Schattendiener von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 3: Erinnerung an das Rudel ---------------------------------- Stunden später öffnete John seine Augen. Leicht benommen nahm er war, dass er immer noch im selben Raum lag, in dem er schon gewesen war, als das Monstrum sich über ihn gebeugt hatte. Träge begannen seine Gedanken wieder zu fließen. Monstrum? Welches Monstrum? Er erinnerte sich zwar, etwas gesehen zu haben, doch wusste er nicht mehr genau, was es war. Allerdings war er sich ziemlich, dass er an einer Halluzination gelitten hatte, als er kurz erwachte. Oder er hatte nur geträumt. Ja genau, so wird es gewesen sein! Er war lediglich in einen verwirrenden Traum gefangen, in dem er erst einen Unfall hatte, weil ein ziemlich großes Tier die Straße verstellt hatte und anschließend meinte er einen Verwandten jenes Tieres über sich zu sehen. Und dieses sprach mit ihm… mit Hilfe von Lauten, die aus irgendeinem Grund Sinn für ihn ergaben. Stöhnend richtete er sich auf. Sein Kreuz tat höllisch weh und sein Kopf dröhnte. Hatte er einen Alkoholrausch hinter sich? Das wäre auch eine Erklärung für seinen verwirrten Zustand. Pah! Monster. So etwas gab es doch gar nicht. Als seine Umgebung sich entschied, sich nicht mehr zu drehen, lies er die Beine aus seinen Bett baumeln. War es schon immer so hoch gewesen? Meine Güte… er war doch wohl nicht mit einer Frau ins Bett gegangen und hatte Betty mit den Kindern allein gelassen? Obwohl… was soll’s. Die Scheidung war sowieso bereits im vollen Gange. Ob er da noch fremdging oder nicht - das tat doch nichts zur Sache. Schließlich glitt John aus dem Bett und torkelte zur nächsten Wand, wo sich ein Spiegel befand. Kurz bevor er sein Spiegelbild sehen konnte, spürte er, wie die Angst in ihm heran wuchs. Er hatte Angst vor seinem eigenen Abbild. Was würde er dort sehen? Eine Kopie der Bestie oder einen Mann mit unzähligen Verletzungen? Verletzungen die er jedoch nicht spürte und die Schnauze die gesehen hatte, als er meine wieder ein zu schlafen, war auch fort. Was also würde er sehen? Und wovor fürchtete er sich dann? Schleichend, ja gerade zu vorsichtig trat er nah an den Spiegel heran und sah… sich. Das braune Haar, das bereits graue Strähnen aufwies, was zersaust und unordentlich, unter seinen grauen Augen fanden sich dunkle Ringe und ein grauer Stoppelbart deutete von einer Vernachlässigung der täglichen Rasur. Müde wischte sich John über die Augen und erkannte im Spiegel puren von Dreck zwischen seinen Fingernägeln. Sofort machte er sich seufzend daran ihn heraus zu pulen. Nebenbei lies er den Blick weiter an seiner Gestalt herunter gleiten. Das blaue Hemd war verknittert und gehörte ihm definitiv nicht. Die übliche Krawatte fehlte, stattdessen prangerte ein roter Fleck am Kracken und zeugte von abenteuerlichen Geschehnissen in der Nacht. Er würde sich umziehen müssen, bevor er nach Hause fuhr, sonst würde Betty wieder einen Aufstand machen. Neben dem zerknirschten Hemd trug er eine dunkle Hose, dessen Farbe er nicht einordnen konnte. Auch sie war zerknittert, wies aber ansonsten keine weiteren Mängel auf. Einen Gürtel trug er nicht, was er auch nicht brauchte bei dem Bierbauch, den er langsam ansetzte. Jetzt stutzte John. Sein Mund klaubte auf und er blickte an sich herunter, strich mit der rechten Hand über seinen Plexus… aber dort war kein Fett… ja er spürte sogar leichte Anzeichen der Bauchmuskeln. Als sein Blick sich wieder den Spiegel zuwandte, erkannte er, dass er blass geworden waren, seine Augen geweitet waren und die Pupillen eng. Und wie hatte er vorhin graue Augen sehen können? Seine waren von einer goldbraunen Farbe! Wie war das Möglich. John stolperte rückwärts und fiel über seine eigenen Füße. Er landete Hart auf einen grauen Teppich, der seine besten Jahre schon hinter sich hatte. Doch darum kümmerte sich John nicht. Geschockt stand er wieder auf und ging langsam an den Spiegel heran, nur um feststellen zu müssen, dass seine Augen grau waren. Was war hier los? Da öffnete sich die Tür auf der linken Seite und eine junge, attraktive Frau trat in den Raum. Sie lächelte strahlend, als sie John am Spiegel stehen sah. “Ha, sie sind wach!”, rief sich fröhlich. John drehte sich zu ihr um, musterte sie. Ja sie war attraktiv mit ihren schwarzen, langen Haaren, ihren dunklen Teint und den strahlend grünen Augen. Sie war eine exotische Schönheit, die leider nicht wusste, was sie hatte. In ihren Gesicht fand sich keine Spur von Schminke, die Haare waren nicht mehr als ein langes Stück Fell, was sie einfach fallen lies, ohne es irgendwie zu drapieren. Dazu trug sie eine ehemals weiße Bluse, die nun vergilbt war und einfache, blaue Jeans, die weder hauteng waren noch sauber aussahen. Den Abschluss bildeten ein paar dreckigbraune Turnschuhe, die sie wohl schon seit Jahren trug. Doch neben diesem erbärmlichen Erscheinungsbild trat John ein wunderbarer Duft in die Nase. Ein Duft den er gar nicht zu ordnen konnte aber dafür sorgte, dass sich seine Hose ausbeulte. Die Frau bemerkte das jedoch nicht oder ignorierte es. “Mein Name ist Emily.”, stellte sie sich stattdessen vor. “John.”, tat er es ihr gleich. Er reichte ihr die Hand, um die ihre zu schütteln, doch sie zog nur die Augenbraue hoch und bewegte sich nicht. Nach einigen, peinlichen Sekunden lies John die Hand wieder sinken. “Wo bin ich hier?”, fragte er stattdessen. “Und was ist passiert? Wieso bin ich hier?” Emily lächelte freundlich, als sie antwortete. “Du bist in meiner Höhle.”, meinte sie lediglich. Höhle, nicht Haus oder Wohnung. “Komm mit mir.”, sagte sie schließlich und drehte sich um, ohne auf eine Antwort seitens John zu warten. Dem blieb nichts anderes übrig, als der jungen Frau zu folgen. Und das tat er, stillschweigend. Zwar hatte er das Bedürfnis viele Fragen zu stellen, doch ahnte er, dass diese nicht beantwortet werden würde. Jetzt noch nicht. Emily führte ihn einen langen Flut entlang, der anfangs wie normale Zimmerflure wirkte. Doch nach und nach verschwanden die verputzten Wände, die Bilder und Tischchen. Sie wichen harten Stein, der zwar beschlagen wirkte, aber dennoch an eine Felsformation erinnerte. Wie in den alten Höhlen von Urmenschen, so meinte der Anwalt. Er erinnerte sich an Emilys Worte: Höhle, nicht Zimmer. Wo war er nur gelandet? Nach erstaunlich langer Zeit - vielleicht eine halbe Stunde - kamen sie endlich nach draußen. John erkannte es als erstes an dem Licht, das immer größer wurde und an den frischen Gerüchen, die den berauschenden Duft Emilys nicht überdecken konnten. Als er draußen war durchströmte ihn ein Gefühl der Freiheit, wie er es bisher nicht gekannt hatte und er wünschte sich zu rennen, soweit bis er nicht mehr konnte und erschöpft zusammen brechen musste. Doch schlug ihn eine Erkenntnis zurück: Sie waren mitten im Wald. Hohe Bäume bildeten den Rand einer riesigen Lichtung, auf der ein riesiger Felsen stand, der nicht höher war als die Bäume, sich aber dennoch lang dahinstreckte. Vogelgezwitscher, Stimmen und Jaulen erfüllte die Luft der Lichtung, welche von der Sonne hell beschienen wurde. Tautropfen glänzten auf Blättern und Grashalmen und verliehen der Umgebung einen mystischen Glanz. Am Rande der Bäume waren lange Stämme in die Erde gerammt worden, welche von grünen Treppen umrankt wurden und leicht an Parasitenpflanzen aus Brasilien erinnerten. Auf den Stämmen schließlich waren kleine Häuser gebaut wurden, die einer Seits altertümlich, anderer Seits auch modern wirkten. Zwischen diesen Hochhäusern standen kleine Buden, die ganz offensichtlich Marktstände waren, denn um sie herum war ein Gedränge, was jeden Stadtmarkt Konkurrenz machen könnte. Nur würde man ein Solches wohl niemals in den Städten finden. John erkannte Menschen und Menschenkinder, doch schienen sie in der Unterzahl zu sein. Die Mehrheit waren große, zweibeinige Wölfe, die zwischen den Menschen umher gingen. Sie waren alle ungefähr gleich groß, besaßen jedoch unterschiedliche Fellfarben. Von Schneeweiß bis pechschwarz war alles vertreten. Viele von ihnen hatten Ohrringe in ihren spitzen Ohren und einige hatten sogar Nasenringe, wie sie Ochsen und Stiere tragen. Oft machten sich einige von ihnen klein, wenn sie an einen Artgenossen vorbei ging, was wohl ein unterwürfiges Verhallten darstellen sollte. Trotzdem sahen diese Bestien nicht bedrohlich aus. John sah viele, die mit kleinen Menschenkindern unterwegs waren, aber auch mit Kindern ihrer Art. Ja einige dieser kleinen Wesen nervte seinen Begleiter gerade zu, wenn es etwas sah, was es gerne hätte. Doch nicht nur junge waren hier vertreten. John erkannte auch einige Tiere, die tief gebückt gingen, deren Fell nicht mehr glänzte und die sich auf Stäbe stützten. Oftmals hatten sie bunte Stoffe in ihrem ergrauten Fell geflochten, was sie zu einer Art Papageie machten, aber dennoch nicht lächerlich aussah. Während John die Menschen beobachtete, sah er wie eines der Wesen zu einem Menschen wurde. Die Prozedur sah schmerzhaft aus und John war froh, dass er nicht näher an dem Geschöpf war, um es besser zu beobachten. Während sein Blick weiter über die Masse gleiten lies, erkannte er auch Wölfe und andere Monster, die dem glitt, welches auf der Straße gestanden hatte: Riesige, vierbeinige Wölfe mit gigantischen Muskelpaketen und Angst einflößenden Fängen. Meist liefen sie mit tief gesenktem Kopf umher und schnüffelten am Boden. Doch selbst dann war ihre Schulterhöhe noch größer als jene der zweibeinigen Artgenossen. Eines der Tiere drehte den riesigen Kopf zu John und fauchte. Ja, er fauchte und knurrte nicht. Allgemein wirkte dieses Tier mehr wie eine Art Mischung aus Raubkatze, Wolf und Bär und der Anwalt war sich sicher, dass jeder der drei Gattungen den Schwanz einziehen würde, würden sie diesem Vieh entgegentreten müssen. Neben diesen Giganten rannten oftmals auch eine Art Dackelwölfe. Anders konnte John diese Erscheinungen nicht beschreiben. Sie sahen unverwechselbar aus wie Wölfe, waren jedoch etwas größer, länger und hatten längere Gliedmassen, was ihnen ein grausames Aussehen verlieh. Schließlich wandte sich John zu Emily. “Was…” “Das…”, unterbrach sie ihn. “Ist die Lichtung der Hoffnung, die letzte Heimat der Werwölfe.” Noch während sie sprach wurde ihre Stimme tiefer, Knochen knackten, Muskeln wuchsen. Ihre Gestalt veränderte sich, bis vor John kein Mensch mehr stand, sondern eine braune, zweibeinige Wölfin, die drei Köpfe größer war als der Anwalt. John erkannte die Augen, die Form des Kopfes, ja sogar die Klauenhände. Er erkannte Emily als jenes Wesen, welches ihm im Traum erschienen war, von dem er nun wusste, dass es kein Traum war, sondern die Wirklichkeit. Realität. Auch wenn er sich bisher nicht hatte vorstellen können, dass es so etwas wie Werwölfe gab. “Wie ist das möglich?”, hauchte er, geschockt und fasziniert zu gleich. Emily zog ihre Lefzen hoch und strahlte ihn auf die wölfische Art an. “Diese Frage wird dir unser Alpha beantworten.”, meinte sie. Und wieder erkannte John das Knurren und erkannte, dass er die Bedeutung jener Laute erkannte. In der Tiefe seines Herzens regte sich eine Erkenntnis. Eine Erkenntnis, die er nicht wahr haben wollte, die er versuchte zu ignorieren. Ich bin ein Mensch, sagte er sich im Stillen. Immer und immer wieder. Wie eine alte Gebetsformel. Ich bin ein Mensch. Ich bin ein Mensch. Ich bin ein Mensch. Und während John Emily folgte, versuchte seinem Hirn verzweifelt die Wahrheit als Lüge heraus zu stellen, Tatsachen zu leugnen und - vergebens - in Ohnmacht zu fallen. ~*~ John schrie auf, fasste sich an den Kopf, versuchte sich die Erinnerungen aus den Kopf zu ziehen. Er wollte sich nicht erinnern, auch nicht an die damaligen Ereignisse, die erst erschreckend und Furcht einflößend waren, zu gleich aber auch wundervoll. John hatte damals auf der Lichtung der Hoffnung sein wahres Leben, seine wahre Familie gefunden, auch wenn er es damals nicht wusste. Mit Tränen in den Augen erinnerte er sich daran, was der Alpha damals zu ihm sagte. An den Monolog, den er geführt hatte. Wie er es John erklärte, was er war, was aus ihm werden würde. Und obwohl er versuchte die Erinnerung zurück zu hallten, erinnerte er sich gerne. Wir, hatte der Alpha damals begonnen, sind die Werwölfe. Wir sind eine stolze Rasse, deren Ahnen einst Wölfe waren, die sich mit Menschen paarten und in Laufe vieler Generationen Gestaltwandler hervorbrachten. Mal waren sie Menschen, mal waren sie Wölfe. Und manchmal waren sie weder das eine, noch das andere. In ihren Adern floss eine mächtige Magie die vom Vater Mond genährt wurde und mit deren Hilfe sie Pflanzen zum wachsen, Wunden zum heilen und Altes zu neues machen konnten. Sie waren Freunde der Menschen und der Wölfe zu gleich. Die Menschen vertrauten unseren Ahnen, gingen mit ihnen auf Jagt und schliefen mit ihnen in denselben Höhlen. Jene, die mehr Wolf als Mensch waren, lebten stattdessen mit den Wölfen und waren oftmals die Führer großer Rudel, die sogar ein Mammut erlegen konnten. Doch dann fingen die Menschen an sich zu verändern. Sie wurden moderner, fortschrittlicher. Sie begannen sich über die Tiere zu stellen und betrachteten sich als die Herrscher einer Welt, die keine Herrscher hatte. Nicht mal einen wollte oder brauchte. Zu jener Zeit teilte sich das Heer der Menschen auf. Die einen begannen unsere Ahnen als Götter anzubeten. Sie nannten sie Zeus, Hera, Raa, Luzifer und Thor. Sie opferten Fleisch und Pflanze an sie. Opferten sogar ihre eigenen Erben, wenn unsere Ahnen dies wollten. Denn denen gefiel diese Rolle als Gott sehr, auch wenn sie es besser hätten wissen sollen. Die Menschen, die unsere Ahnen nicht anbeteten, verachteten und fürchteten sie. Ihr Wunsch war es unsere Ahnen gänzlich auszulöschen und so wandten sie sich an eine Rasse, die seit von Anbeginn der Zeit unsere Feinde waren. Sie wandten sich an die Vampire, blut saugende und Nacht liebende Monstren, die unsere Ahnen verfolgten und töteten, sobald sie eine Gelegenheit dazu fanden. Mit der Zeit begannen jene Menschen sie an zu beten und nannten sie in ihrer Dummheit Engel und den großen Vampyr, den Vater und König seiner Rasse, nannten sie Gott. Schon bald begann ein kalter Kampf zwischen den beiden Menschenheeren, der in einen Krieg gipfelte, als sich die Vampire und unsere Ahnen sich einmischten und je ihre Seite opferte. Der alte Planet, der schon lange vor uns anderen Lebewesen Heimat spendete, wurde blutrot gefärbt. Das Blut von Menschen, Wölfen und Vampiren floss gleichermaßen über die Erde und verpestete sie, bis die großen beiden Rassen voneinander getrennt waren. Getrennt vom vergifteten Land, welches wir heute Sahara nennen. Lange Zeit war die Wüste unbewohnbar, erst jahrhunderte später siedelten sich die ersten Pflanze und Tiere an, später auch wieder Menschen, die uns und die Vampire zu jener Zeit schon vergessen hatten. Sie beteten noch immer die alten Götter an, die bereits tot waren und nicht mehr auferstehen würden. Und sie fürchteten sich noch immer vor den beiden Rassen… doch die Wahrheit ist, dass sie seit dem großen Krieg nur noch selten auf sie trafen. Sie waren zu Legenden geworden, gefürchtet von den Jungen und belächelt von den Alten. Zu jener Zeit veränderten sich unsere Ahnen. Sie verloren ihre Magie und viele ihrer Geschichten. Sie beteten noch immer Vater Mond an und das tun wir auch heute noch. Doch waren sie zu wilden Raubtieren geworden, die ihre Instinkte nicht mehr unter Kontrolle hatten. Wahllos fielen sie über das Leben her und wenn ein gebissener überlebte, so wurde er zu einer von ihnen… nur waren sie noch wilder und noch gefährlicher. Wie eine Krankheit breitete sich dieses Phänomen aus. Eine Krankheit, die ihr heute Tollwut nennt und unser persönlicher Fluch ist. Ein Fluch der uns einst vom großen Vampyr auferlegt wurde. So vergingen Jahre der grausamen Jagten, bis die Menschen eine Möglichkeit fanden die Sahara zu überwinden. Als sie auf den europäischen Kontinent gelangten, folgten ihnen auch die Wölfe, welche sich bald wieder ihren alten Feinden gegenüber sahen: Die Vampire. Auch diese alte Rasse hatte gelitten. Wie uns hatte sie ein Fluch getroffen. Ein Fluch der verhinderte, dass sie sich in die Sonne begeben konnten und ein Fluch, der alles Essen zu Asche verbrannte, wenn sie es berührten. Sie lebten in der Nacht und tranken Blut. Was sie einst aus vergnügen taten, war nun der einzige Weg zum Überleben. Als die Wölfe auf den Kontinent kamen, erinnerten sich die Vampire an die alten Kriege, denn ihr Gedächtnis ist alt und reicht zu Zeiten zurück, wo noch kein Mensch den Planeten bewohnte. Als wir kamen, wurde der Durst nach Rache in ihnen groß und so jagten sie unsere wahnsinnigen Ahnen, töten sie oder fingen sie ein und zwangen sie, ihnen Untertan zu sein. Es dauerte nicht lange und sie hatten das Volk der Wölfe auf ein paar wenige Hundert reduziert und jene die lebten, taten dies in den Kerkern der Blutsauger. Generationen vegetierten in den unterirdischen Verliesen dahin, bis eines Tages eine alte, kranke Wölfin ihren letzten Wurf tat. Jedes ihrer Welpen litt sofort an jenen Wahnsinn, der uns zum Verhängnis geworden war. Nach und nach starben sie. Sie töteten sich selbst, wurden von den erwachsenen Wölfen, ja sogar von der eigenen Mutter zerfetzt und gefressen oder starben an der Tollwut. Nur eine Fähe überlebte. Eine junge Fähe, deren Fell dreckig gelb war und nicht ganz so wahnsinnig erschien wie die anderen ihrer Art. Die Vampire bemerkte dies natürlich und so nahmen sie die junge Fähe aus den Verliesen und wollten sie zu einem Kämpfer heran ziehen. Eines jener armen, bedauerlichen Geschöpfe, die in einen Ring steigen mussten und dort gegen Bären, Löwen und anderen Wölfen kämpfen sollten. Doch vorher musste sie trainiert werden und dafür kam sie näher an den weiten Himmel heran. Man lies sie jagen und rennen, lies sie heulen und austoben. Und dies war der Fehler der Vampire, den sie bis heute noch bereuen. Denn zu jener Zeit lernte die Fähe auf den Mond zu hören. Anstatt die Verwandlung zu bekämpfen, lies sie die Veränderung zu, ja tat es sogar freiwillig. Und der Mond schenkte ihr aus dank sein größtes Geschenk an unsere Rasse: Die Fähe verlor ihren Wahnsinn. Und während sie aufwuchs und trainierte, wurde ihr Fell reiner. Strahlend weiß soll es gewesen sein, als sie das erste Mal in den Kampf geschickt wurde. Sie kämpfte gegen einen riesigen Grizzly, so heißt es. Sie kämpfte und gewann mit List und Tücke. Und auch die späteren Kämpfe gewann sie… und so wurde sie von den Vampiren geehrt, geehrt als beste Kämpferin, auch wenn sie niemals die Freiheit erlangen sollte. Irgendwann zertrümmerte die Wölfin ihre Ketten und Fesseln, tötete ihre Herren und befreite die Wahnsinnigen aus ihren Käfigen. Sie befreite die Wölfe aus der Herrschaft der grausamen Vampire und lies sie auf die Welt hinabstürzen, wo sie meuchelten und metzelten, bis auch sie die Stimme des Mondes hörten, die Stimme der Fähe lauschten und den Wahnsinn verloren. Die Tollwut verlor ihre Macht über uns und so wurde aus dem dreckigen Wölfen unsere stolze Rasse der Werwölfe. Und obwohl wir niemals mehr den Stolz unserer Ahnen hatten, niemals Magie in unserem Blut hatten, so konnten wir von nun an unsere Gestalt wechseln, wann wir wollten. Wir konnten Mensch sein, oder auch Wolf. Auch konnten wir weder das eine, noch das andere sein. Wir waren frei. Doch die Menschen hassten uns wegen unseren Untaten und so mussten wir uns tief in den Wäldern verstecken. Dort wo niemals ein Mensch noch ein Vampir hingelangen sollte. Doch der Fortschritt der Menschen nahm weiter zu und sie zerstörten unsere Reviere, bis nur noch dieses übrig blieb. Da erst verstummte der Alpha und schwieg traurig. Das dunkle Fell hatte sich während der Erzählung immer wieder gesträubt, doch nun lag es dicht an. Er hatte die großen Ohren zurückgelegt und die Augen geschlossen. Traurig sah er aus, dieser imposante Wolf, welcher größer war als jeder, den John draußen gesehen hatte. Und warum bin ich jetzt hier?, hatte er gefragt. Der Blick des Werwolfes war auf ihn gefallen, als er begann zu erzählen. Vor vielen Jahren gab es eine junge Fähe, vielmehr noch ein Welpe als ein ausgewachsenes Tier. Wie alle Jungen fühlte es sich schlauer und mutiger als die Erwachsenen und so ging sie fort aus unserer Heimat. Als Mensch ging sie in die Stadt und als Mensch fand sie dort eine menschliche Freundin, deren Name Lisbeth war. Meine Mutter!, hatte John gehaucht. Der Alpha hatte nur genickt. Lisbeth erfuhr von der wahren Natur der jungen Fähe, doch anstatt sie zu verraten, wurde ihre Freundschaft inniger… Bis die Vampire auf ihre Spur kamen und sie weg mussten. Bevor sie gingen versprach Lisbeth ihrer Freundin jedoch etwas. Sie würde ihr folgen und wenn dies nicht möglich war, so sollte ihre Nachkommenschaft den Pfad der Werwölfe folgen. Dann verlies die Fähe Hilde ihre Freundin und kehrte zu uns zurück. John hatte sich entsetzt gesetzt und hatte den Werwolf sprachlos angestarrt. Dann war die Bestie, die meinen Unfall verursache hat, Hilde? Der Alpha hatte den Kopf geschüttelt. Nein. Hilde ist seit fast einem Jahrzehnt tot. Ihre Tochter ging jedoch vor einigen Tagen zu Lisbeth, um das alte Versprechen einzulösen, doch die alte Frau verwies sie auf ihren Sohn… dich. Und so sorgte Emily dafür, dass sie dich beißen konnte und brachte dich anschließend hier her. John hatte den Alpha weiterhin angesehen. Durch den Biss, hatte der Alpha weiter erzählt, bist du nun einer von uns. Ein Werwolf. Beide hatten sich danach still angestarrt, bis John sich umdrehte und flüchtete. Doch er landete nur mitten in der Masse der Werwölfe, die ihn erstaunt anstarrten. John hatte geschrieen. Geschrieen vor Entsetzten und vor Angst. Solange, bis Emily vor ihm stand und ihn wieder beruhigte. Es sei alles gut, hatte sie gesagt. Er bräuchte keine Angst haben. Die sanfte Stimme Emilys hatte ihn eingelullt und er war mit ihr gegangen. Und während die Tage verstrichen, hatte sie ihn gelehrt, ein Werwolf zu sein. Die ersten Verwandlungen waren schmerzhaft gewesen, doch als er das erste Mal als Wolf war, hat er eine Freude gespürt, die den Wölfen vorbehalten war. Er konnte verstehen, warum viele Ahnen lieber Wolf waren als Mensch und warum auch heute noch viele Werwölfe in ihren tierischen Gestalten blieb. Es gab keine Worte, mit denen man jenes Gefühl hätte beschreiben können. John fand sich im Paradies und glaubte, dass es nichts Schöneres gebe… bis Emily mit ihm rannte. Quer durch den Wald waren sie gehetzt. Seine Lungen brannten, seine Pfoten schmerzten und sein Herz pochte… doch das Gefühl des Rennens war unvergleichbar gewesen. Ein Mensch konnte dies niemals nachempfinden. Und Emily wusste John noch viele Freunden zu bereiten. Die erste gemeinsame Jagt war atemberaubend. Anfangs hatte sich John davor geekelt, Wild zu reißen und roh zu fressen… doch Emily jagte mit einer kleiner Gruppen die erste Beute, während John nur zusah und beobachtete, um zu lernen. Als die Gruppe einen großen Hirschen erlegt hatten, hielt es sich abseits. Als Rangniedrigstes Tier war er der letzte, der fressen durfte. Erst war er froh darüber gewesen, doch als der Duft des Fleisches und des Blutes in seine Nase stieg, als die anderen sich satt fraßen, da wollte er auch. Mehrmals versuchte er etwas zu ergattern, doch die anderen trieben ihn immer wieder zurück. Schmerzhaft waren die Bisse gewesen, die sie in seine Flanken setzten. Aber es floss kein Blut. Schließlich brachte Emily ihn ein Stück Fleisch und er stürzte sich auf es. Als das erste Stück Fleisch auf seiner Zunge lag, wusste er nicht, wie er sich davor hatte ekeln können. Er fragte sich, warum er es früher geliebt hatte zu grillen, wo es roh doch am besten schmeckte. So war er immer mehr zum Werwolf geworden und war bald ein gern gesehener Werwolf auf der Lichtung der Hoffnung Ein Jahr später begrüßte er dann seine Welpen, die er zusammen mit Emily gezeugt hatte. An sein früheres Leben dachte er da schon gar nicht mehr. Fast war es, als wäre er schon immer ein Werwolf gewesen… Ja… dies waren wirklich die glücklichsten Zeiten seines Lebens. Bis die Vampire kamen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)