Another Day von -Federchen- ================================================================================ Kapitel 1: Another Day ---------------------- Another Day Es war ein regnerischer und dunkler Tag. Ich ging langsam von der Bushaltestelle nach Hause. Meine Augen waren voller Tränen. Es waren Tränen, die mich seit einem Jahr begleiteten... Als ich die Haustür aufschloss und eintrat, fühlte ich die Einsamkeit, die dieses Haus seit einem Jahr erfüllte Einsamkeit und Trauer die mich nie los ließen... Mein Name ist Amy und ich bin 20 Jahre alt. Ich war verheiratet und hatte eine Tochter namens Lisa. Mein Mann hieß Ciro, er war 23 Jahre alt, als er mich verließ. Ich schloss die Tür ab, es würde eh keiner vorbei kommen, zog meine nasse Jacke und meine Schuhe aus und ging in mein Zimmer. Wir hatten jeder ein Zimmer für sich allein, zum nachdenken oder einfach um mal für sich allein zu sein. Ich hatte meins, Ciro hatte seins und sogar Lisa hatte ihr eigenes (Kinder-) Zimmer. Ich stieß die Zimmertür zu und setzte mich an meinen Schreibtisch. Aus einer der Schubladen holte ich ein Feuerzeug und zündete 3 Kerzen an. Eine für Lisa, eine für Ciro und eine für mich. Ich kippte leicht das Fenster auf, damit etwas frische Luft rein wehte. Auf dem Schreibtisch lag der Brief einer alten Freundin, ihr Name war Sandra. Dieser Brief lag hier schon seit einem halben Jahr rum. Damals hatte ich ihn gelesen und danach nie wieder geöffnet. Sie hatte mir Folgendes geschrieben: „Liebe Amy, ich hoffe dir und Lisa geht es gut. Ich habe von Thomas gehört, dass ihr, du und Ciro, euch habt scheiden lassen. Es tut mir ja so furchtbar leid, dass ich jetzt nicht bei dir sein kann. Was macht Lisa? Kann sie schon reden? Wenn ja, was war ihr erstes Wort? Ich bin ja so aufgeregt! Schreib mir einfach zurück, wenn du Zeit hast, ja? Machs gut, und nimm Lisa für mich in den Arm, ja? Deine Sam.“ Ich hatte ihr nicht zurück geschrieben. Sie wusste nicht, weshalb Ciro fortgegangen, und was mit Lisa geschehen war... Seufzend machte ich das Radio an. An Abenden wie diesen hörte ich oft Radio und versank in meine kleine Welt. Leider konnte ich es nie wirklich genießen, denn immer wenn ich meine Augen schloss, fand ich mich in das letzte Jahr, in den Letzten Stunden mit meiner Tochter und mir Ciro, wieder. Mit Tränen in den Augen wachte ich jedes Mal auf. Die Vergangenheit ließ mich nicht los. Als Ciro damals von der Arbeit kam, machte ich gerade das Abendessen. Lisa war so aufgeregt. „Paa... Pielplatz!“, versuchte sie immer wieder zu sagen, dass sie auf den Spielplatz wollte. „Es macht dir doch nichts aus, wenn ich mit Lisa eine halbe Stunde auf den Spielplatz gehe, oder, mein Schatz?“, fragte Ciro wie jeden Spätnachmittag und nahm lächelnd Lisas kleine Hand in seine und ging aus dem Haus. Der Spielplatz war direkt gegenüber nur, dass zwischen unserem Haus und dem Spielplatz eine kaum befahrende Straße war. Ich fand es immer niedlich, wenn die Beiden wieder kamen und Lisa demonstrativ gähnte und ich sie nach dem Abendessen in ihr Bettchen legte. Aber etwas war an diesem Abend anders. Ich konnte mir nicht erklären wieso, aber kaum dass die Beiden das Haus verließen, hatte ich ein seltsames Gefühl in der Magengegend. Ich machte die Herdplatte aus und zog meine Jacke an. Als ich die Tür öffnete, schien alles normal zu sein. Ciro unterhielt sich mit unserem Nachbarn, der mit seinem Sohn Mark oft auf dem Spielplatz war. Ciro konnte ich der Hautür sehen, aber wo war Lisa? „Maa!“, hörte ich eine Kinderstimme. Es war Lisa! Ich sah mich um und sah sie: Fröhlich lachend ging sie langsam auf die Straße. „Lisa, um Gotteswillen, bleib stehen, geh nicht weiter!“, rief ich ihr zu, aber sie hörte mich nicht. Als kleines Kind kennt man das Wort „Gefahr“ nicht. „Ciro, halte Lisa auf!“, rief ich zum Spielplatz. Er unterbrach sofort das Gespräch und sah zu mir. „Was hast du denn, Schatz? Lisa sitzt doch hier im Sand... Oh mein Gott, Lisa!“, sagte er aufgeregt, als er Lisa nicht mehr im Sandkasten fand. Er sah sich um und fand sie auf der Straße. Zum Glück fuhr gerade kein Auto. Panisch rannte er in Richtung Straße. Ich war unfähig mich zu bewegen. Die letzten Sekunden verstrichen mir wie in Zeitlupe. Lisa fiel hin und weinte. Ein Auto kam angerast, obwohl er nicht so schnell fahren durfte. Der Autofahrer sah Lisa nicht und erfasste sie, noch ehe Ciro sie packen konnte. Ein greller Schrei. Stille. Ich war auf die Knie gesunken. Tränen rannten meine Wangen hinunter. Als der Rettungswagen und die Polizei anwesend waren, war es für Lisa längst zu spät gewesen. Ich saß vor unserer Haustür und sah alles mit an. Ich hatte immer noch nicht realisiert, was da vor ca. einer halben Stunde geschehen war. Die Notärzte nahmen den kleinen leblosen Körper mit und ließen uns mit der Trauer allein. Ciro kam schweigend zu mir, auch er hatte viele Tränen vergossen, setzte sich neben mich und nahm mich in den Arm. „Ich kann es immer noch nicht begreifen...“, sagte ich langsam und unter Tränen. Die Tage vor Lisas Beerdigung waren ruhig und niemand von uns Beiden hatte noch Lust auf irgendetwas. Nach der Beerdigung war die Stimmung zwischen mir und Ciro wie ein seidener Faden gespannt. Wir schrieen uns nur noch an. „Wieso bist du nicht zu ihr gelaufen, anstatt da so stillschweigend rum zu stehen und zuzugucken?“, schrie er mich oft an. Eine Woche nach Lisas Beisetzung ließ er sich von mir scheiden und ich sah ihn nie wieder... „Und hier sind wir wieder bei unserer „Wunsch- und Grußnacht.“, hörte ich eine Frau im Radio reden. Ich machte das Radio etwas lauter. „Der erste Gruß wurde als Leserbrief zu mir geschickt und zwar von...“, sie pausierte einige Sekunden um den Namen zu lesen. „Ciro an Amy! Er will ihr Folgendes sagen und es scheint ihm sehr am Herzen zu liegen: „Liebste Amy, es tut mir so unendlich leid, dass ich dich in dieser schweren Zeit allein gelassen habe. Ich möchte, dass wir noch mal ganz von vorne beginnen. Ich weiß, ich war unfair dir gegenüber und habe dir die Schuld daran gegeben. Bitte, gib mir noch eine Chance! Wenn du mir diese Chance geben willst, komm an dem Abend, an dem dieser Brief vorgelesen wird, auf den Spielplatz. Vielleicht bis nachher. Dein, dich liebender Ciro.“ Oh, wie rührend.“, sagte die Moderatorin als sie zuende gelesen hatte. „Liebe Amy, ich weiß zwar nicht, was zwischen euch passiert ist, aber ich möchte dich bitten, gib ihm eine Chance!“, fügte sie mit kräftiger Stimme hinzu. Nach einigen Sekunden meldete sie sich nochmals: „Oh, ich habe ja beinahe den Musikwunsch von Ciro vergessen: Lene Marlin mit „Another Day“. Ein sehr schönes Lied, und es ist heute Abend nur für Amy.“ Nach diesem Satz begann auch das Lied. Another Day. Das Lied war immer schon mein Lieblingslied gewesen, das wusste Ciro ganz genau. Ich lehnte mich zurück und lauschte dem Lied mit geschlossenen Augen. Another day goes by, will never know just wonder way You made me feel good, made me smile I see it now, and I, I can say it’s gone That would be a lie Cannot control this, this thing called love Er, Ciro, hatte gesagt was mir auf dem Herzen lag: Von vorn beginnen, aber die Vergangenheit nicht vergessen. Als das Lied zuende ging, ging ich aus meinem Zimmer, zog mir meine Jacke an, schloss die Haustür wieder auf und ging nach Draußen. Der Regen hatte nicht nach gelassen. Langsam setzte ich einen Fuß vom Bürgersteig auf die Straße. Ich sah alles an meinem innerem Auge vorbeiziehen. Ich sah mich um und ging weiter. Plötzlich kam mir der Gedanke, was ist, wenn Ciro nicht da ist und nicht auf mich wartet? Zweifel packten mich. Ich betrat den Spielplatz. In diesem Moment hörte der Regen auf. Die grauen Wolken zogen weiter und die Abendsonne tauchte den Spielplatz in ein angenehmes orange-rot. Ich setzte mich auf eine der Schaukeln und schaukelte etwas hin und her. „Amy? Amy, bist du das?“, hörte ich eine, mir bekannte aber lange nicht mehr gehörte, Stimme hinter mir. Ich stoppte mit meinen Füßen und drehte mich um. Mit einem Gesichtsausdruck zwischen Fröhlichkeit, Trauer und Unsicherheit sah er mich an. Er hatte einen Blumenstrauß in seinem Arm. „Ciro!“, sagte ich erstaunt. „Ich hatte Lisa einen Blumenstrauß auf ihr Grab gelegt und dachte mir, du würdest dich sicher auch über einen freuen.“, meinte er und ging um die Schaukeln und setzte sich auf die Schaukel neben mir. „Ich hab deinen Brief im Radio gehört...“, fing ich an. „Dachte ich mir.“, sagte er knapp und doch sanft und sah dem Sonnenuntergang zu. Auch ich sah zur Sonne. Seine Augen sprachen Bände und ich spürte, dass er genauso zu leiden hatte, wie ich. „Ich möchte ebenfalls einen Neubeginn.“, sagte ich leise und Ciro blickte mich an. „Ich danke dir.“ Ich schüttelte mit dem Kopf. „Schon gut.“, meinte ich. „Vergeben und Vergessen?“, fragte er. „Vergeben ja. Vergessen nein. Wir sollten uns an einiges immer erinnern, an das, was wir Beide hätten ungeschehen machen können...“, meinte ich mit leicht zitternder Stimme. Er nahm meine Hand in seine und sagte: „Lass uns nachhause gehen.“ Sanft lächelnd nickte ich. Wir standen gemeinsam auf und verließen den Spielplatz. Als wir das Haus betraten, schien die Einsamkeit wie fortgeblasen. Es war, als sei nie etwas zwischen uns, wie ein Streit, gewesen. Jeden zweiten Tag gingen wir gemeinsam auf den Friedhof zu Lisa und brachten ihr frische Blumen. Ich zündete jedes Mal drei Kerzen an: Eine für Lisa, eine für Ciro und eine für mich. Bis heute leben Ciro und ich noch zusammen, hatten wieder geheiratet, aber an Kinder dachten wir nicht nach. Wir hatten... Nein haben eine wunderschöne Tochter Namens Lisa. Sie ist zwar nicht so da, dass wir sie anfassen könnten, aber sie ist da. Sie würde uns auf jeden Weg begleiten, der uns weiterhin durch das Leben führen wird. Und sie wird immer einen Platz in unseren Herzen haben... Ende ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Das war meine Kurzgeschichte. Würde mich über jede Art von Kommi freuen.^^ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)