Mondscheinkinder von MangaEngel ================================================================================ Kapitel 26: Da waren es nur noch zwei ------------------------------------- Egal, wie sehr ich auf diesen Tag gewartet, gehofft hatte, ich hätte niemals erwartet, dass er letztendlich so schnell, so unerwartet, so...ungelegen kommen würde. Doch jetzt zu sagen, dass ich ihn nicht wollte, könnte mich genauso meinen Platz in der Klinik kosten wie nach der OP. Und so blieb mir keine andere Wahl. Aber meine Eltern und auch Kai und Masa merkten, dass ich von der plötzlichen Nachricht nicht so begeistert war, wie ich es vielleicht sein sollte. Es war als wäre es gestern gewesen, da hatte ich im Zoo noch positiv daran gedacht, irgendwann die OP zu haben, aber da waren in meinen Gedanken auch Kai und Masa geheilt, mir kam nie der Gedanke, als Erste diese Klinik zu verlassen und die Beiden zurückzulassen. Ich hatte noch so vieles nicht getan, Kai konnte noch nicht fehlerfrei leichtere Sätze schreiben und ich wollte noch besser im Hören werden. Und das alles sollte unmöglich werden, ich sollte die Klinik werden, ich sollte...geheilt werden... Ich hätte im Traum nicht gedacht, dass dieser Gedanke mich niedergeschlagen anstatt freudig werden ließe. Doch es war so und mit diesen Gründen würde ich wohl kaum die Direktorin darum bitten können, die OP zu verschieben. Ich hatte keine Wahl... Ich musste mich entscheiden, ob ich mit oder ohne OP die Klinik bald verlassen sollte. Und da erschien mir mit OP besser, denn ich erreichte nicht nur, was ich ursprünglich geplant hatte, ich hätte auch zumindest ein bisschen mehr Zeit. Wenn auch vermutlich nicht viel. Fast, als hätte man mir nicht meine OP, sondern meinen Tod prophezeit, kümmerten sich Kai und Masa geradezu rührend um mich, schienen mich aufmuntern zu wollen und Masa vergaß sogar, dass er böse auf Kai gewesen war. Beide versuchten, mich die Nacht über zum Lachen zu bringen und auch, als wir schon früh am Morgen in die Klinik zurückkehrten, versuchten sie mich abzulenken. Ich war glücklich darüber, doch zeitgleich machte es alles nur noch schlimmer, denn gerade durch dieses auffällige Verhalten erinnerte ich mich immer und immer wieder an den Nachmittag, an dem mich der Operationstisch erwartete. Aber alles aufmuntern half nichts, der Nachmittag kam und mit ihm ein Arzt, der mich abholte und zur Station brachte. Masa und Kai durften nicht mit, das war mir aber auch von Anfang an klar gewesen. Ich bekam eine Spritze und als ich schon merkte, wie ich müde wurde, bekam ich Panik. Ich wollte weglaufen, wollte zu Kai oder Masa, mich verstecken und sie anflehen, mich zu beschützen. Doch selbst wenn ich es vorgehabt hätte, ich konnte gerade mal leicht laufen und selbst das nur mit Hilfe. Ich wurde in einen Raum aus grünen Fliesen mit einem großem Tisch gebracht und bekam eine Maske auf und dann wurde alles schwarz. „Mary... Mary... Mary!“ Ich öffnete müde die Augen und dachte spontan, dass ich wohl jetzt wusste, wieso Kai immer so müde war, wenn er wach wurde. Ich sah zur Seite und da ich die Augen nur ein Stück offen hatte, konnte ich auch nicht viel sehen, aber genug, um zu wissen, wer neben mir saß oder besser, welche Personen dort saßen. „Mary... Endlich bist du wach...“ sagte Kai und er klang erleichtert, Kira lächelte und ich hatte ein starkes Kribbeln im ganzen Gesicht, doch ich konnte meine Arme nicht heben, ich fühlte mich zu schwer, mich überhaupt zu bewegen. Ich weiß nicht, wie lange, aber keiner sagte was, ich, weil ich nicht konnte und die Beiden, weil sie mir wohl ein wenig Ruhe gönnen wollten. Ich nickte noch mehrmals ein und hatte den Drang, grundlos zu lachen. In solchen Momenten dachte ich, dass ich jetzt wohl wüsste, wie man sich unter Drogen fühlte und es war recht unangenehm. Allerdings war mir nach einiger Zeit aufgefallen, dass ich auch bei fast vollem Bewusstsein nur schwerlich sprechen konnte. Ich hatte einen Verband ums ganze Gesicht gewickelt und mein Mund schmerzte sehr stark. Offenbar hatten sie auch die Narbe korrigiert, obwohl das eigentlich gar nicht abgemacht gewesen war. Kai und Masa waren immer bei mir, ich hatte erwartet, dass die Direktorin mich unter Quarantäne steckte wie sie es mal mit Kai gemacht hatte, doch sie ließ es sein. Insgesamt lag ich wohl um die vier Tage in der Station und immer durften die Beiden in der Besuchszeit zu mir kommen. Auch die Schmerzen ließen nach, obwohl ich mir schon dachte, dass es dennoch vermutlich ein paar Wonate dauern würde, bis das Ganze verheilt war. Zumal ich nichtmal wusste, was genau sie alles gemacht hatten. Doch die Schmerzen ließen nach und so war ich auch im Stande, mich mit den Beiden zu unterhalten. Kai war provisorisch heimlich in Masas Zimmer eingezogen, da er nicht alleine schlafen wollte und sie sagten mir auch irgendwann, dass für sie ebenfalls bald eine erneute Behandlung anstünde. Und ich lächelte sie immer an, ich konnte nicht anders, denn es war ein verzweifeltes Lächeln. Ich wusste nicht, wie lange ich sie sehen würde, ich rechnete jeden Tag damit, dass man mich nach Hause schickte, womöglich sogar heimlich, damit ich mich nicht verabschieden konnte. Darum sagte ich auch jeden Tag, wenn sie wieder in ihre Zimmer sollten: „Bis bald.“ Anfangs hatten sie mich sehr komisch angesehen, doch ich glaube, mittlerweile haben sie verstanden, was mir in dem Moment immer durch den Kopf ging. Und eines Nachts war es wirklich soweit. Mitten in der Nacht wurde ich geweckt. Mir wurde nicht gesagt, warum, doch ich konnte es mir denken. Ich musste mich anziehn und auch meine Taschen waren vorbereitet. Als ich bat, Kai und Masa kurz auf Wiedersehen zu sagen, wurde ich damit abgewimmelt, dass man die Beiden nicht bei ihrem Schlaf stören sollte. Der Witz ist, als ich dann in das Auto stieg, dass mich von der Klinik wegfuhr, konnte ich Licht in Kais Zimmer sehen. Die schwarzen Vorhänge waren zur Seite gezogen und beide winkten. Als würden sie schon seit Tagen darauf warten, dass ich wegfahr, als hätten sie jede Nacht aufgepasst, um mir wirklich „Bis bald“ zu sagen. Ich winkte zurück, obwohl sie es wohl nicht sehen konnten. Und ich weinte. Ich weinte und doch lachte ich. Ich konnte nicht anders, als todtraurig und doch unglaublich glücklich zu sein. Denn Freunde wie Masa und Kai... Solche Freunde werde ich wohl nie wieder finden...doch ich bin dankbar, dass ich mit ihnen hatte zusammensein dürfen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)