Der lange Weg zu dir von Lunatrixa ================================================================================ Kapitel 10: ------------ 10. Kapitel In Paris war heute ein warmer Frühlingstag angebrochen, gerade zu perfekt um einen Ausritt zumachen, dachte sich André. Er sattelte sein Pferd und ritt der aufgehenden Sonne entgegen, eine frische Morgenbrise wehte ihm ins Gesicht. André fühlte sich seit langem wieder glücklich. Der braune Hengst schien an diesem Tag etwas unruhig zu sein, André hatte große Mühe ihn ruhig zuhalten. Plötzlich blieb er ruckartig stehen und spitzte die Ohren, er schien etwas entdeckt zuhaben. Sein Blick schweifte herum, er schnaubte einmal, senkte den Kopf und scharrte auf dem Boden. „Was ist den mein guter?“ Flüsterte ihm André beruhigend zu. Ein Fuchs stand nun plötzlich auf einem Hügel, nicht weit entfernt von ihnen. Nun wurde der braune Hengst immer unruhiger, der Fuchs schien ihm Angst zumachen. Einige Sekunden später spitzte der Fuchs auf einmal seine Ohren, er schien etwas aus weiter Ferne wahr zunehmen, auch André konnte es nun hören, es war das Geräusch von Pferdehufen die immer näher kamen. „André mein Junge!“ André traute seinen Ohren nicht als er diese tiefe Stimme vernahm, er beobachtete, wie der Fuchs sich nun blitzartig aus dem Staub machte. Er war es wirklich, Oscars Vater stand auf seinem Hengst vor ihm, man sah ihm nicht an das er seine Tochter vor Monaten in gewissermaßen verloren hatte. Sein Gesicht war gekennzeichnet mit einem Lächeln. „Hier in Paris erzählt man sich ja einiges über dich, wieso hast du den nicht gesagt das deine Farm einfach ausgezeichnet läuft?“ André war überrascht das der General sich um sein Wohl sorgte. „Ich…?“ Der junge Mann wollte gerade ein paar Worte sagen als ihm der General unhöflich dazwischen sprach. „Nicht so bescheiden André, hier in der Umgebung erzählt man sich sowas auf der Strasse. Aber mal von dem abgesehen, ich habe dich ja lange Zeit nicht gesehen, wie geht es dir?“ Der Junge stand starr da. „Verzeiht General, aber ich muss jetzt weg!“ Wie der Wind ritt André davon. Keine Sekunde länger konnte er es ertragen General de Jarjayes zusehen, auch er erinnerte ihn an seine Oscar. André blieb jedoch stehen als er einen Boten von General de Jarjayes kommen sah. Er ritt in höchster Eile daher und schien es nicht abwarten zu können endlich bei seinem Herrn zu sein um ihm Bericht zu erstatten. „General de Jarjayes, ich habe eine wichtige Botschaft für sie!“ schrie der Bote dem General bereits Meter weit entfernt entgegen. Rasch versteckte sich André samt Pferd hinter ein paar Büschen und fing an zu lauschen was die beiden Männer zu besprechen hatten. „Frédérik, was führt euch zu mir?“ „Ein Bote des Grafen Hans Axel von Fersen hatte so eben euer Anwesen aufgesucht und nach euch verlangt. Er bestand darauf das ich euch sofort Bericht erstatte!“ Frédérik rang kurz nach Luft und sprach dann aufgeregt weiter. „Der Graf lässt euch ausrichten, dass eure Tochter Oscar sich bei ihm aufhält, angeblich ist sie zusammengebrochen.“ Auf dem Gesicht des Generals lag ein Ausdruck der Freude, aber auch Wut war zu erkennen. Er war wütend darüber wie sich seine Tochter verhielt, sie entzog sich einfach ihren Pflichten wie es ihr gerade passte. André konnte von da an kein Wort mehr verstehen, da der Bote zu leise sprach und auch General de Jarjayes war ruhiger geworden. Es kümmerte ihn jedoch kein bisschen mehr, viel mehr war er damit beschäftigt, sich zufragen was Oscar bei Fersen wollte. Der General hatte ohne es zu wissen André den Tag gehörig verdorben. André war verwirrt, da begegnet ihm General de Jarjayes und dann erfährt er aus heiterem Himmel auch noch das Oscar sich bei Fersen aufhält, das alles war eindeutig zu viel für ihn, der Tag hatte doch so gut angefangen. Wutentbrannt ritt er nach Hause, auf seinem Gesicht kennzeichneten sich deutliche Spuren des Schmerzes. Kurz blieb er vor dem Kieselweg der zu seiner Farm führte stehen und betrachtete sie von links nach rechts noch einmal genaustens, dabei fragte er sich wieso er das eigentlich alles gebaut hatte. Wütend und voller Hast stürmte er ins Haus, er polterte von Zimmer zu Zimmer, fluchte und warf krachend Möbel um. Laut brüllte er dabei Fersens Namen. Seine knarrenden Schritte erreichten die Küche, seine Hände ballten sich krampfhaft zu Fäusten, und sein Herz trommelte wild. Ruckartig riss er die Kellertür auf, krachend knallte sie gegen die Wand. Er streckte die Hand aus und zog an einer Lichtschnur, die Glühbirne ging an und tauchte das tiefe schwarz des Kellers in helles Licht. Seine Schritte gingen geradewegs an den Regalen mit den Fäsern vorbei, auf die hinterste Ecke des Kellers zu. Dort griff er nach seinem Degen, er musste an irgendetwas die Wut die er innerlich empfand loswerden, er hielt dem Druck nicht mehr stand. Doch als er den Degen in seinen Händen hielt, viel er schluchzend auf die Knie. Eine Träne der Verzweiflung rann über sein Gesicht und tropfte auf den harten Steinboden. André wusste nur all zu gut, dass Oscar für Fersen etwas empfand, war sie deswegen zu ihm gegangen? Dabei dachte er, dass sie ihn vergessen hatte, als sie sich damals in ein Kleid geschmissen hatte und mit ihm tanzte. An diesem Morgen brach für André eine Welt zusammen. Traurig wurde ihm bewusst, dass all das was er erbaut hatte, umsonst war. Andrè sprang mit einem Satz auf, nahm Oscars Hand und lief mit ihr ein ganzes Stück der Waldlichtung entlang. Überrascht fragte sich Oscar was er vor hatte, er hielt den ganzen Weg über ihre Hand. Es war so, als hätte er Angst sie in der Dunkelheit zu verlieren. Andrè führte sie auf einen kleinen Hügel mit Blick aufs Meer. Der Mond stand am Himmel und leuchtete wie Silber, und sein Licht versilberte alles um sie herum. Es war eine wunderschöne Vollmondnacht. Oscar stockte kurz, sie hatte ein Grab entdeckt das einige Meter von ihnen entfernt war, sie deutete mit ihrem Zeigefinger auf das Grab. Andrè nickte. Oscar bemerkte wie sein Händedruck langsam nachgab, bis er schließlich die ganze Hand von ihr los ließ. Sie nahm allen Mut zusammen und ging auf ihn zu, legte sanft ihren Arm auf seine rechte Schulter und wollte etwas sagen, aber sie konnte nicht. Ihre Gefühle spielten verrückt, ihr ganzer Körper zitterte und drohte zu explodieren als sie sah was für ein Name auf dem Grab stand, es war Andrés Name. Ganz langsam legte sie auch die zweite Hand auf seine Schulter, ein entsetzlicher Schauer lief ihr den Rücken hinunter als sie noch einmal genauer auf den Grabstein blickte. War dieser Stein eine Vorahnung für etwas das bald geschehen würde? Ein leichter Wind zog auf und spielte mit ihrem Haar. Es herrschte Stille, es schien so, als würde jeder der beiden darauf warten bis der andere etwas sagte. Still und leise fragte sie sich, wieso sie noch da stand, wieso ist sie nicht einfach davon gelaufen? Wieso tat sie sich diesen Schmerz bloß an? Oscar kam es so vor als herrschte diese Stille für eine ganze Ewigkeit. Noch einmal sah sie zu Andrè hinüber, der jetzt mit dem Rücken zu ihr stand und in den Himmel hinauf starrte. Langsam schien er sich in Luft aufzulösen. Oscar wandte ihren Blick von ihm ab nachdem er vollkommen verschwunden war, danach ging sie still und leise. All den Schmerz den sie nun empfand musste raus, während sie weinend, in der Finsternis über die Felder rannte, viel sie plötzlich in ein tiefes schwarzes Loch. Oscar schreckte auf und fand sich auf einem harten hölzernen Fußboden wieder. Sie versuchte, sich zu orientieren, konnte es aber nicht. Ihr Gefühl sagte ihr, das es wohl früher Nachmittag sein musste. Licht sickerte durch die geschlossenen Vorhänge, im Zimmer stank es muffig nach alten Socken und lange nicht gewechselter Bettwäsche, in diesem Gasthof schien Sauberkeit ein Fremdwort zu sein. Sie spürte ein grauenhaftes Schluchzen in ihrem Hals, ganz tief in sich. Völlig verschwitzt und kraftlos versuchte sie sich aufzurichten. Sie war vollkommen nackt. Kurz darauf strauchelte sie, stürzte zu Boden und rappelte sich erneut hoch. Dann schwankte sie zu den Vorhängen um sie zu öffnen. Sie sah auf die Kirchenuhr, die draußen nicht weit entfernt zu sehen war, ihr Gefühl hatte sie nicht getäuscht, es war kurz nach halb zwei Nachmittags. Sie lief langsam zurück zum Bett und wickelte sich zitternd in der Decke ein. Langsam erinnerte sie sich wieder daran wo sie war. Sie hatte am Vorabend einen Gasthof aufgesucht um zu übernachten. Sie fühlte sich furchtbar elend und konnte noch immer den Traum nicht aus ihrem Kopf verbannen der sie diese Nacht plagte. Sie seufzte. Langsam erinnerte sie sich immer mehr an den letzten Abend, sie hatte sich mit einigen Männern aus der Gegend voll laufen lassen um den Schmerz den sie tief in sich spürte zu vergessen. Der Weg zu ihm schien ihr noch so unendlich lange. Noch einmal seufzte sie schwer und strich sich mit einer Hand eine Haarsträhne hinter das rechte Ohr. Es war höchste Zeit aufzubrechen, also zog sich Oscar an, nackt konnte sie ja unmöglich dieses Zimmer verlassen. Oscar befand sich kurz vor Belgien sie hatte gerade mal knapp die Hälfte des langen Weges hinter sich. Wieder einmal ließ die junge Dame das Frühstück aus um rasch voran zukommen, doch ihr Magen meldete sich schon nach kurzer Zeit zu Wort. Sie wusste, dass es ungesund war was sie tat, aber sie hatte nicht wirklich Appetit. Sie fühlte, dass sie von Tag zu Tag schwächer wurde, doch der Gedanke an André gab ihr immer wieder Kraft weiter zu gehen. Ihre Gedanken kreisten sich ganz alleine um André und was er wohl gerade machte. Er war jetzt bestimmt in den Stallungen und pflegte die Pferde, so wie immer. Sie ahnte nicht das es längst nicht mehr so war, das ihr Freund aus Kindertagen längst aus dem Hause der Jarjayes ausgezogen war. Ahnungslos ging sie weiter ihren Weg. Der Weg führte sie vorbei an bunten Feldern, mit den verschiedensten Arten von Blumen, die einen angenehmen Duft hatten. Vorbei an kleinen Bäumen und Flüssen in denen munter Forellen herum schwammen. An einer kleinen, lustig sprudelten Quelle machte sie kurz halt, um ihr Gesicht ein wenig zu kühlen, Oscar spürte, den Wind auf ihrem Gesicht. Sie fühlte sich so frei wie schon lange nicht mehr, den Wind in ihrem Gesicht zu fühlen einfach wieder einmal frei zu sein, ohne Verpflichtungen, ohne Verantwortung. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)