A Broken Mirror von abgemeldet (Fernes Spiegelbild) ================================================================================ Kapitel 1: Wiedersehen ---------------------- Nat Ich hasse dich. Wie du mich ansiehst – wenn du mich denn mal ansiehst. Wie ein Monster. Sehe ich wirklich so schrecklich aus in deinen Augen? Lange her, dass ich in den Spiegel gesehen habe, in meine Augen, die deine sind, grün wie der Wald. Hexenaugen. Oder sind es die Piercings, die dic erschrecken? Die schwarzen Haare? Waren sie bei unserem letzten Treffen nicht auch schon so? Ja, ich glaube schon. Meine Locken, genauso golden, wie deine es sind, ich habe sie abgeschnitten, ausgerissen und in schwarzer Farbe erstickt. Schwarz, mit einem Stich ins Blaue, auf den ersten Blick auffallend, wie mein Vater nicht müde wird zu monieren. Ich hasse dich. Wagst es kaum, mich anzusehen. Du hast ausgesehen, als hättest du einen Geist gesehen, als du die Tür geöffnet hast. Kein Wort des Grußes. Dabei hättest du mich ruhig begrüßen können, immerhin sind wir Schwestern. Zwillinge. Oder mich umarmen können – vermutlich hättest du Angst, dich an meinem Nietenhalsband zu stechen. Aber du hast mich nur angesehen - entsetzt? Ich bin nicht wie du, du, in deinem Sommerkleid. Hellblau. So etwas würde ich nie anziehen, weder in der Farbe noch in dem Schnitt. Das biedere brave Mädchen. Ich hasse dich. Du machst es allen recht. Obwohl dir mein Erscheinen offenkundig äußerst unangenehm war, hast du mich hereingebeten. Ich mache dich nervös, passe nicht in deine heile Welt. Du versuchst, mir Tee zu servieren, du bist ja kaum in der Lage, den Teelöffel ruhig zu halten. Als du dich vorbeugst, fällt eine Sträne deines goldenen Haares in das Teewasser. Dein herrliches, goldenes Haar. Ich möchte es dir ausreißen. Strähne für Strähne. Haar für Haar. Ich möchte deine Schreie hören dabei. Du sollst mich ansehen, nur mich, und du sollst dich fürchten. Wenn du Angst hast, wirst du mich respektieren. Du stellst den Tee auf den Tisch, in zwei Tassen und nimmst mir gegenüber Platz. Hälst dich sehr gerade, als wenn ich nicht merken würde, wie unwohl du dich fühlst in meiner Gegenwart, wie nervös du bist. Unser Teetrinken verläuft still, förmlich, beinahe wie eine Zeremonie. Du fragst nichts. Interessiert es dich nict, was ich getan abe, in den Jahren, in denen wir getrennt waren? Nein, warum auch? Lange er, dass wir zusammen gespielt haben. Hast mich vergessen. Ich hasse dich. Trotzdem bin ic nur deinetwegen hier. In diesem Jahr werden wir volljährig, morgen werden wir es feiern, ganz offiziell, und ich werde, wie Vater es gesagt hat, bleiben, bis wir unseren Geburtstag feiern, in einer Woche. Dann aber werde ich gehen und nie mehr zurückkehren. Warum sollte ich bleiben? Wiederkehren? Deinetwegen? Ich hasse dich, meine kleine Schwester. Shizuka Seltsam, ein seltsames Gefül, sie wiederzusehen. Mein dunkles Spiegelbild. Im ersten Moment habe ich dich gar nicht erkannt. Es war nicht dein schwarzes Haar, auch nicht deine Kleidung. Enge schwarze Hosen – aus Lack – ein knappes Top, Springerstiefel, Nietenhalsband, das Gesicht viel stärker geschminkt, als meines ist. Du hast mehr Piercings als beim letzten Mal – zwei Jahre und drei Monate ist es her, dass ich dich gesehen habe. Doch am meisten unbekannt an deinem Gesicht war, wie makellos es war. Ich sah dich an, deine makellose, weiße Haut. Ungewöhnlich, sonst war da immer etwas. Eine aufgeschlagene Lippe, ein blaues Auge, eine Platzwunde. Diesmal nicht, alles war makellos rein. Ich weiß, dass du nicht aufgehört haben kannst, dich zu schlagen. Warum solltest du? Wagt es niemand mehr, sich dir entgegen zu stellen? Möglich wäre es. Oder du bist einfach zu gut, als dass sie dich verletzen könnten. Ich war so erstaunt, dich zu sehen, so überrumpelt, dass ich mich kaum rühren konnte, kein Wort herausbrachte. Hat es lange gedauert, bis ich in die Realität zurückfand? Ich war nervös, als ich dich in die Küche bat. Gerne hätte ich dich gefragt, was du getan hast die letzten zwei Jahre, doch ich wage es nicht. Lässig sitzt du am Tisch. Wie stets hast du deine Schuhe nicht ausgezogen. Vater wird wütend sein, aber das ist doch genau das, was du willst, oder? Deshalb bist du doch fortgegangen, weil keiner mehr das ewige Spiel zwischen euch ertrug, Provokation und dann die Streits. Wie lebst du dort in Tokyo? Läuft alles gut in der Schule. So viele Fragen, doch ich wage es nicht, auch nur eine davon zu stellen. Du bist mir fremd geworden, so ganz anders als damals, als du meine große Schwester warst. Seltsam, du bist nur einige Minuten älter als ich, und doch sind wir so verschieden. Damals hast du mich bescützt, aber du bist fortgegangen, hast mich vergessen. Hast du mich vermisst? Ich habe dich sehr vermisst. Ich vermisse dich noch immer. Aber du bist so anders, distanziert. Ich wage es kaum, dich anzusehen. Meine Hände zittern und eine Strähne meines Haares fällt in das Teewasser. Ich fische sie nervös heraus. Dein Haar hast du abgeschnitten. Warum? Hast du es nicht mehr ertragen, das brave Mädchen zu sein? Ist das der Grund für all die Rebellion? Ich verstehe dich nicht. Unser Teetrinken verläuft so förmlich, wie eine Zeremonie. Kannst du nicht etwas sagen? Etwas, dass es wieder so sein lässt wie früher, das die Nähe wieder herstellt? Damit ich mich wieder an dich kuscheln kann? Wann hast du dich von mir entfernt, Schwester? Als du fort gezogen bist? Früher oder später? Und warum? Ich möchte dir wieder nah sein. Wirst du mich an dich heran lassen? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)