There's no hope von Aon ================================================================================ Eine Hoffnung zerbricht ----------------------- Er jagt mich erneut auf die Straße. Mein Besitzer scheint nicht einmal jetzt mir Ruhe zu gönnen, damit meine Wunden heilen. Kein Heiler war bei mir. Kein Mensch, der sich auch nur etwas mit den Verletzungen auskennt. Es schmerzt, bei jedem Schritt, bei jeder Bewegung. Die Zeichen auf meinem Rücken sind ertastbar, scheinen wie rote, große Striemen für jeden lesbar, der mir das Hemd vom Körper ziehen würde. Doch es hat etwas gutes. Ich fühle die Kälte nicht mehr unter meinen Füßen, so warm ist mir. Der kühle Wind und der feine Schnee lindern mein Pochen in den Wunden, geben mir etwas Erquickung und Leben zurück. Meine Schritte führen mich zum Wall des ersten Ringes. Es ist lange her, seit ich auf ihm war, seit ich über die Felder der Pelennor blickte und seufztend den ankommenden Wesen zu sah und denen, die die Stadt verliesen sehnsüchtig nach blickte. Mit einem leichten Lächeln auf den Lippen erklimme ich die Stufen, die mich auf den Wall führen, wo die Wächter in ihren schönen Harnischen stehen und nach Freund oder Feind Ausschau halten. Die Sonne wärmt mein Gesicht, obwohl weiterhin sacht Schnee vom Himmel fällt und die Soldaten gewähren mir diese Momente des Glücks, die ich so selten habe. Ihre Blicke ruhen auf mir. Ich fühle, wie sie mich ansehen, wie lüsternde und mitleideige Augen mich treffen. Sollen sie ruhig versuchen, meine Gestalt zu sehen. Ich bin es gewöhnt und wenn mich einer für sich will, werde ich nicht zurück weichen. Für diesen Augenblick, in dem die Strahlen der Sonne den Anduin küssen, würde ich mein Leben geben. Er schimmert wie reiner Saphir und die Wiesen leuchten diamanten, als sich die Sonne in dem Schnee brach. Es wird wärmer. Wind von Süden kündet den nahen Frühling an. Endlich würde der Winter vergehen. Endlich würden die Wiesen wieder grün werden und ich könnte die Vögel hören, wenn sie an meinem Fenster sitzen und mir ihre schönen Lieder vortragen. Ihre Stimmen trösteten mich über so machen Tag hinweg. Sie waren auch da, wenn ein Freier mich in meiner Kammer nahm und mein Besitzer daneben stand, um mich dann ebenfalls zu nehmen, war der Kunde fort. Sie sahen, wenn er mich schlug, wenn ich dank zu hohem Fiebers in meinem Zimmer bleiben durfte, da mein Herr nicht wollte, dass sein ‚Schatz’ stirbt. Ein verächtliches Lächeln legt sich auf meine Züge. Sein ‚Schatz’, wohl eher sein Lustknabe, seine Einnahmequelle. Der Morgenwind weht zu mir herüber, lässt die Banner mit ihren leuchtenden Farben wie Spielzeug hin und her flattern. Ich sehe zu den Stoffbahnen, auf denen die Wappen der Gäste und der Freunde zu sehen sind. Neben mir weht das helle, farbenfrohe Banner der Elben. Es mussten erneut welche in der Stadt sein... Sicher sind sie es. Ich sah doch die beiden Elben, auf ihren stolzen Pferden, als sie an mir vorbei ritten, hinauf zum Palast. //...er sah mich an. Warum? Ich bin so unscheinbar, so unnützlich...Warum hat dieses stolze Wesen mich bemerkt? Warum fragte es mich nach meinem Namen? ...Diese wunderschöne Sprache. Ich verstand sie und weiß doch nicht, woher ich sie kenne. Sie ist voller Melodie, voller Ruhe und Gelassenheit. Wer ist er? Ist dieser Elb ein Fürst?...ist der jüngere, sein Bruder, sein Diener oder...sein Gefährte?// Lächelnd gebe ich mich meinen Gedanken hin und blickte hinter mich zum Palast. Dort oben weht ebenfalls das Banner der Elben. Es war kein Traum, keine Wahnvorstellung, als er sie sah. //So schön, so erhaben,...so wundervoll....//,geht es mir durch den Kopf und ich wünschte, ich würde ebenfalls so sein...ich wünschte, ich würde wie sie existieren. Mein Blick senkte sich auf den Pflasterstein unter sich. //Ich sollte nicht träumen. Ich bin ein Sklave,eine...Hure. Das ist nicht meine Welt, in der sie leben und ich werde nie so sein wie sie....niemals.// Als ich aufblicke, sehe ich Lago. Mein Herz schlägt härter gegen meinen Brustkorb. Er sitzt mitten im Schnee, an eine Wand gelehnt und starrt vor sich hin. Hastig renne ich zu ihm. Er ist noch jung, verkraftet nur selten, was mir täglich wiederfährt. Vergewaltigungen, Schläge, Beschimpfungen...er hat das nicht verdient, ebenso wenig, wie alle anderen, die mein Schicksal teilen. Was war es dieses Mal? Wer tat ihm das an?...konnte man in seinen kindlichen Augen nicht sehen, dass seine Seele bereits jetzt fast zerbrach? Oh...ich weiß, wie er sich fühlt. Kenne diese Erkenntnis, dass man Dreck ist, nichts wert nur zu gut. Doch Lago ist frei. Er könnte gehen, wenn er wöllte, doch wohin? Ich weiß, dass er weder Geld noch den Mut hat ins Unbekannte zu gehen, aber wäre dieser Weg nicht leichter und besser, als ein Leben hier? Langsam trete ich zu ihm heran, hocke mich zu ihm. Auch wenn mein Herr mich nicht einen tag in Frieden lässt, auch wenn die Freier immer brutaler werden...es gibt ein ungeschriebenes Gesetz hier unten im Ersten Ring...und zwar, dass man sich gegenseitig hilft, wenn es möglich ist. Aber wer hat schon Zeit, die Wunden des nächsten zu sehen, wo jeder ums Überleben kämpfen muss? Es ist mit egal, wer mich sieht, wer mich verrät...Vielleicht würde mein Besitzer jetzt einmal vergessen, wie nah ich dem Tod ständig bin und mich in die schwarze Erlösung schicken, mit seinen Schlägen und Schnitten. Ich wünsche es mir so sehr...doch niemand scheint mich zu erhören... „Lago?“,frage ich leise, als ich neben ihm bin und ihn ansehe. Er hat..geweint? Was war nur geschehen?! Seine Augen sind bereits rot und seine Lippen blau von der Kälte. Ich muss ihn fortbringen...hier erfriert er, oder will er es sogar? „...lago...wir sollten einen untschlupf finden, hier ist es zu kalt..“,flüstere ich und lege meine Hand auf seine Schulter. Er sieht mich endlich an, scheint mich erst jetzt zu bemerken. „Phin...erinnerst du dich an die Geschichten über Elben? Sie sollen doch schön und gutmütig sein...“,setzt er an und ich nicke nur. Was will er mir damit sagen? „...mein freier war ein elb...zuerst war er zärtlich, wie sie sein sollten und seine Augen gaben mir ruhe. Ich hoffte, es würde so bleiben...doch er nahm mich mit einer Grausamkeit, die mir selten ein Mensch antat. Immerwieder rammte er sich in mich...es interessierte ihn nicht, ob ich litt und seine Augen waren...voller gier. Er lies mich liegen, als wäre ich ein Stück wertloser Lumpen, den man nicht mehr brauchte und ging einfach, ohne ein Wort...ohne mich anzusehen...“ Seine Stimme wurde leiser und ich zog ihn in den Arm, hielt ihn fest. Kann es wahr sein? Sind selbst die Elben, an deren Exsitenz ich mich festhalte wie ein Ertrinkender grausamer, als die Menschen selbst? Sind sie nicht besser? Wo sind die ehrwürdigen Erstgeborenen, von denen die Lieder so hohe Lobpreisungen wiedergeben? Wo ist ihre Gnade, ihr Mitleid, ihre Hilfe? Auch wenn ich es nicht glauben möchte, so weiß ich, dass Lago nie lügen könnte, es nie würde. Warum auch? Er hat keinen Grund dazu und seine Augen sind so voller Leid... Es muss wahr sein...es muss stimmen. Ich fühle, wie er sich an mir festhält. Wie er sich an mich klammert und sein Gesicht in meinen Haaren versteckt. Ich fühlte, wie der Mensch in meinen Armen zittert, wie er ängstlich seinen Kopf an mich drückt, wie ein Kind. Wir müssen hier fort...es ist kalt und bald würden die Soldaten und Menschen kommen. Sie durften uns nicht sehen, uns trennen. „...lago...bitte komm. Wir müssen fort...“,flüstere ich und er steht auf, zusammen mit mir, doch sagt kein weiteres Wort, starrt auf den Boden. Langsam gehen wir zurück in die Gassen. Vielleicht gibt es einen Wirt, der uns aufnimmt und wenn er etwas dafür wöllte...ich würde es ihm geben. Warum auch nicht? Dafür lebe ich...dafür existiere ich. Ich bin nicht mehr. Ein Sklave, der die Lust befriedigt. Ein Sklave der Gier, ohne Recht, ohne Mitsprache... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)