Crescent Moon 2 von abgemeldet (Zeit der Stille) ================================================================================ Kapitel 3: Besuch ----------------- Besuch Eine schöne Frau, mit langem schwarzem Haar und einem fuchsgleichen Gesicht, saß an einem der Tische, die normalerweise den Gästen der Bar vorbehalten waren. Nozomu hatte gegenüber ihr Platz genommen, und war so mit dem Rücken zu Mahiru gedreht. Hinter ihm stand Katsura. Sie hatte die Hände auf seine Stuhllehne gelegt, und beobachtete die Frau genauso aufmerksam wie er. Mahiru war wie erstarrt. Ein tiefer Schock grub sich ihr in die Glieder, obwohl sie gerade vor dieser Frau nichts zu befürchten hatte. Diese Frau hatte vor 2 Jahren akzeptiert, dass es ein Menschenmädchen war, welches ihre Rasse rettete. Und dennoch konnte Mahiru nicht vergessen, was damals geschehen war. Masumi, wie sie hieß, war für eine Zahl nicht weniger Verwicklungen verantwortlich: Sie hatte Mahiru für gewisse Zeit im Mondpalast gefangen gehalten, dem Kaiser Shirogane verschwiegen, dass seine Mutter gestorben war, und sie hatte Mitsuru umbringen lassen wollen. Eine kurze Versöhnung war erfolgt, bevor sie die letzte Träne des Mondes fanden. Dann hatte sie ein letztes Mal ein schrecklicher Zorn auf die Menschen übermannt, der dazu führte, dass aus Masumi und Shirogane ein Wesen wurde, das bereit war alles zu zerstören. Mahiru, Misoka, Nozomu, Mitsuru und Akira hatte in es letzter Sekunde geschafft, eine Katastrophe zu verhindern. Heute war Masumis Blick, die die Tante von Misoka war, versöhnlich, geradezu milde. Als sie den Kopf hob, und Mahiru erblickte, lächelte sie. Was sehr ungewöhnlich an ihr war, dass sie "normale" Kleidung trug. Normal bevorzugte Masumi den traditionellen Kimono, wie ihn adlige Japanerinnen im Mittelalter getragen hatten. Heute aber war sie in eine Art blaues Kostüm gekleidet, dass gut zu ihrem Haar passte. Sie sah aus wie eine sterbliche Frau, und nicht wie die Fuchsdämonin, die Mahiru ansonsten kannte. "Ah, die Nachfolgerin der Prinzessin. Wir haben uns lange nicht getroffen, Mahriu", sagte sie. "Masumi", erwiderte Mahiru grüßend, und machte noch immer keine Anstalten, den Raum zu betreten. Nun drehten sich auch Katsura und Nozomu zu ihr um. "Komm doch herein", bat Nozomu, und zeigte auf den Stuhl zwischen sich und Masumi. "Warum sind Sie hier?", erkundigte sich Mahiru zögernd, als sie es wagte, Nozomus Aufforderung zu folgen. "In einer Angelegenheit des Mondpalastes.", erklärte Masumi. "Ist alles in Ordnung mit den Tränen des Mondes?" "Ja. Sie sind sicher im Schrein. Es geht um etwas anderes." "Kaiser Shirogane?", fragte Mahiru. Sie begriff, dass Masumi, die eigentlich die Menschenwelt verachtete, nie freiwillig Kyoto, den ihr anvertrauten Shirogane und den Mondpalast verlassen hätte. Dazu waren schon triftige Gründe nötig. Wenn es ein Problem gab, hätten sie Misoka oder Meister Oboro schicken können - stattdessen befand sich nun Masumi in der Moonshine-Bar. "Er erfreut sich bester Gesundheit, nein", schüttelte Masumi den Kopf und wechselte einen schnellen Blick mit Nozomu und Katsura. Mahiru wurde unruhig. Die zwei wussten schon, weshalb Masumi hier war. Sie erkannte es an ihren angespannten Mienen. "Ihr könnt mir ruhig sagen, was passiert ist. Ich denke, ich werde mit solchen Dingen fertig", sagte Mahiru bestimmt, und ließ ihre Augen von Masumi, zu Nozomu und Katsura und wieder zurück gleiten. In diesem Moment schraken alle vier auf, weil Mitsuru die Treppe herunter gepoltert kam. In seiner schlechten Laune achtete er nicht besonders darauf, wie laut er war, und trug zu der gespannten Stimmung bei, die sich gerade aufbaute. Er stutzte genauso wie Mahiru, als er Masumi abrupt wahrnahm. Nur hatte er noch mehr Grund dazu, ihr gegenüber misstrauisch zu sein: Nachdem sie ihn mit einer der Tränen des Mondes wieder belebt hatten, hatte Masumi befohlen, ihn zu fangen und zu töten, damit sie die Energie der Träne zurück erhielten. Sie war erloschen, als sie Mitsuru das Leben zurückgab. "Was will die hier?", fauchte er, und durch vorherige Wut angestachelt, vergrößerte sich sein Zorn. "Mitsuru, sei nicht so unhöflich. Masumi hatte uns eine wichtige Mitteilung zu machen", berichtete Nozomu ruhig, und bedachte Mitsuru mit warnenden Blicken. "Was hat uns die schon zu sagen?", zischte Mitsuru, und Mahiru bemerkte angespannt, wie sich etwas an Mitsuru veränderte. Noch waren es nur seine Augen, die zu tiefen Löchern zu werden schienen, aber in seinem wilden Wesen... es war nur eine Frage der Zeit, bis er zu dem wurde, was er in Wirklichkeit war: Einem Tengu, einem Berggeist. Sie sprang auf, und lief zu ihm, fasste ihm Arm und lächelte Masumi Verständnis suchend zu. "Verzeihen Sie bitte, wir gehen kurz hinaus." Dann zog sie ihn wortlos mit sich, und er folgte widerwillig, ließ es aber geschehen. Draußen, im warmen Schein der Vormittagssonne, die bereits auf ihre nackte Haut brannte, lehnte sich Mahiru schwer atmend gegen die Hauswand der Bar und zwang Mitsuru dabei, bei ihr stehen zu bleiben. "Wie kannst du nur?", seufzte sie halb verzweifelt, halb aufgebracht, und musterte ihn fragend. "Ich?" Es war einmal dieser Blick, der besagte, alle anderen seien Schuld, nur er, Mitsuru, nicht. Er hatte tatsächlich wieder zu seinem alten Ego gefunden. Zum tausendsten Mal fragte sich Mahiru, ob es ihre Schuld war. Hatte sie die Macht, ein Lebewesen derart zu beeinflussen in seinen Eigenschaften? "Sie... hast du vergessen, was sie mir antun wollte?" "Nein, natürlich nicht! Aber vor zwei Jahren... du hattest es danach gelassen gesehen... wie so bist du plötzlich wieder so böse auf sie? Sie will uns, Nozomu, Katsura, dir und mir, etwas Wichtiges mitteilen. Wenn es nicht so bedeutungsvoll wäre, hätte sie Misoka oder Meister Oboro geschickt... aber so.... das sie persönlich kommt... überleg doch mal, Mitsuru!" "Ich? Vielleicht besser du", murmelte er, und in dem Augenblick, als Mahiru darauf etwas entgegnen wollte, kam Masumi aus dem Hauseingang, neben den sich Mahiru gegen die Wand gelehnt hatte. "Hier seit ihr", sagte sie. "Du bist unerwünscht, verschwinde lieber!", knurrte Mitsuru, jedoch Masumi ließ sich davon nicht beirren. Sie bedachte Mitsuru alleine mit einem mitleidigen Blick, bis sie zu Mahiru sprach: "Wenn du hingehst, wird dir Nozomu alles erzählen. Ich will, dass du es weißt, Prinzessin. Der Kaiser Shirogane wünscht es ebenso. Und auch von dir, Tengu." Sie deutete eine Verbeugung an, dann ging sie los und schritt die Straße hinunter, bis sie hinter einer Hausecke verschwand. "Sie manipuliert, wo sie kann!" Die auffälligen Zeichnungen, die darauf hinwiesen, dass Mitsuru zum Berggeist wurde, wurden in der Geschwindigkeit weniger, in der Masum sein Blickfeld verließ. "Ich versteh dich nicht, Mitsuru!", sagte Mahiru sehr leise. "Ich denke, unsere Rasse wird nie zur Ruhe finden", witzelte Nozomu, um die getrübte Stimmung ein wenig aufzulockern, aber es gelang ihm nicht recht. Mitsuru taxierte ihm aus einer Ecke des Gastraumes mit finsteren Blicken, Katsura hatte sich auf den Stuhl gesetzt, wo zuvor Masumi gesessen hatte, und schwieg. Mahiru stand neben Nozomu und nickte. Zwar waren die Neuigkeiten, die ihnen Masumi mitgeteilt hatte, noch nichts weltbewegendes, allerdings hatten sie etwas beunruhigendes, unheil verheißendes an sich. Es war eine Kleinigkeit, unbedeutend winzig, und doch... sie hatte einen fahlen Beigeschmack. Nozomu hatte keines der Details ausgelassen, die ihm Masumi berichtet hatte, als er es Mitsuru und Mahiru erzählte. Katsura hatte ihn um manche Sachen ergänzt. Die Reaktionen hätte nicht unterschiedlicher ausfallen können: Mitsuru hatte es ohne jede erkennbare Regung vernommen, Mahiru dagegen war bleich geworden und hatte sogleich Vermutungen angestellt, was es bedeuten könnte. "Masumi hat gesagt, noch sollen wir uns keine Sorgen machen", hatte Nozomu beruhigend zu ihr gesagt, und hinzugefügt: "Sie will Kontakt mit Akira aufnehmen, das er zurück nach Tokyo kehrt." "Warum können sie diesmal keine anderen nehmen? Warum wieder ihr? Ich dachte, ihr habt eure Aufgabe erfüllt, vor zwei Jahren..." "Wir sind sozusagen das Katastropheneinsatzkommando. Ich denke, kaum andere der Lunar-Rasse kennen sich so gut aus in der Menschenwelt wie wir. Warum sollten sie auf uns verzichten? Außerdem ist es eine große Ehre, für das Kaiserhaus eingesetzt werden zu dürfen...." "Nein, nein." Mahiru schüttelte den Kopf, und ließ sich die ganze Geschichte noch einmal durch den Kopf gehen: Im Schrein, wo die Tränen aufbewahrten wurden, befanden sich weitere wertvolle, und vor allem mächtige magische Artefakte der Lunar-Rasse. Vor einigen Tagen hatte Shirogane festgestellt, der regelmäßig zu seinen Ahnen durch die Tränen des Mondes betete, dass eines dieser Artefakte fehlte. Es war wohl das am wenigsten kostbare und auffälligste Ding aus dieser schon heiligen Sammlung, was hätte weg sein können. Und doch gehörte es zum Kronschatz, der bereits so alt war, dass niemand mehr genau die Fähigkeiten der einzelnen Kronschatzobjekte nennen konnte. Was, wenn es eine besonders mächtige Reliquie war? Die Suche begann, aber sie blieb erfolglos. Man kam zu dem Schluss, dass die Reliquie gestohlen worden sein musste, was theoretisch unmöglich war, da der Schrein besonders gut geschützt wurde durch starke Barrierezauber und Bannsprüche. Es musste ein überirdisch mächtiges Geschöpf gewesen sein, dass dazu fähig war, in den Schrein einzudringen um ein Artefakt zu entwenden. Seltsamerweise nur hatte es alle Tränen zurückgelassen, wo gerade sie es waren, die die wahre Kraft der Lunar-Rasse darstellten. Darüber besorgt hatte sich Masumi geäußert, und erklärt, Misoka und Meister Oboro seien direkt beteiligt an der Aufklärung. Sie hatten bereits einiges entdeckt in alten Schriften über das geraubte Artefakt. Es war ein armlanges Schwert, dessen einst silberfarbene Klinge von Rost zerfressen und Heft und Griff zur Hälfte abgebrochen waren. Etwas, was man wohl als letztes gestohlen hätte, wäre man bei normalem Verstand. Und doch war es fort. In den Texten hatte außerdem gestanden, hatte Masumi berichtet, dass es ein Alter von über 800 Jahren zählte. Bis zur 5. Dynastie der Kaiserfamilie hätte man es als Herrschersymbol im Mondpalast, wie eine Krone oder ein Zepter, benutzt. Ein Zeichen der äußeren Macht. "Und was ist nun unsere Aufgabe?", fragte Mahiru nach einer Weile. "Wir warten, bis Akira da ist, und machen uns dann auf die Suche. Misoka und Meister Oboro werden weiterhin im Palast bleiben und nach weiteren Schriftstücken über die Waffe suchen." "Vielleicht kann uns die Gruppe Morgenstern helfen", meinte Mahiru nachdenklich, und Katsura legte dabei den Kopf schief. "Du meinst Hokuto Kodokui, Mutsura Hayashi und Keiko Himura?" "Ja", nickte Mahiru. "Sind sie überhaupt noch in Tokyo?" "Ich habe zwar, nachdem ich die Schule verlassen habe, nichts mehr von Keiko gehört, aber ich denke schon." "Also mir, ehrlich gesagt, ist das alles zu suspekt", sagte Mitsuru auf einmal aus seiner Ecke. Mahiru zuckte bei seinen Worten zusammen, und auch Katsura und Nozomu drehten sich zu ihm hin. "Wir sollen schon wieder unser Leben riskieren, für nichts und wieder nichts und wegen eines dummen Schwertes, das weg ist. Wahrscheinlich haben sie nicht richtig aufgepasst und es nur verlegt!", fuhr Mitsuru fort. "Wer sagt, wir sollen unser Leben aufs Spiel setzen? Masumi hat lediglich darum gebeten, dass wir uns ein wenig bei den Menschen umhören, Mitsuru!", warf Nozomu leicht gereizt ein. "Du dramatisierst die Sache viel zu sehr!" "Und ihr alle, seit einfach nur blind", entgegnete Mitsuru mit zusammengekniffenen Augen, stieß sich von der Wand, gegen die er sich gelehnt hatte, und fügte hinzu: "Mich könnt ihr vergessen!" Dann verließ er den Raum. So wieder mal ein Kapitel zu Ende^^ Ist diesmal länger geworden, als geplant. Vielen Dank an alle, die bis hierher gelesen haben :)). Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)