Bonnie & Clyde von Himbeerpfote (Die Story über Bonnie und Clyde) ================================================================================ Kapitel 16: Jack Deadman ------------------------ Jack Deadman Irgendwie fühlte sich Bonnie unwohl. Sie saß auf einen hellerleuchteten Gang des Gerichtshofes von Dallas. Immer wieder liefen beschäftigte Sekretärinnen und Beamte an ihr vorbei. Niemand sagte Bonnie wo sie hin musste, geschweige denn wann sie zum Richter Martin Houseman vortreten darf. Ab und an konnte man die Wehklagen der Verurteilten und dessen Verwandte hören. Aber auch die Jubelschreie der Sieger. Das Gericht war eben wie eine Kampfarena, wo die Angeklagten auf Gedeih und Verderb an die Richter ausgeliefert waren. Unruhig nestelte Bonnie an dem Saum ihres Mantels. Sie wollte nicht länger warten und stand auf. Bestimmt würde sie das Büro schneller finden als sie aufgerufen würde. Doch Bonnie hatte sich geirrt. Sie fand nur die vielen verschiedenen Gerichtssaale und Büros der Staatsanwälte. Jedoch von den Richtern fand sie kein Büro. Plötzlich griff jemand nach Bonnies Schulter. Verschreckt zuckte Bonnie zusammen und drehte auf ihren abgelaufenen Absätzen um. Sie blickte in ein paar kalte, graue Augen, die leicht funkelten. Der schmale Mund zog sich zu einem Grinsen, das ebenfalls total erkaltet war. „Miss... Kann ich Ihnen auf irgendeine weise helfen?“, fragte der Mann fast schon schleimerisch. „Ich suche das Büro von Martin Houseman!“, antwortete Bonnie steif. „Nun... Mr. Houseman ist leider verhindert... Vielleicht kann ich Ihnen ja helfen, Miss... Wenn Sie mir bitte folgen würden...“, sagte der Mann weiter und führte Bonnie in einem sicheren Griff in sein Büro. Bonnie konnte gerade noch so lesen, dass es das Büro vom Staatsanwalt Jack Deadman. Sofort fühlte sich Bonnie total eingeschüchtert. Vielleicht wollte sie der Mann auch irgendein Vergehen andrehen und sie ins Gefängnis stecken. Oder er hatte mitgekriegt, was in Cincinnati mit dem gestohlenen Polizeiwagen passiert ist. Bonnie atmete tief durch und setzte sich auf den Stuhl, den man ihr anbot. „Nun Miss... ahm...“ „Bonnie Parker, Sir.“, antwortete Bonnie sofort. Sie konnte nicht verstehen, warum sie plötzlich so eingeschüchtert war und warum sie nicht einfach dem Mann eine Lügengeschichte auftischte. „Nun Miss Parker... Was wollen sie von Mr. Houseman?“, forschte der junge Staatsanwalt und legte seine Fingerkuppen aufeinander. „Es ging um eine Kaution für einen Häftling. Ich wollte nur mich erkundigen!“, murmelte Bonnie und mied den Blick zu Jack Deadman. „Oh.. Ich verstehe... Um welchen Häftling geht es? Sie werden verstehen, dass ich Ihnen in so einer Auskunft sogar besser helfen kann, als der ehrenwerte Richter. Da die Höhe der Kaution von den Anwälten gestellt wird. Der Richter ist nur befugt, die Entscheidung der Anwälte öffentlich oder privat an die Angehörigen zu melden.“, erklärte der junge Mann. „Ahm...“, stockte Bonnie. Sie wusste einfach nicht, ob sie dem Fremden vertrauen konnte. „Es geht um Clyde C. Barrow.“ Innerlich verfluchte sich Bonnie. Sie konnte vor diesem Mann einfach nicht lügen! „Mr. Barrow? Ach ja... Ich hatte vor paar Wochen das Vergnügen ihn kennen zulernen! Ein recht unterhaltsamer Mann, nicht?“, lächelte Jack. „Nun...“, fing Bonnie an. Sie wusste einfach nicht was sie dazu sagen sollte. „Wie dem auch sei... Die Kaution beträgt hundertfünfzig Dollar...“, antwortete der Anwalt und sah Bonnie eingehend an. Die Zahl riss Bonnie aus den Gedanken. Sie erwiderte den Blick nur fragend. „Gibt es noch weitere Fragen, Miss Parker?“, fragte der jüngste der Deadman-Brüder. „Nun...“, wiederholte Bonnie. „In so einer Marktlage...“ „Sie fragen sich, wie Sie das viele Geld auftreiben könnten?“, erriet Jack grinsend. „Na ja... Man könnte sicherlich noch mal mit der Kaution etwas runtergehen... Die unterste Grenze liegt für einen Zuchthausinsassen bei fünfzig Dollar.“ „Das ist immer noch mehr als genug, um diese nicht aufzutreiben!“, empörte sich Bonnie. „Wieso wollen Sie Mr. Barrow helfen, Miss Parker? Sind Sie mit ihm verwandt?“, runzelte der Anwalt die Stirn. „Nein... Ich bin nur eine Freundin von ihm, Sir. Dennoch... Wie soll ich fünfzig Dollar beschaffen? Das ist unmöglich!“, seufzte Bonnie verzweifelt. Jack stand auf und ging zu einen seiner Ordner. Er zog einen dicken schwarzen Ordner heraus und las sich das Dokument durch. „Mh... Sie sind doch Bonnie Parker, wohnhaft in der Virginiastraße 176 in einer der kleinen Vorstädte von Dallas?“, fragte Jack nach. „Ja...“, murmelte Bonnie langsam. „Wieso?“ „Sie haben doch mal bei ‚Marco’s Cafe’ gearbeitet, stimmt das? Das Cafe ist nun geschlossen, weil der Besitzer gestorben ist. Ist das alles soweit richtig, Miss Parker?“ „Nun... Ja... Aber ich habe meinen Chef nicht umgebracht! Er ist einfach vor meinen Füßen umgefallen und in der Panik bin ich aus dem Cafe gerannt...“, schoss es aus Bonnie raus. Der Staatsanwalt schmunzelte. Er schüttelte den Kopf. „Seien sie unbesorgt... Sie sind nicht hier, weil ich Ihnen was andrehen will. Ich möchte Ihnen viel mehr helfen. Der Besitzer hat ein Testament hinterlassen, wo Sie, Miss Parker, als Alleinerbin verzeichnet sind.“ „Das heißt?“, hakte Bonnie hoffnungsvoll nach. „Das heißt sie sind im Besitz eines heruntergekommenen Cafes, das den Wert von ca. fünfzig Doller beträgt! Die Stadt Dallas ist auch sehr daran interessiert, dieses Cafe beziehungsweise dieses Grundstück zu kaufen.“, lächelte Jack Deadman. Er gab Bonnie einige Unterlagen. „Hier sind die Papiere... Sie können jetzt das Cafe behalten oder zum Rathaus gehen und dort das Grundstück für fünfzig Dollar verkaufen.“ „Ist das wahr?“, fragte Bonnie noch mal nach. Sie konnte es kaum glauben. Vielleicht hatte sie ja doch noch eine Chance Clyde aus dem Gefängnis zu holen. „Ja... So wahr ich hier sitze... Sie können jeder Zeit mich besuchen, Miss Parker. Leider habe ich jetzt eine Verhandlung und kann mich nicht weiter um Sie kümmern!“, sagte Jack mit einem bedauernden Tonfall. Er führte Bonnie noch zum Ausgang des großen Gebäudes und wünschte Bonnie viel Erfolg. Dann verschwand der junge Anwalt in der Menge der beschäftigten Beamten und Sekretärinnen. Zornentbrannt las sich Clyde das neue Urteil des Richters Martin Houseman durch. Er kam nicht frei, wie man es ihm gesagt hatte. Seine Kaution wurde nur um wenige Dollar runtergesetzt und er musste nicht auf die Plantagen. Das war alles. Clyde knüllte das Blatt zusammen und warf es in die Ecke. Die ganze Aktion hatte also nichts gebracht, außer dass Charles James auf freien Fuß war. Man hatte Clyde vergessen und feierte den gebbürtigen Engländer, der als Einzigster es geschafft hatte, aus dem Zuchthaus zu fliehen! Die einzigste gute Nachricht in den letzten zwei Tagen kam vom Arzt. Die Prognose war, dass Clyde mehrere Tage vielleicht auch Wochen nicht richtig Laufen konnte, allerdings würden die Schäden nicht langfristig bleiben, da ihm ja nur zwei Zehen fehlten. Bis Clydes Kaution bezahlt war oder sein Bein wieder verheilt war, durfte Clyde nicht aus dem Bett. Zu allem Überfluss bekam Clyde einen sehr aufgedrehten Zellennachbarn, der immer wieder versuchte Clyde aufzumuntern. Selbst als Clyde ihm mit einem Revolver bedrohte, hörte dieser nicht auf zu quasseln. Wenn doch seine Familie nur genug Geld hätte, um diese beschissenen hundertfünfzig Doller zu zahlen! Doch Clyde konnte weder seiner Schwester noch seiner Mutter einen Vorwurf machen. Bestimmt kratzten diese schon die letzten Münzen aus den Ecken um die Kaution zu bezahlen. Angeblich soll Bonnie sich auch daran beteiligen, hatte Clyde im Brief seiner Schwester gelesen. Doch Clyde glaubte ihr nicht. Was könnte schon Bonnie tun? 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