Stadt der Engel von matvo (Schatten und Licht, Band 1) ================================================================================ Prolog: Aufbruch nach Gaia -------------------------- „...ich hoffe nur, dass die Schokolade Amano auch schmeckt. Ich weiß ja nicht einmal, ob er sie überhaupt essen darf, jetzt wo er den ganzen Winterspeck abtrainieren muss. Ich meine, du kennst doch seinen Trainer...“ Hitomi hörte mit bedrückter Freude ihrer besten Freundin Yukari zu. Beide verließen in ihren Schuluniformen und mit ihren geschulterten Sporttaschen den Sportplatz, als die Sonne gerade hinter dem rötlich glitzernden Wall aus Meerwasser verschwand. Der Wind pfiff kalt und die ersten Sterne schimmerten am nächtlichen Himmel. Hitomi sah hinauf. Sie war von dem einen Blick auf die sich über ihr wölbende Kuppel so gefesselt, dass sie nicht merkte, wie sie stehen blieb und Yukari sie daraufhin mitleidig betrachtete. „Du vermisst ihn, nicht wahr?“ „Hm?“, gab Hitomi überrumpelt von sich und Yukari grinste sie an. „Na, ich meine deinen Geliebten auf dem Planeten, der bisher noch nicht entdeckt worden ist, obwohl die Erde sein Mond ist.“ „Glaubst du mir immer noch nicht?“, fragte Hitomi mürrisch. „Nun, ich hab mit meinen eigenen Augen gesehen, wie dein Prinz in einer Säule aus Licht auf seinen weißen Drachen mitten auf diesem Sportplatz landete. Und wie du ihm in die Arme gesprungen bist, als würdest du ihn schon eine Ewigkeit lang kennen und als hättest du ihn genauso lang nicht mehr gesehen. Warum sollte ich dir nicht auch den Rest der Geschichte glauben?“ Hitomi blieb Yukari eine Antwort auf diese Frage schuldig. Stattdessen starrte sie wieder zum Himmel hinauf. Dann plötzlich blitzte es hinter ihr gleißend weiß auf und sie drehte sich voll von freudiger Erwartungen um, nur um festzustellen, dass jemand die Beleuchtung des Sportplatzes aktiviert hatte. Aus ihrer hohen Freude wurde tiefe Trauer und in ihren Augen bildeten sich Tränen, die sie jedoch schnell wieder wegwischte. „Du vermisst ihn also doch.“ Yukari drückte Hitomi fest an sich. „Willst du denn nicht zu ihm?“ „Das geht leider nicht. Außerdem kann ich ihn doch jederzeit sehen und er mich auch. Wir sind immer noch über unsere Gedanken miteinander verbunden.“ „Ja, aber wie willst du ihm durch deine Gedanken Schokolade schenken?“, konterte Yukari schnippisch. Darauf wusste Hitomi keine Antwort. „Nun tu nicht so, als würdest du seine Nähe überhaupt nicht vermissen. Dies ist heute nun schon der dritte Valentinstag, an dem du so niedergeschlagen bist.“ Wie könnte ich auch anders bei den vielen Mädchen um mich herum, die ihren Freunden Schokolade geben, dachte Hitomi, schwieg aber weiterhin. Indes sprach Yukari munter weiter: „Bei mir und Amano ist es doch genau das selbe. Ihn sehe ich immer seltener. Mir bleiben nur noch seine Stimme am Telefon und die wenigen Zeitungs- und Fernsehberichte.“ Daraufhin überlegte Yukari kurz und fügte dann neckisch hinzu: „Wenn ich’s recht bedenke, hab ich es dann doch besser als du. Schließlich kann ich ihn wenigstens noch hören.“ „Gleich nicht mehr, wenn du noch ein Wort sagst.“, informierte Hitomi sie drohend und beide fingen an zu kichern. Sie gingen gerade durch das Tor, als sich das Umfeld wieder geringfügig zu erhellen begann. Hitomi schenkte dem keine Beachtung, aber Yukari sah sich nach dem Grund für dieses Licht um, dessen reines Weiß sich erheblich von dem matten Leuchten der Straßenlampen unterschied. Erst blieb sie ratlos. Als sie dann aber den Berghang hinauf zum Tempel blickte, weiteten sich ihre Augen zu einem großen Staunen und ohne den Blick abzuwenden, zupfte sie aufgereckt an Hitomis Kleidung. Diese starrte ihre Freundin erst etwas verärgert an, folgte dann aber ihrer Blickrichtung. So konnte sie gerade noch beobachten, wie blendend weißes Licht in sich kollabierte. „War das...?“, fragte Hitomi halb ungläubig, halb überglücklich und Yukari bestätigte: „Ja, das war eine Lichtsäule, wie ich sie gesehen habe, als du mit diesem Jungen durchgebrannt bist.“ Hitomi hörte den letzten Teil des Satzes schon gar nicht mehr, sondern rief überglücklich Vans Namen aus und lief so schnell sie konnte die Treppen zum Tempel hinauf. Alles war auf einmal vergessen, alle einsamen Stunden, alle Tränen in der Nacht, all die Sehnsüchte, die sie hinter Ausreden versteckt hatte. Mit der Lichtsäule hatten alle Zweifel ein Ende und ihr Weg lag klar vor ihr. Wieder schwebte Hitomi mit einem schneeweißen Drachen auf Wolke sieben. Hastig legte sie die letzten Stufen zurück. Ihr Augenpaar suchten eilig den vor ihr liegenden Tempelplatz ab, blieben dann schließlich an einem auffälligen Mädchen hängen „Merle?“ Merle, die mit ihrem Rücken zu Hitomi gestanden und sich wundernd den Tempel angesehen hatte, drehte sich nun um und atmete hysterisch auf. Ihre Katzenohren zuckten nervös, während ihr Schwanz, der aus dem knappen Kleidchen hervorragte, sich versteifte. „Du musst sofort mitkommen, Hitomi. Van braucht deine Hilfe.“, platzte es aus Merle heraus, die daraufhin Hitomi bei der Hand packen wollte, doch Hitomi zog sie rechtzeitig zurück. „Was willst du hier?“, fragte Hitomi überrascht. „Ist das nicht offensichtlich, du blöde Kuh? Ich will dich abholen.“, antwortete Merle. „Warum?“, rief Hitomi verzweifelt. „Hab ich doch schon gesagt. Van braucht...“ „Nein, warum du?“, erklärte sich Hitomi. „Warum kommt Van mich nicht abholen?“ „Glaubst du etwa, dass er das will?“, erwiderte Merle frech, woraufhin Hitomi zusammenbrach. Yukari kam rechtzeitig um sie zu stützen, wobei sie ihren Blick nicht von dem Katzenmädchen abwenden konnte. Diese trat näher an Hitomi ran und grinste ihr breit ins Gesicht. „Nun beruhigt dich! Ich hab doch nur Spaß gemacht.“, beruhigte Merle Hitomi, die sich daraufhin wieder fing und Merle ihre geballte Hand ins Gesicht hielt. „Bist du schon mal gegen eine parkende Faust gelaufen?“, drohte sie. „Kannst du ihre Sprache verstehen?“, fragte Yukari verwirrt, woraufhin Hitomi von Merle abließ. Gerade wollte sie ihre Freundin aufklären, als sie Stimmen näher kommen hörte. „Yukari, Merle, schnell in die Büsche!“ „Warum?“, wunderte sich Merle, doch Hitomi schleifte sie begleitet von Protestschreien mit. Im Gebüsch angekommen hockten sich die drei zusammen, wobei Hitomi Merle den Mund zuhielt. „Sei still, Merle, oder sie finden uns!“, ermahnte Hitomi sie leise und ließ von ihr ab. „Warum dürfen sie uns nicht sehen?“, flüsterte Merle. „Dich dürfen sie nicht sehen. Auf Gaia mag es normal sein, wenn Tiere sich wie Menschen benehmen, aber bei uns gibt es so etwas nicht, verstanden?“ „Dann zeig ich ihnen halt, dass es so etwas gibt.“ „Dann steckt man dich in einen westlichen Zirkus.“ „Was macht man denn in einem Zirkus?“ „Tiere sich wie Menschen benehmen lassen. Mehr musst du nicht wissen.“ Merle beließ es schließlich dabei. „Sag mal, Hitomi, gibt es auf Gaia eigentlich viele Menschen, die wie Tiere aussehen.“, fragte Yukari neugierig. „Was hat die Rothaarige gesagt?“ „Was hat das Katzenmädchen gesagt?“ Hitomi seufzte. „Sie hat gefragt, was du gesagt hast.“, antwortete sie den beiden und der Ton in ihrer Stimme machte deutlich, dass sie Fragen dieser Art nicht mehr hören wollte. „Also, Merle, wozu braucht Van meine Hilfe?“, wollte Hitomi von Merle wissen. „Er braucht eine Mutter für den königlichen Nachwuchs, ist doch klar.“, antwortete Yukari stattdessen, woraufhin Hitomi sie mit einem giftigen Blick strafte. „Merle?“, versuchte sie es noch einmal. „Bei den Alliierten herrscht Streit, weil sie sich in der Schlacht um Zaibach gegenseitig niedergemetzelt haben. Du musst ihnen erklären, wie es dazu gekommen ist, sonst könnte erneut Krieg ausbrechen.“ „Ich hab recht gehabt, oder?“, fragte Yukari dazwischen und fing sich noch einen Blick ein. „Ich hab denen doch schon alles erklärt. Sie wissen über die Glückssphäre Bescheid.“, sagte Hitomi. „Aber vielleicht könntest du an ihnen einige deiner Hexentechniken anwenden oder sie durch deine Zukunftsvisionen einschüchtern.“, hielt Merle dagegen und ließ dabei ihre Hände wellenförmig schwingen. Nur mit Mühe konnte Hitomi weiterhin nur flüstern. „Mit mir einen Streit anzufangen, ist definitiv die falsche Art mich zum Helfen zu bewegen, Merle.“ „Okay, schon gut. Ich hab’s nicht so gemeint.“, entschuldigte sich Merle fast panisch, woraufhin Hitomi begann ihre Sorgen ernst zunehmen. „Wie bist du überhaupt hier hergekommen.“, erkundigte sie sich. „Mit dem Energiestein von Escaflowne.“, antwortete Merle und zeigte Hitomi den faustgroßen Stein „Du kannst damit umgehen?“, fragte Hitomi überrascht. „König Van hat mir beigebracht sie zu benutzen.“, verkündete Merle stolz. Dass das Katzenmädchen es zu ihr geschafft hatte, bestätigte Hitomis Einschätzung über die Ernsthaftigkeit ihres Anliegens. „Ich komme mit.“, verkündete sie entschlossen. Yukari, die bisher nur mit einem halben Ohr zugehört hatte, wollte diesem plötzlich nicht mehr trauen. „Was hast du vor?“, fragte sie besorgt. „Ich gehe nach Gaia.“, bekräftigte Hitomi. „Aber was wird aus der Schule. Du kannst nicht noch einmal soviel aufholen.“, gab Yukari zu bedenken und Hitomi wog dieses Argument sorgfältig ab. Schließlich musste sie überrascht feststellen, dass es für sie überhaupt kein Gewicht hatte. „Ich werde nicht lange wegbleiben. Schreib einfach für mich mit, in Ordnung?“, beruhigte Hitomi sie. „Sag bitte meiner Mutter Bescheid. Sie wird sich sonst wieder Sorgen machen.“ Yukari seufzte resigniert. „Ihre Tochter bricht wieder einmal zu den Sternen auf. Warum sollte sie sich Sorgen machen?“ „So weit geht meine Reise nicht.“ „Ob du nun auf einen anderen Stern oder Planeten gehst, denkst du, das macht für sie einen Unterschied?“ Sie schenkte ihrer besten Freundin ein ermutigendes Lächeln. „Geh schon und ordne die Sterne neu!“ Hitomi wollte ihr gerade sagen, dass sie gerade das nicht vorhabe, da umgab sie schon ein gleißend weißes Licht und sie schwebte über den Boden dem Himmel entgegen. „Sag meiner Familie, dass ich sie liebe!“, verabschiedete sie sich und Yukari drückte schnell noch ihre Hand, bevor sie außer Reichweite kam. „Werde glücklich!“, flüsterte sie dem Sternenhimmel entgegen, wo sich gerade das Licht, welches ihre beste Freundin geraubt hatte, wieder in Sternenglanz verwandelte. Plötzlich merkte sie, wie ein dutzend Leute sie anstarrten. „Sagt mal, habt ihr hier auch eine Lichtsäule gesehen? Ich kam leider etwas zu spät.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)