Kowareru von Yosephia (Wenn die Seele zerreißt...) ================================================================================ Kapitel 2: Shoseki ~ Buch ------------------------- Vielen Dank an alle Kommischreiber und ein Riesen Gomenasai, dass es immer so lange dauert, aber Schule und andere Unannehmlichkeiten machen mir nicht nur das Leben schwer, sondern hindern mich obendrein immer wieder daran, meinen FFs so viel Zeit zu widmen, wie ich es gerne tun würde... _______________ Ein schmerzerfüllter Schrei hallte durch die Flure und Sasuke schreckte aus seinen Erinnerungen auf. Reflexartig sprang Sai auf und war schon auf halben Weg zu Narutos Zimmer, aus dem der Schrei gekommen war, als er sich wieder erinnerte, was dort drinnen geschah… Sasuke musste ein resigniertes Seufzen unterdrücken. Seit Monaten schon ging das jede Woche so… Wann würde Naruto endlich seine Ruhe haben? Er hatte das nicht verdient! Er hatte all das nicht verdient… Liebend gern hätte Sasuke mit Naruto getauscht, wenn er dadurch nur ein bisschen von seinen Schuldgefühlen losgeworden wäre… Er hatte so viel wieder gut zu machen… Und Naruto hörte gar nicht auf, ihm einen Gefallen nach dem nächsten zu tun… „Teme? Huhu!? Hallo-ho!? Erde an Teme!“ – ein tiefes Luftholen, dann: „TEME!“ Sasuke blickte etwas verwirrt auf und sah sich um. Sakura, mit der er eigentlich hierher gekommen war, war verschwunden. „Sie musste noch was für Tsunade-Obaa-chan erledigen“, erklärte Naruto seinem Freund, der, seit er das Krankenzimmer betreten hatte, abgesehen von dem üblichen „Tag auch, Dobe“ noch nichts von sich gegeben und nur an die Wand gelehnt vor sich hingegrübelt hatte. Dieser nickte nur und versuchte so, über seine gedankliche Abwesenheit von eben hinweg zu täuschen. In letzter Zeit passierte ihm das seltsamerweise immer häufiger… „Vielleicht solltest du endlich mal mit ihr reden…“, schlug Naruto grinsend vor. Sasuke stieß sich von der Wand ab, an die er sich bis eben noch gelehnt hatte und ging zu Narutos Bett, wo er sich verkehrt herum auf einen der Stühle niederließ, die Arme auf der Lehne, das Kinn auf seine Arme gestützt. „Du redest Stuss, Dobe.“ „Gaaaaaanz schlechte Ausrede, Teme“, Naruto grinste noch breiter. „Ich weiß doch, dass du sie magst und du weißt es auch. Also sag es ihr doch endlich.“ Sasuke verdrehte murrend die Augen: „Ich hab keine Zeit für so etwas.“ Das war schon wieder eine Ausrede! Denn Tatsache war, dass der sonst so selbstsichere Sasuke Uchiha im Moment keinen blassen Schimmer hatte, was mit ihm los war, wenn es um die Kunoichi mit den rosafarbenen Haaren ging. Wäre er ehrlich gewesen, hätte er sich eingestehen müssen, dass er in letzter Zeit immer häufiger an sie dachte… und dass er schon so manches Mal leichtes Herzklopfen bekommen hatte, wenn sie schüchtern lächelnd auf ihn zugekommen war… Sie war ihm gegenüber bei weitem zurückhaltender geworden, nicht mehr so aufdringlich, laut und nervtötend wie noch vor drei Jahren, als sie ihn noch bei jeder sich bietenden Gelegenheit nach einem Date gefragt hatte. Andererseits lachte und scherzte sie viel mit diesem Sai, der vom normalen Leben ganz offenbar überhaupt gar keine Ahnung hatte… Sasuke hätte lügen müssen, wenn er gefragt worden wäre, ob ihn das nichts ausmachte. Denn er verspürte dabei sehr wohl einen schmerzhaften Stich, den er – egal wie er sehr es auch versuchte – einfach nicht ignorieren konnte… „Erzähl mir keine Märchen, Teme!“ – unterbrach Naruto Sasukes Gedankengänge und feixte vergnügt vor sich hin – „Du kommst jeden Tag zu mir Krüppel, da wirst du ja wohl ein bisschen Zeit für Sakura-chan finden können!“ Narutos Grinsen verlief inzwischen von einem Ohren zum anderen. Sasuke zog eine Augenbraue hoch: „Krüppel?“ Narutos Miene wurde mit einem Schlag ernst: „Ja, Krüppel…“ „Das sieht dir nicht ähnlich, Dobe…“ „Achso? Was sieht mir denn dann ähnlich?“ – Naruto Gesicht wurde von düsteren Schatten überzogen – „Ich sag es dir: Es ist definitiv kein Krankenhausaufenthalt! Ich liege hier schon Ewigkeiten und immer noch-“ „Du brauchst nicht zu brüllen, ich bin nicht taub und aufregen solltest du dich erst recht nicht, sonst kriegst du Ärger mit Tsunade-sama“, unterbrach Sasuke seinen Freund mit scheinbar kühler Miene. „Und im übrigen solltest du dich nicht als Krüppel bezeichnen. Gegen einen Krüppel könnte ich nicht kämpfen.“ Naruto sah den Schwarzhaarigen etwas verdutzt an: „Kämpfen?“ „Sicher… Der Kampf von damals… du hast mich total verarscht und mir nicht gezeigt, was du wirklich drauf hast. Denkst du, das lass ich auf mir sitzen?“ In Narutos Augen trat ein erwartungsvolles Glitzern und die Schatten verschwanden zu Sasukes großer Erleichterung wieder: „Nein, Teme… Keine Sorge, du kommst schon noch zu deinen Kampf…“ „War das jetzt ein Versprechen?“, Sasuke grinste herausfordernd. „Worauf du dich verlassen kannst!“, meinte Naruto ebenfalls grinsend. Sasuke stand auf und ging zur Tür: „Dann geh ich schon mal trainieren…“ „Und nebenbei vielleicht auch mal mit Sakura-chan reden?“ Unschuldig grinsend verschränkte Naruto die Arme hinterm Kopf und ließ sich in seine Kissen sinken. „Tu ihr und dir selbst mal einen Gefallen. Du wirst es nicht bereuen, glaub mir.“ Sasuke blieb eine Weile an der Tür stehen und ließ seine Hand auf der Klinke ruhen, während er seinen still vor sich hinlächelnden Freund musterte. Dann öffnete er die Tür: „Vielleicht hast du sogar Recht Dobe…“ „Natürlich hab ich Recht“, grinste Naruto in sich hinein, dann hob und senkte sich sein Brustkorb wieder gleichmäßig. Er war eingeschlafen… Ja… Unglaublich aber wahr! Seit zwei Monaten war Sasuke Uchiha, der früher als der menschliche Eisklotz bekannt war, nun schon mit seiner Teamkollegin Sakura Haruno zusammen! Er hatte mit Sakura geredet, hatte seinen Stolz abgelegt und sich auch bei ihr entschuldigt… und das Eis war gebrochen… Freilich hatten sie sich nicht von heute auf morgen ihre Liebe gestanden. Sie blieben zunächst nur gute Freunde… Es hatte vieler mehr oder weniger taktvoller Schubser und Andeutungen von Naruto bedurft, bis sie einander näher kamen… Letztendlich hatte Naruto es auf sehr unelegante aber für ihn dafür umso erheiterndere Art und Weise geschafft. Er hatte Sakura ganz „versehentlich“ in die Arme des reichlich perplexen Sasuke geschubst und sich köstlich amüsiert, als die Beiden knallrot angelaufen waren. In dem Wissen, dass sein Freund ihn sonst noch Ewigkeiten nerven würde, hatte Sasuke die Gelegenheit einfach beim Schopfe gepackt und Sakura geküsst. Mit einem Mal war Naruto mucksmäuschenstill gewesen, hatte aber weiterhin frech vor sich hin gegrinst und nicht einmal im Traum daran gedacht, dass es seinen Freunden vielleicht etwas unangenehm war, wenn er ihnen beim Küssen zusah. Von diesem unglaublich dämlichen Grinsen seines Freundes über alle Maßen genervt hatte Sasuke dem Chaoten schließlich ordentlich eins auf die Rübe gehauen, was dieser lachend in Kauf genommen hatte. Als dann jedoch auch noch Sakura zugeschlagen hatte, hatte Naruto es als genug befunden und sich todmüde gestellt… So peinlich dies auch gewesen sein mochte und so sehr es auch nervte, dass Naruto die Beiden mit dieser Geschichte noch Wochen danach aufzog, Sasuke mochte diesen Tag nie mehr missen… Naruto hatte Sasuke Freundschaft und – was viele sehr erstaunte – Humor gegeben. Sakura hatte Sasuke Liebe und – was noch viel erstaunlicher war! – Wärme gegeben… Von Tag zu Tag fühlte Sasuke sich lebendiger und befreiter. Sogar Lachen konnte er wieder, wenn er mit seinen Freunden zusammen war. Erneut schrie Naruto Schmerz gepeinigt auf und riss Sasuke damit wieder aus seinen Gedanken. Der Uchiha-Erbe seufzte resigniert und ließ sich nun doch auf einem der unbequemen, grauen Plastikstühle nieder. Auch er war es allmählich Leid, dabei zusehen zu müssen, wie es seinen Freund zunehmend schwerer fiel zu lächeln… immer öfter bemerkte er diesen Schatten in Narutos Augen… Dennoch – und zu ihrer aller Erleichterung – tauchten immer wieder mal der alte Kampfgeist und dieses manische Funkeln im Blick des Blonden auf, das einem zu allem möglichen Unfug überreden konnte. So hatte Naruto es vor zwei Monaten tatsächlich geschafft Sai dazu zu überreden, Ino um ein Date zu bitten. Ohne wirklich zu wissen, was ein Date überhaupt war, war Sai tatsächlich zu der blonden Kunoichi gegangen und hatte sie gefragt. Und diese wäre beinahe einem Herzinfarkt erlegen. Es war eine richtige Sensation gewesen, über die man noch Wochen später geklatscht und getratscht hatte, zumal Sai Ino auf offener Straße und mit einem Strauß roter Rosen, zu dem ihm Naruto, um dem Ganzen die Krone aufzusetzen, auch noch geraten hatte, gefragt hatte. So ein prächtiges Rot wie das, welches Inos Gesicht dann angenommen hatte, hatte man wirklich noch nie gesehen… Letzten Endes hatte Sakura herausgefunden, dass es sich dabei um eine Wette zwischen Naruto und Kiba gehandelt hatte. Kiba hatte nämlich partout nicht glauben wollen, dass zwischen Sai und Ino etwas laufen würde und Naruto hatte dem Inuzuka das Gegenteil beweisen wollen, was ihm aufs Beste gelungen war... Während Sasuke sich ein Grinsen nur mühsam hatte verkneifen können, hatte Sakura die beiden „hirnverbrannten und taktlosen Rüpel“ nach allen Regeln der Kunst vermöbelt. Ein anderes Mal hatte Naruto sich einen Spaß daraus gemacht, mit Kiba lautstark darüber zu diskutieren, wie lange es noch dauern würde, bis Sasuke und Sakura heiraten würden. Während der ebenfalls anwesende Sasuke dabei nur mit den Augen gerollt und hin und wieder ein genervtes „Tze“ von sich gegeben hatte, war Sakura zunächst knallrot angelaufen, um dann nach einigen Minuten richtig zu explodieren, als Naruto auch noch begann darüber zu fachsimpeln, ob Sasuke und Sakura nicht vielleicht sogar schon Nachwuchs erwarten würden. Es war ein wahres Wunder, dass Naruto und Kiba diesen Wutausbruch überlebt hatten… Sasuke und Sai zuckten synchron zusammen, als Naruto schon wieder schrie. Sie warfen einander viel sagende Blicke zu. Allmählich wurden sie Beide unruhig. Normalerweise dauerte es nicht so lange. Was war denn heute bloß los? Sorge und Angst keimten in ihnen auf. „Er wird es schon durchstehen…“ Sai versuchte zuversichtlich zu klingen, scheiterte jedoch völlig. Sasuke sagte nichts dazu. Er wusste genau, worauf Sai anspielte. Die letzten zwei Male hatte sich diese Behandlung auch schon sehr in die Länge gezogen… „Du hast es gleich geschafft Naruto, also bleib gefälligst wach, hörst du?“ Sakura hielt ihre Hände über Narutos Stirn, um so seine Schmerzen etwas zu lindern, während Tsunade und Shizune ihre Hände über Narutos Magengegend hielten. Die Hände der drei Medical-Nin schimmerten durch das heilende Chakra grünlich. Naruto hechelte wie ein Hund an einem heißen Sommertag. Seine Sachen und sogar das Laken waren bereits wieder durchgeschwitzt. Es fiel ihn immer schwerer die Augen offen zu halten. „Lasst mich doch endlich in Ruhe“, flüsterte er und es versetzte Sakura einen Stich, als sie diesen wimmernden Tonfall bei ihrem sonst so starken Teamkollegen bemerkte. Naruto, der sonst nie aufgab, schien diese Schmerzen einfach nicht mehr aushalten zu können… Flehend sah Sakura zu Tsunade, die sich konzentriert auf die Unterlippe biss. „Er wird nicht mehr lange durchhalten. Wir sollten aufhören, Hokage-sama.“ „Nein!“ – Tsunades Chakra pulsierte noch etwas stärker – „Wir haben es gleich… Nur noch ein paar Minuten, Naruto! Nur noch ein paar Minuten, dann ist es vorbei, ich verspreche es dir. Gib nicht auf, verstanden?“ Naruto winselte: „Bist du sicher?“ „Vertrau mir… Nur noch dieses eine Mal, dann hast du es überstanden. Du hast das fünf Monate mitgemacht, was bedeutet da schon dieses eine letzte Mal?“ „Schmerzen…“, murmelte Naruto mit leiser werdender Stimme. „Es soll endlich aufhören!“, brüllte er wie ein getroffenes Tier auf, als Tsunade und Shizune die Chakramenge noch etwas erhöhten. „Hört verdammt noch mal endlich auf! Ich kann nicht mehr!“ „Doch! Du kannst noch! Du hast schon ganz andere Dinge gemeistert! Also hör auf zu jammern und reiß dich zusammen!“, brüllte Tsunade ihren Patienten an. „Das sagt sich so leicht“, klagte Naruto und presste die Augen zusammen, um die Tränen zurück zu halten. Sakura musste nun selber mit den Tränen kämpfen. Sie unterbrach ihre Technik und legte stattdessen ihre Stirn an die Narutos: „Halte durch… sei stark… wir sind bei dir…“ Ihre Tränen tropften auf sein Gesicht: „Wie sind bei dir…“ Naruto blinzelte kurz, dann kamen auch ihm die Tränen: „Es ist so kalt… so dunkel…“, wimmerte er und begann, am ganzen Körper zu zittern. „Ich kann nichts mehr sehen… alles schwarz… kein Licht…“ „Wir sind dein Licht, Naruto! Sasuke-kun und Sai-kun… Iruka-sensei und Kakashi-sensei… und die Anderen! Wir sind alle für dich da, Naruto! Halte durch…“ „Wo seid ihr…? Ich finde euch nicht… nur Schatten…“ „Wir sind genau hier, vor dir… du musst nur die Hand ausstrecken“, wisperte Sakura. „Meine Arme sind schwer…“ – Naruto schloss langsam die Augen – „Ich kann sie nicht mehr heben…“ „Doch, du kannst!“, schrie Tsunade. „Du musst es nur wollen! Willst du es? WILLST DU ES? Willst du deinen Traum erfüllen?“ Naruto blinzelte wieder, öffnete mühsam seine Augen: „Meinen Traum…?“ „Der Hokagetitel!“, rief Tsunade und sie und Shizune erhöhten die Chakramenge noch mal. „Egal zu welcher Tages- oder Nachtszeit, in jeden zweiten Satz hast du vom Hokagetitel geschwärmt, weißt du nicht mehr? Du hast groß angegeben, dass du alle anderen Hokage übertreffen wirst, erinnerst du dich?“ „Der Hokagetitel…“, Narutos Brustkorb hob sich nur noch sehr schwerfällig. „So viele Steine auf dem Weg dorthin…“ „Steine, die du mit Leichtigkeit überspringst, Naruto! Du wirst mein Nachfolger, das schon ist beschlossene Sache, hörst du?“ „Ist… das so…?“, Narutos Augenlider wurden schwerer und schwerer. Dennoch zierte ein leises Lächeln seine Züge. „Die Steine… sie sind… zu Bergen… geworden…“ „Dann kletterst du halt drüber!“, erwiderte Tsunade Zähne knirschend. „Und wir helfen dir dabei, so wie du uns geholfen hast.“ Das grünliche Chakra der beiden Frauen flackerte noch einmal stark auf, dann erlosch es vollends. Erschöpft aber auch erleichtert lächelnd ließen sich die Hokage und ihre erste Schülerin auf die Stühle sinken. Sakura richtete sich wieder auf und vergewisserte sich besorgt, dass Narutos Herz weiterhin schlug. Fragend sah sie zu ihrer Lehrmeisterin: „Ist er jetzt endlich gesund?“ „Zumindest das Gift ist endlich aus seinem Körper“, murmelte Tsunade mit matter Stimme. Diese Behandlungen zerrten auch an ihren Kräften… Nach einer kurzen Verschnaufpause untersuchte Tsunade Naruto noch einmal. Zufrieden nickend stellte sie fest, dass die vielen Wunden, die sich wegen des Giftes nicht hatten schließen lassen, endlich begannen zu heilen. Innerhalb weniger Minuten wurde Naruto so alle seine Verbände los. „Er hat noch Fieber“, murmelte Tsunade leise. „Sakura, gib ihn später etwas Vitaminzusatz und versuche noch mal, ob er jetzt vielleicht endlich vernünftig essen kann.“ „Hai, Hokage-sama!“ Die Kunoichi deutete eine leichte Verbeugung in Richtung ihrer Lehrmeisterin an, dann verließ sie mit dem Eimer voller dreckiger Verbände das Zimmer. Erst, als sie die Tür hinter sich geschlossen hatte und die erwartungsvollen und besorgten Gesichter von Sai und Sasuke erblickte, erlaubte sie sich endlich zu lächeln: „Er hat es geschafft… Das Gift ist weg!“ Sie ließ den Eimer achtlos zu Boden fallen und klammerte sich schluchzend an Sasuke: „Er hat es endlich geschafft…“ Sasuke nahm seine Freundin in die Arme, wiegte sie beruhigend hin und her und vergrub sein Gesicht in ihren Haaren, um deren Duft tief einzuatmen. Eine zentnerschwere Last schien von ihm abzufallen, während er Sakura beruhigend zumurmelte: „Psst… alles wird gut… du wirst sehen…“ Sai sammelte die Verbände wieder in den Eimer und verschwand damit. Nach einer zweistündigen Moralpredigt von Sakura hatte er gelernt, dass es so manches Mal besser war, wenn man die Leute in bestimmten Situationen alleine ließ… Müde saß Naruto aufrecht in seinem Bett und starrte zum Fenster hinüber. Es dämmerte bereits. Er hatte also mehr als drei Stunden geschlafen nach der Giftabnahme… Er seufzte schwer und sein Blick wurde trübe. Warum nur fühlte er sich trotz der Tatsache, dass dies heute seine letzte Giftabnahme war, so unendlich mies? Warum verschwand dieser seltsame Knoten in seiner Brust nicht? Außer dem eintönigen „Tick Tack“ der Uhr auf seinem Nachttisch war es in seinen Zimmer vollkommen ruhig. Allmählich wurden die Schatten immer länger, doch es kümmerte ihn nicht. Es gab hier ja ohnehin nichts, das er nicht schon zur genüge kannte… Es klopfte und Naruto zuckte erschrocken zusammen. Er wandte den Kopf zur Tür: „Ja?“ Die Tür öffnete sich langsam und das erste, was Naruto erkennen konnte, war ein gelb-orangefarbener Blumenstrauß. Dahinter schob sich Hinata etwas zögerlich ins Zimmer. Wie fast immer war sie etwas rot im Gesicht. Ein freudiges Grinsen huschte über Narutos Gesicht: „Konban wa, Hinata-chan!“ Sie verbeugte sich leicht und errötete noch ein wenig mehr: „Konban wa, Naruto-kun.“ Sie ging zu seinem Nachttisch und wechselte die Blumen aus. Naruto beobachtete sie dabei und spürte, wie der Knoten allmählich verschwand. Jeden Tag brachte Hinata ihm neue Blumen. Und jedes Mal waren es andere... Er verstand von Ikebana genauso wenig wie von Gen-Jutsus, aber der Anblick von Hinatas bunten Blumensträußen hatte ihn schon so manches Mal aufgeheitert… Sie gaben ihm Kraft und Mut; die Kraft und den Mut, die er benötigte, um weiter zu machen… Als Hinata die alten Blumen wegschaffen wollte, streckte Naruto fordernd die Hand aus: „Du hast doch nicht etwa unsere Abmachung vergessen?“ Er grinste sie breit an. Hinatas Gesicht wurde noch ein wenig dunkler: „N-nein… natürlich nicht.“ Sie hielt ihm den alten Strauß hin und er musterte die Blumen kritisch. Dieses Mal waren es kelchförmige Blumen in den Farben gelb, rot und orange. Eine gefiel ihm besonders, eine orange, deren vier Blütenblätter in der Mitte jeweils von einem dicken weißen Strich durchzogen wurden. Er nahm sich die Blume heraus und reichte sie Hinata, die diese von ihrem Stängel trennte und dann behutsam in ein Buch in der Nachttischschublade hineinlegte. Dann drückte sie die Buchdeckel einmal ganz fest zusammen und öffnete die Seite wieder. Die weiß-orange Blüte war nun ordentlich gepresst. Hinata klebte sie mit Klebeband fest und nahm einen Stift zur Hand. „Wie heißt diese Blume, Hinata-chan?“, fragte Naruto und sah die Hyuuga-Erbin erwartungsvoll an. „Petunie… in der Blumensprache bedeutet das: „Verzage nie“…“ Hinata schrieb den Namen der Blume unter die Blüte, klappte das Buch wieder zusammen und legte es zurück in die Schublade. „Verzage nie…“, Naruto senkte für einen Moment traurig den Blick und betrachtete den Petunien-Strauß auf seinem Schoß. „Manchmal ist das sehr schwierig…“ „A-aber…“, Hinata fand nicht die richtigen Worten und zog stattdessen das Buch wieder heraus. Sie schlug die allererste Seite auf und hielt sie Naruto unter die Nase. Naruto betrachtete das einfache Eichenblatt auf dieser Seite eine Weile, dann sah er lächelnd Hinata zu: „Du hast Mut…“ „Genau“, Hinata lächelte scheu. Naruto blickte noch einmal auf das Eichenblatt, dann deutete er fragend zu den neuen Blumenstrauß, der ausschließlich aus gelben und orangen Blumen mit dicken Blüten bestand, die sich aus vielen winzigen Blütenblättchen zusammensetzten: „Und die?“ Hinata errötete wieder und senkte verlegen den Blick: „Die nennt man Immortelle…“ „Und was bedeuten sie?“ Hinatas Gesicht nahm mit einem Schlag die Farbe einer Tomate an: „I-ich… ich weiß nicht…“ Naruto legte den Kopf schräg und kratzte sich grüblerisch am Hinterkopf: „Hm… ist ja auch egal… Mir gefallen sie jedenfalls.“ Hinatas Gesicht wurde – so fern das überhaupt noch möglich war – noch eine Spur dunkler. Schnell nahm sie sich den Petunien-Strauß und verließ das Zimmer, um die Blumen wegzubringen. Als sie die Tür hinter sich geschlossen hatte, lehnte sie sich erst einmal mit rasend schnell klopfendem Herzen an die Wand: //Ewige Liebe… das bedeuten Immortelle, Naruto-kun…// Ja… Auch nach all den Jahren hatten sich ihre Gefühle für den blonden Querkopf nicht verändert, das heißt… verändert hatten sie sich schon… sie hatten sich verstärkt… Als Kiba ihr und Shino damals erzählt hatte, dass er beim Angriff auf Orochimarus Versteck dabei sein würde, war sie sofort zu Tsunade gegangen, um sich ebenfalls für diese Mission zu melden. Sie wollte Naruto helfen, wo es nur ging… Doch sie hatte versagt… Ihr wäre beinahe das Herz stehen geblieben, als sie Kakashi mit dem fürchterlich zugerichteten Naruto auf dem Rücken gesehen hatte. Eine furchtbar lähmende Angst, dass ihr der wichtigste Mensch in ihren Leben genommen werden könnte, hatte sich in ihr breit gemacht. Unfähig einen klaren Gedanken zu fassen, musste sie von Kiba zurück nach Konoha geführt werden. Ihr panischer Blick wich während des Gewaltmarsches zurück nach Konoha nicht ein einziges Mal von Narutos leblosen Körper… Als Narutos Leben während der einen Woche an einen seidenen Faden hing, konnte sie kein Auge zu machen, geschweige denn etwas essen. Nur mit größter Mühe und sehr vielen guten Zureden hatte Kiba sie ein paar Mal aus dem Warteraum zerren können, damit sie etwas frische Luft schnappen konnte. Als dann die vorläufige Entwarnung kam, fiel sie vor lauter Erleichterung in Ohnmacht und schlief fast drei Tage durch… Danach stand sie jeden Tag stundenlang vor der dicken Glasscheibe, die Einblick in Narutos Quarantänezimmer gestattete. Es hatte jedes Mal viel Überredung von Kiba oder Sakura bedurft, bis sie am Abend endlich nach hause gegangen war… Und dann kam die Nachricht von Narutos Erwachen… Hinata wäre Kiba, der ihr während des Trainings davon berichtete, vor lauter Freude beinahe um den Hals gefallen. Dann ging sie das erste Mal mit Kiba und Shino Naruto besuchen und wäre beinahe gestorben vor Schreck, als sie Narutos matten Blick gesehen hatte, in dem sie nur Müdigkeit und Erschöpfung hatte finden können… Mehrere Wochen und Monate ging sie nur noch mit Kiba oder Shino zusammen in Narutos Zimmer, aus Angst, sie könnte ihn eines Tages nicht mehr erkennen… Doch dann… vor etwa einem Monat… „Oh, Shit!“, Kiba fasste sich mit panisch geweiteten Augen an die Stirn und zog somit Narutos und Hinatas Aufmerksamkeit auf sich. „Ich hab ganz vergessen, dass ich noch ein paar Medizinzutaten für Hananee-chan besorgen sollte!“ Der Inuzuka sprang von seinem Stuhl auf und eilte zur Tür, Akamaru folgte ihm auf dem Fuße. „H-hey!“, etwas perplex starrte Naruto dem Braunhaarigen nach. „Tut mir ja Leid, Naruto, aber wenn ich Hananee-chan diese Zutaten nicht rechtzeitig bringe, macht sie mich glatt einen Kopf kürzer“, Kiba zwinkerte noch einmal Hinata zu, dann verschwanden er und Akamaru einfach. „Na, das nenn ich ja mal einen Krankenbesuch… Nicht mal fünf Minuten war er da“, maulte Naruto und verschränkte beleidigt die Arme vor der Brust, während er sich in seine Kissen plumpsen ließ. „Kiba-kun meint e-es sicher nicht so… Seine Schwester ist d-doch Tierärztin…“, stotterte Hinata vor sich hin. Naruto nickte nachdenklich und sah etwas beschämt drein: „Du hast wohl Recht, Hinata-chan. Das geht natürlich vor…“ Dann herrschte Schweigen zwischen ihnen. Naruto wusste nichts Gescheites zu sagen und Hinata traute sich ohnehin nicht. Sie saß wie auf glühenden Kohlen da und wäre am liebsten im Boden versunken. Eine Weile grübelten sie vor sich hin und Narutos Augen wurden wieder einmal so erschreckend dunkel: „Morgen ist doch dieses Sommerfest, oder Hinata-chan?“ „J-ja…“ Worauf wollte Naruto denn nun hinaus? „Gehst du hin?“, fragte Naruto leise und starrte weiterhin stur nach oben zur eintönigen Decke. „Nein…“ Naruto wandte ihr etwas erstaunt den Kopf zu: „Warum denn nicht? Kiba geht doch sicher hin, oder?“ „J-ja… A-aber… ich…“, Hinata errötete und senkte den Blick. Naruto musterte Hinata verwirrt: „Das wird doch sicher ein Heidenspaß! Wirklich jeder geht hin! Sogar Teme hat sich von Sakura-chan breitschlagen lassen… Ich würde auch gerne hingehen…“ Naruto sah schnell wieder zur Zimmerdecke hinauf, als wäre diese furchtbar interessant. „I-ich…“ – Hinata holte tief Luft, um so Mut zu schöpfen – „Ich mag solche Feste nicht. Da sind mir zu viele Leute und es wird andauernd geschubst und gedrängelt…“ Naruto blickte Hinata in die fliederfarbenen Augen. Die Kunoichi musste schlucken. Bei diesem Blick bekam sie eine richtige Gänsehaut… „Wenn man mit Freunden hingeht, kann es wirklich sehr lustig sein… glaube ich zumindest…“, murmelte Naruto und sein Blick nahm einen wehmütigen Ausdruck an, bei dem es Hinata beinahe das Herz zerriss. Hinata nahm all ihren Mut zusammen: „S-soll ich dich m-morgen besuche kommen?“ Narutos Augen weiteten sich vor Überraschung: „Das… das würdest du tun?“ „W-wenn du magst…“, Hinata sah wieder zu Boden. //Warum sollte er das wollen? Er würde doch sicher viel lieber mit irgendjemandem rumalbern…// „Ich würde mich wirklich sehr freuen…“, Naruto schenkte Hinata ein dankbares Lächeln, sodass ihr gleich wieder warm im Gesicht wurde… Am darauf folgenden Tag besuchte Hinata Naruto wirklich… und sie brachte ihm zum ersten Mal einen Blumenstrauß mit… Mit wild klopfendem Herzen stand Hinata nun schon seit geschlagenen zehn Minuten vor der Tür. Immer noch traute sie sich nicht anzuklopfen und hineinzugehen… Ihre zitternden Hände hielten ihr Mitbringsel fest umklammert. Sie trat einen Schritt zurück. Vermutlich hatte Naruto das gestern nur zu ihr gesagt, weil ja sonst niemand kommen würde. Sie würde ihn sicher nur langweilen… Andererseits… - sie trat wieder einen Schritt nach vorn und hob die Hand – andererseits… hätte Naruto ihr dann gestern gar nicht erst gesagt, dass er sich freuen würde… Das wäre nicht seine Art, andere zu belügen… Sie klopfte an, einmal… zweimal… Vom Inneren des Zimmers waren ein lautes Krachen und ein leiser Schmerzensschrei zu hören. Erschrocken riss Hinata die Tür auf… Im nächsten Moment musste sie sich das Lachen verbeißen. Naruto saß vor sich hin fluchend und wetternd und sich den offenbar schmerzenden Kopf reibend neben dem umgekippten Stuhl, dessen eines Stuhlbein geborsten war. „Von wegen, im Krankenhaus wird man gesund“, grummelte Naruto verärgert. „Diese Uralt-Möbel sind ja lebensgefährlich!“ Als er Hinata bemerkte, die immer noch ein wenig überrascht im Türrahmen stand, grinste er verlegen und kratzte sich am Hinterkopf: „Dieses dämliche Stuhlbein ist kaputt gegangen…“ Hinata konnte nicht anders. Sie musste einfach loskichern. Naruto zog eine beleidigte Schnute und rappelte sich ungeschickt wieder auf. Schnell hatte Hinata sich wieder im Griff und eilte ihm zur Hilfe. Kurz darauf saß Naruto bereits wieder in seinem Bett, nachdem er sich vorher peinlichst genau überzeugt hatte, dass es sein Gewicht auch weiterhin tragen würde. Erst jetzt kam er auf die Idee, Hinata anständig zu begrüßen: „Schön, dass du wirklich gekommen bist, Hinata-chan.“ Angesprochene lief wieder etwas rot an und senkte wie so oft den Blick: „I-ich habe es doch versprochen…“ Naruto sah sie ernst an: „Ich hätte es verstanden, wenn du lieber mit Kiba und Shino-“ „Nein!“, Hinatas Kopf ruckte hoch. Etwas erstaunt sah Naruto sie an: „Hinata-chan…“ „I-ich meine… ich…“, Hinata scharrte nervös mit dem Fuß und starrte nicht mehr in Narutos azurblaue Augen sondern wieder auf seine weiße Bettdecke. Ein Lächeln huschte über die Züge des Blonden: „Domo Arigatou, Hinata-chan…“ Wieder einmal herrschte Schweigen zwischen ihnen, bis Naruto Hinatas Mitbringsel bemerkte, das sie vorher schnell auf dem Nachttisch abgelegt hatte, als sie Naruto zur Hilfe eilen wollte. „Was ist das?“, fragte er und deutete neugierig darauf. Hinata wurde wieder rot: „E-ein Geschenk…“ „Für mich?“, Naruto schielte erwartungsvoll zum Nachttisch hinüber. Hinata beeilte sich, es ihn zu geben. Als er jedoch sah, was es war, machte er einen recht ratlosen Eindruck: „Das ist ein Zweig…?“ „J-ja… ein Eichenzweig…“ – Hinatas Finger machten sich wieder einmal selbstständig und stupsten immer wieder aneinander – „In der Blumensprache-“ „Blumensprache? Das Gemüse kann sprechen?“, Narutos Gesicht schien ein einziges Fragezeichen zu sein. „N-nein… Nicht direkt… E-es ist ein Symbol…“ „Ein Symbol? Wofür?“ „E-ein Eichenzweig bedeutet soviel wie: „Du hast Mut““, murmelte Hinata leise vor sich und sah zu Boden. Vielleicht war das mit dem Eichenzweig doch keine so gute Idee. Vielleicht hätte sie ihm einfach eine Packung Fertig-Ramen bringen sollen… „Ein Symbol für Mut?“, hakte Naruto nach und betrachtete den Zweig nun nachdenklich. Er tastete mit seiner freien Hand nach seiner Halskette und umschloss diese fest. „Domo Arigatou, Hinata-chan!“, er schenkte ihr ein strahlendes Lächeln. Hinata sah auf und blickte Naruto erstaunt in die Augen. Nicht ein Fünkchen Lüge konnte sie in diesen ozeanblauen Augen erkennen. Nur Dankbarkeit und… Wärme… diese einzigartige Wärme, wie nur Naruto sie ausstrahlen konnte… „Hinata-chan?“ Die Hyuuga-Erbin blieb stehen, drehte sich um und erblickte Sakura, die zu ihr geeilt kam. In den Händen hielt die Kunoichi ein voll beladenes Tablett. „Würdest du das hier bitte zu Naruto bringen? Ich muss schnell weiter… Und achte bitte darauf, dass er die Tabletten auch nimmt…“ „Hai…“ Hinata übernahm das Tablett und machte sich wieder auf den Weg zu Narutos Zimmer. Die Blumen hatte sie bereits weggebracht. Als sie die Zimmertür öffnete, wurde sie sogleich von Naruto begrüßt: „Da bist du ja endlich!“ Naruto bemerkte das Tablett und legte mit fragender Miene den Kopf schräg: „Nani? Was ist das?“ „Sakura-chan hat es mir für dich mitgegeben“, erklärte Hinata und schloss die Tür hinter sich, während sie das Tablett mit nur einer Hand balancierte. Dann ging zu Narutos Bett hinüber und stellte ihm das in verschiedene Bereiche eingeteilte und mit unterschiedlichen Gerichten gefüllte Speisetablett auf dem Schoss ab. Wenig begeistert starrte Naruto zu seinem Abendessen hinunter: „Kann man das wirklich essen?“, fragte er und verzog leicht angeekelt das Gesicht, als er mit einen Stäbchen in einer undefinierbaren, grünen Paste herumstocherte. Er probierte ein kleines bisschen davon und wurde sofort grünlich im Gesicht: „Es gehen entschieden zu viele Missionseinnahmen für Obaa-chans Spiel- und Alkoholsucht drauf, sonst gäbe es hier was vernünftiges zu essen…“ Hinata kicherte leise: „S-soll ich dir morgen vielleicht etwas vom Ichiraku mitbringen?“ Mit strahlenden Augen sah Naruto an: „Meine Retterin!“ Hinatas Gesicht wechselte schneller auf Rot als Inos Gesicht damals bei Sais Frage nach einem Date. Vollkommen aus der Fassung geraten stupste die Hyuuga wieder einmal ihre Finger aneinander und sah verlegen zu Boden. Naruto suchte noch eine Weile nach etwas genießbarem auf seinem Tablett, gab es jedoch nach einer Viertelstunde auf: „Woher die diesen Chemiemüll haben, wüsste ich mal gerne…“, murrte er und schob das Tablett auf den Nachttisch. Eine Weile schwiegen sie einfach nur. Doch inzwischen war es kein unangenehmes Schweigen mehr, auch kein peinlich berührtes Schweigen… Sie blieben einfach ruhig, denn sie hatten sich im Grunde nichts weiter zu sagen… noch nicht… Seit Hinata Naruto damals den Eichenzweig geschenkt hatte, besuchte sie ihn wirklich jeden Tag und brachte ihm jedes Mal eine andere Blumensorte mit. Immergrün, Geißblatt, Vinca… Hinata war heilfroh, dass Naruto absolut keine Ahnung von Ikebana hatte und somit auch nicht über die wahre Bedeutung vieler dieser Blumen nachdachte… Denn es waren immer wieder stumme Hinweise Hinatas über ihre wahren Gefühle für Naruto… Geißblatt stand für „Gib mir Hoffnung“, Vinca und Immergrün für „Erinnerung“… Schon am Tag nach dem Fest war Naruto auf die Idee mit den Büchlein gekommen. Wirklich jeden Tag klebten sie seitdem eine neue Blüte in das kleine Handbuch, das Naruto von Iruka ursprünglich für Notizen über Ninja-Regeln und –Techniken bekommen hatte. Für Naruto war es eine Art Spiel, das ihn viel Freude bereitete und von seinen Alpträumen ablenkte; für Hinata war es ein Beweis ihrer Freundschaft, von der sie hoffte, dass eines Tages mehr daraus werden würde… Hinata fielen die Tabletten wieder ein. Sie nahm sich das kleine Döschen vom Tablett und holte die drei Tabletten heraus. Als Naruto die weiß-blauen Kapseln sah, verzog er angewidert das Gesicht: „Muss das denn wirklich sein?“, maulte er. Hinata zuckte etwas hilflos die Schultern und goss in das Glas, das genau wie die Wasserkanne auf dem Nachttisch stand, etwas Wasser. Sie reichte Naruto die Tabletten und das Wasserglas: „Sakura-chan hat mich gebeten, darauf Acht zu geben, dass du sie wirklich nimmst…“ Naruto grummelte noch etwas vor sich hin, schluckte die Tabletten jedoch schließlich und trank gleich das ganze Glas leer. „Bäh…! Warum muss Medizin immer so eklig schmecken?“, beschwerte sich Naruto und stellte das Glas auf den Nachttisch. „Das gibt Rache an Obaa-chan, das schwör ich dir!“ Hinata musste wieder kichern. Naruto legte wieder einmal den Kopf schräg und sah sie fragend an: „Nani? Was ist so lustig?“ Die Kunoichi fasste sich wieder und lächelte etwas verlegen. „N-niemand sonst wagt es, sich mit Tsunade-sama anzulegen… und du tust es fast jeden Tag… Man könnte meinen, ihr wäret Geschwister…“ „Bloß nicht!“ – Naruto sah entsetzt drein – „Obaa-chan als große Schwester…“ – er schüttelte entschieden den Kopf – „Da würde ich ja sterben…“ Naruto sah dabei so belämmert drein, dass Hinata nicht anders konnte, als wieder los zu prusten. Sie kicherte leise und nach ein paar Sekunden fiel Naruto lachend ein. Ohne dass einer der Beiden es bemerkte, steckten sie sich so gegenseitig an und wurde immer lauter… Die Schritte eines einzelnen Mannes hallten gespenstisch laut in den verlassenen Gängen wider. In diesem Krankenhaustrakt war am Abend kaum noch jemand unterwegs. Auch in den meisten Zimmern war das Licht bereits aus… Der Mann mit den braunen, zu einem Zopf gebundenen Haaren und der Narbe, die sich über seine Nase zog, beeilte sich. Er wollte noch jemanden besuchen… und zwar bevor die Besuchszeit vorbei war. Also hatte er gerade mal eine halbe Stunde Zeit… Der Mann, der wohl so um die dreißig Jahre alt war, seufzte frustriert. Er wollte eigentlich viel mehr Zeit mit seinem Schützling verbringen, aber es gab wieder einmal viel zu tun in der Akademie. Und die Schüler machten es ihm auch nicht gerade leicht… Schnödes Auswendiglernen der Ninja-Grundsätze war nicht unbedingt der Hit für sie, was sie zu allen möglichen Unfug verleitete… Endlich kam der braunhaarige Mann im richtigen Flur an und strebte nun einer Tür am Ende dieses Flures zu. Als er davor stand und die Hand erhob, um anzuklopfen, konnte er leises Lachen hören. Die eine – lautere – Stimme gehörte dem Schützling des Mannes… aber die andere… der Mann presste ein Ohr an die Tür und lauschte neugierig… Es war eine Mädchenstimme… anfangs noch ein wenig unsicher wurde auch deren Lachen immer lauter und ausgelassener. Der Mann lächelte und trat wieder einen halben Schritt zurück. Er lauschte eine Weile dem herzlichen Gelächter und sein Lächeln wurde immer breiter und wärmer. Es tat gut, diese Jungenstimme so befreit lachen zu hören… so gut… Schließlich seufzte der Mann tonlos und legte die Hand auf die Klinke. So gern er einfach nur stehen geblieben wäre, um diesen Lachen zu zu hören… Er wollte schließlich wissen, wie es seinem Schützling denn nun ging… Naruto und Hinata lachten immer noch, als es auf einmal klopfte und ein braunhaariger Mann eintrat. Iruka Umino, Lehrer an der Akademie und für Naruto schon beinahe so etwas wie ein Vater, ging breit lächelnd auf Narutos Bett zu: „Wie ich höre, geht´s dir schon wieder gut, hm?“ Naruto grinste Hinata kurz dankbar an, dann wandte er sich maulend seinem ehemaligen Sensei zu: „Mir ginge es bedeutend besser, wenn du mir was vom Ichiraku mitgebracht hättest, Iruka-sensei!“ Iruka verdrehte spielerisch verzweifelt die Augen und ruderte ebenso gespielt hilflos mit den Armen, als flehe er die Götter um Kraft an: „Es lässt sich nun mal nicht ändern, dass das Ichiraku am Freitag früher zumacht.“ „Dann hättest du dich halt beeilen müssen“, grummelte Naruto, verschränkte beleidigt die Arme vor der Brust und sah zur Seite. „Das ging dank Konohamaru und seinen Freunden leider nicht“, seufzte Iruka genervt. Naruto legte den Kopf schräg: „Hä? Was hat er denn angestellt?“ „Er war einfach nur viel zu lange mit dir zusammen“, seufzte Iruka erneut und Hinata musste lächeln. „Ich versteh nur Bahnhof“, knurrte Naruto. „Könntest du mich bitte mal aufklären?“ „Konohamaru und der Rest der Klasse haben deine „selbstentwickelte Verwandlungskunst“ vor dem neuen Lehrer angewandt, woraufhin dieser erst einmal für ein paar Stunden ausgeknockt worden ist“, erklärte Iruka in Kurzfassung. „Dann taugt er ohnehin nichts zum Lehrer, wenn er das nicht abkann“, grinste Naruto frech und rieb sich nachdenklich das Kinn. „Aber ich scheine wohl ein guter Lehrer zu sein…“ „Ein guter Lehrer bringt seinen Schülern nicht so einen Blödsinn bei, Naruto“, entrüstete sich Iruka. Naruto streckte dem Akademielehrer die Zunge raus: „Pech gehabt!“ Hinata musste ein Kichern unterdrücken, aber als dabei ihr Blick auf die Uhr fiel, erschrak sie und sprang auf: „Gomenasai, aber ich muss nach hause…“ „Och Menno“, maulte Naruto, woraufhin Hinata errötete. Sie ging zur Tür und verbeugte sich noch einmal, bevor sie sie öffnete: „Oyasuminasai… Naruto-kun… Iruka-sensei…“ „Und vergiss dein Versprechen nicht“, grinste Naruto sie breit an. „N-natürlich nicht“, ließ Hinata sich verlauten, dann trat auf den Flur hinaus und schloss die Tür hinter sich. „Was für ein Versprechen denn?“, hakte Iruka mit hochgezogenen Augenbrauen nach. „Morgen krieg ich endlich mal was vernünftiges zu essen“, feixte Naruto nur. „Aha…“, Iruka grinste ebenfalls, wenn auch aus einen anderen Grund. Naruto schien noch immer nicht mitgekriegt zu haben, dass Hinata in ihn verliebt war. Aber zumindest schien auch er für sie Gefühle zu hegen, auch wenn ihm das wohl noch nicht so wirklich klar war. Und da Hinata viel zu schüchtern war, um Naruto in nächster Zeit ihre Liebe zu gestehen, würde das wohl noch eine ganze Weile mit den Beiden dauern… Iruka stand ebenfalls auf und deutete bedauernd auf die Uhr: „Ich muss dann wohl…“ „Wie fies“, murrte Naruto. „Kommst du mich morgen mal früher besuchen, Iruka-sensei?“ Er sah bettelnd drein. „Ich werde sehen, was sich machen lässt“, versprach Iruka seinem ehemaligen Schüler lächelnd, dann ging er zur Tür. „Mata ne, Naruto.“ „Mata ne, Iruka-sensei.“ Ein letztes Lächeln wurde ausgetauscht, dann verließ der Braunhaarige das Zimmer. Naruto ließ sich glücklich seufzend in seine Kissen sinken und verschränkte die Arme hinterm Kopf. Er wusste ganz genau, dass Iruka eigentlich kaum Zeit hatte, um ihn zu besuchen und dennoch kam er genau wie Hinata jeden Tag und heiterte ihn auf. Für Außenstehende sah es immer so aus, als würde sie einander nur ärgern, doch das war ihre Art einander Gesellschaft zu leisten… Es machte ihnen beiden Spaß… Naruto gähnte müde und schloss die Augen. Seltsamerweise tauchte vor seinem inneren Auge wieder einmal Hinatas schüchternes Lächeln auf. Er öffnete die Augen wieder und starrte zur Decke hoch. Hinata war wirklich nett und er mochte sie sehr, aber warum tauchte sie in letzter Zeit immer öfter in seinen Gedanken auf? Lag das an ihren inzwischen täglichen Besuchen und ihrem gemeinsamen „Blumenspiel“? Naruto gähnte wieder. Er fand einfach keine Antwort auf diese Fragen… Aber im Moment war er sowieso viel zu müde dafür… Diese Nacht war er wieder in Kyubis Käfig und wieder sagte ihn die Fuchsbestie seine baldige Niederlage voraus… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)