Der lange Weg zu dir von Lunatrixa ================================================================================ Kapitel 4: ----------- Am nächsten Morgen wachte Oscar mit einem furchtbaren Kater auf. Sie konnte sich kaum noch an die Nacht erinnern. Noch immer trug sie ihr weißes Hemd und die braune Hose die nach Alkohol rochen. Genervt stand sie auf und trat auf den Balkon. Ihr Kopf tat höllisch weh, ein stechender Schmerz breitete sich aus. Langsam kamen die Erinnerungen an letzte Nacht wieder und sie wünschte sich, sie wären nie wieder gekommen. Sie konnte nicht vor ihnen fliehen. Etwas verschlafen setzte sie sich ans Klavier und spielte, es war der Beginn eines langen Walzers. Bald darauf klopfte es an Oscars Zimmertür, während des Klavier Spielens, ließ Oscar die Person mit einem knappen ‚ja’ eintreten. Ihre Schwester trat ein und setzte sich auf einen Sessel, als sie die Beine übereinander schlug, knisterten ihre Strümpfe. Besorgt, dass ihr Rock unanständig aussah, zupfte sie leicht am Saum, danach wandte sie sich Oscar zu. „Hast du es dir noch einmal überlegt?“ Lady Oscar spielte ohne Unterbrechung weiter und nickte mit ihrem Kopf. „Und wie hast du dich entschieden?“ „Sag mir erst wer der glückliche sein wird?“ fragte nun Oscar, und war schon ganz gespannt auf die Antwort ihrer Schwester. Innerlich hoffe sie, dass sie keinen Namen mit dem Anfangsbuchstaben ‚A’ aussprechen würde. „Er ist ein Graf, ich habe ihn in den letzten Wochen, nach dem Tod meines verstorbenen Gatten besser kennen gelernt.“ Oscar hörte ihr aufmerksam zu und spielte weiter. „Er war auf Reisen und hatte sich für längere Zeit an dem Ort wo ich lebe niedergelassen, du kennst ihn auch.“ Diese Worte ließen Oscar aufhorchen, sie kannte ihn? Noch bevor Oscar fragen konnte wer es war, gab Josephine ihr bereits eine Antwort auf ihre vorbereitete Frage. „Es ist Graf Girodel.“ „Girodel…“ Oscar lachte laut auf, die Augen hielt sie dabei geschlossen. Josephine sah sie mit ihren großen smaragdgrünen Augen an und schüttelte nur den Kopf. Als Oscar die Augen wieder öffnete war ihre Schwester nicht mehr da. „Josephine…?“ flüsterte Oscar leise vor sich her. Einige Minuten später kam Oscars Kindermädchen in ihr Zimmer und erkundigte sich nach Andrè. Da Sophie mehr als genug Stress hatte an diesem Morgen, bat sie Oscar darum nach Andrè zusehen. Während schon fast das ganze Haus auf den Beinen war, hatte Andrè an diesem Morgen eindeutig verschlafen. Noch immer lag er im Bett und schlief tief und fest. Er hatte sich ein Tuch vor dem schlafen gehen um seine prallen Hüften gelegt. Diese Sommertage waren ihm einfach zu heiß und er konnte nachts wegen der Hitze kaum noch schlafen. Er schlief ruhig. Keine Träume störten seinen Schlaf. Sein Gesicht zeichnete ein glückliches und entspanntes Lächeln. Oscar stand vor seiner Tür und hatte nicht den Mut in sein Zimmer zugehen, Sophie hatte sie darum gebeten nachzusehen wo Andrè steckt. Doch da rein, konnte sie auf keinen Fall gehen, was wenn Andrè gerade duscht oder unbekleidet war? Sie wollte es auf keinen Fall riskieren, noch einmal in sein Zimmer zu platzen, wenn er nackt war. Entschlossen entschied sie sich dafür anzuklopfen, und wenn keine Antwort von Innen kommen würde, würde sie einfach hinein gehen. Wie Oscar gedacht hatte, kam keine Antwort und sie trat ein, die Tür ließ sie hinter sich ins Schloss fallen. Ihre Augen wanderten durch sein Zimmer, es war so still das man eine Stecknadel hätte fallen lassen können und man hätte sie auf dem Boden aufschlagen gehört. Oscar näherte sich behutsam Andrès Bett, sie wollte sich versichern das er wirklich nicht da war, umso mehr war sie überrascht als sie ihn tief und fest schlafend in seinem Bett vorfand. Oscar musste leicht schmunzeln. Gerade als sie ihn mit etwas lauter Stimme wecken wollte und schon den Mund geöffnet hatte, drehte er sich in ihre Richtung um. Das weiße Lacken das seinen Oberkörper bedeckte rutschte ihm hinunter bis zur Taille. Oscars Wangen röteten sich und sie sah ihn verlegen an. Andrè erwachte aus seinem Schlaf und sah sich mit müden Augen um, Oscar drehte sich rasch um und starrte auf den Fußboden. „Oscar…“ Ihm kam es fast so vor als würde er träumen, er erwachte aus seinem Schlaf und Oscar war bei ihm. Er sprach ihren Namen so sanft und leidenschaftlich aus, so dass seine Stimme in Oscar ein Kribbeln auslöste. Andrè streckte und reckte sich bevor er aufstand. Erst als er stand, bemerkte er, dass er nur ein Tuch um seine Hüfte hatte. Bevor sich Oscar wieder umdrehte war er schon im Bad verschwunden, Oscar konnte von draußen Wasser hören das ununterbrochen lief, er schien zu duschen. -Vielleicht sollte ich ihm nun sagen was ich für ihn empfinde, das wäre eine gute Gelegenheit- dachte sich Oscar. –Aber was ist wenn er meine Liebe nicht erwidert? Ach Andrè… wieso tust du mir das an, nicht einmal Graf von Fersen habe ich so sehr geliebt wie dich…- Sie wurde spontan aus ihren Gedanken gerissen, sie vernahm Schritte hinter sich. „Oscar mein Kind, was tust du denn hier?“ „Sophie…. ich wollte…“ „Nichts da Kindchen, raus hier, das ist nichts für eine junge Lady!“ Sophie wollte Oscar gerade zur Tür hinaus schieben als Andrè angekleidet aus dem Bad kam. Sophie ließ von Oscar ab und wandte sich ihrem Enkel zu. „Andrè!“ ihre Stimmte bebte, so das Andrè heftig zusammen zuckte. „Was hast du dir dabei nur gedacht, es ist beinahe Mittagszeit und du schläfst den ganzen Vormittag! Seit Stunden solltest du deine Arbeiten verrichten…. was ist nur mit dir….“ Die Worte der alten Dame verstummten in Andrès Ohren, er sah in dem Moment nur Oscar, die angelehnt am Türrahmen stand und ihn ansah, wie sie ihn bisher noch nie angesehen hatte. Ihre blauen Augen waren so wunderschön und als sie ihn anlächelte, glänzten sie sogar richtig. „…hörst du mir überhaupt zu??“ Die alte Dame verpasste Andrè mit ihrer rechten Hand einen leichten Schlag auf den Hinterkopf. „Glaub ja nicht, dass du weiterhin faul herum liegen kannst! Komm mein Kind, lass uns hinunter gehen.“ Sie nahm Oscar am Arm und zerrte sie aus Andrès Zimmer. Andrè dachte noch lange über Oscars Blick nach, denn sie ihm zugeworfen hatte, bevor er endlich hinunter in die Küche ging. „Großmutter? Großmutter, wo bist du? Zuerst macht sie so ein Theater und dann ist sie nicht da.“ Dachte er laut, er bemerkte nicht, dass ihm Oscar dabei zugehört hatte. „Andrè… deine Großmutter ist…“ Weiter konnte sie nicht mehr sprechen, denn Andrè viel ihr ins Wort. „Oscar, ich muss schnell weg, richte meiner Großmutter aus das ich gegen den frühen Nachmittag wieder komme.“ „WASS??“ Oscar sah ihn entsetzt an „Aber Sophie hat doch gesagt, dass du deine Arbeiten erledigen musst, du kannst doch nicht einfach…“ Sie konnte ihren Satz nicht mehr zu Ende bringen, Andrè war bereits auf und davon, sie sah aus dem Fenster und beobachtete ihn dabei wie er in Richtung Paris ritt. „Wenn das mal keinen Ärger gibt…“ seufzte Oscar vor sich her. Sie ging in das Zimmer das ihr Lieblingsplatz war, das Zimmer mit dem Kamin. Das Kamin war zu dieser Jahreszeit zwar aus, denn es wäre viel zu heiß gewesen es jetzt anzumachen, doch hierher zog es sie, wenn sie über Dinge nachdenken musste, und das tat sie auch. Wenn sie ihm doch nur ihre Liebe gestehen könnte. Sie hatte doch nur Angst davor, dass ihre Liebe nicht erwidert wird. Aber wenn sie es ihm nie sagen würde dann würde sie ihn ewig lieben und sie müsste täglich den Schmerz der Liebe ertragen. Und wenn er sie nicht erwidern würde, dann würde sie ihn einfach vergessen, wie sie es damals bei Fersen getan hatte. Doch sie stellte sich das sehr schmerzhaft vor, denn sie liebte Andrè weit mehr als Graf von Fersen. Zum ersten Mal seit sie Andrè liebte wurde ihr auch klar, dass Andrè kein adliger war, er war ein Bürgerlicher und so eine Verbindung wäre ohnehin unmöglich. –Andrè… ich will dich nicht vergessen, doch es gibt nur diesen einen Weg. Ich muss dich vergessen, weil ich eine Adlige bin und du ein Bürgerlicher, weil unser Standesunterschied zu verschieden ist…- Sie brach in Tränen aus, als der erste Tränenschub vorbei war fühlte sie sich etwas besser und es war als hätte sie sich all den Schmerz den sie in dem Moment empfand von der Seele geweint. Mühsam wischte sie sich die Tränen von den Wangen, danach stand sie entschlossen auf und marschierte direkt ins Arbeitszimmer ihres Vaters. Der General hatte den Kopf auf seiner linken Hand aufgestützt und schlief leise schnarchend. Lady Oscar hätte ihn nur all zu gerne schlafen lassen, doch sie musste dringend mit ihm sprechen. Sanft stupste sie ihn an, doch er regte sich nicht. Ein zweites Mal stupste sie ihn an, er zeigte noch immer keine Reaktion. Oscar seufzte laut. „Vater, wach doch auf!“ Nun schüttelte sie ihn mehrmals etwas unsanft durch, bis er endlich aus seinem Schlaf erwachte. Er rieb sich rasch die Augen, man konnte ihm ansehen, dass es ihm äußerst unangenehm war so von seiner Tochter vorgefunden zu werden. „Was gibt es denn Oscar?“ Als General de Jarjayes kurz darauf laut gähnte, traten ihm für kurze Zeit Tränen in die Augen, die durch das Gähnen entstanden waren. „Ich möchte für längere Zeit weg von hier.“ Erklärte seine Tochter. „Wozu Oscar?“ Etwas ratlos stand sie da und wusste zuerst keine Antwort auf seine Frage, die ziemlich gut von ihm ausgedacht war. „Ich möchte einmal eine andere Gegend kennen lernen und andere Länder. Ich war bisher noch nie weit fort von hier, und mir würde das sicherlich gut tun.“ Der General gähnte erneut und zog die Augenbrauen hoch. „Wie hast du dir das denn vorgestellt? Du kannst doch nicht einfach so auf eine Reise gehen! Du hast Pflichten als Kommandant der Königlichen Garde zu erfüllen.“ „Pflichten! Pflichten! Immer nur diese Pflichten… wer denkt dabei an mich?“ Oscar setzte sich mit verschränkten Armen wütend auf einen Stuhl und verzog ihre Miene wie drei Tage Regenwetter. „Du bist erwachsen und kein Kind mehr, ich kann dir so etwas nicht verbieten, aber falls es Ärger geben sollte und sich die Königin über dein Fernbleiben beschwert, dann ist es nicht nur deine Sache, sondern auch die meine. Und diese Sache wird dann Konsequenzen haben!“ Später als Oscar durch den Garten ging, dachte sie über das Gespräch mit ihrem Vater nach. Er war durchaus nicht erfreut über ihre plötzliche Reise. Und er hatte Recht, was die Königin betrifft. Doch ihr Vater wusste auch nicht, das sie einen Mann vergessen musste in den sie sich unsterblich verliebt hatte. Sie lief auf einen Rosenbusch zu, der wunderschöne rote Rosen trug, sie wollte eine davon abbrechen, doch sie tat sich schwer damit und eine Dorne stach sie in den Finger. „Aua..“ „Man sagt, dass jemand an dich denkt, wenn du von einem Dorn gestochen wirst.“ Oscar schreckte zusammen und drehte sich um. Ihre Schwester stand vor ihr und lächelte sie an. „Vater hat gesagt du willst weg gehen?“ Oscar ging nicht auf die Frage ihrer Schwester ein. „Ist das wahr?“ Oscar wollte, dass mit dem Dorn nun genauer wissen. „Was ist wahr?“ „Das mit dem Dorn?“ Josephine war sehr verwundert darüber das Oscar das so genau wissen wollte. „Das sagt man so, ob an der Sache aber wirklich was dran ist, weiß ich nicht.“ Kaum hatte ihre Schwester diesen Satz ausgesprochen machte Oscar rechtsumkehrt und verschwand mit der Rose aus Josephines Blickfeld. Sie rannte und rannte bis sie einige Meter vor dem Stall stand in dem sich ihr weißer Schimmel befand. Es dauerte nicht lange und sie entdeckte Andrè, der sein Pferd zurück in den Stall führte, er war also wieder zurück. Oscar blieb stehen und senkte ihren Blick, sie betrachtete die rote Rose. –Hast du vielleicht an mich gedacht Andrè? Nein! Das ist doch alles nur Schwachsinn, nichts weiter als ein Gerede….- Unachtsam warf sie die Rose auf den Boden und stampfte mit ihren schwarzen Reitstiefel darauf herum. Ohne das sie es bemerkte, näherte sich Andrè ihr. „Für wer war denn die Rose?“ Oscar schaute traurig auf. Andrè lächelte sie so sanft an, ja beinahe zärtlich. Lange sahen die beiden sich an, Andrès Augen sahen sie anders an als sonst. Sie strahlten etwas aus, das auf sie beruhigen wirkte. Sie versank regelrecht in seinen Augen und konnte ihren Blick nicht mehr von ihm abwenden. Ein stechender Schmerz durchbohrte ihr Herz, es tat so weh so nahe bei ihm zu sein, aber ihn nicht berühren zu dürfen. Zu gerne hätte sie ihn jetzt berührte, sie wollte von ihm festgehalten werden. „Oscar…“ Er sprach ihren Namen noch leidenschaftlicher aus als beim letzten Mal. Mit zitternder Stimme gab sie ihm ein leises ‚ja’ zur Antwort. „Komm, ich möchte dir etwas zeigen.“ Oscar erwachte allmählich aus ihrem Tagtraum und war wieder im Begriff klar zu denken. Andrè hatte längst bemerkt, dass mit ihr etwas nicht stimmte und wollte an einem ruhigen Ort mit ihr sprechen. Oscars Blick wanderte noch einmal zur kaputten Rose auf dem Boden, danach ging sie mit Andrè mit. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)