Von Liebe zerstört von Sitamun (Wir gehörten nie zusammen) ================================================================================ Kapitel 8: Reue --------------- Mit jedem Mal, wenn er den Kopf schüttelt, fühle ich mich schlechter. Er hat die Papiere mit all meinen Gedanken, Gefühlen, Befürchtungen und Ängsten gelesen und nun stellt er mir die Fragen, die er noch nicht beantwortet bekommen hat. „Du hast das alles nur getan – du bist nur abgehauen – weil du eifersüchtig auf Haruhi warst? Auf die Frau, die mit unserem Chef verheiratet ist?“ Ich sehe ihn nicht an, blicke mich in diesem unserem Zimmer um; er sitzt auf unserem Bett mit all den Blättern vor sich ausgebreitet, ich auf dem Boden, an unser Bett gelehnt. Ich spüre seine Blicke auf meinem Hinterkopf, ja, aber ihn selbst anzusehen vermag ich nicht. „Es steht doch da drin, Hikaru. Ja, ich bin eifersüchtig auf sie gewesen, weil sie dich zu sehr in Anspruch nahm, nachdem sie unaufgefordert die Tür zu unserer Welt geöffnet hat. Ich mochte es nicht. Ich konnte kein Stückchen ausstehen, wie du um sie herumgeschwänzelt bist als wäre ich dein normaler jüngerer Bruder!“ „Wolltest du also jedes Mal eine Extrawurst haben?“ „Ich wollte, dass du glücklich bist und der Weg zu deinem Glück schien an Haruhi nicht vorbeizugehen … und trotzdem … „ „… hättest du es lieber gehabt, wenn ich freiwillig zu dir gekommen wäre und dich in aller Öffentlichkeit vorgezogen hätte. Oh Mann – und ich hielt mich für den unreiferen von uns beiden.“ Ich antworte nicht sofort darauf, lege den Kopf in den Nacken, bis er das Bett berührt, die Augen geschlossen. „Ich war so wütend auf dich und gleichzeitig habe ich mich so nach dir verzehrt, dass ich selbst wie du wurde, um dir dennoch ein wenig näher zu sein.“ „Stimmt …“ „Und jetzt …“ „sind wir mehr eins denn je.“ Ich höre Papier rascheln, wie es zusammengeklaubt und geordnet wird. Die Matratze gibt dem Gewicht auf ihr sofort nach, als Hikaru sich auf ihr aufrichtet und sie verlässt, um das Papier in einer Schublade zu verstauen. „Was ist mit ihr – Yoshiko heißt sie, oder? Muss ich dieselben Ängste haben wie du?“ „Nein, sie ist eigentlich nur diejenige, die mich davon abhalten sollte, mit dir reden zu müssen und gleichzeitig den Mut geben sollte, dieses Gespräch überhaupt führen zu können.“ „Wie gemein von dir.“ „Doch jetzt, da sie hier ist und alles anders lief als geplant, gerade weil wir so anders geworden sind, will ich, dass sie uns- … meine Freundin wird.“ „Nein. ‚Unsere’ ist richtig. Dass sie unsere Freundin wird. Soll sie lernen, was es heißt, Zwillinge als Freunde zu haben.“ Als er das sagt, klingt er weder gemein noch schadenfroh, er lächelt sanftmütig dabei und sieht mir in die Augen, die ich öffnete, als ich seinen Blick auf mir spürte. Ich richte mich auf, gehe auf ihn zu, bleibe vor ihm stehen. Immer noch … ich fühle mich so schlecht. Ich sagte doch, ich würde nichts bereuen, keine einzige meiner Entscheidungen und schon gar nicht die, von ihm gegangen zu sein, ihn alleine gelassen zu haben, doch auf einmal … jetzt ist alles anders. Haruhi … hatte ihn nie interessiert … nicht auf dieser Ebene. Er wollte nicht mehr als eine gute Freundin in ihr, einen anderen guten Freund außer mir, jemanden, der unser kleines Spiel „Wer ist Hikaru?“ sofort gewann und nicht unsere Namen trug. Es ist so verständlich, so offensichtlich … und ich bin blind daran vorbeigelaufen. Fast so, als wollte ich einen Grund, ihn verlassen zu können, mich mit ihm zu streiten, irgendwie sauer auf ihn zu sein. Ich hatte mir so viele Fragen gestellt und so viele von ihnen blieben unbeantwortet, weil mir die offensichtlichste Antwort nicht einfiel. Ich war so gottverdammt eifersüchtig … grundlos … „Hikaru … es – es tut mir leid …“ „Das sollte es auch.“ „Was?“ Seine Hände greifen nach meinen Schultern, halten mich fest - es tut fast weh - schütteln mich etwas; sein Blick aus Augen, die feucht schimmern, ist verzweifelt. „Weißt du eigentlich, was du mir für Angst eingejagt hast? Es war so grauenhaft, alleine zu schlafen, niemanden mehr zu haben, der mich versteht! Ich wäre beinahe aus dem Club ausgestiegen, wieder so geworden wie in der Mittelschule, wenn Tamaki nicht alles versucht hätte, dich in der Welt zu suchen, obwohl ich ihm sagte, ich brauche seine Hilfe nicht. Ich hab mich selbst mehrmals mit Haruhi gestritten und zwar verdammt laut, weil ich die Einsamkeit nicht ertragen konnte!“ … „Bitte, Kaoru – tu mir das nie wieder an!“ „Wem gehört der Ring?“ „Wem gehört …“ Langsam greife ich mit meiner Hand zu seinem Hals, berühre dabei seine weiche Haut, als ich den Ring an seiner Kette in die Hand nehme, ihn betrachte. „Mutter ließ zwei solcher Ringe anfertigen. Sie sollten für uns sein … das ist hier ist deiner … mein Name ist darin eingraviert …“ „Und in meinem …“ „… steht mein Name, ja … ich hab ihn in unserer Schmuckschatulle aufbewahrt … “ Ich lasse die Kette los, blicke wieder in seine Augen. Tränen laufen über seine Wangen. „Es tut mir wirklich leid, Hikaru. Ich werde dir das nie wieder antun – versprochen!“ Vorsichtig umarme ich ihn … als wäre ich mir nicht sicher, dass das, was ich tue, wirklich das richtige ist, doch als ich spüre, wie sein Griff um mich herum stärker wird, er mich näher an sich presst, als könnte er ohne meine Nähe nicht überleben, verschwinden diese absurden Gedanken. Hikaru weint. Ich halte ihn nicht auf. Ich halte seinen Schmerz nicht auf, der sich all die Jahre in ihm angestaut hat. Und je mehr ich seinem Schluchzen lausche, desto mehr könnte ich selbst weinen. Über mich selbst, die größte Dummheit, die ich je beging, als ich ihn alleine ließ. Es tut so weh … Ich verberge mein Gesicht in seinem Haar, weine mit ihm. Oh doch. Ich bereue. Ich bereue die Entscheidung, ihn wirklich verlassen zu haben, meinen grausamen Hirngespinsten erlaubt habe, meinen Kopf zu verlassen. Dabei erfuhr ich doch an jenem Tag, dass sie wirklich nicht wahr waren. Er überzeugte mich doch vom Gegenteil … warum glaubte ich nicht daran? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)