Children of Elements von chaoticgirl (Buch I - Freundschaft) ================================================================================ Kapitel 13: Unglück ------------------- Jemand wandelte durch den Wald. Gedankenverloren setzte er sich auf die Wurzel eines riesigen Baumes und versank in seinen Grübeleien. Fynn war verwirrt. Sehr verwirrt. Er freute sich riesig, dass Xankir wieder da war. Wirklich! Aber ihm ging einfach nicht der weiße Drache aus dem Kopf. Die Rettung Xankirs lag nun zwei Tage zurück. Sie waren sofort zum Clan geflogen und dort hatte sich der erschöpfte Erdkiuma erst einmal ausgeruht. Einen ganzen Tag lang hatte er geschlafen. Dann hatte er seine Geschichte erzählt und alle Drachen des Clans hatten sich im Großen Raum versammelt und lauschten aufmerksam. Xankirs Mutter lag dicht neben ihrem Sohn und stupste ihn immer wieder sanft mit der Nase, als wolle sie sicher gehen, dass er kein Traum war. Fynn saß zwischen Nexel und Rorax ganz in seiner Nähe und erschauerte immer wieder vor Grauen bei Xankirs Erzählung. Vor über drei Wochen wand ich mit den anderen Kiuma des Clans am Fluss und lachte mit ihnen über die ängstlichen Schreie der Menschen, wenn sie ins Wasser schubst wurden. Da, plötzlich sah ich den Mann – den Fürsten – mit gezogenem Schwert auf mich zukommen. erst wollte ich ihn zurück zu den anderen drängen, doch er streckte die Hände nach mir aus und bat mit, ihm zu helfen. Hätte ich „Nein“ sagen sollen, zu jemandem, der meine Hilfe erbittet? („Ja“, brummelte Fynn und seufzte verzweifelt). Ich erlaubte ihm, sich an meinen Hörnern auf meinen Rücken zu ziehen und dann flog ich los. Erst saß der Fürst ganz ruhig auf meinem Rücken und ich wollte schon in der Nähe auf einer Lichtung landen, um ihn abzusetzen, doch da begann er mir auf die Schuppen zu trommeln, mir seine Fersen in den Bauch zu treten, als wäre ich ein Pferd und er rief mir zu, ich solle höher steigen, immer höher. Schließlich waren die Flammenstöße der Feuerkiuma unter mir nur noch kleine, rote Striche inmitten rabenschwarzer Finsternis. Da sagte mir der Fürst dann, ich solle los fliegen. Wohin sei egal, einfach nur fort. Also flog ich einfach in Richtung des Endes des Drachentals, über die Berge hinweg und folgte dann dem Lauf des Flusses. Bis zum Morgengrauen ließ mich der Fürst fliegen. Ich versuchte mit ihm zu sprechen, doch er verbat mir den Mund und wenn ich nicht gehorchte, dann trat er mir in die Seite. Als die Sonne aufging, sagte er mir, ich solle landen. Doch er stieg nur ab, um etwas am Fluss zu trinken, dann wollte er sofort weiterfliegen. Er hatte wohl Angst, wir könnten verfolgt werden. („Recht hat er gehabt“, knurrte Rorax grimmig.) Ich sagte ihm, dass ich wieder zurück müsste, dass ich sicherlich schon vermisst werden würde. Ich spannte die Flügel und erhob mich in die Luft, um wieder heim zu fliegen, da rannte er mit einem lauten Schrei und vor Wut verzerrtem Gesicht unter mich und hieb mit dem Schwert quer über meinen Bauch. Normalerweise prallen Schwerter an Drachenschuppen ab und zerbrechen, doch sein Schwert tat das nicht. Vielleicht ist es verhext, oder aus einem besonderen Material, jedenfalls zerschnitt es meine Schuppen und meine darunter liegende Haut wie Butter. Es brannte wie Feuer und ich vergaß mit den Flügeln zu schlagen. Kaum war ich auf dem Boden aufgeprallt, da kletterte der Fürst sofort wieder auf meinen Rücken. Er schrie mich an, ich hätte gefälligst seine Befehle zu verfolgen“ Was blieb mir anderes übrig? Er ließ mir keine Zeit, mich von meinen Schmerzen zu erholen, sondern zwang mich sofort wieder mit Tritten in die Luft. Seine Fersen in meinen Seiten taten nun noch mehr weh. Ich musste den ganzen Tag lang fliegen. Doch bereits nach ein paar Stunden war ich total ausgelaugt. Meine Verletzung pochte und ich merkte bald, dass ich durch sie viel Kraft verlor. Es wurde gerade dämmrig, da erlaubte mir der Fürst endlich zu landen. Ich landete erneut am Fluss und hatte erst einmal Gelegenheit, mir meine Verletzung anzusehen. Sie brannte immer noch höllisch und, soweit ich es erkennen konnte, hatte sie sich entzündet, denn die Haut außen rum war dick und die umliegenden Schuppen fielen ab. Ich versuchte die Wunde abzulecken, doch es gelang mir nicht so recht, da es sehr wehtat, und ich auch nicht richtig dran kam. Der Fürst hatte inzwischen seinen Durst am Wasser gestillt und nun lief er vor mir hin und her und schimpfte über meinen harten Rücken (Fynn rieb sich unauffällig das Hinterteil) und die „verfluchten Drecksviecher“, womit er natürlich den Clan meinte. Ich aß, solange er nicht auf mich achtete, einige Äste vom Boden, obwohl ich kaum hungrig war. Doch ich wusste ja nicht, wie lang mich der Fürst das nächste Mal fliegen lassen würde, also zwang ich mich dazu, so viel zu essen, wie ich konnte. Schon bald saß der Mensch wieder auf meinem Rücken und ich befand mich wieder in der Luft. Ich folgte weiterhin dem Flusslauf und hatte keine Ahnung, wo der Fürst eigentlich hin wollte. Als es so gegen Mitternacht ging, merkte ich, dass der Fürst eingeschlafen war. Er schnarchte sehr laut. Mit jedem Flügelschlag verlor ich an Kraft und Höhe. Der Fürst ist viel schwerer als Fynn und außerdem stank er bestialisch nach diesem Duftzeugs, dass sich adlige Menschen ansprühen, keine Ahnung, warum… Jedenfalls, als die Morgendämmerung anbrach, war ich so fertig, meine Flügel fühlten sich taub an und ich hatte Angst, sie würden mir jeden Augenblick abfallen. Ich landete, auch auf die Gefahr hin, dass der Fürst mich erneut in seiner Wut verletzen würde. Kaum hatte ich auf dem Boden aufgesetzt wachte er auf und fing nach kurzer Pause der Verwirrung furchtbar an zu schimpfen. Aber das war mir total egal. Meine Beine knickten ein und ich ließ mich, vor Schmerzen ächzend zur Seite fallen. Der Mensch merkte wohl, dass es keinen Sinn hatte, weiter zu schreien, wenn ich nicht mehr weiterfliegen konnte, konnte ich nun mal nicht, das sah er wohl ein. er gestattete mir mit arrogantem Ton, eine Weile Pause. Dann sagte er noch etwas, das ich nicht mehr verstand, denn ich schlief bereits ein. Keine Ahnung, was der Fürst in der Zwischenzeit gemacht hatte, aber als ich wieder aufwachte, saß er eng an meinen Bauch gedrängt und versuchte sich an mir zu wärmen. Ich rührte mich nicht und tat, als würde ich schlafen. Aber entweder hatte er bemerkt, dass sich meine Atmung verändert hatte oder er hatte einfach keine Lust mehr, länger zu warten, jedenfalls trat er mich, nahe meiner Wunde und ich zuckte jaulend zusammen. Jetzt konnte ich nicht mehr so tun, als würde ich schlafen. Er wartete, bis ich mich halb aufgerichtet hatte und befahl mir dann, ich solle Fische für ihn fangen. Fische fangen! Ich! Der ich noch nicht mal imstande bin, einen Käfer einzufangen! Er ließ mir jedoch keine Ruhe und so stellte ich mich also ins eiskalte Wasser und versuchte mit meinen Tatzen die Fische, wenn sie an mir vorbeischwammen, aus dem Wasser an Ufer zu schleudern. Als ich endlich zwei Fische gefangen und drei Wutanfälle des Menschen hinter mir hatte, war es schon wieder dämmrig. Zitternd stieg ich aus dem Wasser, nur um den Befehl zu erhalten, Feuer zu machen. Nach einem weiteren Schreikrampf merkte er, dass das nun wirklich über meine Fähigkeiten hinaus ging und versuchte es selbst. Es dauerte lange, bis er das raus hatte und in der Zeit hatte ich mir wieder einige Äste gesucht und gegessen. Meine Verletzung tat immer noch sehr weg und nun eiterte sie auch noch. Ich glaubte nicht, dass ich das noch lange aushalten könnte. Keine Ahnung woher ich die Kraft nahm, doch ich hielt es drei Wochen lang mit der Wunde, die mehr schlecht als recht abheilte und diesem furchtbaren Menschen aus. Mehr als einmal hoffte ich, ich würde einschlafen und nicht mehr aufwachen, doch jedes Mal brachte mich ein schmerzhafter Tritt oder ein ohrenbetäubender Schrei wieder zurück aus dem Vergessen. All die Tage ließ mich der Fürst nur landen, wenn er nicht mehr sitzen konnte oder Hunger bekam. Oft war ich einen ganzen Tag lang nur in der Luft. Keine Ahnung, wie ich das geschafft habe, obwohl ich noch niemals zuvor so lang am Stück geflogen bin. Ich nehme an, es stimmt, was man sagt: Erst in der Not zeigt sich, wo man seine Grenzen hat. Die erste Woche verging wie die zwei Tage davor. Ich folgte dem Fluss und fing Fische – darin habe ich jetzt eine Menge Übung. Dann kamen wir zu einem großen Wald, durch den der Fluss floss. Wir folgten ihm noch etwa zwei Tage lang über den Bäumen, dann befahl mir der Fürst, mich nordöstlich zu halten und nicht länger nach Süden zu fliegen, dem Fluss folgend. Ich wusste nicht, was „nordöstlich“ heißt, aber er sagte mir, ich solle einfach Richtung aufgehende Sonne fliegen, beziehungsweise die Sonne sollte, wenn sie aufgeht nicht direkt vor mir, sondern etwas rechts von mir sein. Also flog ich in diese Richtung. Jetzt wurde die Zeit härter für mich. Ich flog also „nordöstlich“ und er ließ mich nur noch landen, wenn wir auf einen Fluss oder einen Bach oder See trafen. Doch der Wald unter mir endete bald wieder und wir flogen über eine leere, große Grasfläche. So kam es einmal vor, dass ich über zwei Tage lang nur flog, da nur zwei Flüsse unseren Weg kreuzten, Bäche fand ich auch nur wenige und Seen gar keine. („Kein Wunder, dass wir euch nicht einholen konnten“, rief Fynn schockiert.) Zehn Tage lang hielt ich das aus, dann kamen wir an einen weiteren Wald und ich landete an einem kleinen See. Der Fürst konnte gerade noch von meinem Rücken springen, da brach ich auch schon zusammen. Ich konnte nicht mehr. Drei Tage lang blieben wir an dem See. Wenn ich nicht schlief, knabberte ich Äste. Der Mensch klaute sich, glaube ich, Nahrung von einem nahe gelegenem Dorf. Als ich mich nach den drei Tagen wieder soweit erholt hatte, dass ich wieder fliegen konnte, überraschte mich mein Begleiter mit dem Auftrag, das nahe gelegene Dorf zu zerstören! Ich dachte, ich würde nicht richtig hören. Ich konnte doch nicht ein Menschendorf angreifen und damit riskieren, dass erneut ein Krieg zwischen Menschen und Drachen ausbricht! Ich weigerte mich strikt, seinen Befehl auszuführen. Doch das war ihm total egal, er setzte sich auf mich und zwang mich mit Tritten und Androhungen in die Luft. Erst wollte ich das Dorf einfach überfliegen, doch dann, gerade, als ich über dem Marktplatz war, merkte der Fürst, dass ich keineswegs vor hatte anzugreifen oder zu zerstören und er stieß mir das Schwert in mein Fleisch an meiner Flanke. Vor Schmerzen geblendet und brüllend ließ ich mich fallen und landete auf einem Haus. Ich spürte auch, dass ich mit meinem Schwanz, den ich wild um mich schlug, mehrere Sachen traf, die krachend zerbarsten. Ich wollte wieder abheben und davonfliegen, doch kaum war ich in der Luft, schlug mir der Fürst die Breitseite seines Schwertes über den Schädel, dass ich Sterne sah und wieder abstürzte, direkt auf das nächste Haus. Es ging alles so schnell und ständig fügte mir der Mensch neue Schmerzen zu, und als ich wieder einigermaßen zu Besinnung kam, war das ganze Dorf zerstört und überall liefen schreiende, verletzte Menschen herum. Es war schrecklich zu wissen, dass das meine Schuld war… ich bin dann so schnell ich konnte abgehauen. Und in meinen Ohren dröhnte das hämische Lachen des Fürsten. Ich war so schockiert und erschrocken, dass ich erst erkannte, wo ich war, als ich an dem Berg mit der Höhle vorbei flog, in der wir uns kennen gelernt haben, Fynn. Doch der Fürst befahl mir, Richtung aufgehende Sonne zu fliegen und ich ließ dein Dorf links liegen. Bald schon tauchte eine Burg vor mir auf und im Wald davor, auf einer Lichtung, ließ mich der Fürst landen. Wir warteten dort die Dämmerung ab und dann führte er mich an die hintere Seite des Schlosses, auf der ein großer Balkon war. Dort, unter dem Balkon, war in der Mauer ein Geheimgang, den der Fürst öffnete und so brachte er mich ungesehen in die Burg hinein. Gleich hinter der Geheimtür wandte sich eine breite Steintreppe hinunter in die Tiefe. Es ging sehr tief hinab und am Ende gab es noch eine Geheimtür, die genau vor den beiden Kerkern endete, in denen ich und der weiße Drache eingeschlossen waren. Ich musste mit eigener Kraft den Riegel zu meinem Kerker öffnen und hineingehen. Völlig entkräftet ließ ich mich auf das Stroh fallen und ruhte mich aus. Der Fürst schloss die Türe und ich hörte ihn dumpf hinter dem Eisen nach zwei Soldaten rufen, die dann den Riegel wieder vor die Tür schoben und mich einschlossen. Aber das war mir in dem Moment egal, alles tat mir weh und ich war so müde, dass ich sofort einschlief. Ich weiß nicht, wie viele Tage ich dort in dem dunklen Kerker verbrachte, doch es passierte nichts in der Zeit, außer, dass mir einmal etwas vergammeltes Fleisch vorgeworfen wurde, dass ich niemals gegessen hätte, wenn ich nicht so ausgehungert gewesen wäre. „Hast du nicht gesagt, du wärst unverletzt, als wir dich da raus holten?!“, rief Rorax halb erschrocken, halb wütend. Xankir zwinkerte. „Kleine Notlüge! Aber meinen Wunden geht es schon besser, keine Sorge.“ Er stand auf und zeigte ihnen die schlecht verheilte Narbe am Bauch und die, gerade noch heilende zweite Wunde an seiner Flanke. Seine Mutter sprang auf und holte sofort eine Salbe, mit der Fynn dann vorsichtig beide Wunden bestrich. „Ich fürchte, die Narbe am Bauch wird dir bleiben, aber die Wunde an deinem Bein ist noch nicht ganz verheilt und mit dieser Salbe wird es keine Narbe geben“, meine Xankirs Mutter. „Danke, Mama.“ Und nun, einen Tag später, saß Fynn also auf der Wurzel dieses Baumes und dachte an den weißen Drachen. Er konnte einfach nicht sein maskenähnliches Gesicht vergessen… Wie es ihm wohl ging – ob er überhaupt noch lebte? Es ließ ihm keine Ruhe, er musste ihn befreien! Der Junge stand auf und kehrte zur Clanhöhle zurück, was zu Fuß gar nicht so einfach war, da er den Berg hinauf, bis zum Felsvorsprung mit dem versteckten Eingang klettern musste. Keuchend kam er dort an und wurde von der Wache – diesmal war es nicht Rax – hineingelassen. Erst sah er in der Wohnung von Xankir und dessen Mutter nach, doch da waren sie nicht und so lief er weiter zum Großen Raum. Dort lag er, umgeben von Rorax, Nexel und vielen anderen Drachen des Clans und sah schon wieder recht vergnügt aus. „Xankir!“ „Hallo, Fynn, wo warst du denn? Wir haben dich schon vermisst!“, antwortete sein Freund. „Ich muss mit euch reden, Leute.“ „Ja, was gibt’s denn?“; jetzt hoben auch Rorax und Nexel aufmerksam die Köpfe. „Wir… wir müssen den weißen Drachen befreien!“, platze er heraus. „Was?!“; die Drachen sahen ihn erstaunt an. Doch dann lachte Nexel und schüttelte lächelnd den Kopf. „Ich habe das irgendwie schon erwartet… Du bist einfach zu gutmütig, Fynn.“ „A-aber wie sollen wir noch mal in die Burg kommen? Der Fürst wird sicherlich alle Eingänge bewachen, und er kennt dich!“, rief Rorax. „Oh, ja, das hatte ich ganz vergessen!“, sagte Xankir plötzlich. Die Anderen sahen ihn verwirrt an. „Was hast du vergessen?“ „Als ich noch im Kerker war, kam der Fürst plötzlich zu mir rein. Und er fragte mich über dich aus! Seit wann du bei uns bist; wie du uns kennen gelernt hast; warum du uns verstehen kannst… aber ich habe keine Antworten gegeben. Dann fing er an, zu erzählen, was er über dich weiß. Er hat mir erzählt, dass du der Sohn des Bauers bist, der schon oft auf der Burg warum Holz zu bringen. Er wusste auch, dass du Fynn heißt und wo du wohnst, wusste er ebenfalls. Er kennt dich also, wie du aussiehst und bestimmt hat er den Soldaten Anweisungen gegeben, dich nicht rein zu lassen, oder dich sogar einzufangen!“ „Das ist kein Problem. Wir gehen einfach durch den Geheimgang des Fürsten!“, meinte Fynn. „Aber den wird er doch bestimmt versperrt haben!“, sagte Xankir. „Wieso sollte er? Er glaubt, ich hätte, was ich wollte, nämlich dich. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er denkt, ich würde den Drachen befreien wollen, der uns angegriffen hat, meint ihr nicht auch?“ „Du könntest Recht haben, aber auch nicht. Es ist riskant“, sagte Rorax leise. „Aber-!“ „Aber du kannst nicht einfach stillsitzen, wenn du weißt, dass er möglicherweise leiden muss, schon klar“, vervollständigte Nexel lächelnd Fynns angefangenen Satz. Xankir stand auf. „Also los!“ „Oh nein! Du nicht.“, sagte der Junge bestimmt. „Was? Wieso nicht?“ „Du hast gerade erst über drei Wochen Überlebenskampf hinter dir, du bist nicht stark genug. Du bleibst hier und ruhst dich aus!“ „Aber wer soll euch zeigen, wie man den Geheimgang öffnet?!“ „Du wirst es uns beschreiben. Wir finden das schon.“ „Na gut“, gab Xankir klein bei. „Aber seid bloß vorsichtig!“ Eine gute halbe Stunde später saß Fynn auf Nexels Rücken und neben ihm flog Rorax durch den Sonnenschein. Unter ihm war inzwischen alles wieder grün geworden und eine frische Frühlingsbrise begleitete die Drei auf ihrer Reise. Sie hatten vor, bei Ankunft am späten Abend noch zu warten, bis der Mond am höchsten stand, damit sie auch den geheimen Eingang in die Burg finden würden. Xankir hatte ihnen erklärt, dass der Stein, den sie herausnehmen mussten, um an den dahinter liegenden, verstecken Schalter zu kommen, der die Tür öffnete, ein sehr kleines Symbol in der oberen rechten Ecke hatte. Er hätte es damals fast selbst übersehen. Und um das zu finden, brauchten sie so viel Licht, wie nur möglich, sonst würden sie das Symbol niemals finden. Sie landeten, in dieser Nacht auf der Lichtung, auf der Fynn und Jani vor scheinbar einer Ewigkeit gespielt hatten, einen Tag, nachdem er das erste Mal Ardhi begegnet war. Die Drachen falteten die Flügel und legten sich hin um auszuruhen – man konnte ja nie wissen, ob alles nach Plan laufen würde, oder ob sie Schwierigkeiten haben würden und vielleicht kämpfen mussten. Und Fynn machte sich auf den Weg nach Hause. Doch er erinnerte sich noch genau an den Tag, als die Soldaten des Fürsten ihn bereits am Waldrand mit Hunden aufgespürt hatten und so schlich er langsam und leise Richtung seines Dorfes, immer in Bereitschaft, so schnell wie möglich zu den Drachen zurück zu kehren, sollte er etwas Verdächtiges bemerken. Doch alles blieb ruhig und er kam unbehelligt am Waldrand an. Er sah sein Haus dunkel und ruhig ein wenig abseits der anderen Häuser stehen und war sehr froh, dass er gleich seine Eltern wieder sehen könnte. Er hatte zwar noch keine Ahnung, was er ihnen erzählen sollte – vielleicht ja sogar die Wahrheit? – doch er würde sich schon was einfallen lassen. Leise öffnete er die vertraut knarrende, schlichte Holztür und trat ein. Fynn hatte plötzlich ein komisches Gefühl im Bauch. Irgendetwas stimmte nicht. Eiskalt rannte es ihm den Rücken herunter und er bekam eine Gänsehaut. Alle Vorsicht fahren lassend, rannte er auf die andere Seite der Wohnstube und riss die Tür zum Schlafzimmer seiner Eltern auf. Entsetzt keuchte er auf. Das Bett seiner Eltern war leer! Wo um aller Elemente Willen konnte sie um diese Uhrzeit sein?! Panisch rannte er in den einzigen weiteren Raum, den das Haus hatte – sein Zimmer und nachdem er verdaut hatte, dass auch das leer war, jagte er hinaus zum kleinen, angrenzenden Stall, in dem die alte Stute und, seit Ende Herbst auch der Apfelschimmel schlief, dass er, zur Anerkennung seines Erwachsenendaseins vom Dorf geschenkt bekommen hatte. Doch auch im Stall herrschte gähnende Leere und so sehr er auch im Stroh herumwühlte, seine Eltern waren hier auch nicht. Schockiert fiel ihm ein, was Xankir gesagt hatte: „Er wusste auch, dass du Fynn heißt und wo du wohnst, wusste er ebenfalls.“ Oh nein… hatte der Fürst etwa seine Eltern entführt? Während Fynn zurück zu seinen Freunden rannte, Tränen der Angst um seine Familie in den Augen, schoss ständig ein Gedanke durch seinen Kopf: „Hatte er an all dem Unglück vielleicht sogar selbst schuld?!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)