Die letzte Schlacht von Avrynn Orloch von abgemeldet (Denn nur Liebe hat Macht über den Tod...) ================================================================================ Kapitel 13: Mein Engel... ! --------------------------- Der laue Wind rauschte leise durch die uralten Bäume, die im Garten des Doms standen. Blühende Büsche wogten im Takt der sanften Vogelstimmen, die aus den duftenden Zweigen schallten und farbenfrohe Blüten reckten ihre Köpfe der heißen Mittagssonne zu. Im Schatten der hohen Mauern war nichts vom Lärm der Straße zu hören, andächtig schritten Mönche und Gottesdienstbesucher durch die schillernde Landschaft. Der Dom thronte inmitten des Gartens, ruhig und feierlich strahlte er Würde und Unvergänglichkeit aus. Auf einer Steinbank unter einer Trauerweide saßen zwei Personen in blauen Hosen mit hellblauen Schärpen. Ihre dunklen Haare leuchteten im Sonnenlicht. Das Mädchen hatte ihre Augen halb geschlossen und genoss die Kühle des Steins und die Wärme des Sommertages. Der junge Mann neben ihr sah auf sie hinunter und redet leise. „Du solltest wissen, warum wir hier sind. Schließlich riskierst du mit uns dein Leben.“ Seine sanfte Stimme vermischte sich mit dem lebhaften Summen der Bienen. „Mhm…“ „Dieses Land ist zu vergleichen mit dem Sagenhaften Avalon. Wer es sehen will, der sieht es. Wer nicht weiß, dass es da ist, kann es nie betreten. Es existiert als Parallelwelt zwischen der menschlichen Welt, aus der du kommst, und in der auch ich einst lebte, und dem Himmel.“ „Mh.“ „Es wurde im Jahr 1372 von Berengar dem Ersten gegründet. Er war der Sohn eines Königs aus der Menschlichen Welt und einer Frau, die man später als Hexe verbrannte. Von ihr hatte er magische Fähigkeiten geerbt. Als er mit ansehen musste, wie Tausende Unschuldige verbrannt wurden und erschlagen wegen magischer Fähigkeiten, entschloss er sich, eine Welt aufzubauen, in der sie leben konnten. All jene, die von der Kirche verfolgt wurden. Vampire, Elfen, Zauberer, Dämonen, Faune…“ Er beschrieb einen großen Kreis mit seiner Hand. „Es sollte eine genaue Kopie seiner Heimat werden, was ihm auch gelang. Er nahm die südlichen Grafschaften Englands als Vorbild, deswegen mag dir einiges bekannt vorkommen.“ „Ja, das tut es auch.“ Schmunzelte Enilia. „Jedenfalls schaffte er es, alle magischen Geschöpfe und Menschen umzusiedeln. Er erschuf Eingänge, die für nichtmagische Wesen im Nichts endeten, so wie bei uns etwa der Höhlengang, und versiegelte sie schließlich. So lebte er in einem paradiesischen Land. Bis 1399 Ereion, ein uralter Zauberer, den König tötete und die Macht an sich riss. Seither ist nie mehr Frieden eingekehrt, die verschiedenen Länder unter sich führen Kriege, paktieren, schließen Frieden und fangen dann wieder von vorne an.“ „Wie es in der Welt der Menschen auch geht.“ „Berengars Sohn, Erik, holte sich göttliche Hilfe. Eine Schar Engel wurde gesandt, um dem rechtmäßigen Thronerben zu helfen, doch bald schon schlugen sich einige auf die Seite von Ereion, geblendet von Reichtum, Ehre und verführt durch Lügen.“ „War… Uriel einer der Engel?“ Fragte Mia zaghaft „Ja, das war er.“ Seufzte Louis und sagte eine Weile nichts. Schließlich fuhr er fort „Der Krieg tobte lange, bis es Erik gelang, eine entscheidende Schlacht zu gewinnen. Nicht weit von hier befindet sich die Schlucht der Sieben Todsünden, wie sie genannt wird. Ereion und sein Heer wurden vernichtend geschlagen, woraufhin Erik die größten seiner Krieger in die Verbannung schickte. Uriel gehörte dazu. Fünfhundert Jahre lang sollte er das Land nicht mehr betreten. Doch Erik hatte nicht bedacht, dass Uriel der größte Feldmarschall aller Zeiten war. Anstatt ihn für sich zu gewinnen, hatte er ihn verbannt und Uriel musste sich als Mensch durchschlagen. In unserer Welt.“ „Uriel hat gesagt, dass er auf deiner Burg geboren wurde.“ Fügte Mia an. „Oh, ja, das wurde er. Vor nunmehr fast tausend Jahren. Wie gesagt, sein Vater brachte ihn als Kind hierher, nachdem er von Ziehmutter zu Ziehmutter gewandert war.“ Erklärte Louis ihr. „Uriel hat aber gesagt, dass er siebenhundertundzwölf ist.“ Wandte das Mädchen misstrauisch ein. „Er weiß nicht, wann genau er geboren wurde. 1295 Trat er dem Ritterorden der Cereer bei. Cereus heißt Kerze, denn sie waren Ritter des Lichts. Also beschloss er, dieses Jahr für den Beginn seines Lebens zu nehmen.“ „Was heißt waren?“ Hakte Mia nach. „Offiziell gibt es diesen Ritterorden nicht mehr. Verstreut leben einige Ritter noch heute, viele sind verschollen, die meisten in der Schlacht gefallen.“ „Was geschah in den fünfhundert Jahren, in denen Uriel das Land nicht mehr betreten durfte?“ „Es herrschte ein wackeliger Frieden im Land. Eriks Enkel, Arthus von der Lilie, war nicht so stark wie sein Großvater und verlor das meiste seiner Ländereien an Ereion, der die Zeit in einem abgelegenen Gebirge überdauert hatte. Das war vor zwei Jahren. Er fiel in der Schlacht. Sein Sohn, Arthus Cereus, hat es nicht geschafft, Ereion das Land wieder abzujagen. Deswegen tobt hier ein so schrecklicher Krieg.“ „Ich habe noch nichts davon gemerkt…“ meinte Mia. „Fort Harper ist die Hauptstadt von Calgar, das von König Balthasar regiert wird. Calgar ist das letzte freie Land und rechtmäßiges Erbe von Arthus Cereus. Sein Onkel Balthasar regiert für ihn, weil er noch zu jung ist.“ Führte Louis aus. „Arthus Cereus… der Orden…?“ fragte Mia. „Ja. Arthus führt der Tradition gemäß den Orden an, auch wenn es ihn nicht mehr gibt.“ Louis lachte leise. „Er hat schließlich die verbliebenen Ritter des Ordens um Hilfe gerufen. Und hier sind wir.“ „Du… du gehörst auch zum Orden?“ Louis seufzte tief und blickte sehnsüchtig in die Ferne. „Ich habe einmal dazu gehört, bevor ich verwandelt wurde. Ich lebte in der Welt der Menschen, verliebte mich aber in eine junge Hexe, die hier aufwuchs. Das war im Frankreich des 18. Jahrhunderts. Sie verließ ihre Welt, um mit mir zu leben. Schließlich… waren wir gezwungen, hierher zu flüchten. Ich als Mensch fühlte mich zuerst sehr unwohl hier, doch allmählich gefiel es mir immer besser. Bis zu dem schrecklichen Tag… an dem man sie umbrachte. Ihr Mörder biss dann auch mich, schaffte es jedoch nicht, mich zu töten. Seitdem bin ich ein Vampir.“ „Und dann bist du in die Welt der Menschen zurückgekehrt.“ Stellte Mia fest. „Ja. Ich bin mit meinem neuen Dasein nicht zurecht gekommen. Ohne Emilia…“ er schluckte schwer, dann fuhr er fort „… ohne sie machte das Leben keinen Sinn mehr.“ „Mh… Uriel sagte, du seist so etwas wie ein General…“ Fragte Mia. „Ähm… das ist schwierig zu erklären. Als ich noch ein Mensch war, kam ich durch Zufall hierher. Ich rettete dem Prior des Ordens der Cereer das Leben, woraufhin ich zu seinem Nachfolger bestimmt wurde. Nach dem – Biss – nahm ein anderer meinen Platz ein. Doch der Treueschwur gilt bis in den Tod, und so halte ich bis heute das Kommando über etwa zweihundert verbliebene Ritter.“ Louis schloss die Augen und faltete die Hände vor seiner Stirn. „Oh…“ War alles, was Mia noch sagen konnte. „Dann seid ihr also hier, um zu kämpfen?“ „Ja. Bis in den Tod.“ Die heißen Sonnenstrahlen durchbrachen das Laubdach über ihnen und ließen auf ihnen Lichtflecke tanzen. Eine Amsel hatte sich hoch oben ins Geäst gesetzt und sang ihr lebhaftes Lied. Langsam schlenderten Mia und Louis durch den Garten bis zum Haupttor, das auf den Domplatz hinausführte. Geschäftiges Treiben erfüllte ihn, die Geschäfte zu beiden Seiten luden zum Kauf ein, fahrende Händler boten am Dombrunnen ihre Ware feil. „Möchten die Herren vielleicht einen Blick auf meine Handarbeit werfen?“ Ein gebückter Mann war vor ihnen aufgetaucht, die Hucke auf seinem Rücken mit Bändern, Tuch und Spitze beladen. Er war noch nicht besonders alt, aber die Mehrzahl seiner Zähne hatte ihn bereits im Stich gelassen, das schüttere, ungewaschene Haar fiel ihm strähnig ins zerfurchte und wettergegerbte Gesicht. „Nein Danke.“ Sagte Louis unwirsch und drängte sich an ihm vorbei, Mia hinter sich herziehend. „Der junge Herr hat doch sicher eine Dame seines Herzens, wie wäre es mit einem Spitzentuch?“ Die knochige Hand des Alten krallte sich in Mias Hemd. Louis schlang seinen Arm um ihre Schultern und schob sie schleunigst durch das Gedränge vom Händler weg. Als sie eine ruhigere Seitenstraße erreicht hatten, ging Louis langsamer. Er warbte Mia eindringlich vor zwielichtigen Gestalten. „Lass dir nie von denen etwas andrehen. Die Ware ist meistens minderwertig und im schlimmsten Fall begehst du auch noch Hehlerei. Pass immer gut auf deine Wertsachen auf.“ »Die ich gar nicht habe« beendete Mia den Satz in Gedanken. „Wir gehen jetzt zu einer alten Freundin von mir, etwas erledigen.“ Bestimmte Louis und gab die Richtung an. Die verwinkelten Straßen und Gassen durch die Fachwerkhäuser führten stetig bergauf, dem prächtigen Schloss zu, das über Fort Harper thronte. Die blauen Zinnen schimmerten im Sonnenlicht und bildeten einen klaren Kontrast zu den weißen Mauern. Jedes Fenster war mit einem blauen Rahmen versehen, sogar die Schildhäuschen waren blau angemalt. Die Gasse, in die Louis einbog, war vom Sonnenlicht geflutet, nette, kleine, saubere Häuser standen Wand an Wand, die meisten waren mit blauen Mustern am Fachwerk verziert. Sie blieben vor einem etwas schiefen Haus stehen, Luis klopfte dreimal kräftig an die Tür. Zuerst geschah gar nichts, dann öffnete sich langsam der schwere Türflügel und ein junges Mädchen sah fragend zu ihnen auf. „Guten Tag, Elisabeth. Ist Frau Morgenstern zu sprechen?“ Louis Charme verschlug dem Mädchen die Sprache. Verlegen bat sie die beiden herein und nestelte an ihrer – natürlich blauen – Schürze. „Bitte warten Sie doch einen Augenblick in der Stube, ich hole Marianne sofort. Wen darf ich melden?“ Sie sah abwechselnd von Mia zu Louis und wieder zurück. „Ihren Neffen.“ Er lächelte sie an. „J-ja…“ Elisabeth entfernte sich und ging schnellen Schritts eine Treppe hoch. Louis unterdessen fühlte sich ganz Zuhause und setzte sich auf ein gemütlich aussehendes Samtsofa, das wie der Rest des Zimmer in gedeckten Blautönen gehalten war. „Ihr Neffe?“ Fragte Mia grinsend. „Ja. Sie war meine gute Fee, als ich das erste Mal hierher kam. Ich war sehr verloren, da hat sie mich aufgenommen und wie ihren eigenen Sohn behandelt. Seitdem nennt sie mich ihren Neffen. Ihre Tochter fühlt sich übrigens als meine Schwester, wenn sie auch um einiges jünger ist als ich.“ Er lachte und deutete auf einen schweren Ölschinken an der Wand. „Das ist sie. Hübsch, nicht wahr?“ Mia drehte sich in die Richtung, die Louis ihr deutete. Auf dem Bild war ein Mädchen abgebildet, das nur wenig älter als Mia zu sein schien. Ihre langen roten Haare hatte sie kunstvoll aufgesteckt, Perlenschnüre zogen sich durch die Frisur, ein funkelndes Diadem krönte sie. Ihr Kleid war hellblau (welche Farbe sollte es sonst haben? ^^), alles in allem eines der langweiligen Bilder von Personen, die viel Geld haben. Aber ihre Augen faszinierten Mia. Sie waren grün und braun zugleich, wobei das Grün so schillernd war wie eine Bucht mit glasklarem Wasser und das Braun an Edel-Bitterschokolade denken ließ. „Wie alt ist sie?“ Fragte Mia gedankenverloren, weniger interessiert an dem Mädchen als vielmehr irgendetwas gesagt zu haben. „Sie müsste bald 23 werden.“ Sagte Louis und erhob sich, denn eine etwas beleibtere Dame mit demselben Feuerroten Haar wie das Mädchen auf dem Bild betrat den Raum. Ihr grünes Kleid stach fast in den Augen, so hell war es. Aber es passte gut zu den katzengrünen Augen. „Tante Marianne, wie schön dich wieder zu sehen!“ Louis küsste ihr die Hand, doch anstatt so förmlich zu bleiben wie er, nahm ihn die Frau einfach in den Arm und drückte ihn fest an sich. „Mein lieber, lieber Neffe. Dass du den Weg zu mir gefunden hast, erstaunt mich nicht schlecht. Aber ich habe es immer gewusst. Elienor, hab ich immer gesagt, Elienor, dein Cousin kommt wieder. Und hier bist du!“ Wie zur Bekräftigung ihrer Worte breitete sie die Arme weit aus und trat einen Schritt von ihm zurück, während sie über das ganze Gesicht strahlte. „Oh, ich sehe, du hast Besuch mitgebracht.“ Sie wandte sich Mia zu und kniff ein Monokel in ihr rechtes Auge. „Marianne, das ist Emilia, Mia, das ist meine liebe Tante Marianne Morgenstern.“ Stellte Louis sie vor. „Freut mich, Sie kennen zu lernen, Frau Morgenstern.“ Erwiderte Mia höflich. „Papperlapapp!“ Stellte die Frau fest, „Für dich bin ich du und Marianne. Eine Freundin meines einzigen Neffen ist auch meine Freundin. Willkommen in Fort Harper, Mia!“ Sie streckte beide Hände aus, die Mia schüchtern ergriff, und dann zog Marianne sie in eine Umarmung, die mit zwei festen Schmatzern auf beiden Wangen endete. „Louis, warum genau bist du hier?“ fragte Marianne schließlich nach der hundertsten Tasse Tee. „Ich wollte dir und Elienor einen Besuch abstatten.“ Sagte er, doch seine Augen wichen denen seiner resoluten Tante aus. „Aber irgendwas willst du doch von mir.“ Bohrte sie weiter. „Ja, na ja… Elienor ist nicht zuhause?“ fragte er zögernd. „Aha.“ Antwortete Marianne, kniff die Lippen zusammen und stellte ihre Tasse ab. „Du willst sie doch nicht etwa in irgendwelche Dummheiten mit hineinziehen?“ Ihre katzengleichen Augen musterten den jungen Mann ihr gegenüber eindringlich. „Tante Marianne, du weißt, dass Calgar das einzige freie Land ist, seit Ereion wieder erstarkt ist. Arthus Cereus hat uns zu Hilfe gerufen, er weiß weder ein noch aus.“ Louis Stimme hatte einen bittenden Ton angenommen. „Aha.“ Sagte Marianne wieder, doch diesmal schon weniger laut. „Elienors Vater war einer der besten Ritter des Cereer Ordens. Ich bitte dich, Elienor mit uns ziehen zu lassen. Du weißt, wie sehr sie ihrem Vater gleicht. Ich habe noch nie einen Schwertkampf gegen sie gewonnen und mit dem Bogen geht sie besser um als mancher Mann.“ Marianne antwortete nicht, sondern atmete nur tief ein und aus. Louis fuhr fort. „Ich weiß, dass dich der frühe Tod ihres Vaters tief getroffen hat, aber in ihren Adern fließt das gleiche Blut. Lass sie für die gerechte Sache kämpfen – wir brauchen jeden Mann.“ Hastig fügte er an: „Und jede Frau.“ Marianne vergrub ihre Hände in den Falten ihres Kleides. „Ich habe die uralte Gabe der Vorhersehung, so wie Elienor sie hat. Und ich habe gesehen, dass du kommst. Ich habe auch gesehen, dass wenn sie geht, wird sie nie mehr über die Schwelle dieses Hauses schreiten. Du verlangst einen hohen Preis von mir, Louis. Aber ich habe auch gesehen, dass es ihr Schicksal ist. Sie muss ihm folgen.“ Ohne weitere Worte stand sie auf. „Ich sage es ihr, wenn sie wiederkommt. Sie ist bis zum Bankett wieder in der Stadt.“ Marianne wischte sich zwei Tränen von der Wange und Mia sah, dass sie sehr um Beherrschung kämpfte. „Tante Marianne…“ flüsterte Louis an ihrer Schulter. „Ich danke dir.“ „Danke nicht mir, sondern Gott. Er hat mir dieses Schicksal auferlegt und er ist es, der euch die beste Kämpferin dieses Landes schickt.“ Schluchzte sie. „Es ist besser, wenn du jetzt gehst.“ Marianne raffte ihre Röcke und verließ den Raum. Elisabeth erschien und wies ihnen den Weg zur Tür. Wieder draußen auf der Straße sagte keiner der beiden Vampire etwas. Die Sonne schien noch immer so hell in die Gasse, nichts ließ erahnen, was eben geschehen war. Louis schritt schweigend neben Mia her, wieder die Anhöhe hinunter vom Schloss weg zum Gasthof. „Warum willst du, dass Elienor mit uns geht?“ Fragte seine Begleiterin schließlich. „Sie ist eine ganz außergewöhnliche Frau. Sie kann kämpfen, reiten, bogen schießen und hat die Gabe der Vorhersehung wie ihre Mutter. Wenn sie mit uns kommt, ist die Schlacht so gut wie geschlagen.“ Seine Stimme war rauh, gedrückt, anscheinend hatte ihn die Prophezeiung seiner alten Freundin ziemlich mitgenommen. „Deine Tante… Marianne, sie hat gesagt, dass Elienor nie wieder zurückkehren wird, wenn sie fortgeht. Heißt das, dass sie sterben wird?“ Mia sagte es nur sehr zögerlich. „Das – muss es nicht heißen. Vielleicht wird sie nur woanders sesshaft… oder so…“ meinte der Vampir, doch Mia spürte, dass es selbst nicht daran glaubte. „Du solltest lernen zu kämpfen, Mia!“ Durchbrach er plötzlich die Stille. „Uriel wird dir zeigen, wie man ein Schwert führt, Reiten musst du beherrschen und Elienor bringt dir das Schießen bei. Unser Weg wird lang und gefährlich, also solltest du dich verteidigen können.“ „Ich und kämpfen???“ Fragte Mia ungläubig. „Ich kann so was doch gar nicht!“ Ihre Augen waren vor Schreck weit aufgerissen. „Dann wirst du es eben lernen. Wir mussten das alle!“ Beendete er die Diskussion vor der Tür des Gasthauses. „Am besten fängst du noch heute an.“ „Uah! Hör auf, das ist gemein!“ Wütend und den Tränen nahe schleuderten Mia mit einem lauten Klirren ihr Schwert zu Boden. Uriel stand ihr gegenüber, die Hemdärmel hochgeschlagen und kein bisschen angestrengt. Mia dagegen keuchte und schwitzte, ihr Hemd war so weit geöffnet, wie es nur ging. Am liebsten hätte sie es ausgezogen, doch das hätte wohl gegen alle Regeln der Etikette verstoßen. „Was denn… denkst du, dein Gegner sagt dir vorher, wohin er gleich schlägt?“ Ein selbstgefälliges Grinsen zog sich über sein hübsches Gesicht. „Du musst dich in dein Gegenüber hineinversetzen, jede Bewegung voraussehen. Nur dann hast du eine Chance.“ Er fuhr mit der Spitze seines Schwertes unter das Heft des ihrigen und schleuderte es in die Luft, wo er es elegant auffing. „Los“ er streckte es ihr entgegen „mach noch mal. Oder willst du da draußen hilflos den Räubern ausgeliefert sein?“ Zögerlich griff sie nach dem Schwert. Nun stand sie also im Hof des Gasthauses und übte Schwertkampf mit dem Mann, dem sie die Klinge am liebsten sonst wohin gejagt hätte. Es war zum Mäusemelken! Die Sonne sank langsam hinter den Dächern der Stadt und Mia wurde immer besser. Sogar Uriel nickte anerkennend, als der Hof schon fast im Dunkeln lag und er die Stunde abbrach. „Du hast dich gut geschlagen, Mia. Wenn du so weiter machst, können wir in zwei Wochen aufbrechen. Wir üben jeden Tag, bis dir jede einzelne Bewegung in Fleisch und Blut übergegangen ist.“ Er ließ sein Schwert geräuschvoll in die Scheide gleiten und fuhr sich mit der Hand durchs Haar. „Komm, wir gehen rein. Ich hab schon ziemlich Hunger, du nicht?“ Stille. „Mia?“ Das Zirpen einer Grille war die einzige Antwort. „Mia, hey, Kleine, wo bist du denn?“ Er hörte, wie ihr Schwert nur knapp an ihm vorbeisauste, bis es gegen die steinerne Wand schlug. „Sag – nie – wieder – Kleine!“ Sie stieß jedes einzelne Wort zwischen den Zähnen hervor. „Okay, okay… komm runter, ja? Außerdem nützt es dir wenig, mich anzugreifen. Ich hätte dich in null komma nix entwaffnet.“ Er packte sie unsanft an der Schulter. „Ich schlage vor wir…“ Mitten im Satz brach er ab. Sie standen im Torbogen des Hofes, als draußen Schritte vorbeikamen. Mit einer einzigen Bewegung hatte er sie beide umgedreht und drückte sie mit seinem Körper an die Wand, nicht einmal ein Blatt hätte zwischen sie gepasst. „Was zum…?“ Keuchte sie, doch er hielt ihr den Mund zu. „Scht…“ War die einzige Antwort. Die Schritte kamen näher und eine fremdartige Stimme sprach in einer Sprache, die Mia noch nie gehört hatte. Einzig und allein die Kälte in der körperlosen Stimme erinnerte Sie an den Mann, der eng an sie gelehnt ihr gegenüber stand. Auch, als die Schritte und die Stimme verklungen waren, löste er sich nicht von ihr. Lediglich seine Hand nahm er von ihrem Mund, sie fuhr langsam den Bogen ihrer Wange hinab, verblieb an ihrem Kinn und wanderte an ihren Hals, wo seine Fingerspitzen glühende Stellen hinterließen. Mia konnte sein Gesicht in der Dunkelheit nicht erkennen, doch sein Atem ging schneller und sie spürte das Klopfen seines Herzens durch den dünnen Stoff ihrer Hemden. Obwohl sie wusste, dass ihr eigenes Herz unendlich langsam schlug, fühlte es sich an, als wollte es in ihrer Brust zerspringen. Uriels andere Hand legte sich sanft an ihre Schläfe und streichelte die Haut dort, wo eigentlich ihr heftiger Puls hätte sein müssen. Er zog die Rechte von ihrem Hals, nur, um sie tiefer wandern zu lassen. Langsam, gemächlich und schon fast genüsslich strich sie die Formen ihrer Brust nach und fuhr immer tiefer, brachte ihre empfindliche Haut zum Glühen. Sie spürte, wie sich die Bänder ihres Hemdes lösten und es offen über ihre Schultern hing. Ihr Verstand ging mit ihr durch, was tat sie hier eigentlich? Als sie sich etwas zu schnell bewegte, nahm Uriel seine Hände von ihr und wollte einen Schritt zurück treten doch sie hielt ihn an seinem Hemd fest. „Nicht aufhören…“ keuchte Mia. Sie konnte spüren, wie ihr Engel lächelte und mit den Zärtlichkeiten fortfuhr. Die Bewegungen seiner Hände machten sie fast wahnsinnig, wie leidenschaftlich war er wohl erst… sie verdrängte den Gedanken sofort. Uriels Berührungen wurden immer verlangender, schließlich nahm er ihr Gesicht in seine Hände und berührte ihre Lippen ganz sacht mit seinen. Sie waren so unendlich weich, wie Mia es von keinem Jungen kannte. Ganz langsam, fast quälend langsam näherte er sein Gesicht ihrem wieder und versiegelte ihren Mund mit einem gemächlichen Kuss. Vorsichtig berührte er ihre Lippen mit seiner Zunge, er spürte, wie sie elektrisiert vor ihm stand, seine Zärtlichkeiten genießend. Ihr Körper zog sich innen fast schmerzhaft zusammen. Doch sie wagte nicht, etwas zu tun, also stand sie fast reglos da und genoss das Spiel seiner Zunge am Saum ihrer Lippen. Langsam öffnete sie ihren Mund für ihn und hätte vor Wahnsinn heulen können. Seine Zunge strich über ihre, erst weich, dann fordernd. Mia schlang ihre Arme um seinen Hals und zwang ihn so, zu ihr herabgebückt stehen zu bleiben und den Kuss nicht zu unterbrechen. Ihr war heiß und kalt gleichzeitig, ihr Verstand vollkommen ausgeschaltet. Immer leidenschaftlicher küsste er sie, Mia merkte, wie ihr Verlangen nach ihm erwachte. In der Stockdunkelheit konnte sie nichts sehen, nur seine menschliche Wärme fühlen, seinen Atem hören und ihn mit jeder Faser ihres Körpers spüren. Als sie schließlich beide nach Luft rangen (Mia eher aus Gewohnheit, Uriel musste wirklich atmen) wich er keinen Zentimeter von ihr. „Was habe ich getan…“ flüsterte er leise an ihrem Ohr. Seine Hände schoben sich an ihren Rücken und drückten sie an sich. „Du hast mich wahnsinnig gemacht.“ Antwortete Mia genauso leise, ihre Stimme zitterte bei jedem Wort. „Das merke ich, du zitterst.“ Ihre Wange lehnte an seiner Schulter, noch nie hatte sie sich so geborgen bei ihm gefühlt. „Ich hätte es nicht tun dürfen… verzeihst du mir?“ Seine leise, wunderschöne Stimme hauchte die Worte in ihr Haar, ein Prickeln überzog ihren Nacken. „Nein… es war so wunderschön…“ Er legte eine Hand unter ihr Kinn und zwang sie, den Kopf zu heben. „Wunderschön… und so gefährlich…“ Flüsterte er. „Das ist mir egal…“ „Ich dachte, du magst mich nicht…“ Stellte er lächelnd fest. „Auch Vampire können irren.“ Seufzte Mia. „Ich…“ doch weiter kam sie nicht, seine Lippen legten sich fordernd auf ihre. Nur zu gerne erwiderte sie den Kuss. Ihr Innerstes zerfloss, ihre Gedanken drehten sich nur noch um ihn. Immer stürmischer verlangte er nach ihr, immer leidenschaftlicher wurde der Kuss. Gerade, als sie meinte, explodieren zu müssen, gaben ihre Knie nach. Uriel umschlang sie fest mit seinen Armen. „Tut mir leid… das war wohl etwas zu stürmisch.“ Entschuldigte er sich scherzhaft. „Du kannst das einfach zu gut…“ gab Mia ihm als Antwort. „Du hast alle Zeit der Welt, um das nachzuholen…“ flüsterte er ihr ins Ohr. Und er meinte es wörtlich, als er sie zum letzten Mal küsste. Voller Leidenschaft, voller Feuer, voller Gefahr. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)