Der Mondkönig von RandomThoughts ================================================================================ Der Mondkönig ------------- **Diese Geschichte entstand zu dem Bild, das ihr unter der folgenden Adresse findet** http://animexx.onlinewelten.com/fanarts/output/?fa=777810&sort=zeichner Der Mondkönig Langsam schob sich die blaue Erdscheibe über den Horizont. Die bleiche Gestalt, die an den steinernen Thron gekettet war blickte ihr entgegen. Es war unendlich mühsam, sich zu erinnern. Jahrtausende mochten vergangen sein, seitdem sie hier angekettet worden war. Aber die Erinnerung war alles, was die Gestalt noch hatte. Mehr gab es nicht, auf dem endlosen Thron, in der toten Einöde der verlassenen Mondoberfläche. Es war der Beginn des zweiten Zeitalters, bevor Himmel und Erde getrennt wurden, als die Magie noch frei zwischen den Welten floss. Die Götter wandelten unter den Sterblichen, die demütig den Blick vor ihren senkten. Zu schrecklich war ihre Anmut, zu furchtbar ihre Schönheit. Im Lande Pen'Guan, das heute durch die tiefen Wälder von unserer Welt getrennt ist, herrschte Koren Segall, der Mondkönig. Seine Haut und sein Haar waren so bleich wie der volle Mond, und er war unsterblich. "Es wird ein Kind geboren werden, bleich wie der Mond, und genauso kalt", so war es seit dem lange vergangenen ersten Zeitalter überliefert worden, als Atlantis noch existierte, das wahre Atlantis. "Er wird das ganze Land beherrschen, von den hohen Felsen des Donnergebirges im Norden bis zu den Winuti-Sümpfen im Süden, von den Stromschnellen des Kagakawa im Westen bis zu den Ufern des Sternenozeans im Osten. Und es wird eine schreckliche Herrschaft sein, denn er wird ohne ein Herz geboren werden, einsam und grausam, und seine Herrschaft wird andauern bis Sonha stirbt, und sein Leben wird fortdauern bis Moon'Ha erlischt." (Sonha war das Wort der Pen'Guanish für die Erde selbst, auf der sie lebten, und Moon'Ha war ihr Wort für den bleichen Mond, der in ihrer Religion schon immer die Verkörperung des Todes gewesen war.) Als Koren Segall geboren wurde, erschraken die Priester zu Tode. Denn sie kannten die Prophezeiungen, und wussten, dass der Mondkönig irgendwann kommen würde. Und so gaben sie Befehl das Neugeborene zu verbrennen, genauso wie es mit allen anderen Albino-Kindern vor ihm geschehen war. Ihre Mutter litt über diesen Beschluss jedoch so sehr, wie nur eine Mutter leiden kann, und so brachte der Vater ein frisch geborenes Ferkel in Leinentücher gewickelt zum großen Feuer, und keiner der Priester bemerkte den Betrug. Das Ferkel wurde verbrannt, und die Mutter floh mit dem Neugeborenen hinaus in die Tiefen Wälder, in das Reich der Geister und Dämonen, dorthin, wo die Macht der Menschen noch nicht vorgedrungen war. Sie verhungerte und verdurstete und erfror beinahe, aber sie beschützte das Kind und hielt es am Leben. Schließlich, am Ende ihrer Kräfte angekommen traf sie einer Gruppe Mondgeister, halbstoffliche Wesen aus weißem Nebel und Mondlicht, die von ihrer zunehmend schwindenden Lebenskraft angezogen worden waren. "Bitte lasst das Kind am Leben!", waren ihre letzten Worte, ehe sie ihre Lebenskraft in sich aufzogen. Sie starb mit der bitteren Gewissheit, dass ihr Kind ihr sogleich folgen würde. Aber so gut meinte es das Schicksal nicht mit den Menschen. Die Mondgeister erkannten den Jungen als Kind des Mondes, und sie kümmerten sich um ihn. Sie speisten ihn mit Mondlicht und tränkten ihn mit der Lebenskraft seiner eigenen Mutter und sie brachten ihn tief in die Wälder zu einem alten Magier, der vor dem Zorn der Menschen geflogen war, die seine schwarze Magie fürchteten und hassten. Der Mann hieß Morguai, und war über 100'000 Tage alt. (Es war damals noch Sitte, die Tage zu zählen anstelle der Jahre. Rechnete man nach unserem Verständnis um, so waren es über 300 Jahre.) Morguai kannte die Legenden ebenfalls, und er freute sich über alle Maßen. Denn der Junge sollte das Werkzeug seiner Rache werden, und seine Marionette, die auf dem Thron saß und sich von ihm lenken ließ. Er zog Koren daraufhin mit mehr Liebe und Sorgfalt auf, als er irgend einem anderen Menschen jemals zu Gute hatte kommen lassen. (Außer natürlich Si'Shin, die er so sehr geliebt hatte, dass sie sich von einer Klippe gestürzt hatte, nur um vor ihm entfliehen zu können. Aber das war schon Jahrhunderte her und lange vergessen.) Diese Liebe und Sorgfalt kam aber nicht aus dem Herzen, sondern aus der kalten Berechnung, hoffte er doch den Jungen als loyalen Sohn heranzuziehen. Er musste jedoch scheitern, denn Koren war, wie alle anderen Mondkinder vor ihm auch schon, ohne ein Herz geboren. Und so kam es, dass Koren seinen Ziehvater nach ungefähr 5000 Tagen erschlug. Es war kein Zorn, der ihn leitete, sondern emotionslose Neugier, denn er wollte wissen was passieren würde, wenn er den Schädel des alten Magiers zerschmetterte. Die Einsamkeit, in der er die nächsten Jahre verbrachte, machten für Koren keinen Unterschied, denn er hatte sich auch, als der alte Mann noch gelebt hatte, schon genauso einsam gefühlt, denn die Einsamkeit war das einzige Gefühl, zu dem die Kinder des Mondes in der Lage waren. Und so verbrachte er die nächsten Jahre damit, die Bücher seines Meisters zu studieren, bis er alles gelernt hatte, was es in der kleinen Hütte im Wald zu lernen gab. Danach verließ er die Hütte, getrieben von dem Wunsch nach mehr Wissen. Er blickte sich nicht einmal um, als er von Dannen schritt, denn er empfand nichts für sein bisheriges Zuhause. Nach vielen Tagen erreichte er Länder, in denen Menschen lebten. Sie wurden beinahe so bleich wie er, als sie ihn sahen, denn sie fürchteten nichts so sehr wie den Bleichen König, den sie aus den Prophezeiungen kannten. Sie fielen daraufhin mit ihren Sensen und ihren Schaufeln über ihn her und versuchten ihn zu erschlagen, aber egal wie lange sie auf ihn einschlugen, er starb einfach nicht. Der Weiseste von ihnen war der alte Bauer Gean, der als erster begriff, dass die Prophezeiung sich erfüllt hatte. Er warf die Axt zu Boden, mit der er eben das fünfzigste Mal Korens Schädel gespalten hatte, warf sich zu Boden und fing an laut zu wehklagen. "Es ist sinnlos!", jammerte er. "Wir können ihn nicht töten! Er ist der Mondkönig, und seine Herrschaft wird andauern bis Sonha stirbt, und sein Leben wird fortdauern bis Moon'Ha erlischt. Wir sind alle verloren." Und die anderen hörten seine Worte und da wurden auch sie von tiefer Verzweiflung gepackt. "Wir sind alle verloren!", riefen auch sie. Und genauso war es. Denn Koren Segall hatte seine Überraschung mittlerweile überwunden und sich wieder erhoben. Mit einer einzigen Geste ließ er die Werkzeuge der Bauern, mit denen sie auf ihn eingeschlagen und eingehackt hatten, in die Luft aufsteigen. Und sie wurden alle von ihren eigenen Werkzeugen erschlagen, alle, bis auf Gean. "Erzähl mir vom Mondkönig!", befahl Koren ihm mit kalter Stimme, während er ihn mit einer Hand auf die Höhe seiner kalten silbernen Augen hob. Die Berührung war so kalt wie Eis, und Geas fürchtete um sein Leben. Unter heftigem Zittern erzählte er alles, was er je über die Prophezeiung gehört hatte. Koren hörte geduldig zu, und als der alte Mann nichts mehr zu sagen wusste fragte er: "Ist das alles?" "Ja, Herr!", rief Geas, "das ist alles was ich weiß." "Dann bin ich also der Mondkönig, der alles von den Bergen bis zum Meer beherrschen wird", sagte Koren nachdenklich, während er die Kehle des Bauern mit der Hand, mit der er ihn hielt, zerquetschte. Dann schritt er mit stolz erhobenem Kopf – nun in der Gewissheit sein Schicksal zu kennen – in das Dorf hinein. Dort sah er das erste Mal in seinem gesamten bisherigen Leben Frauen. Und er nahm sie sich. Jede einzelne von ihnen, egal ob jung oder alt, ob Kind oder Greisin. Für ihn machte es keinen Unterschied. Und wer sich von ihnen seiner Herrschaft widersetzte, den band er eigenhändig mit dornenbesetzten Ranken in der Spitze eines hohen Baumes fest und ließ sie dort hängen, bis sie tot waren. Nach einigen Wochen hatte er genug von den Frauen. Sie wurden ihm langweilig und es dürstete ihm nach neuem Wissen. Daher zog er weiter Richtung Hauptstadt, ein einsamer Wanderer, in graue Roben gehüllt. Aber hinter sich ließ er eine Spur von Leichen zurück, denn kein Mann konnte ihn töten, und ihm bedeutete das Leben Anderer noch weniger als der Dreck unter seinen Füßen. Als er die Hauptstadt erreichte, war man bereits auf sein Kommen vorbereitet, und ein mächtiges Heer stellte sich ihm entgegen. Aber er vernichtete es eigenhändig, mit seiner Magie, seiner immensen Kraft, und der Unsterblichkeit, die sein Schicksal ihm gegeben hatte. Egal wie viele Pfeile ihn durchbohrten, egal wie tief die Schwerter und Lanzen in seinen Körper eindrangen, er lebte einfach weiter, und die Wunden verschwanden nach kurzer Zeit wieder, ohne auch nur eine einzige Narbe zurück zu lassen. Er war eine unaufhaltsame Naturgewalt. Und nach vielen Stunden, im Licht des vollen Mondes, der ihm seine Kraft gegeben hatte, war er der Einzige, der noch auf dem Schlachtfeld stand. Leichen umgaben ihn auf allen Seiten, zerbrochene Speere und Schwerter ragten dem Himmel entgegen, dazwischen karge, verkrüppelte Kiefern, von seiner Magie ihrer Lebenskraft beraubt, und an vielen Stellen die fahlgelben Zacken eines geborstenen Brustkorbes. In jener Nacht unter dem kalten Mondlicht war es, dass Koren das erste Mal Menschenfleisch aß. Und voller Verwunderung erkannte er, dass die Erinnerungen des Toten dabei zu seinen eigenen wurden. Wann immer er in Zukunft etwas erfahren wollte, das ein Anderer nicht preiszugeben bereit war, griff er auf diese Fähigkeit zurück. Er tötete sie und aß ihr blutiges Fleisch, und sofort besaß er das ganze Wissen, das sie besessen hatten. Einzig und alleine ihre menschlichen Regungen, ihre Gefühle, ihre Liebe, ihr Mitgefühl, das bekam er nicht. Diese Eigenschaften nahmen die Seelen seiner Opfer mit in die Andere Welt, und sein Herz blieb so leer und kalt wie zuvor. Im Lichte der aufgehenden Sonne betrat Koren die Hauptstadt. Mit seinen eigenen Händen stieß er die großen bronzenen Tore auf. Die dicken Riegel zerbrachen dabei einfach, wie Halme im Wind. "Ich bin gekommen", verkündete er mit lauter Stimme, und alle Menschen in der Stadt hörten es, egal wo sie waren. "Ich bin Koren Segall, der Mondkönig, und ich werde dieses Land nun beherrschen solange Sonha lebt!" Und die Menschen unterwarfen sich ihm, und auch die Menschen der anderen Städte, denn sie hatten erfahren, was mit dem Heer geschehen war, das sich ihm entgegen gestellt hatte. Und so stellten sich ihre Heere ihm nicht länger entgegen, sondern zogen in seinem Namen los und unterwarfen die anderen Länder, bis das Reich des Mondkönigs tatsächlich von den hohen Felsen des Donnergebirges im Norden bis zu den Winuti-Sümpfen im Süden und von den Stromschnellen des Kagakawa im Westen bis zu den Ufern des Sternenozeans im Osten reichte. Und es wurde eine Herrschaft des Schreckens, denn Korens Herz war leer und kalt. Er nahm sich, was immer er wollte, und wer sich ihm widersetzte wurde vernichtet. So wurden denn alle Priester grausam hingerichtet, und Koren ließ sich selbst zum Gott ausrufen, was seine Macht noch weiter steigerte. Denn in jener Zeit bekam man tatsächlich die Macht eines Gottes, wenn man nur genügend Anhänger besaß. Liebe konnte Koren von seinen Anhängern nicht erwarten, also beschloss er, dass sie ihn hassen und fürchten sollten. Denn Hass und Furcht waren genauso mächtig wie Liebe und Verehrung. Und seine Herrschaft wurde noch grausamer, denn er erließ viele Befehle alleine mit dem Ziel, die Menschen zu quälen, damit sie ihn noch mehr hassen sollten. Immer wieder fanden sich Menschen, die verzweifelt genug waren, um einen Anschlag auf Sorens Leben zu wagen. Doch sie scheiterten stets kläglich, denn egal mit welcher Waffe sie ihn angriffen und egal was für ein Gift sie in sein Essen oder seinen Wein mischten, er starb einfach nicht. Denn er konnte nicht sterben. Und darum unternahm Koren auch nie besondere Vorkehrungen zu seinem Schutz, denn es war egal, wie nahe ihm die Attentäter kamen. So war es auch in jener Nacht. Koren saß auf seinem Thron, in seinem Tempel, an dem Ort, an dem die Macht des Glaubens zusammenfloss und der Hass und die Furcht seiner Anhänger sich in pure Kraft verwandelten, die er in sich aufnehmen konnte. Er bemerkte die Gestalt, die sich in dem schwarzen Kapuzenmantel von hinten an seinen Thron anschlich sofort, aber er beschloss sie für den Moment zu ignorieren. Er genoss die belebende Kraft des Glaubens, die ihn von innen heraus erfüllte, und wollte dieses Gefühl noch einige Moment länger auskosten. Die Gestalt kam langsam näher, die Schritte unhörbar, als würde sie über den kalten Marmor gleiten. Und dann war sie über ihm, und riss mit unbändigem Zorn einen mächtigen, vielfach geschwungenen und mit einer Unzahl von Zacken und Spitzen besetzten Krummsäbel unter ihrem schwarzen Mantel hervor. Mit einem Urschrei hieb sie mit dem Mordgerät auf seinen Kopf hernieder, und sie spaltete ihn bis zum Nabel. Koren blickte die Waffe, die aus seiner Brust ragte missbilligend an, ehe er sie mit einem einfachen Wink mit der linken Hand in Staub verwandelte. Die Wunde schloss sich bereits wieder. Die Gestalt, deren Aussehen noch immer komplett durch den schwarzen Kapuzenmantel verborgen war, wich mit ängstlichen Bewegungen zurück. Man konnte hören, wie die Person pfeifend einatmete, wie unter Schock. Da erhob sich der Mondkönig in seiner grauen Robe und schritt bestimmt auf den Attentäter zu. "Wer bist du?", fragte er interessiert, während er die Robe der deutlich kleineren Gestalt ergriff und sie mit einem harten Ruck wegriss. Darunter kamen lange rote Haare zum Vorschein, und ein gut trainierter Frauenkörper. Von der Hüfte abwärts war die Frau in einen schwarzen Rock gehüllt, einen Rock wie ihn auch die Kämpfer benutzen, weit genug, um volle Bewegungsfreiheit zu gewährleisten. Von der Hüfte aufwärts war sie nackt. Man konnte deutlich die Tätowierungen sehen, sie sich in Form von Ranken und Stacheln – in ihrer Form dem Säbel nicht unähnlich, den sie bis noch eben bei sich getragen hatte – ihre Seite und ihren Rücken hoch zogen. "Du bist eine echte Schönheit", sagte Koren mit einem kalten Grinsen, während er sie mit eisernem Griff packte und auf den Altar drückte, gegen den sie gestoßen war, als sie vor ihm zurück gewichen war. Mit der einen Hand packte er ihre Haare und presste so ihren Kopf gegen den Altar, während er mit der anderen Hand zuerst ihren Rock löste und dann seine eigene Kleidung aus dem Weg räumte. Er ließ sich Zeit, viel Zeit, wollte es schließlich genießen. Anders als gehofft schrie sie kein einziges Mal, bettelte oder flehte auch nicht, sondern ertrug es mit stoischer Ruhe. Ihm wurde klar, dass er von ihr kein weiteres Vergnügen erwarten konnte. Daher beendete er, was er begonnen hatte und riss dann ihren Kopf ruckartig in die Höhe, ehe er ihn mit einem mächtigen Schlag erneut auf den Altar niederschmetterte, wo er sofort zerplatzte. Köstliches, warmes Blut rann über seine Finger, und er begann sofort es abzulecken. Im selben Moment begannen ihre Erinnerungen zu den seinen zu werden. "Sonha", flüsterte er tonlos. "Ihr Name war Sonha..." Das erste Mal in seinem Leben war Angst in seinen Augen zu entdecken. "Sonha", flüsterte die Stimme der bleichen, ausgemergelten Gestalt auf dem marmornen Thron, angekettet vor Äonen. Es war das einzige Wort, das sie seit über Fünftausend Jahren gesprochen hatte, und es war kaum mehr zu erkennen, dass das einmal eine menschliche Stimme gewesen war. Alle anderen Teile der Prophezeiung waren eingetreten. Jetzt blieb Koren nichts anderes mehr übrig als auch noch auf den letzten Teil zu warten. Bis Moon'Ha erlischt... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)