brad. „Dann liegt die Vermutung nahe, dass Asugawa der Vermittler für diese Transaktionen war? Er wandte sich an sie, als er um Unterstützung gegen Fei Long bat. Er kennt die Wege, auf denen Sowa seine Ware bezieht. Soweit mir bekannt ist gehen die Geschäftsbeziehungen des Clans mit Sowa erst seit Kurzem diese innigen Wege.“ Asami hob eine Braue und sah ihn skeptisch an. „Über meinen Club, der von Sowas Sohn geleitet wird? Nein. Aber es wäre ein leichtes über seinen Sohn an Sowa heranzukommen. Über Steam ist Asugawa an mich gekommen, um mich für seine Sache gegen Fei Long einzunehmen. So könnte Asugawa durchaus an Sowa geraten sein, um den Clan mit ‚Freiwilligen’ zu versorgen.“ Asugawa als Vermittler für Menschenhandel? Was würde sein Vater dazu sagen? Crawford lächelte eisig. Er schätzte diesen Geschäftszweig nicht. Zu Zeiten von Takatori und dessen Sohn Masafumi hatten sie nicht nur einmal Kontakt zu dieser Sparte gehabt und Crawford hatte es schon damals widerwärtig gefunden. Und Asugawa mischte kräftig mit. Brad hatte sich über Sowa informiert. Es war der Mann, der ihm aus seiner Traumvision als Sozu bekannt geworden war. Er war ihm in seiner Karriere bei SZ nicht begegnet. Brad ahnte, wie nun die Verbindung zwischen Sowa und Asugawa zustande gekommen war. Entweder hatte der Mann noch eine Rechnung mit Asugawa offen – wie so viele – oder er hatte ein anderes zweifelhafteres Interesse an dem Halbjapaner. Was es auch immer sein mochte, Brad würde nicht zulassen, dass ihm jemand seine Beute vor der Nase wegschnappte. Crawford sah Asami lange an, bevor er etwas sagte. „Ich denke, ich werde mich heute Abend gut amüsieren...“ o Bereits als die Tür sich für ihn öffnete, plärrten ihm die Lautsprecher ihren Sound um die Ohren und rüttelten sich über den Boden in seinen Körper. Der Tanztempel erstreckte sich über zwei Etagen und war zum Bersten voll. Genau das was Finn jetzt brauchte – eine kurzweilige Ablenkung vom tödlichen Alltagsgeschäft und das mitten in einer brandgefährlichen Phase. Aber wer war er, wenn er nicht wusste, wann er sich ein bisschen Entspannung vom alltäglichen Einerlei aus umherfliegenden Kugeln, Intrigen, dem ein oder anderen Mord und dem liebkosenden Klang einer nach Blut lechzenden Klinge genehmigen musste? Finn hatte sich in Schale geworfen: Eine Jeans die gewollt so aussah, als hätte sie schon bessere Tage gesehen, die jedoch seinen Hintern auf perfekte Weise betonte – nicht zuviel, gerade locker genug um perfekten Sitz zu gewährleisten. Ein weißes Shirt, dass seinen Oberkörper gerade einladend umschmeichelte. Um seine Körperzeichnungen zu verbergen hatte er zwei übereinander angezogen. Wie stets waren seine Augen mit einem dramatischen Hauch von Lidschatten versehen. Man hätte ihn tatsächlich für einen der japanischen Rocksänger halten können, mit der überlangen Haarsträhne, die ihn im Nacken kitzelte und dem Undercut, den Gula ihm beschert hatte. Die Haare waren nachgewachsen und er hatte sie sich erneut kurz rasiert – eine Warnung an sich selbst, nicht mehr so leichtsinnig in ihrer Gegenwart zu sein. Er war ihr zwar nicht mehr so unmittelbar wie früher ausgeliefert, aber die Begegnung vor nicht allzulanger Zeit hatte ihm wieder eingeschärft, dass diese Wahnsinnige ihm dicht auf den Fersen war. Wie ein Bluthund würde sie nicht eher ruhen, bis einer von ihnen das Zeitliche segnete. Sie hatte ein geradezu perverses Interesse an ihm gezeigt. Der Hauptgrund, warum er dem Clan gerade zum jetzigen Zeitpunkt entsagt hatte. Zu lange schon hatte er ihre Spielchen mitgespielt und sich unterworfen. Er hatte sich von ihr benutzen lassen und das auf so viele Arten, dass diese Angst, es könnte wieder geschehen, ihm kalten Schweiß auf die Stirn trieb. Er kämpfte sich zur Bar durch und musste nicht lange warten, bis er einen Drink in der Hand hielt. Er nahm einen Schluck des Cocktails, um die Gedanken an Gula fortzuspülen und wandte sich um. Nur kurz wunderte er sich über seinen Leichtsinn, gerade jetzt Alkohol trinken zu müssen, aber die Irritation währte nicht lange und er ließ sich treiben. Mit seiner Größe und seinem Aussehen hatte er leichtes Spiel bei einigen Anwesenden. Finn genoss die unbeschwerte Stimmung, drehte sich wieder um und trank seinen Cocktail aus, während er mit der Barkeeperin flirtete. Wenig später – er hatte seinen dritten Cocktail bestellt - steckte sie ihm einen Zettel zu und deutete mit dem Kopf nach oben. Das hatte ja nicht lange gedauert und dazu hatte er sich heute noch nicht einmal groß anstrengen müssen. Er faltete den Zettel auseinander. „Komm hoch“, stand dort und daneben sein kleines, dahingekritzeltes Konterfei mit grimmiger Miene, das dem Betrachter die Zunge herausstreckte. Finn verzog das Gesicht, zunächst halb beleidigt, dann grinste er. Er nahm sein Getränk an sich, nickte der Barfrau zu und glitt von seinem Barhocker, um sich postwendend dem nächsten Stockwerk zuzuwenden. Aggressive Klänge schallten ihm im nächsten Bereich entgegen, als er die Tür passierte. Hier passte seine punkige Frisur besser her, zwar war das Shirt ein leuchtender Farbklecks zwischen all den düsteren und grellen Farben, aber hier hielt sich keiner mit der Frage nach der richtigen Kleiderwahl auf. Er ging die Treppe nach oben, umrundete die Galerie und kam an eine Sitzgruppe, die von zwielichtigem Gesindel ursupiert worden war. Ihm bekannt als Autoschrauber und Veranstalter illegaler Straßenrennen. Er ließ seinen Blick über das dreckige Dutzend wandern, bevor einer der Männer, die der Tür – seinem Ziel - am nächsten waren, seinen Kopf aus dem Nacken nahm und ihn sparsam lächelnd durchwinkte. Er nahm diese letzte Hürde und wurde von einem Bodyguard abgetastet, bevor ihm zuvorkommend die Tür in einen Raum mit Glasfront geöffnet wurde. Er ließ seinen Blick über den Raum gleiten als die Tür hinter ihm geschlossen wurde. Ein ihm nur zu bekannter Mann saß im Halbdunkel mit dem Rücken zu ihm in einem Sessel. „Reichlich viel Aufwand für dich...“ sagte Finn und nahm einen Schluck seines Getränks. „Meinst du? Schwierige Zeiten sind das geworden...“ hörte er die Stimme leise vor sich und Finn lachte. „Wem sagst du das...“ Er ging näher, lehnte sich gegen den Sessel, sodass er den gleichen Blick hinunter auf die Band und die tanzende Menge hatte wie sein Gastgeber. Seine Hand fand ihren Weg in das weiche blonde Haar des Halbrussen. „Weswegen bist du hier?“ Hier oben war es absolut still, surreal wenn Finn bedachte, dass dort unten ein Hexenkessel tobte. „Entspannung, Abwechslung... dein Hintern?“ erwiderte Finn sanft lächelnd. „Nicht beruflich?“ Der Haarschopf entzog sich seiner Hand, als der Kopf sich bewegte und seine Augen die Seinen suchten. Finn löste sich vom Anblick der tanzenden Meute und sah hinunter. „Nein. Es gibt nur noch wenige Plätze in dieser Stadt, die ich privat betreten kann.“ „Dann bringst du die Gefahr zu mir?“, fragte er Finn. „Soll ich gehen?“ Finn stellte seinen Mochito ab und setzte sich rittlings auf den Schoß des anderen. Dieser sah ihn ernst an. „Sie sind hinter dir her.“ „Wer?“ „Die ganze beschissene Stadt.“ Der Mann lächelte träge. „Und da bist du nun... auf meinem Schoß... leicht verdientes Geld würde ich sagen.“ Er strich Finn mit zwei Fingern über die Wange hin zu den sich öffnenden Lippen. Sanft, fast schon zart touchierten sie die Lippen, verließen sie wieder und er zog seine Hand zurück. „Wie viel?“ Finn mochte dieses kantige Gesicht, die Spuren des harten Lebens das Steam gezeichnet hatte. Es barg nichts Schönes, hatte seine Attraktivität, die es irgendwann gehabt hatte durch die wulstige Narbe, die ein Auge beschädigt hatte längst eingebüßt. Steam hatte ihm bei einer ihrer früheren Begegnungen einmal gesagt, dass seine Schönheit süchtig machte, dass er sich an ihm nicht satt sehen konnte. Er dagegen konnte sich an den feinen Linien um die Augen und der Narbe nicht satt sehen. Sie erzählten ihrem Betrachter so viel wenn er genau hinsah und sich nicht davon abwandte. „Zwei Millionen...“ Finn hob die Brauen. „Wer?“ „Asami himself. Und da kommst du einfach so hereinspaziert und präsentierst dich auf dem Silbertablett.“ „Asami? Weshalb?“ Finn war alarmiert. Weshalb sollte Asami gerade jetzt seine Hände nach ihm ausstrecken? Weshalb das Interesse des Mannes? „Das müsstest du am Besten wissen. Es wird darüber gesprochen, dass Asami nicht der Ursprung des Ganzen ist. Hinter vorgehaltener Hand wird darüber diskutiert, dass Schwarz hinter dir her sind. Er tut ihnen offenbar einen Gefallen. Sehr großzügig von ihm, wie ich finde. Mein alter Herr ist ganz scharf darauf dich in seine Hände zu bekommen. Ich denke, dass ich zwei Millionen habe, um dich ihm abzukaufen...“ er lächelte wieder sein anzügliches, träges Lächeln. „Dein Vater...“ murmelte Finn. Dieser Mann war nur schwer zu ertragen. Er hatte in der Vergangenheit das eine oder andere Geschäft mit ihm abwickeln müssen und er hatte nie einen Hehl aus seiner Abneigung gemacht. Was auf der Gegenseite stets mit noch mehr Angeboten und Interessenbekundung beantwortet worden war. Dieser Mann wollte ihn haben und er hatte sogar dem Clan eine Anfrage über eine Abwerbung geschickt. Um die geschäftlichen Beziehungen zu festigen. Er hatte dem Clan somit offen angeboten, einen Spion bei sich einzulassen. Aber Finn wusste welcher Arbeit er bei Sowa nachgehen würde. Und er war nicht interessiert gewesen – immer noch nicht. Für den Clan war Finn zu wertvoll geworden – schon allein wegen des Aspektes, dass er ein erfolgreicher Aspirant des Serums war – um ihn einfach so gehen zu lassen. Auch wenn das Angebot selbstredend verlockend für den Clan gewesen war. „Mein Vater ist schon lange hinter deinem Hintern her, meine kleine Spinne. Er ist fasziniert von dir. Von deiner Kunst zu töten, deinem Führungsstil innerhalb des Clans, deiner erotischen Ausstrahlung, dem betörenden Augenaufschlag, wenn du dich in eine Frau verwandelst...“ „Meiner erotischen Ausstrahlung? Leidet dein Vater an geistiger Umnachtung? Ich hätte ihn weit klüger eingeschätzt. Weshalb sollte er sich seinen Tod ins Haus holen?“ fragte Finn mit einem süßen Lächeln, das eher in das Gesicht eines jungen Mädchens gepasst hätte als in seines. Ein Schulterzucken war sein Lohn. „Deine Schönheit ist dein Fluch, Spinne. Du weckst Begehrlichkeiten von Leuten, die keine Skrupel kennen. Irgendeiner dieser Leute wird dich kriegen. Du bist nicht in der Position, um aus jeder Situation fliehen zu können. Ab und an braucht jeder Freunde oder zumindest Beziehungen. Nichts davon kannst du aufweisen in deiner Lage.“ Finn stutze. Woher wusste Steam so viel über ihn? Irgendetwas war hier seltsam. Aber er hinterfragte diese Worte nicht. „Und du? Was würdest DU mit mir anfangen...?“ fragte Finn und legte den Kopf schief. Wobei er noch besser dran wäre wenn Steam – so sein Künstlernahme – ihn kaufen würde. Völlig absurd das Ganze. Crawford machte Jagd in großem Stil auf ihn und er war beinah am Arsch wenn er hier weiter herumlief. Und dabei machte sich Crawford nicht einmal die Hände schmutzig. Finn lächelte leise in sich hinein. Wenn er es genau betrachtete war das genau die Arbeitsmoral, die er an dem Amerikaner so schätzte. Objektiv betrachtet natürlich. Streng genommen fand er es nicht wirklich erbaulich. Finn beugte sich zu dem anderen und sah ihm tief in die Augen. „Und was hast du jetzt vor mit deiner Beute?“ „Du willst mir also sagen, dass ich mir keine Sorgen machen muss, weil du dich brav von mir fangen lässt und ich nicht in kürzester Zeit mit durchschnittener Kehle den Fußboden vollsaue?“ Finn lächelte dieses mal weniger warm. Es war ein kaltes Grinsen, das sich auf den aparten Gesichtszügen ausbreitete. „Nein.“ „Nein?“ „Hast du denn Angst?“ „Ich habe andere Sorgen“, sagte die Stimme des anderen, die rau und leise zu ihm drang. „Die da wären?“ „Meine Hose spannt und mein Schwanz wird immer praller, je länger wir hier reden. Das sind die einzigen Sorgen, die mich im Augenblick umtreiben.“ Finn lachte schallend als er die trockenen Worte hörte. Er erhob sich, stellte die Beine rechts und links neben dem Sessel auf. Steam hob die Hände, löste zunächst den Gürtel und öffnete mit einem gelangweilten Blick nach oben langsam die Knöpfe. Währenddessen griff sich Finn die Zigarettenschachtel vom Tisch, pflückte sich einen Glimmstengel heraus und zündete ihn an, den Kopf in den Nacken legend als er die festen Lippen auf seiner Haut spürte. Das war Entspannung pur. Nachdem Finn die Schachtel wieder auf den Tisch warf nahm er sich als nächstes die 9 mm Waffe vom Tisch und hielt sie locker im Nacken des Mannes. Er war so richtig schön in Fahrt und gerade dabei zu kommen, als es an der Tür klopfte. Er spürte wie die Hände seinen Hintern packten und ihn dichter in den unersättlichen Rachen zogen. Finn wähnte sich noch in den Nachwehen eines Höhepunktes als Steam ihn entließ und ein „Ja“ krächzte. Die Tür ging auf und einer der Bodyguards öffnete einen Spalt, er sah nicht herein. „Wir haben ein Problem.“ „Welcher Art?“ „Unerwünschte Gäste.“ Steam verpackte Finns Glied fürsorglich hinter dem Stoff und schloss die Jeans ebenso akribisch, bevor er den Gürtel schloss. „Geht’s genauer?“ fragte Steam. „Sieh es dir selbst an.“ „Wie viele?“ „Drei...“ Die Tür schloss sich wieder und Finn ging rückwärts, drehte sich dabei um und lehnte sich mit den Händen an die leicht gekippte Glasscheibe. „Mal sehen...“ Steam ging zur Tür und sperrte sie ab. Finn horchte auf, er hatte jedoch immer noch die Waffe in der Hand. Und in dem Moment, als er ihn sah und das Gesicht zu ihm hinauf lächelte, drehte er sich um und starrte Steam an, der sich gerade selbst eine Zigarette aus der Schachtel klopfte. Er zündete sie an, blies den Rauch durch die Nase und seufzte. „Ziemlich einseitige Geschichte“, sagte er bedauernd. Finn war sich verdammt unsicher, wer von den beiden Männern nun zu ihm sprach. Steam oder Schuldig von Schwarz, der dort unten einen auf amüsierten Gast machte. Amüsiert war er sicherlich – über ihn. „Wie bitte?“ versuchte sich Finn unverfänglich zu geben. Doch als Steam ihn anblickte und das Gesicht so untypisch für ihn zu einem Grinsen verzog, war Finn klar, mit wem er das zweifelhafte Vergnügen hatte. „Er steht auf die Nummer, ich seh schon. Hatte es auch nicht leicht im Leben.“ Er seufzte wieder. „Was wollt ihr hier?“, fragte Finn atemlos. Während er sich mit ihm unterhielt konnten sie schon auf dem Weg nach oben sein. Er musste raus hier. Er bewegte sich Richtung Tür, doch Steam, der seinen Körper Schuldig lieh, schnalzte tadelnd. „Du kommst nicht weit, bemüh dich nicht. Noch weiß keiner, dass du hier oben bist, außer mir natürlich.“ „Was hast du davon, wenn du es nicht sagst?“ „Spaß?“ Das war immer sein größter Albtraum gewesen. Schwarz in die Hände zu fallen und dann auch noch Mastermind. „Was willst du hier?“ „Dich abschleppen... wir könnten viel Spaß miteinander haben... oder ich könnte es zumindest“, räumte Schuldig ein. „Komm zu mir... komm her...“ Steam streckte die Hand aus und lächelte ihn harmlos an. Er fühlte wie die Ränder seiner Sicht zu etwas Dunklem wurden, sein Sichtfeld sich einschränkte, er nur mehr die Stimme in seinem Kopf hörte... nur noch diese Stimme. Ein Geräusch erregte seine Aufmerksamkeit, aber er konnte sich nur sehr langsam bewegen und als er es endlich geschafft hatte, seinen Blick darauf zu wenden, stand Schuldig vor ihm und sagte etwas zu ihm. Er kam immer näher... Steam fiel wie eine Puppe in sich zusammen während Finn verwirrt und verzweifelt Schuldig ansah, der immer noch näher kam bis er so nah bei ihm war, dass er seinen Atem auf der Wange spüren konnte. Die hellen Augen waren ihm so nahe... und er musste schießen... heb deine Waffe... Schieß endlich... schieß...schieß... Und Finn schoss... genau in diesem Moment aus dem Bett in die Höhe. Er keuchte erschrocken, griff sich an seinen Kopf und sah sich um. Bis auf eine blaue Hose, die er zum Schlafen trug, war er nackt, also alles wie üblich, alles wie es sein sollte. Er ließ sich wieder zurück fallen und starrte an die bereits abblätternde Decke. Ähnliche Albträume hatte er bereits oft gehabt und stets spielte der deutsche Telepath eine nicht zu geringe Rolle dabei. Dicht gefolgt von bizarren Begegnungen mit Crawford. Immer endete das Ganze schlecht für ihn. Und immer wirkte es so verdammt echt. Was sollte er tun? Heute zu diesem Treffen mit dem Sowa Spross gehen? Er war sein Kontakt innerhalb der Sowa Familie, einem Zweig von Asamis Geschäftsresort. Über Sowas Sohn war er an Asami gekommen. Er traf sich hin und wieder mit Steam um herauszufinden, wie viel Nachschub Sowa den Sakurakawas lieferte. Die konnten schließlich nicht genug williges, manipuliertes Fußvolk besitzen. Vorzugsweise junge kräftige Männer, denen sie dann die Droge in minimaler Form verabreichten, um sie steuerbar zu machen. Falls sie weiter Nachschub lieferten würde es immer schwerer werden, den Jungen aus dem Anwesen herauszubekommen. Und Finn hatte immer noch keinen Plan ausgearbeitet, den er alleine durchführen konnte. Auf Kiguchi konnte er nur im ersten Teil zählen. Ein Plan wie bei Lillis Flucht war kaum möglich. In einigen Tagen wollte er sich noch einmal mit Kiguchi treffen, bis dahin musste er eine Idee haben wie er es anstellen wollte. Er setzte sich auf und sah sich um. Bis auf ein Futon, zwei Umhängetaschen und zwei große Reisetaschen war das Zimmer leer. Trotzdem kostete es ein Heidengeld. In den Taschen befanden sich exakt einmal Kleidung für Sophie Fuchoin und seine eigenen Sachen zum Wechseln. Die Reisetaschen beinhalteten seine Waffen, darunter seine beiden Katanas und zwei kurze Dolche, einige Handfeuerwaffen und diverses spitzes Kleinwerk zur Verteidigung. In einer Woche musste er sich endlich darum kümmern, dass er sich das Serum wieder verabreichte. Dieses lagerte noch in den Schließfächern. Er pendelte hin und wieder dort hin, um das Material auszutauschen, das er brauchte. Er lief schon Gefahr, bald unter den Wirkspiegel zu fallen. Die Auswirkungen könnten verheerend für ihn sein. Nicht auszudenken, wenn Schwarz ihn dann finden sollten. Schuldig würde sein ganzes Ich auseinandernehmen und dabei auf die eine oder andere Sache stoßen, die ihm sicher nicht gefallen würde. Wirklich kannte er die einzelnen Mitglieder von Schwarz nicht, aus der Ferne konnte er sie kaum kennen lernen. Aber er wusste, dass der Telepath verrückt und seine Handlungen nicht nachvollziehbar waren. Was würde er mit ihm machen, wenn er erfuhr, was Finn einst getan hatte? Crawford würde lächelnd dabei zusehen, wie sie ihn folterten. Das war sein schlimmster Albtraum – Crawford , der zusah, wie er gefoltert wurde und dabei genießerisch lächelte. Finn erhob sich weniger geschmeidig als sonst vom Bett und ging in das angrenzende, kleine Badezimmer. Entgegen dem Zustand des Zimmers war es einigermaßen sauber. Der Traum oder vielmehr Albtraum hing ihm immer noch im Nacken. Es hatte sich so echt angefühlt. Während er noch darüber nachdachte, schlüpfte er aus der Hose und stieg in die kleine Badewanne, um sich abzuduschen. Was für ein Schlamassel. Er hatte keine Kontrolle mehr über die Ereignisse. Das hatte er damals befürchtet, als er vor der Entscheidung gestanden war, sich dem Clan anzuschließen oder zu verschwinden und von außen die Ereignisse zu überwachen – Crawford von außen zu schützen. Das war schwierig und er sah ja jetzt wohin das führte. Warum hatte er die Entscheidung getroffen, den Clan zu verlassen? Weil es zunehmend schwieriger geworden war, Schwarz nicht ernstlich zu schaden. Und weil er sich zunehmend Gula ausgeliefert fühlte. Ohne sich und seine Fähigkeiten zu verraten, hätte er sich ihr häufiger unterwerfen müssen, um seine Rolle als Schwächling der Truppe nicht zu gefährden. Er wusch sich die Haare und stellte danach das Wasser ab. Und wenn er Hisoka aufsuchte? Vielleicht konnte er ihnen helfen. Er hatte zwar für derlei nicht viel übrig, aber wenn er ihm erklärte, dass Kiguchi in Gefahr war? Streng genommen war er das ja auch... Nur hatten sie sich selbst hineingeritten und Hisoka hatte ihnen klar gemacht, wohin das führen würde. Finn griff sich das Handtuch, nachdem er tatenlos einige Momente in der Badewanne gestanden hatte und die Kälte nun Einzug hielt. Er trocknete sich ab und stieg aus der Wanne auf den nackten Boden. In den letzten Jahren hatte er hin und wieder Kontakt mit Hisoka gehabt. Zwar nur selten, aber sein Halbbruder hatte ihm deutlich gemacht, dass er es für den falschen Weg hielt, keinen Kontakt zu Schwarz aufzunehmen. Aber Hisoka kannte Schwarz nicht so wie er, die hätten ihn auseinandergenommen und Crawford hätte ihm nie soweit vertraut, dass er... es zugelassen hätte, dass Finn für ihn in der Familie spionierte. Finn sah in den Spiegel. Seine Augen sahen ihn nicht gerade glücklich an. Hatte Hisoka Recht und war er im Unrecht gewesen? Hätte er Schwarz kontaktieren sollen, bevor es soweit gekommen war? Schließlich hatte er sein Ziel nicht erreicht und das Übel – SIN - von Schwarz abzuhalten war kaum von Erfolg gekrönt gewesen. Chiyo hatte es für zu früh gehalten. Sie hatte zu Bedenken gegeben, dass Schwarz noch nicht bereit dafür waren, zuzuhören. Das war vor Jahren gewesen und Schwarz noch mit SZ beschäftigt. Aber immerhin konnte er sich zugute halten, dass er es geschafft hatte, zwei bis drei Jahre Aufschub zu schaffen, in denen Schwarz ihre Ruhe hatten. Das war doch keine ganz so schlechte Bilanz, oder? Bevor er sich jedoch entschied in den Club zu gehen um zu hören, was Steam ihm über die Transaktionen seines Vaters mitzuteilen hatte, wollte er sich etwas umhören und so herausfinden, was mit Chiyo passiert war und warum sie sich nicht mehr bei ihm meldete. Der Verdacht, dass sie ihn fallen gelassen hatte, lag sehr nahe. Manx auf die Füße zu steigen bot auch seinen Reiz, aber wo trieb sich die Agentin herum? Das musste er wohl auf später verschieben. Trotz des Albtraumes würde er hingehen und er hatte auch schon einen todsicheren Plan für heute Abend... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)