Die Tage danach von Lunatrixa ================================================================================ Kapitel 1: Teil 1 ----------------- Vorwort: Diese Geschichte wird erzählt einen Tag nachdem Andrè Oscar geküsst hatte und ein Teil ihres Hemdes aufgerissen hatte. Allerdings habe ich mir erlaubt das ganze etwas anders zu erzählen . In meiner Version hat Andrè Oscar nur geküsst und sie nicht auch halb entkleidet. Und sein Auge ist in meiner Version auch noch vollkommen in Ordnung. Was Fersen betrifft, in dieser Fanfic hat Oscar ihn nur immer als Freund gesehen. Die Fanfic habe ich in mehrere Teile unterteilt, da ich erst den ersten Teil fertig geschrieben habe und noch an meiner anderen Fanfic zusätzlich arbeite, ist hier nur einmal Teil 1. Ich wollte bei dieser Fanfic keine Kapitel mit Titel machen. Teil 1 Es war der Tag nachdem Andrè Oscar geküsst hatte. Einfach so hatte er sie geküsst ohne dass sie es gewollt hatte, gegen ihren Willen. Sie hatte sich dagegen gewährt doch Andrè war stärker als sie, das war schon immer so gewesen, doch so richtig war es ihr nie klar gewesen. Er war schliesslich ein Mann und wurde auch als Mann geboren, sie jedoch wurde nur als Mann erzogen, war aber eine Frau. Verloren lag Oscar an diesem Morgen auf ihrem Bett und dachte an den letzten Abend. Ihre Wangen waren feucht und sie spürte ihre salzigen Tränen auf ihren Lippen. Ihre Arme hatte sie um ihre Knie geschlungen, enger als sie es zuvor schon taten, ihr Blick verschwommen voller Tränen. Sie konnte noch immer seine Lippen auf den ihren fühlen, seine zärtlichen Berührungen ihrer, doch sie war allein, noch einsamer als sie es zuvor schon gewesen war. Alles schien ihr wie ein böser Alptraum, doch es war keiner und das wusste sie. Die Sonnenstrahlen die nun auf ihr Gesicht schienen liessen sie beinahe erblinden, einen Moment lang kniff sie die Augen, die sich erst an das plötzliche Licht gewöhnen mussten, zusammen. Dann ließ sie ihren Blick langsam durchs Zimmer schweifen. Ein großer schwarzer Stuhl, daneben ein kleiner Tisch, die Bilder an der Wand, das Bücherregal. Ob sie vielleicht etwas lesen sollte? Nein, es würde nichts nützen, sie würde weiter darüber nachdenken was letzten Abend geschehen war. Was sollte sie Andrè sagen, wenn sie ihm gegenüberstand? Wie sollte sie sich verhalten? In Gedanken versunken zog sie die Vorhänge beiseite und zog rasch ihre gewohnte rote Uniform an. Danach sah sie aus dem Fenster, hinab in den Garten. Oscar erkannte dass die große Stalltür des Stalls bereits offen stand, also musste Andrè schon wach sein. Es waren nur noch wenige Augenblicke bis sie Andrè gegenüberstehen würde. Sie zog langsam die Vorhänge wieder an ihren Platz zurück. Entschlossen verließ sie ihr Zimmer. Verstecken konnte sie sich nicht. Ihre Eltern erwarteten sie bereits ungeduldig zum Frühstück. Oscars Blick wanderte nun durch den Saal in dem gefrühstückt wurde. Andrè schien nicht da zu sein. "Willst du weiterhin in der Tür stehen und ins leere schauen?" General de Jarjayes sah seine Tochter verärgert an. "Natürlich nicht Vater!" antwortete Oscar schnell. "Du bist spät dran, das Frühstück steht schon längst auf dem Tisch!" "Es tut mir leid Vater!" Oscar setzte sich auf den Stuhl der gegenüber ihrem Vater stand und begann mit dem Frühstücken. Sie stocherte allerdings zum großen Teil nur mit dem Messer Löcher in ihre Brötchen so dass sie nach kurzer Zeit völlig zerstückelt in ihrem Teller lagen. General de Jarjayes sah es gar nicht gerne wenn man mit dem Essen spielte und überhaupt keine Manieren zeigte. "Oscar!! Wenn du keinen Hunger hast dann hör sofort auf damit!" Oscar zuckte durch die laute Stimme des Generals, die durch den ganzen Saal hallte, heftig zusammen. Sie hätte an diesem Morgen fast alles ertragen aber das man sie anschrie ließ sie nicht einfach so auf sich ruhen. "Wenn euch mein Erscheinen nicht gefällt Vater, dann bedaure ich das sehr!" zischte Oscar ihren Vater an. Heftig stieß sie ihre Hände vom Tisch ab und stand ruckartig auf. Der General sah sie an als hätte er nicht seine Tochter Oscar vor sich sondern eine ganz andere Person. So schnell sie aufgestanden war, so schnell verließ sie auch den Speisesaal und begab sich auf ihr Zimmer. "Das wird ein Nachspiel haben Oscar!! Hast du verstanden?!" Der General schrie beinahe das ganze Haus zusammen, so wütend war er auf seine Tochter. Oscar wusste, dass sie etwas falsch gemacht hatte und dass sie es noch bereuen würde. Sie knallte ihren Degen auf den Boden und warf die Tür ins Schloss. Ihr Blick viel auf den Nachttisch, auf dem ein paar Rosen lagen. Die Rosen hatten doch vorkurzem noch gar nicht da gelegen, dachte sich Oscar. Nun entdeckte sie auch den Brief der auf ihrem Nachttisch lag. Der Brief war durch die Rosen kaum zusehen gewesen. Sie hatte noch nie von jemandem Rosen geschenkt bekommen und fand es merkwürdig. Langsam nahm sie die Rosen beiseite und nahm den Brief an sich. Der Umschlag war weiß und war weder zugeklebt worden, noch beschriftet worden. Langsam öffnete sie den Brief und faltete das Papier auseinander um darin zu lesen. "Bitte verzeih was ich dir angetan habe Oscar, ich weiß das kann ich nie wieder gut machen. Es ist besser wenn ich mich so weit wie möglich von dir entferne das mir so etwas nie wieder passiert. Solange ich in deiner Nähe bin, kann ich dich nicht aufhören zu lieben. Ich weiß nicht einmal ob ich es kann wenn du Meilen weit von mir entfernt bist." Oscar schluckte einmal leer und lass dann weiter "Während du diesen Brief ließt, bin ich schon längst weit weg!" Oscars Augen weiteten sich, ihre Hand in dem sie den Brief festhielt lockerte sich und fing leicht an zu zittern. Wie ein Blatt im Wind tänzelte der Brief zu Boden und blieb reglos liegen. Oscar war total geschockt über diese unerwartete Nachricht. "Andrè... bist du den total verrückt geworden... ich will doch nicht dafür verantwortlich sein, das du nun fortgehst." Während sie das sagte, war ihre Stimme ganz zittrig geworden. Sie konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Was war bloß passiert? Sie spürte, wie ihre Knie unter ihr nachgaben. Was hatte sie getan? Unter Tränen ließ sie sich auf die Knie fallen. Sie hatte alles kaputtgemacht! Wie könnte sie je wieder glücklich werden? Ihr bester Freund seit Kindertagen war fort. Oscar wusste nicht, was sie jetzt tun sollte. Langsam richtete sie sich wieder auf, verließ ihr Zimmer und lief ziellos durch das Haus. Sie hörte nichts, sie sah nichts. Andrè war für immer aus ihrem Leben verschwunden und würde sicherlich auch nicht zurückkehren. Sie musste herausfinden wo er hingegangen war, wie weit er von ihr weg war! Sie konnte doch nicht einfach zusehen wie sich ihr Freund aus Kindertagen in Luft auflöst. Doch was sollte sie tun? Sie wusste doch nicht einmal in welche Richtung er gegangen war. Alles erschien ihr so hoffnungslos. Zurück in ihrem Zimmer hörte Oscar Schritte näher kommen. "Oscaaaar!" Es war General de Jarjayes der aufgebracht seine Tochter suchte. Rasch schob Oscar den Brief und die Rosen unter ihr Bett und richtete sich ordnungsgemäß auf. Die Türklinke wurde ruckartig hinunter gedrückt, vor ihr stand nun ihr Vater, verärgert und wütend. General de Jarjayes holte seinerseits aus und verpasste ihr eine schallende Ohrfeige, die so stark war, dass Oscar durch den Raum geschleudert wurde, erst eine Tischkante konnte ihren Flug stoppen. Benommen sank sie zu Boden. "Das wird dich lehren mir zu gehorchen!" Ihre Wange schmerzte sehr. Leise fluchte sie vor Schmerzen, als sie die Wange mit der Hand berührte. "Du bleibst die nächsten drei Tage auf deinem Zimmer und wirst es nicht verlassen, Andrè wird dir das Essen aufs Zimmer bringen!" Der General wandte sich von seiner Tochter ab und verließ das Zimmer. Andrè? Hatte er gerade Andrè gesagt? Ihr Vater wusste nicht das Andrè fort wahr, doch sie wusste es umso besser, wie sehr hätte sie sich in dem Moment gewünscht das er ihr das Essen in diesen drei Tagen aufs Zimmer bringen würde. Am liebsten wäre sie nun bei Andrè gewesen, weit weg von zu Hause, weit weg von ihrem strengen Vater. Ihre linke Hand glitt über den kalten, steinernen Boden bis hin zum Brief der unter dem Bett versteckt lag. Noch einmal lass sie die Zeilen darin um sich zu vergewissern das es kein Traum gewesen war. Sie richtete sich auf und ging langsamen Schrittes ins Bad und schaute in den Spiegel, ihre Wange war leicht angerötet, die Wange brannte nun höllisch bis hinauf zum linken Auge. Schwer schluckend drehte sie den Wasserhahn vor sich auf und genoss das kühle Nass im Gesicht. Im Augenblick wünschte sie sich meilenweit weg, an einen friedlichen Ort, an dem sich dieser Tag nur als böser Albtraum entpuppte und sie endlich wieder Ruhe finden konnte. Tief einatmend beobachtete sie noch eine Weile das im Ausguss verschwindende Wasser, bis sie sich endlich los riss. Sie stellte nun die Rosen die ihr Andrè geschenkt hatte in eine Vase die auf ihrem kleinen runden Tisch stand. In der Vase befanden sich bereits Margariten die Sophie ihr ins Zimmer gestellt hatte, das tat sie immer, damit Oscars Zimmer nicht eine zu männliche Note zeigte. Sie wartete in der Hoffnung dass Andrè wieder kommen würde, die ganzen drei Tage lang auf ihn. Drei Tage lang saß sie an ihrem Fenster und starrte auf das Eingangstor hinunter, aber vergeblich. Als er am vierten Tag noch nicht da war wusste sie dass er nie wieder kommen würde. Sie durfte das Zimmer nun auch wieder verlassen. Sophie hatte sie in den letzten Tagen gar nicht danach gefragt ob sie vielleicht weiß wo sich Andrè aufhielt. Diese Sache fand sie seltsam, da sich die alte Dame sehr schnell Sorgen machte. Oscar ging an diesem Morgen zuerst in die Küche um Sophie danach zufragen. Die alte Dame war gerade dabei das Geschirr abzuwaschen, sie summte eine liebliche Melodie vor sich her und sah ganz zufrieden aus. Auch das kam Oscar seltsam vor. "Sophie?" "Ah Oscar, du bist es." Das Kindermädchen drehte sich ihr zu und lächelte sie an. "Sophie? Wo ist Andrè?" "Er hat mir einen Brief geschrieben, in dem stand, dass er eine Weile in eine andere Stadt geht um einige Dinge zu erledigen." In eine andere Stadt? Dinge erledigen? Oscar wurde schlagartig klar, dass Andrè seine Großmutter angelogen hatte, er ging ihretwegen fort und das schien er seiner Großmutter zu verheimlichen. Oscar hielt es für das beste Sophie nicht zu erzählen dass ihr Enkel nicht mehr vor hatte zurückzukehren. Wie erstarrt stand Oscar im Türrahmen und ballte ihre Hände zu Fäusten. Sie musste sich zusammen reißen, sie durfte jetzt nicht weinen. Lache Oscar, lache... versuchte sie in Gedanken auf sich einzureden. Kapitel 2: Teil 2 ----------------- Teil 2 Oscar versuchte dem Verlauf ihres täglichen Lebens so gut es ging wieder nachzugehen, ohne Andrè. Doch immer wenn sie Rat brauchte fehlte jemand an ihrer Seite der sie zu Recht wies. Den einen Morgen verbrachte sie alleine im Garten und verbesserte ihre Fechtkünste. Erinnerungen an Andrè fingen an sie zu quälen, sie glaubte ihn überall anzutreffen wo er auch sonst immer war, doch es war alles nur eine Illusion ihrer selbst. An diesem Abend ging sie sehr nachdenklich von der Arbeit nach Hause und schlief in dieser Nacht sehr unruhig. Sie erwachte aus dem Schlaf und sah sich um. Seit Tagen konnte sie nichts ablenken, von diesen Gedanken die in ihrem Kopf hin und her sprangen und sie beinahe wahnsinnig machten. Diese Gedanken, die sie auch Heute Nacht wach hielten. Langsam stand sie auf und ging zum Fenster. Dank des hellen Mondlichts konnte sie genau alle Umrisse der Häuser und Gärten ihrer Nachbarschaft erkennen. Ihr Blick fiel auf ein Haus, das etwas weiter weg war, als die anderen und vor dem eine Strassenlampe stand. Sie erinnerte sich, wie sie dieses Haus im letzten Winter regelmäßig beobachtet hatte, zusammen mit Andrè. Sie war von den Schneeflocken fasziniert gewesen, die durch das Licht der Strassenlampe so schön aussahen. Sie seufzte. Sie ging etwas im Zimmer umher, bis sie wieder vor ihrem Bett stand und sich darauf nieder ließ. In einer Ecke des Bettes kauernd, starrte sie vor sich hin. Gleich würde es wieder kommen, dieses Gefühl. Diese Lehre. Sie spürte es schon länger. Aber wollte sie schon wieder darüber nachdenken? Nein.. sie würde sich weigern. Sie musste doch bloß etwas von ähnlich großer Bedeutung finden, worüber sie hätte nachdenken können. Gab es denn so was überhaupt? Eigentlich kannte sie die Antwort. Nein, es gab nichts Vergleichbares. Nichts, was diesem Gefühl in irgendeiner Weise an Schmerz, an Sehnsucht, nahe kam. Sie wollte aufstehen, zum Fenster rennen, es aufreißen und nach ihm rufen. So laut sie konnte, rufen. Doch würde er sie hören? Warum.. warum nur hörte er sie nicht? So lange wartete sie doch schon. Sollte sie vielleicht noch einmal so lange warten, bis er endlich zu ihr kam? Sie bildete sich schon regelmäßig ein, seine Anwesenheit zu spüren, seinen Geruch wahrzunehmen, oder zu fühlen, wie sein sanftes, braunes Haar zufällig ihre Wange streifte. Sie sehnte sich nach ihm, wie sie sich zuvor noch nie nach jemandem gesehnt hatte. Kraftlos sank sie plötzlich auf ihrem Bett zusammen. Ihr langes blondes Haar verteilte sich auf der Decke und tränen liefen über ihr Gesicht. Sie begann zu zittern, jeder Versuch langsam und regelmäßig zu Atmen scheiterte. Sie zog ihre Beine an und schlang die Arme um ihre zitternden Knie. Eingerollt lag sie auf dem Bett bis in die frühen Morgenstunden, sie fühlte sich furchtbar erbärmlich und hilflos. Als Oscar aufwachte, fühlte sie sich sehr unwohl. Sie konnte sich nicht einmal genau daran erinnern ob sie überhaupt etwas geschlafen hatte. Doch eines wusste sie genau, es musste bereits morgen sein. Durch ihre Nachtvorhänge konnte sie das Morgenrot der Sonne erkennen. Sie musste aufstehen und sich fertigmachen, sie hatte an diesem Tag noch einiges als Kommandant der Königlichengarde zu tun. Sie zog die Decke über ihren Kopf und hätte das Bett am liebsten nicht verlassen. Es nützte jedoch alles nichts, sie musste aufstehen. Also warf sie schwungvoll die Decke zurück und blinzelte in die Sonnenstrahlen, die sich zwischen den zugezogenen Vorhängen hindurchdrängten. Es würde bestimmt ein schöner, sonniger Tag werden. Während sie sich reckte und streckte, viel ihr Blick auf die eine Rose die am vorigen Abend noch nicht verdorrt war. Das letzte Blatt war auch von der letzten Rose abgefallen. Nur noch ein kahler Stiel ohne Blüte stand da. Bereits fünf Tage war Andrè nun fort! Wieso wusste sie das nur so genau? Sie hatte die Tage gezählt und in einem war sie sich sicher, sie würde weiter zählen, bis er wieder da war. Wie in Zeitlupe ging sie nun auf den Tisch zu auf dem die letzte verdorrte Rose stand. Sie streckte ihre Hand langsam nach der Vase aus und hob diese sanft auf. Warum nur? Warum...? Fragte sie sich innerlich.... Sie konnte sich nicht mehr beherrschen und ließ ihrem Schmerz freien lauf. Sie warf die Vase gegen die Wand neben der Zimmertür. Schwer atmete sie auf als wäre ihr mit diesem Wurf eine Last abgenommen worden. General de Jarjayes wartete inzwischen draußen vor der Haustür ungeduldig auf seine Tochter. Er hatte sich für heute vorgenommen seine Tochter in den Palast zubegleiten, da er dort sowieso noch einiges zu erledigen hatte. Die Tür öffnete sich, Oscar stand nun vor ihm, ohne ein Wort mit ihm zureden stieg sie auf das bereits gesattelte Pferd. "Guten Morgen, mein Kind." Oscar dachte nicht daran ihrem Vater einen guten Morgen zu wünschen, sie war noch immer sauer auf ihn und das zu Recht. Andererseits hatte sie die Ohrfeige für ihr Benehmen bei Tisch verdient. Doch seit Andrè fort war, waren für sie die Regeln des Hauses unbedeutend geworden. Es interessierte sie nicht mehr im Geringsten. "Kann es sein das du heute mit dem falschen Bein aufgestanden bist?" Der General setzte sich auf sein Pferd und wartete auf die Antwort seiner Tochter. Oscar sah ihn nur mit einem stechenden Blick an. "Bist du sauer auf mich Oscar? Weil du drei Tage lang im Zimmer bleiben musstest?" "Keines Wegs Vater, ich danke euch sogar dafür... so hatte ich Zeit über einiges nachzudenken..." Ihr Vater nahm zufrieden die Zügel in die Hand und trieb das Pferd zum traben an. "Dann bin ich ja beruhigt." Er macht es sich immer so verdammt leicht... dachte Oscar bei sich. In diesem Augenblick fasste Oscar einen eigenmächtigen Entschluss. Sie senkte ihren Blick und rief ihren Vater zurück, dieser blieb auf der Stelle stehen. "Was gibt es denn noch Oscar?" "Vater! Ich werde nicht mit in den Palast kommen." "Willst du dich mir schon wieder widersetzen Oscar? Wenn du nicht mit in den Palast kommst, dann darfst du eine Woche in deinem Zimmer verbringen!!" drohte der General ihr. "NEIN! Weil ich nicht da sein werde...ich bin keine Marionette..." Kaum hatte sie diese Worte ausgesprochen trat sie dem Pferd ruckartig in die Seiten. In Windeseile galoppierte sie an ihrem Vater vorbei und sprang über eine der Hecken hinweg, hinaus auf die Strassen. "OSCAAAAR! Bleib auf der Stelle stehen!!!" General de Jarjayes kam das alles so vor als durchlebte er gerade einen bösartigen Traum. Was war bloß mit seiner Tochter los? Oscar lachte draußen auf der Strasse laut auf, es kam ihr so vor als sei sie aus einem Gefängnis geflohen und fühlte sich auf einmal so frei wie noch nie. So einfach ließ der General sie nicht davon kommen, nein er ritt ihr sogar hinterher und versuchte sie einzuholen. Immer näher kam er ihr. Oscar trieb ihr Pferd nun noch schneller an, sie wollte weg, weit weg von diesem Ort. Sie konnte diese Pflichten die sie ihrem Vater gegenüber hatte nicht mehr ertragen. Niemand sollte sie mehr zu Dingen zwingen die sie nicht wollte, sie wollte frei sein, selbst entscheiden wann sie was tat und wie sie es tat. Sie wusste das sie nach dieser Sache nicht mehr so einfach zurück nach Hause konnte, doch das war ihr in dem Moment egal, es kümmerte sie nicht ein bisschen. Oscar drehte ihren Kopf nach hinten um zusehen wie weit sich ihr Vater entfernt hatte, es war nur noch ein kleiner schwarzer Punkt am Horizont zusehen, er schien aufzugeben. Sie war ihm ja doch zu schnell gewesen. Ein Lachen huschte ihr übers Gesicht. Als erstes besuchte Oscar in Paris eine Schneiderei und kaufte sich ein weißes Hemd und Hosen dazu. Sie konnte unmöglich eine Reise antreten mit einer Königlichengarde Uniform. Danach beschloss sie Rosalie aufzusuchen und ihr einen Besuch abzustatten. Sie brauchte nur einige Minuten bis sie vor Rosalies Tür stand. Damals hatte sie Bernard zu ihr geschickt, nachdem er als schwarzer Ritter enttarnt wurde. Was sie wohl gerade tat? Und wie mag es ihr gehen? Fragte sich Oscar im Stillen. Sie klopfte mit ihrer rechten Hand an die Tür, aber nichts geschah. Sie klopfte noch einmal, diesmal etwas lauter, jedoch erhielt sie wiederum keine Antwort. Sie versuchte, durch ein Fenster neben der Tür in die Wohnung hinein zu schauen, aber die Gardinen waren zugezogen. Sie klopfte ein drittes Mal, bevor sie um Die Wohnung herum ging, um festzustellen, ob es eine Hintertür gab. Sie kam in einen verwilderten Obstgarten. Die Apfelbäume waren gewiss zehn, zwanzig Jahre nicht mehr geschnitten worden. Unter einem Birnbaum standen ein paar halb verrottete Gartenmöbel. Eine Elster flatterte auf. Sie fand keine Tür und kehrte zur Frontseite der Wohnung zurück. Einmal klopfe ich noch, dachte sie. Sie hörte nicht, sie ahnte nur, dass jemand den Weg hinter ihr betreten hatte. Hastig drehte sie sich um. Der Mann war ungefähr fünf Meter von ihr entfernt. Er stand regungslos und beobachtete sie. "Bernard?" "Oscar, was treibt euch in diese Gegend?" Oscar antwortete nicht auf seine Frage, sondern ließ traurig ihren Kopf senken. "Ihr seht nicht besonders glücklich aus, kommt doch erst einmal auf eine Tasse Tee herein." Langsam richtete Oscar ihren Kopf wieder auf und nickte nur knapp. Bernard setzte Tee auf während Oscar es sich am Küchentisch bequem machte. Nachdem Oscar einige Zeit lang mit neugierigen Blicken die Ausstattung des Wohnzimmers betrachtet hatte, kam Bernard mit zwei Tassen Tee zurück. Er servierte den Tee auf einem Tablett. Vorsichtig setzte er die Tassen auf dem Tisch ab und verschwand mit dem Tablett wieder in der Küche. Oscar rückte näher zum Tisch und betrachtete, was er ihr gebracht hatte. Die Tassen waren aus normalem Glas und waren mit blauen Blümchen verschnörkelt. Sie standen auf einem Unterteller, der im gleichen Stil gehalten war. Auf diesem lag ein ebenso verschnörkelter Löffel, der auf Hochglanz poliert war. Sie tauchte ihre Finger in das Zuckertöpfchen und fischte sich zwei Stücke Zucker heraus, die sie danach sanft in den Tee herabsinken ließ und peinlich genau darauf achtete, keine Spritzer auf dem Tisch zu verursachen. Kurze Zeit später setzte sich Bernard zu ihr. "Nun, weshalb seit ihr nun hier Oscar?" Sie stützte den Kopf auf ihren Händen auf und schloss einen Moment die Augen. "Mein Vater..." sie hörte ein leises knarren und schwieg für einen kurzen Moment "...er bestimmt mein ganzes Leben und das bin ich leid.... Ich bin von zu Hause weggegangen, ich habe es da nicht mehr ausgehalten." "Ich verstehe Oscar." Nein... er versteht gar nichts, dachte sie. Sie kniff die Augen zusammen und war den Tränen nahe. Nur sie alleine wusste in dem Moment was in ihr vorging. Jeder schien so zu tun als wüsste er was in ihr vorging, doch in Wirklichkeit wusste es keiner. Wieder schien der Boden unter ihnen zu knarren. "Nein... du verstehst gar nichts...." Sie senkte den Kopf. Niemand konnte sie verstehen, niemand... außer Andrè. Er war der einzige der sie immer verstanden hatte, er, der sein ganzes Leben an ihrer Seite verbracht hatte. Nur dieser Mann wusste was sie fühlte, er wusste wann sie traurig war und er wusste wann sie glücklich war. Bernard sah sie nur hilflos an und wusste nicht wie er ihr zureden sollte. "Wo willst du denn jetzt hin?" fragte Bernard nun besorgt. Oscar drehte sich ihm nicht zu und hatte den Kopf noch immer gesenkt. Statt ihm eine Antwort auf seine Frage zugeben erkundigte sich Oscar nach Rosalie. Kurz darauf verabschiedete sie sich von Bernard, sie hatte von ihm erfahren das Rosalie nicht weit von hier in einer Bäckerei arbeitete. Wieder draußen an der frischen Luft färbten sich Oscars Wangen rot und der Wind spielte mit ihrem blonden Haar. Ihre Augen schienen leer und glanzlos. Bernard wusste nichts von ihren Ängsten, ihren Launen und ihrem Schmerz. Er betrachtete sie nur stumm während sie ging. Er stand noch lange draußen vor der Tür und beobachtete sie bis sie um die nächste Ecke bog. Kapitel 3: Teil 3 ----------------- Teil 3 Kaum war die Tür hinter Bernard ins Schloss gefallen machte er sich Gedanken weshalb Oscar so seltsam war. Hinter sich hörte er ein knarren, dann Schritte die immer näher kamen. "Du hättest dich nicht verstecken müssen, sie hat nicht nach dir gesucht." Andrè stand hinter ihm. "Das bringt doch alles nichts, du kannst dich nicht vor ihr verstecken, sie wird dich eines Tages finden." Bernard schlug mit der Faust auf den Tisch, so dass der Tee leicht über die gefüllten Tassen hinaus schoss. Oscar hatte nicht einen Schluck des Tees getrunken, aber auch er hatte nichts getrunken. Andrè erschrak über das Handeln seines Freundes. "Ich glaube nicht das Oscar hier war um mir zu berichten dass ihr Vater sie schlecht behandelt." "Wie meinst du das?" Andrè drehte sich von ihm ab "Ich darf nicht zurück zu ihr, du weißt genau warum!" Bernard sah seinen Freund bemitleidet an. Was soll ich denn schon tun, dachte Andrè. Er hasste es bemitleidet zu werden. Ja.. er liebte Oscar da gab's keinen Zweifel. Er liebte sie und sie wusste es. Noch immer liebte er sie so sehr, wie vorher, und das obwohl er schon einige Tage von ihr weg war. Er liebte sie unsagbar. Er würde sterben, stieße ihr etwas zu. Das war keine Re¬densart. Er wusste, dass er es nicht überleben würde. So war es gewesen, als er vierzehn Jahre alt war, und zwanzig Jahre später war es nicht anders. Früher war sie wie eine kleine Schwester für ihn gewesen, dann wie eine Freundin. Doch schon lange war alles anders. Er vermisste sie, wenn sie nicht in seiner Nähe war. Oft ertappte er sich dabei, dass er sich suchend umsah oder horchte, ob er ihre Stimme, ihr fröhliches Lachen hörte. Doch was Andrè nicht wusste, ihr Lachen war seit dem Tage an dem er fortgegangen war erloschen. Oscar schlenderte durch die Gassen und fühlte sich einsam und verlassen. Es fing heftig an zu regnen und ein Gewitter zog auf, das fehlte Oscar gerade noch, ihr heutiger Tag war ohnehin schon schlimm genug. In Gedanken versunken und nicht auf die Strasse achtend, stolperte Oscar plötzlich über einen Stein, sie strauchelte und fiel unglücklich auf den rechten Arm. Sie stieß einen dumpfen Schrei aus. Der Schmerz in ihrem Arm breitet sich über die Schulter auf fast den gesamten Körper aus. Ihr Gesicht verzog sich vor Schmerz, aber der Schmerz in ihren Augen machte der Wut platz. Da lag sie nun hilflos, verletzt und einsam. Niemand befand sich in dieser Gasse in der sie gerade war. Als sie versuchte sich aufzurichten, durchdrang sie ein stechender Schmerz. Sie hörte Schritte. Langsame aber sichere Schritte. Jemand musste gleich um die Ecke kommen! Wer war es? Wer würde gleich vor ihr stehen? Sie wagte nicht daran zu denken. Wegrennen? Nein, dazu fehlte ihr die Kraft! Oscars Kleidung war bereits vollkommen durchnässt bis auf die Unterwäsche, sie fing an heftig zu frieren. Vorsichtig versuchte sie sich erneut aufzurichten, sie musste irgendwo ins warme gelangen. Die Schritte waren nun ganz nah, eine finstere Gestalt kam nun schnellen Schrittes um die Ecke gebogen. Oscar stand da wie angewurzelt. Der Mann der nun vor ihr stand sah unheimlich aus. Der Regen tropfte ihm von der Kleidung, sein Haar war triefnass. Ein Blitz zuckte draußen über den Himmel und ließ ihn noch unheimlicher erscheinen. Oscar wusste nicht wie lange sie so dastanden, doch plötzlich sagte der Mann, "Komm mit mir." Oscar bewegte sich nicht. Diese Stimme war ihr mehr als vertraut. War das etwa? Nein... das war ausgeschlossen. Blut bahnte sich nun seinen Weg über ihren Arm, hinab zur rechten Hand. Ihr weißes Hemd war voller Blut. Der Mann kam nun ohne zu zögern auf sie zu, noch immer konnte sie seine Umrisse durch den starken Regen nicht ausmachen. "Bleibt wo ihr seit!!" Oscar ergriff ihren Degen und richtete ihn dem unheimlichen Mann entgegen. "Du bist verletzt, du musst zu einem Arzt." Sprach der Fremde. Da war wieder diese Stimme, die ihr so vertraut war. Wieder kam der Mann einige Schritte näher. "Habt ihr nicht gehört, bleibt auf der Stelle stehen!" Oscar glaubte allmählich nicht mehr klar bei Verstand zusein. "Oscar, lass den Unsinn." Überrascht blickte Oscar nun dem ihren gegenüberstehend Unbekannten ins Gesicht. Hatte er gerade ihren Namen gesagt? Sie trat vorsichtig näher an ihn heran und erkannte Gesichtszüge die ihr sehr wohl bekannt waren. "Andrè... du bist es wirklich..." hauchte Oscar leise vor sich her. "Natürlich, was dachtest du denn?" Oscar glaubte noch immer zu träumen und sie fragte sich ob dies eine Illusion ihrer selbst war. Oft hatte sie sich in den letzten Tagen eingebildet Andrè irgendwo zu erblicken, deswegen viel es ihr nun äußerst schwer zu glauben das er wirklich vor ihr stand. Er war wieder da, ihr Freund aus Kindertagen, sie hatte ihn wieder gefunden. Sie zersprang innerlich fast vor Freude. "Ich bin so froh dich gefunden zu haben." Tränen rannen aus ihren Augenwinkeln und versanken in ihrem blonden Haar. Mit einem Finger strich sie die Tränen fort. Sie lächelte glücklich, trotz der Tränen. Sie spürte wieder ein Stich in ihrem Arm, das Blut tropfte von der Hand auf den nassen Boden. "Ich werde nicht bleiben Oscar." Mit diesen Worten nahm er ihre Hand, und ohne weitere Umwege führte er sie zu einer Wohnung in der zweiten Etage eines Hauses in der Altstadt. Er ließ ihr den Vortritt, schlüpfte selbst durch die Tür und drückte diese dann langsam ins Schloss. Was hatte er gerade gesagt....? Oscar wurde nun einmal mehr klar dass Andrè nie wieder zurück nach Hause kommen würde. "Ich werde einen Arzt holen, warte hier." Gerade als er sich auf den Weg machen wollte, hielt ihn Oscar unsanft am rechten Oberarm fest. "Du wirst danach nicht wieder kommen stimmts? Du wirst dem Arzt Bescheid geben und nicht wieder kommen.... hab ich nicht recht?" Traurig drehte sie den Kopf von ihm ab, sie konnte ihm nicht mehr in die Augen schauen. Andrè sagte kein Wort. "HAB ICH NICHT RECHT??!!" Sie fuhr ihn nun heftig an und blitzte ihn mit den Augen an. In dem Augenblick zog er die rechte Hand heftig zurück. Er drehte sich um und öffnete die Tür, die hinaus auf die Strasse führte. War er nun endgültig fort? Hatte sie ihn das letzte Mal gesehen? Fragen über Fragen die ihr keiner beantworten konnte. Nein, sie wollte ihn nicht schon wieder verlieren, nicht ein zweites Mal. "Andrè... du bist doch noch das einzig wichtige in meinem Leben..." Sie spürte einen Stich in ihrem Herzen, es tat weh. Im selben Moment fragte sie sich wieso alles so weh tat. Sie hatte keine Zeit mehr sich Gedanken darüber zumachen, der Arzt betrat bereits das Haus um sich um ihre Verletzung zu kümmern. Wie sie bereits voraus geahnt hatte, war Andrè nicht zurückgekehrt. Der Arzt stellte sich ihr vor mit Dr. Amadee Ludovic. Es war ein junger Arzt der kurzes blondes Haar und stechend blaue Augen hatte. Er öffnete seine Arzttasche und breitete einige Materialien auf einem Tisch aus. "Madame, bitte gebt mir euren Arm." Oscar streckte ihm den verletzten Arm mit verzerrtem Blick entgegen. "Es sieht alles halb so schlimm aus, ich werde die Wunde säubern und den Arm verbinden. Ihr hattet großes Glück Madame, so ein Sturz kann auch böse Folgen haben." Dankend schüttelte Oscar ihm die Hand bevor er wieder ging und bezahlte den Arzt angemessen. Erst mal, lehnte sie sich einen Moment gegen die Tür, erleichtert in diesen sicheren vier Wänden zu sein. Sie sah aus dem Fenster um nach zu sehen ob jemand da draußen war. Der Gehweg war leer, es regnete noch immer. Neugierig sah sie sich um, sie wusste überhaupt nicht wo Andrè sie hingebracht hatte, wem gehörte dieses Haus? Wo war sie hier? Laut seufzend setzte sie sich an den Tisch und legte ihren Kopf auf ihre verrenkten Arme, die auf dem Tisch ruhten. Es war spät am Abend als sich die Tür öffnete. Die Tür knarrte, als ein Mann sie aufzog, langsam, zögernd. Er war müde. Und der Hunger trübte seine Wahrnehmung. Er machte einen Schritt in den düsteren Raum hinein. Dann hörte er die Pendeluhr schlagen, schon bevor er sie sah. Als die Tür knarrte, hob Oscar erschrocken den Kopf vom Tisch und sah sich mit großen, blauen, weitstehenden Augen um. Hinter dem Mann viel die schwere Tür quietschend ins Schloss. Nun war wieder stille. Doch wenn man genau hinhörte konnte man von überall her ein Knicken und Knarren hören. Wo kam das her? Nein, sie wollte es gar nicht erst wissen. Ein eiskalter Luftzug wehte ihr übers Gesicht. Es fühlte sich so an, als ob tausend Fledermäuse an ihr vorbeigeflogen wären. Der Angstschweiß stieg ihr auf die Stirn als eine dunkle Gestalt vor ihr stand. "Oscar... was tust du noch hier." Die Angst wich als sie diese Stimme hörte, er war also doch zurückgekommen, oder dachte er, sie wäre bereits gegangen? Er sagte diese paar Worte so kalt, dass sie zitternd sprach, "Ich... ich bin eingenickt." Wieso war er so kalt zu ihr? Sie hatte keine Ahnung, was mit Andrè los war, und sie hatte auch keine Lust, mit ihm zu streiten. "Wohnst du hier drin?" fragte sie nun. "Geh bitte Oscar." blockte er ihre Frage ab und setzte ein mürrisches Gesicht auf. "Du willst also tatsächlich nicht mehr nach Hause kommen? Du hast deine Großmutter angelogen, es wird ihr das Herz brechen, sie denkt das du einige Besorgungen machst und bald wieder zurück bist." schrie sie wütend. "Wenn kümmert das? Was willst du eigentlich Oscar?" Er ballte die Hände zu Fäusten und sah sie zornig an. Seine Einstellung brachte sie beinahe zum weinen, doch sie blieb hart und versuchte dieser Situation stand zuhalten. Mit etwas ruhigerer Stimme brachte sie es fertig im zugestehen was sie wirklich wollte. "Ich... möchte doch nur.... dass du nach Hause kommst." Weshalb wollte sie das? Damit sie wieder einen Spielgefährten hatte, jemanden zum fechten, jemanden der auf sie acht gab. Nein, darauf konnte er verzichten, er konnte einfach nicht mehr, er konnte das alles nicht mehr ertragen. "Meine Antwort ist die gleiche wie davor auch, nein ich komme nicht mit dir zurück." Oscar kam es so vor als zerbrach gerade ihr Herz in Stücke, es versetzte ihr einen derartigen Stich das sie nur noch stumm da stand. Sie versuchte hart und standhaft zu bleiben. Diese Entscheidung lag ganz bei ihm. Woher hätte sie das Recht dazu nehmen sollen ihn umzustimmen. Ihr ganzes Herz hing an diesem einen Mann und jetzt hatte er es mit diesen Worten achtlos weggeworfen. Sie hätte auf der Stelle sterben wollen. Was hatte ihr Leben denn noch für einen Sinn, wenn es ihn darin nicht mehr gab? Sie konnte sich begraben lassen, auf der Stelle. Ihr Leben würde nie mehr einen Sinn ergeben. Sie würde eh nur noch ihr Dasein in Dunkelheit und Einsamkeit fristen. Es war alles sinnlos, wertlos, zu nichts mehr zu gebrauchen, sie war zu nichts mehr zu gebrauchen. Obwohl sie ihn wohl verloren hatte, obwohl er ihr wehgetan hatte, trachtete ihr Herz so sehr nach ihm. Er war alles, was sie am Leben hielt. Alles, was sie war, alles was sie wollte. Sie wollte ihn jetzt, mit jedem Atemzug wollte sie ihn. Wie konnte er nur? Wie konnte er sie jetzt so tief verletzen? Sie schien mehr und mehr zu begreifen dass dieser Mann nicht mehr der Freund von damals für sie war. Er war weit mehr, er war für sie einfach alles. Ja, sie liebte ihn. Aber wie sollte sie es ihm sagen, sie brachte es nicht fertig, sie kannte sich mit solchen Dingen wie Liebe nicht aus. Sie schoss aus ihren Gedanken auf als er unsanft nach ihrem Arm griff. "Geh nun." sagte er kühl. "Beantworte mir nur noch eine Frage..." Sie senkte ihren Blick und hätte am liebsten geweint. "Welche?" fragte er verbissen. Sie drehte ihm den Rücken zu und fragte ihn das was sie schon die ganze Zeit auf dem Herzen hatte. "Liebst du mich noch immer?" Andrè war überrascht über diese Frage, weshalb fragte sie ihn danach? "Ja ich liebe dich noch immer. Aber was nützt es wenn ich dich liebe? Du wirst ja doch nie mein und hoffnungslose Liebe bringt doch nur Tränen und Schmerz." Noch immer hielt er ihren Arm fest. Kapitel 4: Teil 4 ----------------- Teil 4 Oscar drehte sich zu ihm um und versuchte, ihn in der Dunkelheit zu erkennen. Sie legte ihm eine Hand in den Nacken und zog seinen Kopf zu sich herab. Dann küsste sie ihn zärtlich und innig. Andrè ließ sie einen Moment gewähren, bis er die Welt nicht mehr verstand und sie von ihm weg stieß. „Was… ist?“ Sie sah ihn mit sehnsuchtsvollen blauen Augen an und hätte in den seinen versinken können. „Wieso tust du das? Willst du meinen Schmerz noch größer machen als er ohnehin schon ist? Wenn du glaubst das ich deswegen zurück komme dann hast du dich getäuscht.“ Sie schenkte ihm nicht wirklich Gehör doch sie war von seinen Lippen noch immer fasziniert und hätte ihn am liebsten noch einmal geküsst. Sie sah ihn entsetzt an, glaubte er tatsächlich dass sie damit versuchen wollte ihn zurück nach Hause zu bewegen. „Bitte…halt mich fest…“ flehte sie nun unter Tränen. Andrè glaubte sich verhört zuhaben, sie stand vor ihm und flehte ihn nun unter Tränen an sie ihn in den Arm zunehmen. „Das bringt doch alles nichts.“ Andrè glaubte noch immer das Oscar diese Dinge nur auf sich nahm das er zurück kam, er hätte es ihr zugetraut, mehr als jemandem sonst. Sie war zu allem fähig gewesen wenn sie etwas erreichen wollte, aber das hier schien ihm selbst für Oscar zu viel zu sein. Doch sie tat es und das war entscheidend. „Dann mach doch was du willst!!!“ Oscar tastete nach ihrem Degen den sie bevor sie eingenickt war neben dem Tischbein abgestellt hatte. Sie erfasste ihn rasch und machte sich auf zum gehen. Ruckartig riss sie die Tür auf, sie wollte nur noch weg. Andrè beobachtete sie nur stumm. Bevor er noch etwas sagen konnte war sie bereits um die nächste Hausecke gerannt. Diese Situation zeigte ihm noch mehr das sie seine Gefühle die er ihr gegenüber hatte nur ausgenutzt hatte um ihn umzustimmen. Als die Kirchenuhr in Versailles zwölfmal schlug stand Oscar vor dem Anwesen der Jarjayes, sie war also zurück, sie war wieder zu Hause. Sie hielt mit beiden Händen die Gitterstäbe des großen Tores fest. Hinter diesem Tor befand sich ihr zu Hause. Sie war nur einen Tag weg gewesen, ob ihr Vater wohl sauer auf sie war? Bestimmt! Doch was hatte sie noch zu verlieren, ihr war alles egal. Sie öffnete das Tor laut quietschend und ging langsamen Schrittes Richtung Stall. Erst jetzt viel ihr ein das sie ihren weißen Schimmel vor der Tür bei Bernard vergessen hatte, wie konnte sie nur ihr Pferd vergessen? Sie schien in den letzten Stunden mehr als genug in Gedanken gewesen zu sein, so dass sie alles andere vergessen hatte. Als sie die Stalltür öffnete, stand ihr weißer Schimmel in einer der Boxen. Er musste also nach Hause gerannt sein, dachte sie sich. Sanft strich sie ihm über die Mähne und lehnte ihren Kopf gegen den des Schimmels. Nicht nur diese Überraschung stand für Oscar bereit. General de Jarjayes hatte das quietschen des Tores gehört und stand nun hinter seiner Tochter. Hastig ergriff er Oscars Arm und zog sie nahe zu sich hin. „Das war das letzte Mal das du mich zum Narren gemacht hast Oscar!!“ „Vater…“ erschrak Oscar „…ich wollte nicht…“ „SCHWEIG!!!“ schrie er. Er drehte sich um und zog seine Tochter hinter sich her. Oscar setzte sich widerwillig in Bewegung. Immer wieder versuchte sie in die Gegenrichtung zu laufen, doch ihr Vater war viel stärker als sie. Wieder war sie in einem Käfig gefangen, wieder musste sie das tun was ihr Vater ihr befahl. Widersetzte sie sich ihm bekam sie seinen Zorn zu spüren. Als der General seine Tochter durch die Haustür gezerrt hatte, zog er noch einmal hastig an ihrem Arm und ließ diesen dann los. Oscar viel durch den Ruck zu Boden. Sie atmete schwer und tat dann etwas wirklich Dummes. Sie griff nach ihrem Degen und richtete diesen auf ihren Vater. Der General trat erschrocken einen Schritt zurück und weitete die Augen. „Oscar! Was hast du vor?“ „Ich lasse mich von euch nicht mehr herum kommandieren! Das muss ich mir nicht mehr bieten lassen! Ich habe ein Recht darauf über mein Leben selbst zu bestimmen.“ Ihre Augen waren einige Zeitlang starr auf ihn gerichtet. Kurze Zeit später zog auch der General den Degen und die beiden duellierten sich im Hause. Oscar konnte nicht lange mit ihrem Vater mithalten und verlor durch einen heftigen Schlag seines Degens ihre Waffe. Der Degen drehte sich in der Luft ein paar Mal um seine eigene Achse und viel dann klirrend zu Boden. Ihr Vater richtete die Klinge seines Degens auf ihre linke Brust. Oscar drehte ihren Kopf zur rechten Seite und kniff ihre Augen zusammen, noch spürte sie keinen Stich in ihrer Brust, doch gleich würde der Todesstoss kommen. Sie war zum sterben bereit. Noch immer spürte sie keinen Stich. „Worauf wartet ihr Vater? Tötet mich!“ Forderte Oscar ihn auf. „Nah macht schon, dann…. hab ich es hinter mir…!“ flehte sie ihn unter Tränen an. „Wie du willst Oscar!“ Der General setzte seinen Degen in Bewegung. „NEIIIIINNNN!! AUFHÖREN!!“ Andrè der durch die Tür kam versuchte den General von seinem Vorhaben abzubringen. Er stürzte sich auf den General. General de Jarjayes reagierte jedoch rasch und richtete den Degen in Andrès Richtung, dieser durchbohrte schmerzhaft Andrès rechte Schulter. Oscar starrte mit zusammengekniffenen Augen auf das Blut an Andrès Schulter, heißer Zorn breitete sich in ihr aus. Ihr Blick richtete sich nun auf ihren Vater, sie sah ihn mit vor Wut blitzenden Augen an. Die Knie des Generals zitterten. Er stützte sich auf den Degen wie auf einen Stock. Was hatte er bloß getan? Was war nur in ihn gefahren? Er sank auf die Knie und ließ seinen Degen fallen. Wer den Degen fallen ließ, war besiegt. Mit letzter Kraft richtete sich Oscar auf und sah nach Andrè. Langsam bog sie sich über ihn und sah ihn ängstlich an, Sorge breitete sich in ihren Augen aus. Oscar half ihm langsam vom Boden auf, alleine stehen konnte er nicht, er stützte sich mühsam auf Oscars Schulter ab. Während er mit ihr die Treppen hinauf in sein Zimmer ging schaute er ihr nicht ein einziges Mal in die Augen, er konnte sie jetzt nicht ansehen. In seinem Zimmer angekommen half Oscar ihm auf einen Stuhl und holte Verbandsmaterial aus dem Badezimmer. „Tut es sehr weh?“ fragte sie ihn besorgt. Andrè wollte sich auf ihre Frage äußern doch sie ließ ihn nicht dazu kommen. „Könntest du dein Hemd ausziehen…“ sprach sie ihm ins Wort bevor er überhaupt eines über seine Lippen brachte. Wie konnte sie ihn nur fragen ob er sein Hemd auszog? Hatte sie überhaupt das Recht ihn das zu fragen? Ihre Gedanken kreisten sich nicht mehr um diese Fragen als sie seinen muskulösen Oberkörper erblickte. Er hatte die Knöpfe des Hemdes bereits geöffnet. Während sie seine Schulter verband konnte sich ihr Blick nicht von seinem Körper abwenden, zu gerne hätte sie sich in seine Arme geworfen, noch lieber wär’s ihr gewesen wenn er sie einfach in den Arm genommen hätte. Doch er umarmte sie nicht, er wandte seinen Blick von ihr ab und sah aus dem Fenster. Vielleicht war ihm die ganze Sache peinlich, dachte sie. Nachdem sie ihn verbunden hatte gab sie Sophie in der Küche bescheid das sie einen Arzt kommen lassen soll, der Andrè noch genau untersuchte. Nachdem der Arzt Andrè ordnungsgemäß behandelt hatte und feststellte, dass die Wunde nicht lebensbedrohlich für ihn war, atmete Oscar erleichtert auf. Als sie wieder zurück in Andrès Zimmer war, stand dieser mitten im Zimmer und regte sich nicht ein bisschen. „Geht es dir nicht gut Andrè“ „Es geht schon, mir ist nur etwas schwindlig.“ Antwortete er ihr ohne sie eines Blickes zu würdigen. Oscar ging einige Schritte auf ihn zu und blieb dann stehen. Langsam hob sie ihren Blick und sah ihm direkt in die Augen. Andrè sah sie nur wie in Trance an. Ihr Kopf näherte sich seiner Wange und sie gab ihm einen Kuss. Die Tatsache, dass ihre Lippen einige Sekunden auf seiner Wange verharrten, machte die Situation für ihn unheimlich schön. Doch er wusste nicht ob Oscar diese Zuneigung die sie ihm gegenüber gezeigt hatte, ernst meinte. „Ich möchte etwas schlafen, gehst du bitte?“ Oscar dachte nicht daran zu gehen, sie liebte diesen Mann und sie wollte bei ihm bleiben, mehr als jemals zuvor. Sie schwieg und antwortete ihm nicht, sondern trat stumm noch näher an ihn heran. Ihre Hände fuhren jetzt durch sein Haar, ganz langsam, er stand immer noch wie angewurzelt auf der Stelle. Sie bewegte ihren Kopf an sein Ohr, ein warmes Kribbeln durchfuhr ihn. „Du kannst Dir nicht vorstellen, wie sehr ich Dich vermisst habe." hauchte sie in sein Ohr. Dann löste sie sich langsam von ihm und drehte sich um, um endlich zu gehen, wie er es sich gewünscht hatte, als er endlich aus dem Tranceähnlichen Zustand erwachte, griff er schnell nach ihrem Arm und drehte sie zu sich um. Ohne Nachzudenken, von seinen Gefühlen geleitet sagte er in einer ungewohnt ruhigen, samtigen und auch liebevollen aber bestimmten Stimme „Es tut mir leid Oscar.“ Erstaunt blickte sie ihn an. Er schien endlich begriffen zuhaben das sie es ernst meinte. Endlich umarmte er sie heftig und küsste sie. Er spürte die Wärme ihres Körpers, den sie an den seinen presste. Er zog sie nun mit sich, wobei er rückwärts ging um sie nicht aus den Augen zu verlieren. Kurz vor dem Bett blieb er stehen und trat näher an sie heran, soweit, bis der Abstand ihrer Gesichter nur noch wenige Zentimeter betrug. Sie spürte seinen warmen Atem. Er kam immer näher. In freudiger Erwartung schloss sie die Augen und spürte wenige Sekunden später seine Lippen auf ihren. Ganz vorsichtig küsste er sie. Seine Hände hielten ihr Gesicht. Seine Hände wanderten langsam ihren Rücken hinunter. Bald darauf öffnete er die Knöpfe ihres Hemdes und streifte dann langsam die beiden Ärmel über ihre Schultern, ihr Hemd viel zu Boden. Oscar verbrachte diese Nacht in Andrès Zimmer. Noch nie hatte sie sich so befreit und sicher gefühlt. (Nach diesem Teil gibt es nur noch einen Teil 5, danach ist die Fanfic zu Ende.) Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)