Die schöne alte Zeit von abgemeldet (damals beim Kaiser....) ================================================================================ Kapitel 1: Die Einladung ------------------------ Es war ein regnerischer Tag. Geneviève beeilte sich von der elterlichen Droschke ins Haus zu kommen. Albert, der Diener und eine der treuen Seelen des Hauses nahm ihr das durchnässte Cape ab. "Eure Mutter erwartet euch im Salon, gnädiges Fräulein" teilte er ihr mit. Geneviève seufzte und löste Haarnadel und Hut aus ihrem hochgesteckten, wunderschön blonden Haar. Dann zog sie die teuren Glacéhandschuhe und Galoschen aus und sagte:"Albert bitte richte meiner Mutter aus, das ich mich erst ein wenig frisch machen werde. Ich werde ihr zum Tee Gesellschaft leisten!" Schnell wollte sie ganz undamenhaft die Treppen in ihr Zimmer hinaufspringen, denn das gnädige Fräulein war die einzige Tochter des Hauses, ziemlich verwöhnt und es gewohnt, dass man auf sie wartete. Doch der alte Diener widersprach: " Aber Gnädiges Fräulein haben Besuch. Der junge Herr von Livenland ist anwesend und brennt darauf eure Bekanntschaft zu machen." Das war ein Argument. Geneviève war dem Sohn des Grafen Livenland schon seit langem sehr zu getan. Doch vor dem Diener gab sie sich jetzt natürlich keine Blöße, auch wenn sie nur allzu gern so schnell es ging die Treppen wieder hinuntergelaufen wäre. "Nun gut, melde meine Ankunft und sage, dass ich in wenigen Minuten dort sein werde!" Der Diener ging von dannen. Aufatmend lief Geneviève nun doch die Treppen hinunter als der alte Albert außer Sichtweite war, und stellte sich vor den großen goldenen Spiegel in der Eingangshalle des alten Herrenhauses um sich nocheinmal zu prüfen. Denn blamieren durch unordentliches Aussehen, das wollte sie nicht, schon gar nicht vor ihrer Mutter und dem famosen Grafensohn. Ganz die Ruhe selbst betrat sie dann den Salon, küsste der Mutter die Hand und ließ sich wiederum die Hand von ihrem Verehrer küssen. Dann nahm sie Platz. Fragend blickte sie zu ihrer Mutter, doch Sophie von Troßburg gab sich geheimnisvoll und streng wie es auch sonst ihre Art war, sobald Besuch anwesend war. Unauffällig blickte Geneviève in das Gesicht von Nikolas von Livenland. Der zwinkerte auch ganz verschmitzt und unauffällig zurück, so dass sie leicht errötete. Wie peinlich, nun würde er sie für extrem unhöflich und männersüchtig halten, da sie ihn doch so ungeniert angestarrt hatte! Aber Nikolas schien das alles zu gefallen. "Gnädiges Fräulein, ich bin gekommen, um Ihnen und natürlich Ihrer Frau Mutter meine allerliebenswürdigste Aufwartung zu machen. Durch Euren Bruder Andreas habe ich die Weisung erhalten Euch seine besten Empfehlungen und Grüße aus Insterburg zu senden und Euch sogleich auf das Gut meiner Eltern, dem Grafen und der Gräfin von Livenland einzuladen, falls dies Eure Zeit und Gefallen finden sollte. Auch meiner Schwester Emilie, die in Eurem Alter sein müsste, würde dies eine außerordentliche Freude sein. Euer werter Herr Bruder wird selbstverständlich auch anwesend sein, denn wir werden ab dem Wochenende ersteinmal Heimaturlaub haben. Also Gnädiges Fräulein? Wie lautet Eure Antwort? Eure Frau Mutter sicherte mir bereits ihre Zustimmung zu." Geneviève wusste nicht recht, was sie nun antworten sollte. Natürlich gab es für sie nichts schöneres als ein Wochenende auf einem Gut in Ostpreußen, zumal sie ihren geliebten Bruder, der in des Kaisers treuem Regiment diente, wiedersehen würde. Außerdem war es Spätherbst und die Familie hatte dieses Jahr ihr Sommergut in Rominten aus geschäftlichen Gründen des Vaters schon früher verlassen müssen. Deswegen saß man jetzt im regnerischen Berlin fest, obwohl die Sommersaison noch gar nicht beendet war und langweilte sich. Die Mutter hatte soviele Bekannte, die zu alt waren für das ständige Hin- und Herreisen, oder aus anderen Gründen auch in Berlin weilten. Aber für eine junge Dame von 18 Jahren wie sie eine war- nein es war doch zu fad in dieser Großstadt. Keine Bälle, keine Opernbesuche. Aber wäre das nicht ein wenig zu offensichtlich? In Anbetracht der langweiligen Situation jedoch-was blieb da anderes als Ja zu sagen? Und auch die Mutter hatte ja schon ihr Einverständnis gegeben! "Ich nehme Eure Einladung mit Freuden an! Und bestellt bitte auch Eurem Fräulein Schwester meine allerherzlichsten Grüße!" "Nun dann, so werde ich mich auch schon wieder Verabschieden. Die Pflicht ruft, für unser Deutsches Kaisserreich!" sprach Nikolas euphorisch, aber mit lachenden Augen. Die Mutter lächelte würdevoll und sagte: " Halt Nikolas, bevor Ihr euch wieder auf den weiten weg nach Insterburg macht, möchte ich euch bitten meinem Sohn Andreas noch einige Dinge aus der Küche und von seinem Vater mitzubringen, ich werde mich eigenhändig darum kümmern, also wartet bitte noch einen Moment in der Eingangshalle auf mich." Frau von Troßburg nickte ihm hoheitsvoll zu und begab sich in den unteren Teil des Hauses. Geneviève errötete wieder. Nun stand sie allein mit Nikolas in der Eingangshalle. Schüchtern blickte sie ihn an. Er kam auf sie zu, ihr stockte der Atem, kein Personal war weit und beit zu sehen. "Geneviève...bitte nehmt es mir nicht übel, aber ich muss Euch einfach sagen wie glücklich ich über Eure Zusage bin. Es wird der schönste Heimurlaub seit langem für mich werden. Glaubt mir das. Ich werde dafür sorgen das dies auch für euch zutrifft. Verzeiht meine ungehörigen Worte dennoch..." flüsterte er ihr zu. Sie konnte nur nicken. Nervös dreht sie sich zur Seite, als auch schon die Mutter mit Hanna und Frieda, sowie Kurt dem Knecht zurückkam und Anweisungen gab das Essen und eine Truhe auf der draußen wartenden Kutsche zu verstauen. Nocheinmal wurden kurze Abschiedsworte gesprochen, dann sah man den Grafensohn in den Regen hinaus fahren. Geneviève war immernoch ganz erhitzt, noch nie hatte ein Mann so zu ihr gesprochen, und dann war es auch noch ihre große Liebe Nikolas von Livenland! Ein leiser Seufzer entfloh ihren Lippen. Die Mutter blickte auf. Was hatte das Kind denn nur? Es sprudelte doch sonst immer wie ein Wasserfall aus ihr heraus wenn sie von ihren Ausflügen aus der Stadt zurückkam? "Fühlst du dich unwohl Kind? Ist dir die Kutschfahrt vorhin nicht gut bekommen? Oder erwartest du etwa einen Migräneanfall? Wirst du mir gar krank? Soll ich den Besuch bei den Livenlanders wieder absagen lassen?" fragte die Mutter. Da horchte Geneviève auf, nein das durfte die Mutter ihr nicht antun! "Ach Mutter, es ist alles in Ordnung, ich fühle mich nur etwas erschöpft wegen meines Ausflugs vorhin. Ich bin nach dem Alexanderplatze gefahren, und in Fräulein Bertrams Hutladen in dem ich mich umsah, war wieder eine Neureiche die sich mit ihrem Parfum nicht zurückhalten konnte, du weißt wie sehr mir von diesen aufdringlichen Düften immer schwindelt, ansonsten geht es mir famos!" Sie schenkte der Mutter ein Lächeln. Sie war zwar dort gewesen um sich einen Hut für ihr neues Freizeitkleid zu bestellen, aber sie war ganz allein in dem allseits beliebten Laden gewesen, denn wie schon erwähnt weilten die meisten Kunden ja noch auf ihren Sommerresidenzen und Gütern. Sie wusste das ihre Gedanken im Moment stetig der Kutsche in Richtung Insterburg zuwanderten. Nur die Mutter, die durfte nichts davon ahnen! Das wäre doch zu peinlich, würde die Mutter doch nur wieder denken sie hätte durch eigenes Zutun, den Grafensohn ermutigt auf sie zuzugehen. Undenkbar! Am Besten wäre es, sie zöge sich unauffällig in ihr Zimmer zuück. "Geneviève, der Tee wird jeden Moment serviert, der wird dich erfrischen, danach können wir uns überlegen was du für ein Ballkleid bekommen wirst, es sind nur noch 7 Tage bis zur Abreise. Wir müssen morgen unbedingt zu Madame Capet fahren und alles zusammenstellen, damit unsere Garderobe rechtzeitig fertig ist!" Als die Mutter sich wieder dem Häkeln und dem gerade herbeigebrachten Tee widmete, rollte Geneviève die Augen. Nun musste sie noch länger im Salon sitzen, und obwohl sie es sonst liebte, sich mit Mode zu beschäftigen, wollte sie heute Abend mit ihren Gedanken am Liebsten ganz woanders hin. Doch auch das überstand sie schließlich. Nachdem alles besprochen war ging sie die Treppe hinauf in ihr Mädchenreich. Ihr Zimmer war groß und hell, mit weißen Seidentapeten auf der viele kleine Veilchen arrangiert waren. Dunkle,violette Vorhänge verhinderten das fremde Einblick erhielten und die Kälte hereinkam. Schnell schloss sie die hohe weiße Tür hinter sich und eilte ins Ankleidezimmer. Rasch zog sie geknöpfte Stiefel, Rock und Bluse aus, hüllte sich in ihr Negligée und setzte sich vor ihren Spiegel. Langsam begann sie Haarnadel für Haarnadel aus ihrem dichten blonden Haar zu ziehen. Diese Arbeit sowie das weitere Bürsten war so monoton, dass man ohne Probleme die Gedanken abschweifen lassen konnte. Natürlich dachte sie an Nikolas. Er war so schön...Groß und sehnig, ein wenig braun gebrannt, doch nicht von übermäßigem Sonneneinfluss gezeichnet, blondes gerades Haar, stilvoll seitwärts gekämmt. Die Nase war gerade und hat genau die richtige Form. Sein breiter Mund hatte volle Lippen die sich wundervoll zu einem Lächeln hinreißen liessen. Doch das schönste waren seine stahlgrauen Augen mit phänomenalen schwarzen Wimpern, die sein Gesicht vollkommen machten. Sein muskulöser Körper hatte alles was eine Frau begehrte, er war in der Armee, seine Eltern waren angesehene Adlige, ganz so wie Genevièves Eltern selbst. Ihr Herz klopfte und sie lächelte stumm vor sich hin. So fand sie ihre Zofe vor, die Geneviève zum Abendessen umkleiden wollte. Wie aus einem wunderschönen Traum geweckt fand sie wieder zurück in die Realität. Gefasst stand sie auf, ließ sich ankleiden und begab sich zu Tisch. Darauf freute sie sich, denn der Vater der sonst den ganzen Tag unterwegs war nahm endlich wieder an der Mahlzeit teil. Vor ihm musste Geneviève sich zusammen nehmen, denn schließlich war sie seine Tochter und das letzte woran der Vater auch noch denken mochte nach einem langen und anstrengenden Tag,war das seine Tochter, seine einzige auch noch, sich verliebt hatte. So saß die Familie an der Tafel und sprach über die erfreulichen Dinge des Tages. Natürlich sprach man auch von dem Bruder und seinem Regiment und von der bevorstehenden Reise. Und ehe man es sich versah schlug die Uhr im Esszimmer halb Neun, man begab sich in den Salon und Geneviève schützte Müdigkeit vor und ging ins Bett. Schlafen konnte sie jedoch lange nicht. Immerwieder schweiften ihre Gedanken zu einem blonden Ostpreußen ab... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)