Tenshi no tatakai von Cannira (Aufstand der Engel) ================================================================================ Kapitel 1: Der Engel -------------------- In einem fernen Land, lange vor Anbeginn der Zeit, lebten Menschen und Engel in Frieden miteinander. Die Welt, so wie sie bestand, war wunderschön. Aber eines Tages, als die Zeit zu laufen begann, begann auch der größte Krieg in der Geschichte der Menschen und Engel. Die Engel griffen die Menschen ohne Vorwarnung an. Die sonst schneeweißen Flügel der Engel hatten sich schwarz gefärbt, schwärzer als die Nacht. Kein Mensch wusste warum dies gesehen war. Die Menschen flüchteten aus den großen Städten hinaus auf das Land. Der Grund, warum die Engel die Menschen angriffen, blieb verborgen, nicht einmal die Engel wussten, warum sie dies taten. Es wurde ihnen befohlen. Von wem? Von dem, der diese Welt erschuf. Jener der die Zeit, das Leben, alles was in dieser Welt existiert erschaffen hat. Der Allmächtige, ... Gott! Die einfachen Engel sahen ihn nie. Es sei denn, er wollte sie sprechen. Was jedoch selten geschah. Gott ernannte vier Engel, die ihm als Kriegsrat zur Seite standen. Er gab diesen Engeln, den Namen Bene Elohim Fürsten. Diese Engel waren nur zusammen in der Lage Gott von seinem Thron zu stoßen und einen neuen zu ernennen. Wenn dies der Fall wäre müssten sie sich in kürzester Zeit, entscheiden wen sie wählen würden. Denn sonst würde das Himmelsreich mitsamt allen Engeln untergehen. Gott verteilte sie in die vier Himmelsrichtungen, doch einen nahm er mit zu sich. Der Anführer der Armee der Engel des Nordens, war ein Engel mit schwarzen Flügeln, schwärzer als eine Mond- und Sternlose Nacht. Seine Haare waren fast noch dunkler als seine schwarzen Flügel. Die Augen wie zwei leuchtende Bernsteine. Die Menschen nannten ihn Kehzimah, was in ihrer Sprache soviel wie "dunkler Kriege" hieß. Die Engel griffen die Menschen ohne Gnade an. Dörfer wurden niedergebrannt, Städte angegriffen. Die Menschen waren verzweifelt. Der König, der dieses Teil des Landes regierte, musste etwas unternehmen, doch seine Minister hatten Angst, wie das Volk auch. Sie rieten ihm, bei einem der anderen Könige Verstärkung anzufordern. Doch er wusste nur allzu gut wie es in den anderen Königreichen aussah. "Die Könige in den anderen Reichen haben die gleichen Probleme wie wir auch. Ich habe meine Nichte schließlich nicht ohne Grund hier aufgenommen, ihre Eltern sind bei einem Angriff der Engel ungekommen. ...", der König stützte sich auf dem großen Holztisch ab, vor dem er stand. Verzweiflung war in seinem Blick. Seine Nichte war die einzige die aus seiner Familie überlebt hatte. Wenn er einmal nicht mehr sein würde, müsste sie seinen Platz einnehmen. Er musste sie um jeden Preis schützen. Sie berieten die ganze Nacht hindurch, die Sonne war noch nicht aufgegangen. Still stand eine junge Frau vor der Türe. Sie hatte gehört was der König gesagt hatte. Schweigend warf sie noch einen Blick durch die Tür und ging dann. Die junge Frau schlich sich über den Hof des Schlosses zum Tor. Sie war angezogen wie eine Bedienstete. Eine der Wachen die am Tor standen sagte zu ihr: "Nennt mir den Grund warum ihr das Schloss verlassen wollt!" Sie antwortete: "Werter Herr, ich wurde geschickt Kräuter zu sammeln. Sie sind morgens am besten und ...". "Schon gut, geht nur. Doch seit vorsichtig". Die Frau ging hinaus, und verschwand schon bald in einem Wald. Es war ein Tag am dem der Krieg nicht so schlimm wie sonst war. Die junge Frau aus dem Schloss, war auf dem Weg zu einem Engel. Auf der Suche nach einem Weg wie sie hoch in die Stadt der Engel, Brannagh, gelangen konnte wanderte sie eine lange Straße lang, quer durch eine zerstörte Berglandschaft. In der Hoffnung, irgendwann auf einen Engel zu treffen, der sie hochfliegen könnte, ging sie immer weiter und weiter. Doch jedes mal wenn sie um eine Kurve kam und dachte, ein Engel würde ihr begegnen, hatte sie große Angst, sie könne sterben, bevor sie den Engel begegnete, den sie treffen wollte. Sie war schon den ganzen Tag unterwegs, ohne auf einen einzigen Engel gestoßen zu sein. Langsam gab sie die Hoffnung auf, dass sie heute noch auf einen Engel treffen könnte. Die Sonne ging schon unter, die Täler wurden schon dunkel. Das Schloss welches sie heute Morgen verlassen hatte, konnte sie nicht mehr erkennen. Ihre Füße taten schrecklich weh. Sie setzte sich auf einen Stein und streckte ihre Beine in die Länge. Sie räkelte sich und gähnte. Ein Geräusch schreckte sie hoch. Sie sah um sich. Der Wind rauschte, Sand wurde verweht. In der Nähe eines alten verkohlten Baumes sah sie ein Wesen stehen. Sie stand auf, und sah das Wesen an. Erst stand sie still, doch sie ergriff allen ihren Mut, und ging auf das Wesen zu. Kaum war sie zwei Schritte gegangen, blieb sie wieder stehen. Sie konnte sehen, dass das Wesen Flügel hatte. Es war tatsächlich ein Engel. Ihr Herz pochte laut, die Angst ließ sie zögern. Ein weiterer Windstoß wehte eine schwarze Feder in ihre Richtung, und blieb vor ihren Füßen liegen. Sie sah wieder in Richtung des Engels und ging weiter. Sie nahm sich zusammen und rief: "Hey, du!". Der Engel drehte sich zu ihr um. Mit dunklen und wütenden Augen sah der Engel sie an und sagte: "Was willst du?". Sie war sehr eingeschüchtert von der zürnenden Stimme des Engels, aber sie nahm noch mal allen Mut zusammen, sah dem Engel tief in die Augen und sagte: "Bring mich nach Brannagh, bring mich zu Kehzimah!" Der Engel sah sie an. Im ersten Moment wusste er nicht wovon sie redete, doch dann fing er an laut zu Lachen. Die junge Frau wusste nicht was sie tun konnte, sie wusste nicht was sie getan hatte. Der Engel hörte auf zu lachen und sagte ernst: »Wenn ich dich nach Brannagh bringe, wirst du sterben! Zeru~sama mag keine Frauen wie dich! Dummer Mensch!". "Zeru~sama!" wiederholte sie leise. Der Engel sagte: "Zeru~sama ist derjenige, den du Kehzimah nennst! Bist du sicher, dass du dort hin willst? ". Der Engel dachte sich im stillen "Zeru~sama wird seinen Spaß haben." Die Frau antwortete: "Ja, ich will dort hin! Ich muss mit ihm reden!" Der Engel begann noch mal zu lachen, aber diesmal war es ein freundliches Lachen. Er sagte: "Komm, ich werde dich nach Brannagh bringen." Er drehte sich um, sie kletterte auf seinen Rücken. Er sagte: "Halte dich gut fest!" Dann öffnete er seine Schwingen und hob ab in Richtung Himmel. Sie sah runter auf die Erde, alles wurde immer kleiner und kleiner. Sie flogen so hoch, dass sie das Schloss ihres Onkels wieder sehen konnte. Es dauerte einige Zeit bis sie in der Stadt der Engel angekommen waren. Doch als sie ankamen glaubte sie ihren Augen nicht. Die Stadt der Engel war größer als die größte Stadt der Menschen. Und sie war aus Stein! Eine ganze Stadt aus Stein, die im Himmel schwebte. Die Stadt war Rot erleuchtet von der untergehenden Sonne. Die riesigen Fenster in den Gebäuden der Häuser spiegelten die letzten Sonnenstrahlen wieder. Die ganze Stadt war in ein leuchtendes Rot eingetaucht. Es schien so, als ob die Häuser die letzte Wärme des Tages in sich aufsaugen würden, damit die Engel in ihren Häusern nicht frieren. Sie stand am Rand der großen Stadt und sah über den Rand hinaus. Sie beobachtete den Sonnenuntergang, er schien völlig anders zu sein als wenn man ihn von der Erde aus beobachtete. Der Engel ging fort, sie ging ihm hinterher. Er führte sie quer durch die Stadt. Sie sah sich um, es kam ihr vor, als wenn aus den Häusern tausende Engelaugen sie anstarren würden. Sie verspürte ein ziemlich beklemmendes Gefühl. Ständig sah sie sich um. Für kurze Zeit hatte sie den Engel aus den Augen verloren. Doch sie rannte ihm hinterher und fand ihn dann doch wieder. Sie gingen über den Hof eines Palastes. Die Mauern waren weit auseinander, es kam ihr vor als ob sie von Horizont zu Horizont, in alle vier Himmelsrichtungen gehen würden. Der Engel führte sie vor ein riesiges Gebäude, mit einer ebensogroßen Tür. Dort blieb er stehen. "Dort drinnen ist Zeru~sama, ich werde aber nicht weiter gehen! Diesen Weg wirst du alleine beschreiten!" Der Engel grinste vor sich hin und öffnete die Tür. Nur zögernd trat sie in die große Halle. Sie war in einem großen, dunklen Raum. Man konnte das andere Ende nicht erkennen, sie versuchte sich in dem Raum zu orientieren. Sie sah zurück zu der Tür, doch in diesem Moment schloss sie sich. Sie drehte sich um und tastete die Tür ab, sie suchte nach einem Türgriff zum öffnen doch sie fand keinen. Ihr Herz pochte so laut, dass es schon fast aus der Dunkelheit widerhallte. Ein Lachen kam aus einem anderen Ende des Raumes. Sie drehte sich um und versuchte zu erkennen, woher das Lachen kam, sie sah sich um und ging los. Erst unsicher und langsam, doch immer sicherer und schneller, bis sie schließlich zu laufen begann. Ihre Schritte hallten zu ihr zurück. Sie konnte ein kleines Licht weit entfernt erkennen. Sie ging wieder langsamer. Ihr Atem hallte von den weit entfernten Wänden wieder. Sie rief: "Hallo!" Ihr Ruf verklang im Dunkeln. "Ich weiß, dass du hier bist! ... " Ihre Stimme klang unsicher. Sie ging weiter, während sie nach ihm rief. Ängstlich drehte sie sich in dem riesigen Raum umher, sie konnte nicht erkennen woher das Lachen gekommen war. Sie ging immer weiter in Richtung des Lichtes. Sie war sich nicht sicher was sie erwarten würde. Dennoch ging sie weiter. Ein grausames Lachen ertönte, sie blieb stehen. Das Lachen verklang, wie ihre Schritte in dem großen Raum. "Komm, ... komm und fordere mich heraus!", rief eine düstere männliche Stimme, "Wenn du es wagst! ... Du wirst scheitern", fügte die Stimme noch leise hinzu. Die junge Frau hatte verstanden, was er gesagt hatte. Sie rannte entschlossen auf die Stimme zu und blieb einige Meter vor einer Art Vogelstatue stehen. Mit einmal fingen die Augen der Statue an zu leuchten. Sie wich einen Schritt zurück, ging den Schritt dann wieder nach vorne. "Du bist gekommen, deinen eigenen Tod hinterher zujagen!", die Stimme kam aus Richtung der Statue. "Du ... du hast alles vernichtet, ... Alles! ... Hör damit auf! Dieser Krieg ist doch sinnlos! ... Wir Menschen haben euch Engeln doch nie etwas getan!", versuchte sie zu erklären. "Wirklich, bist du dir da so sicher! Ist wirklich alles vernichtet? ... Sieh hinaus", Zeru~sama öffnete ein Fenster, "sieh dort ist deine Familie! Sie warten auf dich!" Sie sah hinaus, Tränen stiegen in ihre Augen, sie sah zu der Figur hin und schrie wütend: "Das war meine Familie ... du benutzt sie als deine Marionetten, in diesem sinnlosen Krieg!" "Wie scharfsinnig von dir!", bemerkte die Stimme. Während die Stimme sprach, kam die Statue näher zu ihr hin. "Ein Mensch wie du, kann mich nicht besiegen!" Sie sah ihm in die Augen. Er ergriff sein Schwert um sie zu töten. Die Junge Frau sah keine Hoffnung mehr, kniete sich auf den Boden und wartete auf den alles beendenden Schwerthieb. Doch nichts geschah! Sie sah hoch, in die Bernseinfarbenen Augen des Engels. Das Schwert, das er in den Händen hielt, war aus Kristall. Sie sah durch das Kristall hindurch. Durch das Schwert betrachtet hatte der Engel weiße Flügel, und keine schwarzen. Das erstaunte sie doch sehr. Aber genauso wie sie durch das Schwert sehen konnte, konnte auch der Engel durch das Schwert sehen. Er sah eine Gestalt die ihm bekannt vorkam. Er fing an zu grinsen. Dieses Grinsen beunruhigte die junge Frau. Er reichte ihr die Hand. "Steh auf, Mensch!", sagte der Engel streng, und sprach weiter: "Ich gebe dir eine einzige Chance zu überleben. Überlege es dir gut! Wenn du zurück zur Erde willst, werde ich dich nicht aufhalten, doch dort wirst du sterben." Er trat näher an sie heran, und seine schwarzen Flügel entfalteten sich zur vollen Größe. Das Herz der Frau Herz pochte laut. Der Engel konnte dies spüren. Eine grausige Stille trat ein, die nur von ihrer Atmung unterbrochen wurde. Diese Stille war kaum zu ertragen, sie drückte geradezu auf ihren Körper. Der Engel hatte noch immer ein Grinsen im Gesicht, was sie nicht gerade ermutigte zu sprechen. "Wie lautet dein Name?", fragte der Engel schließlich. Seine Worte hallten von allen Seiten des Raumes wieder, und drangen tief in ihren Geist ein. "Mein ... mein Name ist ...", begann sie, "mein Name ist Chise. Ich bin die Nichte des Königs von Dorlon ... Ich fordere Genugtuung der Engel gegenüber der Taten die sie den Menschen angetan haben." "Du hast dir große Ziele gesetzt, kleiner Mensch, Chise! Glaubst du denn auch, dass du etwas erreichen kannst?" "Ich werde hier nicht weggehen, bis ich etwas erreicht habe! Nun führe du mich zu eurem Anführer, diesem Zeru~sama!", sie wedelte mit ihren Armen umher. Wieder trat anstelle von Worten eine eisige Stille ein. Doch schließlich fing der Engel an laut zu lachen. "Du willst zu Zeru~sama? ...". Chise sah ihn entschlossen an. "Du bist bereits bei Zeru~sama! Ich bin der Engel, zu dem du willst!" Chises Herz blieb für einen Moment lang stehen. Leise sagte sie: "Du bist ... Zeru~sama?" "Ja, der bin ich!" Angst kochte in ihr hoch, Angst wie sie sie noch nie zuvor im Leben gespürt hatte. Todesangst! Zeru~sama erfreute dies. Menschen in Angst zu versetzen, die man nicht beschreiben konnte. Das Lachen des Engels verstummte langsam. Der Engel drehte sich von ihr weg, und sagte: "Du wirst hier bleiben, ... und zum Engel werden!" Chise traute sich nicht etwas zu sagen, sie wusste nicht was sie sagen sollte, aber sie sagte leise: "Und wenn ich das nicht will?". Zeru~sama blieb erschocken stehen. Er hatte keine Widerworte von dem Menschen erwartet. Er drehte den Kopf ein wenig zur Seite und sagte: "Du wist hier bleiben. Keine weiteren Widerworte ... Das ist die Chance für dich zu überleben. Andernfalls könnt ich dich mit einem Fingerstreich auslöschen!" Der Engel ging zu einer Art großem Thron, und drückte auf irgendeinen Knopf. Chise körte wie es "Klick" machte, und dann im nächsten Moment kam ein Zischen aus allen Richtungen. Nebel legte sich auf den Boden des Raumes, und stieg immer höher. Chise fing an nach Luft zu schnappen. Irgendwie konnte sie die Luft in diesem Raum nicht länger atmen. Zeru~sama sprach: "Dein Leben wird gleich vorbei sein. Das was ihr Menschen als Miasma kennt ist die Luft, die wir Engel atmen." Chise sah hektisch hin und her, sie wollte das Fenster finden, was Zeru~sama vorhin geöffnet hatte, doch sie konnte es nicht finden. Zeru~sama nahm einen roten Stein aus dem Thron heraus, und ging auf Chise zu. "Werde ein Engel! Dann kannst du weiterleben." Chise sagte: "Habe ich denn eine andere Wahl?" Zeru~sama sagte: "Nein." Chise schloss die Augen und nickte zustimmend. Der Engel nahm die Kugel in den Mund, hielt Chise fest mit den Armen und Flügeln umschlossen und küsste sie. Er drückte die Kugel in Chises Mund, die sie sogleich verschluckte und ließ sie los. Chise war erstaunt, sie konnte die Luft tatsächlich atmen. Ein Schmerz durchfuhr sie, so dass sie sich nicht mehr bewegen konnte, und sie fiel auf den Boden, lautlose Schreie glitten über ihre Lippen. Sie streckte einen Arm zu Zeru~sama hin, in der Hoffnung er könne den Schmerz beenden. Doch Zeru~sama konnte nichts machen. Er kniete sich hin, setzte sich auf seine Beine, und wartete ab. Die Zeit verging, und Zeru~sama wartete. Irgendwann zwischen Angst und Hoffnungslosigkeit ließen die Schmerzen nach. Chise blickte zu Zeru~sama, der immer noch da saß und wartete. Es schien so, als wenn noch irgendetwas passieren sollte. Ruckartig wurde sie nach oben geschleudert, und fiel auf ihre Knie. Unter ihrem Kleid, auf ihrem Rücken bildeten sich zwei Hubbel, der Stoff zerbarst, und Blut quoll aus ihrem Rücken. Hervor kamen zwei, mit schwarzen Federn bedeckte, prachtvolle, große Flügel. Chise konnte sich noch nicht bewegen. Zeru~sama kam zu ihr, und stellte sich vor sie und befahl ihr: "Steh auf! ... Du Engel des Todes!" Chise sah zu ihm hinauf, und konnte sein Grinsen erkennen. Er sprach weiter: "Vom heutigen Tag wirst du Lietha genannt werden! ... Und ab diesem Tag wirst du meine Gefährtin sein! ... Meine Geliebte, ... meine Herrscherin!" "Eines Tages werde ich dich töten, Zeru~sama!" "Möglich, doch wenn du eines Tages wieder zu einem Menschen werden willst, wirst du meine Hilfe benötigen. Kein anderer Engel kann dir helfen, kein Mensch weiß darüber." "Mein Volk wird versuchen mir zu Helfen!" "Dein Volk, ja ... Sieh, was dein Volk mit einem Menschen macht, der zum Engel wurde!" Ein Fenster öffnete sich, und Lietha konnte hinunter zur Erde sehen. Ein Mensch wurde von einem Engel, mit einem Zauber, in einen Engel verwandelt. Kaum als die Menschen den >Engel< sahen, griffen sie ihn an. Lietha drehte den Kopf weg, sie wollte das nicht sehen, doch Zeru~sama packte sie und drehte sie in die Richtung des Fensters. Sie musste zusehen, wie ihr eigenes Volk sich gegenseitig tötete, bloß weil sie anders aussahen. Tränen rannen ihr über die Wangen. "Für die Menschen sehen wir anders aus. Sie erkennen nicht, wenn es einer der Ihren ist! Du allerdings behältst dein Aussehen. Nur deine Haare haben sich Weinrot gefärbt und deine Augen gleichen einem Amethysten.", sagte Zeru~sama ruhig, und strich ihr durch die langen Haare. "Dein Volk ist grausam!", sagte Lietha. "Mein Volk? Die Menschen sind es, die grausam sind! Ihr tötet euch gegenseitig!". "Ihr Engel bringt uns doch dazu, dass wir uns gegenseitig umbringen! Also seid ihr diejenigen die grausam sind!" Zeru~sama drehte sich von dem Fenster weg, und es verschwand. "Du glaubst es mir wahrscheinlich nicht, aber ich war nicht derjenige, der den Befehl zum Angriff gab! Es gibt noch jemanden, der viel machtvoller ist als ich!". "Wenn derjenige so machtvoll ist, warum kämpft er dann nicht?" Zeru~sama drehte sich wieder von ihr weg, ging in Richtung seines Thrones und setzte sich. "Sie ist in einem Kristall gefangen, seit dem großen Krieg, vor über zwölfhundert menschlichen Jahren. Dort hin wurde sie von Gott gebannt. Keiner der anderen Engel hat sie jemals wieder gesehen. Sie hält nur noch telepatischen Kontakt mit mir und ein paar anderen." Lietha sah verwirrt umher, nahm aber auch nicht an, dass Zeru~sama es ihr genauer erklären würde. Zeru~sama sprach weiter: "Nur die ältesten der Engel wissen wie sie aussieht und wo sie sich befindet." "Wenn sie es doch wissen, warum haben sie, diesen Engel dann nicht aus dem Kristall befreit!" Zeru~sama sah von Lietha weg, und sagte: "Das ist für uns Engel unmöglich! Wir können keine zehn Meter an den Kristall heran. Gott gestattet es nicht!" Zorn kochte in ihm hoch, er sprang von dem Thron auf und rief erbost: "Und selbst wenn er es erlaubte, ...", er redete leiser weiter, ... ihre Seele ist verloren.". Er ließ sich nach hinten fallen und saß wieder in seinem Thron, und sprach weiter:" Ohne Seele können Engel nicht existieren, denn das ist es, woraus Engel bestehen. Alleine aus der Seele." "Aus der Seele. Wenn ihr nur aus der Seele besteht, warum ist sie dann in diesem Kristall? Dann müsste ja ihre Seele dort gefangen sein!". "Nein, das was in dem Kristall ist, ist nur eine Reflektion ihres Körpers. Wenn die Seele verloren geht wird die Reflektion des Körpers irgendwo gespeichert!". Zeru~sama atmete tief ein, das Miasma das er in den Raum ließ war schon fast verschwunden. Lietha stand vor ihm und wartete darauf, dass er noch was sagen würde. Er stand auf, nahm sie am Arm und führte sie in eine andere Halle, es war eine große Halle, fast schon riesig. Aber diese war hell erstrahlt. Hunderte von Bildern hingen an den Wänden, allesamt mit Engeln. Zeru~sama stellte sich vor sie und strich sich seine schwarzen Haare aus dem Gesicht: "Dies ist die Halle der Gefallenen! Die Bilder sind die Reflektionen der Körper derer Engel, die durch das Alter starben!". Er zeigte auf die eine Seite der Halle, dann drehte er sich um und zeigte auf die andere: "Und dies sind die Engel, die vorzeitig starben, sei es durch Kriege oder weil sie einen Menschen beschützten!". Lietha trat zu Zeru~sama hin, der sich mit einem Arm an einem Fensterrahmen abstützte. Gänsehaut überkam Lietha. Sie sah all die Engel, die ihr Leben lassen mussten. Und dort stand Zeru~sama, der Engel, der für den Tod von so vielen Menschen verantwortlich war. Ihre Gefühle spielten Achterbahn mit ihr, einerseits hatte sie Mitgefühl für Zeru~sama und die gefallenen Engel, aber andererseits hasste sie ihn, für den Tod ihrer Familie. Sie ging zu Zeru~sama, und fragte: "Was war der Grund für diesen Krieg?". Zeru~sama drehte sich nicht zu ihr um. Sie sah, dass Tränen auf die Fensterbank fielen. Sie waren aus Blut. Nun erkannte sie auch, dass die rote Musterung auf den Fensterbänken, wohl die Tränen all jener Engel waren, die hier geweint hatten. Scheinbar hatte auch Zeru~sama Mitglieder seiner Familie verloren. Lietha fühlte sich, als müsste sie irgend etwas sagen, doch nichts kam ihr über die Lippen, ihr fiel kein Wort der Trauer ein, das sie sagen könnte, damit der Stein, der auf ihr lag, verschwand. Als sie so leise dastand konnte sie flüsternde Stimmen hören. Sie versuchte zu hören, was diese sagten, doch sie verstand nichts. Zeru~sama sagte schließlich: "Das sind die Stimmen der Gefallenen! Sie versuchen uns zu trösten". Zeru~sama blieb an der Fensterbank angelehnt stehen. Lietha stand ein, zwei Meter hinter ihm, sie senkte den Blick. Und die Stille kam wieder, und blieb Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)