Children of Elements von chaoticgirl (Buch I - Freundschaft) ================================================================================ Kapitel 15: Der Feind meines Feindes...? ---------------------------------------- Jemand stürmte durch den Wald, direkt auf zwei sehr verdutzte Menschen zu. Dann ging ein Leuchten des Erkennens über die Gesichter der beiden, sie breiteten ihre Arme aus und der Heranstürmende flog in ihre Umarmung. „Mama! Papa!“, schluchzte er. „Ich hab mir solche Sorgen gemacht!“ „Fynn...?“, stammelten seine Eltern. „Wir uns auch!“, rief seine Mutter bewegt. „Aber, was ist denn mit seinem Gesicht passiert? Was ist das für ein komisches Muster?“ Sie strich zögernd über Sanduku. „Das ist eins von diesen kunstvollen Mustern, die man sich in die Haut einbrennt, oder?“, fragte sein Vater gleichzeitig erstaunt und beeindruckt. „Sieht gut aus! Wusste gar nicht, dass du soetwas magst, hättest ruhig was sagen können. Das hat doch bestimmt weh getan?“ „Schon gut, Vater“, murmelte Fynn abwehrend. „Na, dann ist ja jetzt alles wieder gut“, seufzte sein Vater und klopfte ihm auf die Schulter. Dann ging er auf den jungen Mann zu, der die Szene aus der Entfernung lächelnd beobachtet hatte. „Fürst Jirani! Erst gewährt Ihr mir und meiner Frau samt unserem Hab und Gut Unterkunft und dann bringt Ihr mir sogar meinen Jungen zurück. Wie kann ich euch nur danken?“ Der Fürst hob ablehnend die Hände. „Bitte, das war doch selbstverständlich, dass ich euch nicht abgewiesen habe, als ihr vor meinen Burgtoren standet und um Hilfe batet. Und euren Sohn habe ich nicht gefunden, sondern er ist mir nur rein zufällig bei der Jagd über den Weg gelaufen.“ Er zwinkerte Fynn verschwörerisch zu, was dieser mit einem Grinsen beantwortete. Nachdem der Fürst seine Jagdgefährten abgelenkt und zurück zum Sammelpunkt befohlen hatte, hatten sich die Drachen beruhigt und Fynn hatte den morschen Ast fallen lassen. Der Fürst hatte ihnen schnell und leise versichert, dass er ihnen bestimmt nichts tun, sondern sogar helfen wolle. Fynn hatte sich erst gar nicht mit seinen Freunden beraten, im Grunde hatten sie keine andere Wahl, als ihm zu vertrauen. Sie konnten ihn nicht vergessen lassen, was er gesehen hatte und seine Reaktion sprach eindeutig für ihn. Außerdem konnten sie mit dem geschwächten Drachen unmöglich weitergehen, sie mussten rasten. Und als Fürst Jirani dann auch noch erzählte, dass vor wenigen Tagen eine Frau und ein Mann bei ihm Unterschlupf gefunden hatten, die ihm sehr ähnlich sahen, da beschlossen die Drachen und der Junge, ihm zu vertrauen und sich von ihm helfen zu lassen. Die Drachen waren auf der Lichtung zurückgeblieben, der Weiße konnte keinen Schritt weiter. Sie hatten sich bloß in das dichte Gestrüpp zurückgezogen, dass die Lichtung umgab, damit sie von der Luft aus nicht gesehen werden konnten. Wer konnte denn schon sagen, ob der Fürst nicht noch einen Drachen aus dem Ärmel zaubern würde! Dann waren Fürst Jirani und Fynn mit dem Versprechen los gezogen, bald wieder mit Medizin und Verbänden zurück zu kommen. Etwas besorgt hatten Rorax und Nexel den beiden nachgesehen, der weiße Drache war bereits erschöpft eingeschlafen. Und nun hatte er tatsächlich hier seine Eltern beim Holz hacken und Beeren sammeln vorgefunden! „Nun komm, Fynn, ich habe auch für dich eine Aufgabe!“, meinte Fürst Jirani nun. „Ja, Fynn! Der Hohe Herr ist so gut zu uns, da ist es das Mindeste, dass wir uns nützlich machen!“, sagte auch sein Vater. „Gut. Wir sehen uns dann also später. Bis dann!“, rief Fynn und folgte Jirani zur Burg. „Wir werden nun deinen Freunden bringen, was wir ihnen versprochen haben“, erklärte er unterwegs. Vor der Burg lag ein Dorf. Es war um einiges größer, als das, aus dem Fynn stammte. Überall war geschäftiges Treiben und an wem auch immer der junge Fürst vorbei ging, ob arbeitender Mann, tratschende Frauen, spielende Kinder oder schläfrige Greise, jeder begrüßte ihn freundlich und mit Hochachtung. Jeder schien sich zu freuen, dass er da war. Das kannte Fynn nicht. Fürst Adui hatte sich nie im Dorf gezeigt. Nur seine Schergen waren hin und wieder vorbei gekommen um die Abgaben einzusammeln, oder einen Streit zu schlichten. Und wann immer er den Fürsten innerhalb der Burg gesehen hatte, immer waren die Menschen vor ihm ausgewichen, hatten sich schweigend verneigt und dann zurückgezogen, während er meist tat, als wären sie gar nicht da. Wenn er Befehle oder Wünsche geäußert hatte, so hatte er immer in den Raum hinein gesprochen, niemals hatte er dabei Jemanden angesehen oder direkt angesprochen. Doch Fürst Jirani schien... beliebt zu sein. Er erwiderte auch jeden Gruß freundlich. Mit einem Mal war Fynn richtig froh, ihn getroffen zu haben. In der Burg brachte der Fürst seinen Begleiter in den Thronsaal und bat auf dem Weg dorthin einen Botenjungen, seine „Vertrauten“ zu ihm zu bestellen. Es dauerte nicht lange, da hatten sich im Saal an die zehn Männer versammelt, die stillschweigend der Dinge harrten, die da kommen sollten. Fynn stand ebenfalls schweigend und eingeschüchtert neben dem Fürsten, vor dem Thron. Er sah sich die Männer heimlich an. Diese „Vertrauten“ des Fürsten. Es gab junge und alte, freundlich und grimmig dreinblickende und jeder war vornehm und edel gekleidet. Fynn kam sich ganz ärmlich vor, in seinen Sachen aus grobem Leinen, mit dem dreckigen, zerschlissenem Stück Stoff um den Arm, der Magiza verdeckte. Einige betrachteten verwundert Sanduku, andere hatten selbst solche Muster im Gesicht oder auf den Armen. „Hört gut zu, meine Freunde!“, hob nun der junge Fürst an. „Dieser Junge hier an meiner Seite und seine Freunde, die draußen im Wald auf uns warten, brauchen unsere Hilfe. Und sie werden diese Hilfe von uns bekommen.“ „Wie viele sind es, die draußen im Wald warten?“, fragte ein rotbärtiger großer Mann mit einem sehr breiten Kreuz. „Noch drei weitere.“ „Warum sind sie nicht mit hergekommen?“, erkundigte sich ein schmaler junger Mann mit langen blonden, kunstvoll geflochtenem Haar und vornehmen Gesichtszügen. „Weil sie Angst vor uns Menschen haben.“ „Was heißt 'Vor uns Menschen'?“, fragte der Blonde sofort stirnrunzelnd. Der Fürst lächelte und Fynn begann zu schwitzen. Er wollte ihnen doch nicht die Wahrh-!? „Das heißt, dass Drachen nun mal sehr menschenscheu sind!“ Fynn fiel die Kinnlade runter. Hatte er einen Fehler begangen? Konnte er dem Fürsten nun doch nicht trauen? Was hatte er vor?“ Ein alter Mann mit weißem, langen Bart und einer grünen Kutte durchbrach die Stille, die diesem Satz gefolgt war. „Drachen? Des jungen Mannes Freunde sind Drachen? Erlaubt Ihr Euch auch keinen Scherz mit uns, Hoher Herr?“ Sofort verschwand das Lächeln auf Jiranis Gesicht. „Nein! Kein Scherz. Einer der Drachen ist schwer verletzt. Er braucht Medizin und Verbände. Ich möchte nun von euch, dass ihr alles Nötige auftreibt. Wir werden den Drachen im Wald behandeln und ihn und seine Freunde dann hierher bringen.“ „Wo sollen wir ein so großes Wesen unterbringen?“, fragte ein schwarzhaariger Mann, der in voller Rüstung erschienen war, als würde es jeden Moment in eine Schlacht gehen. „Im Stall wäre Platz genug. Ich habe noch eine Box frei! Dort ist es warm, trocken und es gibt genügend Heu. Die Box ist groß, eigentlich für Stute und Fohlen gedacht, aber zur Zeit kein Pferd gefohlt. Die Wände sind hoch, keiner kann hinein schauen, auch nicht im Vorbeigehen.“ „Gut, danke.“ Der Fürst nickte dem jungen, braunhaarigen Mann zu, auf dessen Umhang ein weißes Pferd und ein Huf abgebildet waren. Er blickte grimmig drein, als wäre er mit etwas nicht einverstanden. Fynn kam sich überrumpelt und überflüssig vor. Die Männer wandten sich ab um zu tun, wie ihnen befohlen wurde. Doch der Fürst rief sie zurück. „Wartet! Wir haben zwar die Möglichkeiten und die Mittel um ihnen zu helfen, aber das heißt noch nicht, dass wir das Recht haben, zu handeln, wie wir es für richtig halten.“ Er wandte sich Fynn zu. „Sieh das alles als ein Vorschlag an. Nimmst du ihn an?“ „Ich... ich weiß nicht...“, Fynn musste an Rorax' frühere Angst vor Menschen denken. E hatte zwar sein altes Selbstvertrauen wiedergewonnen, doch würde die Panik zurückkehren, wenn so viele Menschen um ihn herum wären? „Ich weiß nicht, ob meine Freunde da mitmachen werden. Sie sind, wie Ihr schon sagtet, menschenscheu.“ „Nur keine Sorge, wenn du sie nicht beruhigen kannst, werden wir sie einfach, mach dir keine Sorgen, wir-“ „Einfangen?!“, rief Fynn entsetzt. „Wir werden ihnen nicht weh tun, versprochen!“ „Nein! Niemand fängt sie ein!“ „Aber Fynn, wir wollen dir deine Drachen doch nicht weg nehmen. Wir werden sie nur-“ „Keiner fängt sie ein! Verstanden!!“ Jirani und seine Vertrauten waren sehr verdutzt. „Aber, wie wollen wir sie sonst hierher bekommen? Sie sind sicherer hier, vertrau mir.“ „Ich werde sie fragen, ob sie das wollen, aber wenn sie ablehnen, will ich Niemanden mit einem Netz oder einer Waffe sehen!“ Wenn sie nicht so sehr auf die Hilfe des Fürsten angewiesen wären, wäre Fynn mit seinen Freunden auf der Stelle verschwunden und nie wieder gekommen! „Sie... sie fragen?“, stotterte der Fürst. „Du sprichst von diesen Drachen, als könnten sie verstehen, was du sagst und eigene Entscheidungen treffen“, sagte der vornehme Blonde. Jetzt verstand Fynn. Diese Menschen sahen – wie so viele – Drachen als Tiere an, die ihrem Instinkt folgen und nicht denken können. Sie glaubten, sie wären für Fynn soetwas wie Haustiere, als hätte er sie gezähmt. „Sie sind intelligente Lebewesen und ich kann mit ihnen sprechen. Sie sind nicht meine Haustiere, sondern gleichwertige Freunde, mit eigenen Meinungen, die ich respektiere!“ Die Männer sahen ihn verblüfft an. „Und wenn auch nur einer der Drachen dagegen ist, dass ihr euch ihnen nähert, dann darf keiner von euch es wagen, an sie heranzutreten!“ Fynn merkte, dass seine Stimme laut und gebieterisch war, völlig unangemessen diesen höher gestellten und adligen Leuten gegenüber, aber das war ihm egal. Sie hatten seinen Regeln zu befolgen, wenn sie dem weißen Drachen wirklich helfen wollten. „Du... du kannst mit ihnen sprechen?!“, fragte Fürst Jirani erstaunt. Seine Vertrauten sahen ihn zweifelnd an, als Fynn entschlossen nickte. „Nun gut, dann werden wir ihre Entscheidung akzeptieren.“ Der Fürst gab den anderen Männern ein Zeichen und diese verschwanden wortlos. Dann bedeutete er dem Drachenfreund, ihm in den Burghof zu folgen, wo der grimmig dreinblickende Braunhaarige bereits die Pferde hatte satteln und bereitstellen lassen. Fynns Herz schlug gleich höher, als er unter all den edlen Rossen auch sein eigenes, schlichtes Apfelschimmelpferd entdeckte. Schon bald saß er im Sattel und lenkte sein Pferd Richtung Wald, gefolgt von den Männern, die große, lederne Taschen mit allem Nötigen darin trugen. Ihm war immer noch sehr mulmig bei dem Gedanken, all diese Menschen an seine Freunde heran zu lassen. Doch das offene, aufrichtige Lächeln des Fürsten hatte ihn schon längst in seinen Bann gezogen und obwohl er sich nicht getraute, es sich einzugestehen, so hatte er Vertrauen zu ihm. Etwa zwanzig Pferdelängen vor der Lichtung hieß Fynn die Reiter anzuhalten und warten und näherte sich allein dem Ort, an dem sich die Drachen versteckt hielten. „Fynn! Endlich! Wir haben uns Sorgen gemacht!“ Nexel trat aus dem Gebüsch hervor. „Freunde, ich habe die versprochene Hilfe mitgebracht. Aber ich weiß nicht, ob sie euch gefallen wird.“ „Was meinst du damit?“ Nun streckte auch Rorax seinen blauen Kopf durch die Äste. „Es ist nicht nur der Fürst, sondern auch seine 'Vertrauten'. Etwa zehn Männer warten da hinten darauf, dass ihr ihnen gestattet, euch zu helfen.“ „Was?!“, kam es zweistimmig zurück. „Es sind enge Freunde des Fürsten, er vertraut ihnen!“ „Das ist ja schön und gut, aber vertraust du ihnen?“, fragte Nexel scharf. Einen Moment zögerte Fynn. Dann aber sah er dem Kiuma fest in die Augen und sagte deutlich: „Ja!“ Da nickten die beiden Drachen. „Dann tun wir das auch.“ „Okay, ihr bringt den weißen Drachen auf die Lichtung, da ist genügend Platz. Ich hole die Männer.“ Damit verschwand Fynn. Die Männer traten langsam und mit Ehrfurcht auf die Lichtung. Die Drachen stellten ein imposantes Bild dar. In der Mitte der Lichtung lag der weiße Drache, flach atmend und sein übrig gebliebenes Auge war halb geschlossen. Keiner konnte sagen, wie viel er noch von dem mitbekam, was um ihn herum vor sich ging. Neben ihm hatten sich die beiden Kiuma in voller Größe aufgestellt, als wären sie seine Leibwächter. Dem Fürsten rutschte ein leises „Unglaublich“ heraus. Fynn lief schnell auf den verletzten Drachen zu und ließ sich neben seinem Kopf nieder. Sanft streichelte er über die grauen, geschmolzenen Schuppen, während sich die übrigen Männer langsam näherten. Der Greis mit den weißen Haaren tastete vorsichtig die Brust des Verletzten ab. „Wie... ist das mit seinem Gesicht passiert?“, fragte ein dunkelblonder, etwas schmächtiger Mann mit seltsamen schwarzen Augen. „Er hat uns angegriffen, da hat Nexel uns verteidigt“, antwortete Fynn. „Wer ist Nexel?“ „Ich!“, knurrte der Feuerkiuma. Erschrocken zuckten alle Männer zusammen und wichen vor ihm zurück. „Keine Angst“, meinte Fynn. „Aber... er... er hat uns angeknurrt!“ „Er hat deine Frage beantwortet. Er ist nämlich Nexel.“ „Er kann uns verstehen?“, fragte der edle Blonde mit der kunstvollen Frisur. „Ich hab euch doch gesagt, es sind intelligente Lebewesen, sie verstehen was Menschen sagen.“ Immer noch etwas beunruhigt traten die Männer wieder näher. „Wie geht es ihm?“, fragte der Fürst den Greis, der erneut den Drachen abtastete. „Er ist schwach, Mylord.“ „Kann er bis zur Burg laufen?“ „Die Drachen werden ihn tragen“, antwortete Fynn. Mit einem Mal kam Bewegung in den weißen Drachen. Er hob den Kopf, sah die vielen Menschen um ihn herum und sprang brüllend auf. Sofort brachten sich die Männer in Sicherheit, nur Fynn blieb und versuchte beruhigend auf den verängstigt fauchenden Drachen einzureden. Er ging zögernd einige Schritte auf den Jungen zu, neben dem sich die beiden anderen Kiuma als Vorsichtsmaßnahme postiert hatten. Der Weiße trat einen weiteren, schwankenden Schritt auf Fynn zu und streckte ihm sein entstelltes Gesicht entgegen. Fynn lief ihm entgegen und fing seinen Kopf auf, als er erschöpft zu Boden sank. Auch Rorax und Nexel traten näher, stupsten ihn sanft mit ihren Schnauzen oder strichen mit ihren Flügeln über seinen zitternden Körper. Der Weiße sah schnaubend zu Nexel auf. „Das sind Freunde von Fynn. Freunde von uns. Sie wollen dir nur helfen. Du musst keine Angst vor ihnen haben“ erwiderte er mit seiner knisternden Stimme. Da schloss der Luftdrache sein Auge und das Zittern seines Körpers wurde schwächer. Beruhigend strich Fynn noch einige Male über die graue Schnauze, dann bedeutete er den Männern, die das alles erstaunt mitangesehen hatten, dass sie sich wieder gefahrlos nähern konnten. Die Drachen hatten sich eng neben ihren verletzten Artgenossen gelegt. „Wa-warum hilfst du diesem Drachen, wo er dich doch angegriffen hat?“, fragte der Fürst zögernd. „Der Fürst Adui ist ein grausamer Mensch. Er hat einen meiner Freunde entführt und drei Wochen lang durch die Hölle gehen lassen. Ich weiß nicht wieso, aber dieser Drache hier hat dem Mistkerl geholfen und uns daran gehindert, unseren Freund zu retten.“ „Ja, aber warum dann so viel Mitleid für ihn?“ „Die Geschichte geht noch weiter. Er hat uns gehindert und Nexel hat ihn dafür gestraft. Wir haben eine neue Rettungsaktion gestartet und unseren Freund befreien können. Aber in dem Verließ neben dem meines Freundes... da lag er. In genau dem erbärmlichen Zustand, wie ihr ihn hier seht. Wir wurden entdeckt und hatten keine Zeit, ihn zu retten. Aber als ich sah, dass Adui ihn genauso mies behandelt, wie den armen Xankir, da musste ich ihn einfach da raus holen! Ich konnte ihn doch nicht einfach seinem Schicksal überlassen! Wahrscheinlich wäre er aufgrund der schlechten Luft da unten bald verhungert! Dieser Fürst glaubt, er könnte machen, was er wolle, aber er weiß nichts über die Drachen! Wahrscheinlich hätte er noch nicht mal gemerkt, dass der arme Kerl verhungert, da unten in diesem Drecksloch von einem Verließ!“ Fynn redete sich all seine Sorgen und seine Wut von der Seele. „Er- er hat die Drachen nicht gefüttert?“, entsetzte sich der Greis. Fynn lachte schnaubend auf. „Doch, hat er – mit Fleisch!“ „Na und, was ist dagegen einzuwenden?“, fragte der grimmig aussehende Braunhaarige. „Man merkt, dass ihr genauso wenig Ahnung von Drachen habt“, lächelte Fynn. „Woran?“ „Drachen fressen kein Fleisch!“ „Waas?“, riefen die Männer im Chor und musterten die Wesen die sie da vor sich hatten skeptisch. „Schwer zu glauben, nicht wahr?“ „Was fressen sie denn dann?“, wollte der blonde Adlige wissen. „Wahrscheinlich Beeren und Wurzeln“, meinte der Fürst. „Nein. Weder noch. Sie ernähren sich ihrer Art entsprechend.“ „Das verstehe ich nicht“, meinte der Blonde. „Der Junge will uns doch nur hoch nehmen“, sagte der Rothaarige in Rüstung. „Ruhe jetzt! Momentan ist es egal, was sie fressen. Gebt mir die Verbände und die Medizin!“, befahl der Alte. Dann gab er dem weißen Drachen einige Herz und Atmung stärkende Tränke, strich kühlende Salbe auf die geschmolzenen Schuppen und wickelte Verbände um den Rumpf um den wund gelegenen Bauch vor Dreck und Nässe zu schützen. Nur die Vitaminpillen, die er ihm verabreichen wollte, nahm der Drache partout nicht an. „Keine Sorge, die frische, gute Luft hier draußen, gibt ihm alles, was er benötigt“, sagte Fynn mit einem Lächeln. Der Alte gab auf und befahl den Männern nun, den Drachen zur Burg zu bringen. Da näherten sich Rorax und Nexel, die dem weißen Drachen von der Seite gewichen waren, als der Alte Platz brauchte, um die Verbände anzulegen. Sie halfen dem Verletzten auf, stützten ihn mit ihren Körpern und Schwänzen und folgen Fynn, der ihnen den Weg wies. Die Männer kamen erstaunt hinterher. Inzwischen neigte sich der Tag schon wieder dem Ende zu und nach einigen Pausen und Umwegen um Bäche und dichtes Gestrüpp herum, näherte sich die seltsame Prozession im Dunkeln der Heimat des Fürsten. Der grimmige Braunhaarige schickte die Knappen, die diensteifrig herbei gelaufen waren, um den hohen Herren die Pferde abzunehmen, ins Bett und zeigte den Drachen den Weg zum Stall. Warme, herb nach Pferd und Heu duftende Luft kam ihnen aus dem Holzgebäude entgegen. Alle Pferde streckten neugierig ihre Köpfe aus den Boxen, als die Drachen im Gänsemarsch – Nexel, der Weiße und zum Schluss Rorax – an ihnen vorbei liefen. Um nebeneinander zu laufen war nicht genug Platz, aber Fynn und der Braunhaarige quetschten sich an ihnen vorbei und letzterer geleitete sie zur letzten Box, die voll frischem Stroh war und der weiße Drache brachte seine letzte Kraft auf, wankte hinein und legte sich erschöpft aber zufrieden seufzend auf das weiche Lager. Rorax und Nexel sahen hinein, während Fynn ihm etwas Stroh zurecht schob, sodass er den Kopf darauf legen konnte. Der Stall war tatsächlich perfekt. Groß genug, hohe Wände, von innen und außen verriegelbare Türen. „Habt Ihr auch Boxen für Rorax und Nexel?“, fragte Fynn. „Gegenüber und gleich nebenan stehen eigentlich die Pferde des Fürsten, aber ich denke, da kann man was dran ändern. Und schon kurz darauf machten es sich die beiden anderen Drachen ebenfalls im Stroh bequem. Zwar waren diese Boxen nicht ganz so groß, wie die Erste, aber es ging. Fynn danke den Männer und dem Fürsten für ihre Hilfe. Der Braunhaarige nickte nur grimmig, als Fynn sich für die Bereitstellung der Boxen und für Pflege seines Pferdes bedankte; der Fürst versprach, den Eltern ausrichten zu lassen, dass ihr Sohn im Stall bei seinem Pferd schlafen wolle. „Sie kennen das schon von mir, das mache ich Zuhause auch öfters. Ich halte es einfach nicht lange in Gebäuden aus“, lachte Fynn, als Jirani ihn fragte, ob sich seine Eltern über seinen Entschluss nicht wundern würden. Dann kehrte Ruhe in den Stall ein. Nur die Pferde wieherten hin und wieder leise oder bewegten sich in ihren Boxen. Fynn schloss die Türen der Boxen und legte sich dann zu dem Weißen – der schon längst wieder schlief – ins Stroh, den Rücken an den verbundenen Rumpf gelehnt. „Fynn?“, kam es leise aus der gegenüberliegenden Box. „Ja, Rorax?“ „Ich... ich hatte keine Angst... wirklich nicht!“ „Das ist doch toll“, antwortete Nexel. „Ich kann es noch gar nicht fassen. All diese Menschen um mich rum gehabt zu haben. Meinst du, wir können ihnen wirklich vertrauen?“ „Ich weiß nicht, Rorax. Aber wie heißt es so schön? Der Feind meines Feindes...? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)