Dämonenherz von BluejayPrime ================================================================================ Kapitel 2: Der Kuss eines (Halb-)dämons --------------------------------------- Tokyo glich einer gigantischen Schuttwüste. Die meisten, die Narakus ersten Angriff überlebt hatten, waren von seinen etlichen neuen Abkömmlingen vernichtet worden oder geflohen. Überall schwirrten Saimyosho und Dämonen herum, und die düstere Aura, die über der ganzen Stadt lag, war so stark, dass es Sesshomaru nicht möglich war, ihren Ursprung zu orten. Im Übrigen roch es überall nach Blut und Staub, sodass Narakus Geruch nahezu vollständig überdeckt wurde. Sesshomaru hatte sich auf einen langen Kampf eingestellt. Er war in einer Ruine, die wohl mal eine Schule gewesen war, in Deckung gegangen und überlegte sich, wie er Naraku aus seinem Versteck locken sollte. Das Problem würde sich wohl langfristig von selbst lösen – Naraku würde sich das Vergnügen wohl nicht nehmen lassen, den mächtigen Herrn der Westernen Länder selbst zu töten. Es war dunkel, und es war Vollmond. Kagome kuschelte sich dichter in ihren Umhang. Kirara maunzte leise und legte ihren Schwanz um sie, um sie warm zu halten. Irgendwo in der Nähe jaulte ein Wolf. Ein Wolf... Ein plötzlicher Schauder durchfuhr sie, als sie daran dachte, wie Rin zu Sesshomaru gekommen war. Sie hatte nur ihren Bogen, um sich zur Wehr zu setzen... Rasch stand sie auf und sammelte mehr Feuerholz, doch bevor sie zum Feuer zurückkehren konnte, richtete sich zwischen ihr und Kirara ein dunkler Schatten auf. Ein riesiger Wolf knurrte sie mit gefletschten Zähnen an. Erschrocken wich Kagome zurück. Der Wolf setzte zum Sprung an, doch bevor er sich auf sie stürzen konnte, wurde er am Nackenfell gepackt. „Hohes Feuer in der Wildnis ist ganz schön unvorsichtig, bringt der Köter dir das nicht bei?“ Koga half ihr auf. „Was machst du hier ganz allein?“ Kagome klapperten die Zähne. „Ich bin auf der Suche nach dir...“ „Für dich tu’ ich doch alles, Kagome!“ Inu Yasha knurrte. „Dann brich das Siegel!“ Koga warf ihm einen eisigen Blick zu und fuhr damit fort, Kagomes Hand zu streicheln. „Koga, bitte.“ Kagome schenkte ihm ihr süßestes Lächeln. Sofort machte sich Koga auf den Weg zum Brunnen. „Ich will mitkommen!“ „Nichts da! Du bist viel zu klein!“ „Aber Shippo darf auch.“, murmelte Rin, „Und ich will zu Sesshomaru-sama!“ Kagome seufzte. „Kannst du mit einer Waffe umgehen?“ Rin schüttelte den Kopf. „Aber wehren kann ich mich trotzdem!“ „Meinetwegen, aber du bleibst immer in Inu Yashas Nähe, damit er auf dich aufpassen kann!“ Sango trat etwas näher zu Inu Yasha. „Sesshomaru hat Tenseiga zurückgelassen, weil er es im Kampf nicht brauchen kann.“, sagte sie leise, „Du kannst es doch führen, denke ich...? Würdest du mir einen Gefallen tun?“ „Ich glaub’ nicht, dass das geklappt hat...“, sagte eine Stimme, die er nicht kannte. „Doch, er atmet.“ Jemand umarmte ihn stürmisch. „Kohaku?“ Blinzelnd öffnete der Junge die Augen. „Schwester...?“ Ein Geräusch hinter ihm ließ Sesshomaru herumwirbeln. Ein kleiner Junge von etwa sechs Jahren starrte ihn aus großen Augen an. „Inu... Yasha...?“ Er hockte sich vor ihn. „Mein Name ist Sesshomaru. Inu Yasha ist mein Bruder. Woher kennst du ihn?“ „Er... ist doch immer zu uns gekommen...“, murmelte der Junge, „Um Kagome zu holen...“ „Deine Schwester?“ Der Kleine schniefte und nickte. Sesshomaru seufzte. Die Anwesenheit des Kleinen würde alles umso komplizierter machen. Obwohl er nur ein Mensch war. „Sesshomaru, du vergisst deine Deckung...“, sagte eine ihm wohlbekannte Stimme von hinter der Mauer. Eine Explosion zerriss die Luft und Sesshomaru war gerade noch in der Lage, sich über den schreienden Jungen zu werfen, bevor es seine ungeschützte Seite zerfetzte. „Koga!“ „Geschafft...“, murmelte der Wolfsdämon, bevor er bewusstlos in Kagomes Armen zusammensank. Sie ließ ihn behutsam zu Boden gleiten und machte sich auf den Weg, um ihren Bogen zu holen. Souta blinzelte. Überall hing Staub in der Luft, und sogar für eine menschliche Nase war der in der Luft hängende schwere kupferne Geruch frischen Blutes erkennbar. Etwas feuchtes verklebte seine linke Hand, und er stellte fest, dass der junge Mann, der offensichtlich ebenso wie Inu Yasha ein Dämon war, ihn zu Boden gedrückt hatte, um ihn vor herabfallenden Gebäudetrümmern zu schützen. „Hey...?“ Er reagierte nicht. Mit Mühe krabbelte Souta unter ihm hervor. Das Ding, was sie angegriffen hatte, ging offenbar davon aus, dass sie beide nicht mehr am Leben waren. Mit noch sehr viel mehr Mühe ignorierte er jeden Gedanken daran, was das Ding wohl mit seiner Mutter und mit Opa anstellen würde, wenn es sie fand, falls sie denn noch am Leben waren, und drehte seinen Retter vorsichtig auf den Rücken. Er war bewusstlos, oder, was in Anbetracht seiner Verletzungen, die er davongetragen hatte, sehr viel wahrscheinlicher war, tot. Nein, er atmete noch. „Hey! Hey, wachen Sie auf!“, murmelte der Junge. Sein Retter tat ihm den Gefallen nicht, doch um ihn mit in ihr Versteck zu nehmen, war er zu schwer, da er ihn würde tragen müssen. Also musste er vorher aufwachen. „Oyakata-sama, wachen Sie auf...“ „Souta!“ „Nee-chan...?“ Kagome umarmte ihn. „Meine Güte, du lebst!“, wisperte sie, „Geht es Mutter gut?“ Inu Yasha ließ sich neben seinem reglosen Bruder nieder und schloss die Augen. Unwillkürlich strichen seine Finger über die Hand des Älteren. „Wehe, du stirbst.“, sagte er leise. Kagome setzte sich neben ihn und wechselte den Verband an Sesshomarus Verletzungen. „Er schafft das schon. Er ist ein Youkai.“, sagte sie. Inu Yasha lächelte schwach. „Na klar.“ Kagome stellte fest, dass er sich offenbar tatsächlich Sorgen um seinen Bruder machte. Sie seufzte und legte kurzerhand ihren Kopf an seine Schulter. „Das... mit deiner Mutter tut mir leid...“, sagte Inu Yasha leise. Kagome hatte sich nach draußen vor die Kellertreppe gesetzt. Es war, trotz der Zerstörung, die ringsum herrschte, eine recht friedliche Nacht. Der Vollmond schien am Himmel und es war angenehm warm, doch Kagome fand keine Ruhe. Es dauerte eine Weile, bis sie ein ersticktes „Schon gut“ murmelte. Inu Yasha setzte sich neben sie. „Nein.“, sagte er leise, „Nicht schon gut.“ Behutsam legte er die Arme um sie. Kagome spürte, wie sie zu zittern begann – allerdings nicht nur vor Trauer, sondern auch, weil sie sich nicht erinnern konnte, Inu Yasha jemals so nahe gewesen zu sein. Er nahm ihre Hand. „Ich weiß, wie sich das anfühlt, ja?“, sagte er leise, „Das ist nicht ‚schon gut’.“ Seine Finger waren sehr viel sanfter, als sie ihn sonst in Erinnerung hatte. Mit einem leisen Aufschluchzen ließ Kagome sich in seine Arme sinken. Anschließend wusste sie nicht, wie lange sie geweint hatte, doch sie wusste mit Sicherheit, dass sie immer noch in Inu Yashas Armen lag. Inu Yashas Hand wanderte über ihre Wange und ihre Schulter. „Ist gut.“, sagte er leise, „Es ist besser, wenn du jetzt weinst, als wenn du es gar nicht tust. Dann kann es heilen...“ Zitternd drückte sich das Mädchen an ihn. „Inu Yasha...“, sagte sie leise, „Deine Mutter... erzählst du mir von ihr?“ Verwirrt sah ihr Gegenüber sie an. „Was?“ „Erzähl mir von deiner Mutter.“, sagte sie leise. Inu Yasha seufzte. „Ich... erinnere mich nicht sehr gut an sie... es ist lange her, seit sie gestorben ist, aber... sie hat mich immer beschützt. Ich meine, die anderen... konnten mich ja nicht leiden, weil ich...“ Er sah zur Seite. „Weil ich ja ein Halbdämon bin... und sie war... immer sanft und gutmütig, dabei hat sie wegen mir soviel mitgemacht...“ Seine Augen schimmerten verdächtig, doch er riss sich zusammen. Kagome strich ihm über die Wange, und, ganz ohne dass sie darüber nachdachten, berührten sich ihre Lippen. Als Inu Yasha sie sanft und zärtlich nach hinten auf den Boden drückte, wehrte sie sich nicht dagegen. „Inu Yasha? Kagome-chan?“ Miroku spähte aus der halb vom Schutt bedeckten Tür, doch er brauchte aufgrund einiger Erfahrungen nicht viel mehr als Inu Yashas Oberteil auf dem Boden zu sehen, um zu wissen, dass er sich da lieber heraushielt. „Was machen die zwei da so lange draußen?“, knurrte Sango, „Wir sollten nicht so viel draußen herumlaufen, das ist gefährlich, wenn Naraku sie findet...“ Miroku kam zurück. „Ich, ähm, glaube nicht, dass wir sie jetzt stören sollten.“ Sango hielt Kohaku die Ohren zu. „Was?!“ „Lass sie doch...“ Mit dem üblichen Lächeln ließ Miroku sich dicht neben sie sinken, doch diesmal hielt sie seine Hand fest, bevor er zum Zuge kommen konnte. „Nichts da!“ Miroku seufzte, doch diesmal zog er seine Hand bereitwillig zurück. Das vereinsamte Metronetz von Tokio war zu Narakus Brutstätte geworden. Hier züchtete er seine Abkömmlinge und bereitete seine Angriffe vor. Nun jedoch wurde die sonst tödliche Stille durch das Geräusch leiser Schritte gestört. „Was willst du hier?“ Die zierliche Person legte mit erstaunlicher Schnelligkeit einen Pfeil an die Sehne ihres Bogens. „Ruf deine Schergen zurück, Naraku, ich bin hier, um dir ein Geschäft vorzuschlagen.“ „Sprich!“ „Ich werde dir helfen, Inu Yashas Freunde aus dm Weg zu räumen.“, fuhr die untote Miko fort, „Nur Inu Yasha selbst darf nichts geschehen. Ich will ihm selbst die Kehle durchschneiden.“ Naraku grinste leicht und zeigte dabei zwei Reihen makelloser weißer spitzer Zähne. „Einverstanden, Miko.“ „Ich liebe dich.“, murmelte Kagome und strich Inu Yasha durch das lange, silberweiße Haar. „Ich weiß.“, antwortete ihr Freund, „Ich dich auch...“ Mit der anderen Hand fuhr Kagome die Linie des Rosenkranzes nach, den Inu Yasha immer noch trug. „Kannst du mir das Ding nicht abnehmen?“, murmelte er. „Vielleicht.“, sagte Kagome mit einem schwachen Lächeln, „Auf jeden Fall sollten wir zurückgehen. Die anderen werden sich Sorgen machen.“ „Laut Inu Yashas Nase versteckt sich Naraku hier, in einem Chemiewerk am Rande der Stadt.“, sagte Kagome und zeigte die Stelle auf den Überresten eines Stadtplanes, den sie gefunden hatte, „Ich weiß, dass das Werk früher noch in Betrieb war, und deshalb müssen wir ganz besonders vorsichtig sein. Vermutlich befinden sich da noch fässerweise gefährliche Chemikalien, die er gegen uns einsetzen kann, aber an sich stehen unsere Chancen gar nicht mal so schlecht. Wir sind fünf Menschen, zwei Halbdämonen und als Dämonen haben wir Koga und seine Wölfe, das macht fünfzehn Dämonen...“ „Sechzehn.“, sagte eine schwache Stimme von hinten, und entgegen all ihrer Erwartungen ließ sich Sesshomaru zu ihnen sinken und wandte sich Koga zu: „Wenn der Herr der Wölfe es mir gestattet, wäre ich gerne wieder bereit, meinen Teil an Eurer Seite zu leisten.“ Koga grinste. „Immer wieder gerne.“ „Rin?“ Das Halbdämonenmädchen zuckte zusammen und drehte sich zu Koga um. Noch immer wurde ihr mulmig, wenn sie in die Nähe von Wölfen kam. Koga kniete sich vor sie. „Es tut mir leid, dass du meinetwegen verletzt wurdest.“, sagte er leise, „Es lag nicht in meiner Absicht, unschuldige Menschen zu töten und ich verspreche dir, dass so etwas nicht wieder vorkommen wird.“ Mit diesen Worten küsste er ihre Hand und gesellte sich anschließend wieder zu Inu Yasha, Kagome und den anderen, die ihren Angriff auf Narakus Versteck planten. „Du und der Wolf, ihr kennt euch also schon länger.“ Noch immer gelang es Inu Yasha nicht ganz, die Kälte aus seiner Stimme zu verdrängen, genauso wenig wie Sesshomaru. „Wir haben in den Dämonenkriegen Seite an Seite gekämpft.“ „Inu Yasha, reiß dich zusammen.“, murmelte Kagome ihm ins Ohr, „Er ist dein Bruder, also bitte...“ Inu Yasha seufzte. „Warum hasst du die Menschen so?“ Sesshomaru antwortete nicht, doch sein Blick glitt zu Rin und wieder zurück. Kagome begriff. Rin war ein halber Hundedämon, wie sie bereits bewiesen hatte, und Sesshomaru kümmerte sich liebevoll um sie, als wäre sie seine Tochter. Wenn sie also seine Tochter war, war ihre Mutter ein Mensch, und da sie nicht bei ihnen war, war sie tot, also hatte Sesshomaru die Menschen nicht immer gehasst. Wenn er Rins Mutter nun wirklich geliebt hatte, und sie von, beispielsweise, einer Räuberbande getötet worden war, hatten damit Menschen sie getötet. Also hasste er die Menschen, weil sie seine Geliebte getötet hatten. Inu Yasha brauchte eine Weile länger, doch offensichtlich begriff auch er. „Oh. Ich verstehe.“ Er gab sich einen Ruck und umarmte seinen Bruder. Es dauerte eine Weile, doch dann erwiderte der Ältere seine Umarmung. Die Eingangshalle des Forschungslabors war vollkommen leer. Einige Fässer standen in der Gegend herum, doch alles in allem war es dunkel und leer. Und vollkommen still. Zu still, befand Inu Yasha. Außerdem stieg ihm schon seit einiger Zeit der vertraute Geruch von Knochen und Graberde in die Nase. „Kikyo...?“, murmelte er. Kagome griff nach seiner Hand. „Ist sie hier?“ Inu Yasha nickte leicht. „Aber ich glaube nicht, dass sie hier ist, um uns zu helfen...“ Sie gingen ein Stück weiter, um die Produktionshalle zu erreichen. Auch hier war es fast dunkel und vollkommen still. Das einzige Geräusch war das Tapsen der Pfoten von Kogas Wölfen. Inu Yasha schnupperte erneut in der Luft. „Es riecht hier seltsam...“ Sango knurrte leise. „Um das festzustellen muss man kein Hund sein, aber es riecht nicht nach Miasma...“ „Da ist irgendein klebriges Zeugs auf dem Boden.“, sagte Shippo, „Das riecht komisch.“ In Kagome keimte ein Veracht auf. Sie hockte sich hin, tauchte ihre Finger hinein und schnupperte daran. Entsetzen erfasste sie. „Wir müssen irgendwo hin nach oben! Das ist Benzin!“ Inu Yasha hatte zwar keine Ahnung, was das war, doch er nahm Kagome auf den Arm und wollte gerade zum Sprung ansetzen, als von irgendwo aus dem Dunkel über ihnen ein Brandpfeil ein Fass traf und das Benzin sofort in Brand steckte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)