Stadt der Engel von matvo (Schatten und Licht, Band 1) ================================================================================ Kapitel 41: Tödliche Überraschung --------------------------------- „Ich bin dein Gegner!“, bekräftigte Allen. Mit einen schnellen Konter hatte er noch vor einen Moment verhindert, dass sein glatzköpfiger Kontrahent das Mädchen mit seinem eisernen Speer aufspießen konnte, und ihr somit die Flucht ermöglicht. Jetzt brauchte er seine ganze Kraft um den Wahnsinn in den Augen seines Gegners mit einer gelassenen Mine zu erwidern. „Ich werde mich an deinem Blut laben!“, drohte dieser Allen und schmetterte mit einem markerschütternden Brüllen die Spitze seines Speeres auf dessen Kopf. Der jedoch trat einen Schritt beiseite, so dass sich das scharfe Ende des Speeres in die Erde vergrub. Noch während der Ring aus aufgewirbeltem Sand expandierte und die Unterkörper der Kontrahenten einhüllte, stürmte Allen vorwärts und schlug mit seinem Schwert diagonal auf seinen Gegner ein, um dessen Körper von Nacken bis zu den gegenüberliegenden Rippen zu spalten. Doch die übermenschliche Kraft des Soldaten gestattete es seiner linken Hand, die allein den Speer am stumpfen Ende hielt, ihn hochzureißen. Allens Angriff prallte harmlos an der Eisenstange ab, wobei die Wucht seines eigenen Angriffes auf ihn zurückgefedert wäre, hätte sich nicht die rechte Faust des feindlichen Soldaten mit dem Handrücken voran in seinen Magen gebohrt. Seine gespannte Bauchmuskeldecke heulte protestierend auf, während Allen selbst fünf Meter weit durch die Luft geschleuderte wurde und zwei weitere rollend zurücklegte. Es dauerte einige Augenblicke, ehe sein Blut wieder den Weg in sein Gehirn fand. Der anhaltende Protest der geschädigten Muskeln bahnte sich langsam einen Zugang in sein Bewusstsein, während die Rufe der zahlreichen Schürfwunden in seinem Adrenalinspiegel ganz untergingen. Als sich die Finsternis vor seinen Augen schließlich lichtete, sah er mit Ekel und Schrecken, wie der Soldat sich über ihn beugte und genüsslich seine hervorstehenden Eckzähne leckte. Instinktiv packte Allen die zerfetzte Uniform des Soldaten, stemmte beide Füße in dessen Unterleib und schleuderte ihn mit der Kraft der Verzweiflung über sich hinweg. Heilfroh, geradeso mit heiler Haut davongekommen zu sein, sah er sich nach seinem Schwert um. Es lag ein paar Meter von ihm entfernt, am Anfang der Spur, die seine unsanfte Landung verursacht hatte. Innerlich geschockt darüber, dass er seine Waffe losgelassen hatte, robbte er dem Schwert entgegen, griff danach und richtete sich dann mühselig auf. Als Allen seinen Gegner wieder im Blickfeld hatte, stellte er beschämt fest, dass dieser ihn beobachtete und sich dabei prächtig amüsierte. Sein Gegner stieß noch ein letztes brüllendes Gelächter aus, ehe er sich wieder auf ihn stürzte und seinen mächtigen Speer wie ein Schwert schwang. Noch während des ersten Ausweichmanövers fiel Allen auf, wie langsam der Speer auf einmal war, doch wie viel Kraft in den neuartigen Angriffen steckte, wollte er lieber nicht wissen. Geradezu provokant vernachlässigte der stämmige Soldat seine Verteidigung, doch Allen wusste, dass sein Gegner ihm nur immer wieder eine Falle stellte, wie er es nach der Flucht des Mädchens schon einmal getan hatte. In der Hoffnung dieses Spiel aufrechterhalten zu können, griff Allen nicht an, sondern beschränkte sich darauf, sich unter den kreisenden Speer zu ducken oder über ihn hinweg zu springen. Er folgte diesem Trott schon einige Minuten lang, als der Soldat plötzlich den Schwung seines Speeres abwürgte und blitzschnell mit der Spitze nach Allens Brust stach. Jedoch hatte Allen es nicht zugelassen, dass die bisherige Monotonie seines Gegners seine Konzentration trüben konnte, und wich knapp mit einer Hüftdrehung aus. Dennoch musste seine teure Uniform dran glauben. Ohne ein Zeichen von Widerstand durchbohrte die Speerspitze den blauen Stoff, der Allen somit an der Waffe seines Gegners fesselte. Der grinste über beide Ohren, schwang den Speer zusammen mit dem hilflosen Allen mit aller Kraft einmal um sich herum und stoppte wieder abrupt, woraufhin Allen, getragen der Fliehkraft, im hohen Boden davonflog. Da er durch die Drehbewegung benommen war, dauerte es seine Zeit, bis sich Allen über die lange Flugdauer wunderte. Als er seine zugekniffenen Augen öffnete, blickte er in Vans schief lächelndes Gesicht. Plötzlich spürte er auch die zwei Arme, die ihn sicher trugen. Allen tat, was ihm als erstes in den Sinn kam, und platzierte seine Faust zielsicher in Vans Gesicht, woraufhin dieser ihn losließ. So schlug Allen schließlich doch noch recht unangenehm auf den Sandboden auf. Verärgert rappelte er sich auf, wobei der sich vor Lachen kugelnde Soldat seine Stimmung in den Keller stieß. „Mensch, Allen, selbst Hitomi war dankbarer über ihre Rettung!“, beschwerte sich Van lauthals, während er sich seinen Kiefer rieb. „Wenn du sie auf die gleiche Art und Weise gerettet hast wie mich, ist das ja wohl selbstverständlich.“ Allen wollte gerade sein Schwert auf eventuelle Schäden überprüfen, als er merkte, dass seine rechte Hand schon wieder leer war. „Wo ist mein Schwert?“, brüllte er Van an. „Spricht man so mit einem König?“, fragte dieser mürrisch. „Ich trete dir gleich in deinen königlichen Arsch, wenn du mir mein Schwert nicht zurückgibst!“, drohte Allen. „So habe ich dich ja noch nie reden gehört!“, prustete Van. „Wo?!“, schrie Allen völlig außer sich. „Es liegt neben dir im Sand, oh bester Schwertkämpfer von Gaia. Du hast es wie ein Frischling im Flug losgelassen. Es hätte mich beinahe erschlagen!“, antwortete Van vorwurfsvoll. Mit den Nerven am Ende hob Allen es auf und unterzog es einer kurzen Kontrolle, die er auch benutzte um sich zu beruhigen. Gerade rechtzeitig, denn ein kurzer Blick auf den nun gemeinsamen Gegner von ihm und Van verriet, dass dieser sich wieder gefangen hatte. „Abwechselnd!“, schlug Allen vor. „Wollte ich auch gerade sagen.“, bekräftigte Van und zog sein Schwert. Gemeinsam stürmten sie auf den Feind zu, wobei sich Allen etwas zurückfallen ließ. Dementsprechend stach der glatzköpfige Soldat zuerst auf Van ein, der jedoch rutschte unter der Attacke hindurch und ging hinter dem stämmigen Kontrahenten in Kampfstellung. Allen sah durch den gegnerischen Angriff auf Van eine Lücke und war entschlossenen sie dieses Mal zu nutzen, doch der Soldat lies Allens Klinge wirkungslos an seinem Speer abprallen und setzte sogleich zum Gegenschlag an, während Allen noch zurücktorkelte. Van unterbannt dieses Vorhaben durch eine Attacke seinerseits, woraufhin er jedoch in Bedrängnis geriet, aus der ihn wiederum Allen befreite, indem er die Aufmerksamkeit des Feindes auf sich zog. Im nächsten Moment erwiderte Van Allen diesen Gefallen. So ging es weiter, ein ständiges hin und her. Während einer sich verteidigte, griff der andere an, doch ihr Gegner schien gut damit zurechtzukommen. Während er mit einem Konter ein weiteres Mal Allens Haut rettete, geriet Van fast in Panik, da ihm klar wurde, dass Allen und er selbst zu zweit gegen diesen Gegner keine Chance hatten. Momentan warteten beide Seiten darauf, dass die gegnerische einen Fehler machen würde. Doch der Soldat machte keine Fehler, war technisch perfekt und obendrein noch schneller und stärker als es ein Mensch je sein könnte. Zu allem Überfluss schien ihn der Kampf überhaupt nicht zu ermüden, während bei Allen und Van die Grenze immer näher rückte. Besonders Allen schien zusehends schwächer zu werden, wie Van wenig überrascht feststellte. Der Ritter aus Astoria brauchte immer mehr Zeit, um sich nach einer Attacke zu fangen. Zeit, in der Van irgendwie allein klarkommen musste. Der Tempel schien auch immer näher zu kommen, was Van zusätzlich Sorgen beriete. Ein Zuschauer würde wahrscheinlich denken, dass die beiden ihren Feind in die Enge trieben, der Tempelwand entgegen, doch Van und auch Allen begriffen sofort, dass ihr Feind sie dort haben wollte. Wohl oder übel mussten sie ihm folgen, denn sie durften den Vorteil, von zwei entgegen gesetzten Seiten gleichzeitig angreifen zu können, nicht aufgeben. Also übte Van mehr Druck aus in der Hoffnung den Kampf entscheiden zu können, ehe der Feind seine Überraschung auspacken konnte, doch dem stämmigen Soldaten schien das wenig zu beeindrucken. Schließlich berührte dessen Rücken die Außenwand des Tempels. Selbstsicher grinste er Van und Allen an, während diese nach Sauerstoff rangen. Ihr einziger Vorteil hatte sich gerade in Luft aufgelöst. „Und jetzt?“, fragte Van. „Werdet ihr sterben!“, antwortete der Soldat an Allens Stelle. Plötzlich bekam Van das ungute Gefühl, als würde Dunkelheit über ihn hereinbrechen. „Zurück!“, befahl er und machte einen Satz rückwärts. Allen tat es ihm nach ohne zu überlegen und riss vor Überraschung beide Augen auf. Dort, wo er eben noch gestanden hatte, befand sich ein Krater, in dessen Zentrum ein Junge mit seltsamer Kleidung kniete, dessen Schwert tief in den Boden steckte. Der Überraschung folgte ein Schock, als er Siri erkannte, wie sie vor Van stand und ihn mit ihrer Klinge bedrohte. Allen hatte in den letzten Tagen viel Zeit verwendet um sich eine angemessene Reaktion für gerade diesen Augenblick zu überlegen. Als seine Wünsche, sie wieder zu Vernunft zu bringen, all seine Worte, die er ihr sagen wollte, und seine ganze Entschlossenheit, sie mit allen Mitteln zu erlösen, falls alle Worte versagt hätten. All das brach in diesem Augenblick wie ein Kartenhaus über ihn zusammen. „Siri, was…“ „Pass auf!“, warnte Van. Plötzlich sah Allen den Jungen samt Schwert blitzschnell auf ihn zukommen. Ein Schritt zu Seite, ein Ellbogenschlag in das Genick des Knaben und der Junge ging bewusstlos zu Boden. Als sich Allen wieder Siri zuwandte, war diese in einem Duell mit Van verstrickt, der sichtlich Mühe hatte, ihren schnellen und kraftvollen Schwertstreichen standzuhalten. Allen wollte ihm gerade helfen, als eine große Hand ihn beim Kragen packte und zurückriss. Mehrere Meter torkelte er zurück, ehe sein geschwächter Körper den Schwung unter Kontrolle bekam. „Wir sind noch nicht fertig miteinander!“, teilte der stämmige Mann Allen mit und baute sich drohend vor ihm auf. „Erst muss ich noch dein Blut kosten.“ „Ihr träumt!“, erwiderte er scheinbar von sich selbst überzeugt. „Oh ja.“, antwortete der Soldat und stach nach Allens Bauch. Der machte wieder einen Schritt zur Seite und stürmte auf seinen Gegner zu. Dieser jedoch lies Allen ins Leere laufen, stieß mit dem Speer gegen seinen kraftlosen Beine, woraufhin Allen auf die Knie sank. Ehe er reagieren konnte, ruhte das kalte Metall der Speerspitze an seiner Halsschlagader. „Jetzt stirbst du!“, drohte der Soldat. Allen wollte sich gerade mit seiner Niederlage abfinden als eine gleißend helle Lichtgestalt aus dem Tempel heraus direkt auf ihn zugeschossen kam. Plötzlich war er von oben bis unten mit Blut bespritzt und der haarlose Kopf des stämmigen Mannes rollte neben ihm auf dem Boden. Siri sah die Lichtgestalt gerade noch rechtzeitig kommen und schleuderte mit einem Tritt Van dem neuen Feind entgegen. Die Zeit, in der sich die beiden behinderten, nutzte sie um sich den bewusstlosen Körper Ryus über die Schulter zu werfen. Dann flüchtete sie in die Richtung, aus der die Lichtgestalt gekommen war. Diese wiederum stieß Van von sich und nahm die Verfolgung auf. Nach zehn Metern jedoch schien sie gegen eine unsichtbare Wand zu stoßen und wurde daraufhin von einem gelben Leuchten auf einer kugelförmigen Oberfläche umhüllt. Die Gestalt versuchte einen Schritt rückwärts, wurde jedoch wieder von dem Licht aufgehalten. Siri hingegen rannte in Rekord Zeit die Geröllwand hinauf und verschwand schließlich hinter ihr. In schier unbändiger Wut schlug die Gestalt gegen ihr Gefängnis. Erst nach ein paar Minuten löste sich die Kugel auf und wenig später kamen Hitomi und Sophia, welche beide die bewusstlose Merle stützten, aus dem Tempel. „Dummes Weib! Warum hast du mich zurückgehalten?“, schrie die Gestalt Hitomi mit der Stimme eines jungen Mannes an. „Niemals werde ich es zulassen, dass jemand meinen Bruder tötet.“, erwiderte diese mit eiskalter Entschlossenheit. „Merle!“, schrie Van und würgte damit eine eventuelle Antwort der Lichtgestalt ab. So schnell er konnte, rannte er auf das Mädchentrio zu. Besorgt registrierte er Merles blasse Haut, die Ketten an ihren Handgelenken und die zerrissene Kleidung. Van wollte sie gerade an sich nehmen, als Hitomi ihn bestimmt zurückhielt. „Du kümmerst dich um Allen! Er braucht ebenfalls Hilfe.“, wies sie ihn an und zeigte auf Allens zusammen gesagten Körper. „Wenn du ihn auf die Krankenstation gebracht hast, kannst du der Glühbirne etwas zum Anziehen geben.“ „Aber…“, stotterte Van, doch statt ihm zuzuhören, machte sich Hitomi zusammen mit Sophia und der bewusstlosen Merle auf dem Weg zur der ein paarhundert Meter entfernten Katzenpranke. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)