Stätte des Grauens von Manon_Armourer ================================================================================ Kapitel 1: ----------- 29. August 1939 (Polen,Warschau Innenstadt) Es war eine außerordentlich ruhige Nacht. Im Regierungsviertel von Warschau, gleich hinter der Weichsel war um diese Zeit fast keine Menschenseele mehr unterwegs. Durch eine dunkle Gasse ging einsam und alleine ein Mann. Sein Name war Salomon Salem. Den Kragen seines Mantels hatte er vorne zusammengerafft,das Genick eingezogen. Er war auf dem Weg nach Hause. In die Stare Miastro. Dort lebte er, seit über 30 Jahren.Zusammen mit seiner Frau Elvira und den beiden Kindern Leo und Maria. Salomon Salem war 47 Jahre alt,seine Frau 2 Jahre älter. Salomon arbeitete seit seinem 16 Lebensjahr in der Schneiderei und Kleiderfabrik von Leo Langbein. Salomon war Schneidermeister. Oft wenn der Chef über Tags durch die Firma ging, und laut nachfragte wer dazu bereit sei einige Überstunden zu machen dann meldete sich Salomon. Das Geld war bitter nötig in diesen schlechten Zeiten, das wußte er nur zu gut. Auch an diesem Abend war es wieder spät geworden. Die Uhr zeigte 21.30 Uhr alls Salomon die Werkstatttüre hinter sich ins Schloß fallen ließ. Sein Weg führte ihn auch heute wieder am Israelitischen Friedhof vorbei. Über die niedrige Sandsteinmauer konnte er die meist leuchtend weißen Grabsteine der Gräber sehen. Ihn fröstelte bei dem Anblick des Friedhofes. Immer wenn er nachts hier vorbei kam, dann hatte er ein ungutes Gefühl. Er wußte selbst nicht warum eigentlich, aber es war einfach so. All die Toten die dort ruhten, hier mitten in der Stadt, ließen ihn frösteln. Eines Tages lag er selbst dort, vielleicht war es das was ihn so beunruhigte. Das Haus tauchte auf. Salomon wohnte in einem alten, etwas baufälligen 5 Familienhaus aus dem vorigen Jahrhundert .Er kramte nach dem Schlüssel, fand ihn sofort in einer seiner unzähligen Taschen die er selbst angenäht hatte. Seine Hose war ein Unikat ,ein Einzellstück auf das er sehr stolz war. Salomon verstand seine Arbeit, und sein Chef Leo Langbein wußte nur zu gut was er an seinem treuen und langjährigen Mitarbeiter hatte. Im laufe der Jahre hatte sich zwischen den beiden eine regelrechte Freundschaft endwickelt. Jeder achtete den jeweils anderen alls guten rechtschaffenen Bürger, was beide auch sicherlich waren. Salomon steckte den Schlüssel ins Schloß und drehte ihn vorsichtig um. Auf leisen Sohlen schlich er sich die vielen Sandsteinstufen hinauf in den zweiten Stock. Dort klopfte er still an die alte Hölzerne Korridortüre. Zwar hatte er immer einen Haustürschlüssel bei sich, aber den eigentlichen Wohnungsschlüssel nahm er meist nicht mit in die Firma. Seine Frau Elvira war abends erst ab 17,30 zu Hause, das wußte er. Unter Tags war auch sie auf ihrer Arbeit. Sie arbeitete alls Verkäuferin in einer Metzgerei, keine zwei Straßen weiter weg. Die Kinder, Maria und Leo waren meist bis 2 in der Schule beschäftigt. Nachher verbrachten sie die restliche Zeit bei Salomons Bruder Ismahiel, der ganz in der Nähe wohnte. Dort bekamen sie Essen und Hilfe bei den Hausaufgaben. Ismahiels Frau Dora war ohne Arbeit. Sie führte den Haushalt und kümmerte sich um die Kinder ihres Schwagers. Salomon kratzte sich behäbig am Hinterkopf. Er klopfte noch einmal leise an die Türe. Schließlich hörte er leise Schritte. Die Türe wurde geöfnett. Er blickte in das Gesicht seiner Frau Elvira. Sie lächelte ihn an. Hallo Salomon,schön das du endlich da bist. Er nickte zufrieden und trat ins innere der Wohnung. Die zwei Zimmer in denen Salomon und Elvira, zusammen mit ihren Kindern lebten waren einfach und recht spartanisch eingerichtet. Eine kleine Küche mit Kochnische, ein hölzerner Klapptisch der normalerweise an der Wand hing, und ein Steinernes Spülbecken machten das meiste hier aus. In einer Kaminnische war ein kleiner Schrank untergebracht in dem Elvira das notwendigste bevoratete. Kartoffeln, eine Ranke Speck, Zwiebeln und Gewürze, Salz und Pfeffer, mehr nicht. Die Zeit und die Verhältnisse gaben einfach nicht viel mehr her. Die Mahlzeiten waren karg,die Löhne mehr alls dürftig und so mußte Elvira immer wieder schauen das sie 4 hungrige Mäuler stopfen konnte, auch mit dem wenigen das es gab. Salomon nahm sich eine Flasche Bier aus dem Kasten, der in der Küchenecke stand und setzte sich müde und abgespannt an den Tisch. Er schnippte den Bügelverschluß zur Seite und nahm einen kräftigen Schluck des herben Gebräus. Das Bier war der einzige Luxus den sich Salomon ab und zu leistete, alle paar Tage ein Fläschchen wenn ihm danach war. Elvira hatte ihm gegenüber am Tisch Platz genommen. Mitleidig blickte sie Salomon an und sprach; Es ist heut wieder sehr spät geworden ,du armer Kerl, du tust mir ja so leid. Salomon schüttelte lächelnd den Kopf. War ja nur halb so schlimm, ich hab den ganzen Tag wohl keine drei Anzüge fertiggebracht, und das obwohl ich mich durchaus beeilt habe. Ungläubig schüttelte Elvira ihren Kopf. Aber warum Salomon,was war los? Na Herr Langbein, immer wieder hatt er mich zu sich ins Büro gerufen, und stell dir vor, er hatt heute sogar mit mir Kaffee getrunken. Elviras Augen wurden weit. Stell dir vor,fuhr Salomon fort, er hatt gemeint solch einen guten und zuverläßigen Mitarbeiter wie mich hatt er noch niemals gehabt, und jetzt rate mal was er noch gesagt hat? Elvira zuckte mit den Achseln. Dabei hatte sie die Augenbrauen fragend nach oben gezogen. Ich bekomme ab dem nächsten 1. eine kleine Gehaltserhöhung! Elvira hatte jetzt die Hände vor den Mund geschlagen. Sie freute sich über diese ausgespochen gute Nachricht ihres Mannes. Das ist ja wunderbar Salomon, ich freu mich ja so für dich. Er setzte die Flasche an und nahm einen großen Schluck. Die Freude über diese gute Nachricht währte jedoch nur kurz. Elvira machte Augenblicke später wieder ein ernstes Gesicht, das Salomon nichts allzu gutes versprach. Was ist los? fragte er, du schaust so.... traurig! Elvira schluckte. Für Augenblicke schwieg sie. Ist was mit dem Leo, oder der Maria? fragte Salomon. Sie schüttelte den Kopf. Nein Salomon, es ist nur, hast du heute keinen Radio gehört in der Firma, oder die Zeutung, hast du keine Zeitung gelesen? Salomon schüttelte den Kopf. Nein, hab ich heute nicht, hab ich da irgendwas verpasst? Elvira stand auf und ging zum Schrank. Sie nahm die Zeitung die dort zusammen gefaltet lag und kam zurück zum Tisch. Dort schlug sie das Blatt auseinander und legte es vor ihren Mann auf den Tisch. Salomon nahm seine Brille aus seiner Jackettasche und setzte sie auf die Nase. Die Schlagzeile schlug ihm ins Gesicht wie eine Faust. "Überfall der Deutschen"? hieß es dort fragend in dicken schwarzen Buchstaben. Er blickte seine Frau an. Dann schüttelte er ungläubig den Kopf. Was meinen die damit? Lies den Artikel, dann wirst du verstehen! endgegnette sie. Er senkte den Kopf und vertiefte sich in den Artikel. Von einem Überfall der Deutschen Armee war dort die Rede. An mehreren stellen sollen deutsche Verbände in Polen eingefallen sein, ein Überfall in Polen? Das konnte Salomon nicht glauben. Alls er den Artikel gelesen hatte blickte er Elvira mit großen Augen an. Machen die da Witze, oder warum sollen Deutsche Soldaten bei uns hier einen Überfall wagen, weshalb denn, ich versteh das nicht ganz? Den ganzen Tag haben sie nichts anderes im Radio gebracht Salomon. Über Berlin und Görlitz sollen Panzer und Soldaten nach Polen gekommen sein. Dieser Adolf Hitler hatt im Radio gesagt das er die Welt beherrschen will, und hier bei uns will er damit anfangen, Salomon, ich hab Angst! Er lächelte. Dann schüttelte er verhalten seinen Kopf. Das kann ich einfach nicht glauben Elvira, die müssen da irgendeinem falschen Bericht auf den Leim gegangen sein, glaub mir, das ist alles ein rießengroßer Irrtum, das kann einfach nicht sein! Elvira Salem deutete mit der Hand auf die Zeitung die vor ihr auf dem Tisch lag. Aber ich sag dir doch, im Radio haben sie es auch gesagt, und hier in der Zeitung stehts auch, die können sich doch nicht alle Irren. Salomon schnaufte tief durch. Jetzt mach dir mal nicht solche Sorgen Elvira, und wenn es so ist das dieser Hitler Polen überfallen hatt, wir haben eine starke Armee, soll er nur kommen, wir werden uns zu wehren wissen. Er klopfte leicht mit der Faust auf den Tisch. Hoffentlich hast du recht Salomon, trotzdem hab ich Angst, denk doch nur an Maria und Leo. Er reckte seine Hand über den Tisch und legte sie auf den Arm seiner Frau. Er war jetzt doch ein klein wenig beunruhigt. Warum um alles in der Welt hatte niemand davon gehört in der Firma? Normalerweise lief doch immer irgendwo ein Radio, nur heute scheinbar nicht. Es wird alles gut werden liebes, wir Polen werden das schaffen, wir, die Jüdische Gemeinde, wir werden das schaffen,du mußt nur fest an Gott glauben,dann wird alles gut werden, ich versprech es dir. Obwohl er jetzt selbst ein wenig beunruhigt war versuchte er Ruhe und Zuversicht auszuströmen. Salomon Salem war ein sehr gläubiger Mensch, zu allen Zeiten war er das geweßen, und dieser Glaube verlieh ihm Kraft, eine schier unerschöpfliche Kraft die er in all den Jahren weitergegeben hatte an seine Frau. In der schwehren Zeit wo Leo der Sohn sechsjährig an Kinderlähmung erkrankt geweßen war hatte er mit seinem festen Glauben Ruhe und Kraft gegeben. Das Leben des einzigen Sohnes war damals schwehr auf dem Prüfstand geweßen ,aber der lange Kampf gegen die Krankheit hatte Erfolge gezeigt. In keinem Moment hatte Salomon die Hoffnung auf eine Genesung aufgegeben, die Kraft seines festen Glaubens hatte ihm viel geholfen dabei. Jetzt, da alles so aussah alls ob wieder eine schwehre Zeit auf ihn und seine Familie zukam war er ebenso fest davon überzeugt das nichts und niemand das Gefüge seiner Familie erschüttern konnte. Auch nicht ein hergelaufener Österreicher, der sich an die vorderste Front der deutschen Wehrmacht gedrängt hatte .Salomon drückte fest die Hand seiner Frau. Ich bin bei dir, vergiß das nie, ich werde immer bei dir sein. Er lächelte zuversichtlich. Nun kam auch über das Gesicht von Elvira Salem ein leicht gequältes Lächeln .Sie wollte versuchen die gleiche Zuversicht zu haben wie ihr Mann sie hatte, aber so einfach war das nicht. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)