Destiny? von abgemeldet (Und plötzlich hieß es Ewigkeit) ================================================================================ Kapitel 1: Abschied und Gedanken -------------------------------- Danke erstmal für all eure lieben Kommies^^ Sess wird in diesem Kap leider noch nicht vorkommen, aber ich versuch, ihn im nächsten "auftauchen" zu lassen. So, jetzt hab ich genug geredet, viel Spaß beim Lesen^^ Schon lange vor Sonnenaufgang war Ruan aufgewacht. Obwohl sie sich gestern erst so spät schlafen gelegt hatte, war sie nicht mehr müde. Als die ersten Sonnenstrahlen den Horizont erhellten, machte sie sich zu einem kurzen Spaziergang durch das Schloss auf. Sie wollte sich noch von allem verabschieden, denn später würde sie keine Zeit mehr dafür haben, dass wusste sie. Sobald die Sonne ihren höchsten Stand erreicht hatte, müsste sie das Schloss verlassen haben. Ruan hatte nicht vor, so lange zu warten. Sie hasste Abschiede und wollte es daher so kurz wie möglich halten. Ziellos durchstreifte sie die Gänge des Schlosses. Sie hatte sich nie allzu lange in diesem Gebäude aufgehalten, deswegen gab es hier auch keinen Ort , der eine besondere Bedeutung für sie hatte. Eigentlich ging sie auch nur durch das Schloss, um ihren Rundgang vollständig zu machen, damit sie sich wirklich alles noch einprägen konnte, bevor sie für immer von hier wegmusste. Nachdem sie ihren Rundgang durch die vielen Gänge des Gebäudes beendet hatte, ging sie in den Garten hinaus. Sie wusste jetzt schon, dass sie diesen, im Gegensatz zu dem Palast, sehr vermissen würde. Ein Kiesweg schlängelte sich durch den gesamten Garten. Der Wegesrand wurde von wunderschönen Blumen gesäumt und wenn man eine Weile ging, dann kam man an einem kleinen Weiher an, vollkommen von Kirschbäumen umgeben war. Ruan hatte sich immer hier her zurückgezogen, wenn sie einfach nur ihre Ruhe haben wollte. Der kleine See lag weit ab von dem regen Treiben im Schloss und hatte für sie immer eine angenehme Ruhe ausgestrahlt. Auch heute war es nicht anders. Die Bäume wiegten sich leicht im Wind und einige der Kirschblütenblätter schwebten hinab. Mit halb geschlossenen Augen atmete Ruan tief ihren Geruch ein. Früher hätte sie die Kirschblüten nie so intensiv riechen können, wie sie es heute tat. Ein leises Seufzen entwich ihr. Wenn ihr der Abschied jetzt schon schwer fiel, wie sollte es dann erst werden, wenn sie sich von ihren Freunden würde verabschieden müssen? ,Verdammt, jetzt reiß dich zusammen, Ruan’, dachte sie plötzlich wütend auf sich selbst und wandte sich entschlossen von ihrem Lieblingsplatz ab. Das Schloss, all die Leute, die hier lebten, all das würde bald nur noch ihrer Vergangenheit angehören. Es half nichts, wenn sie jetzt anfing zu trauern. Sie würde sich sowieso bald mit ganz anderen Dingen beschäftigen müssen. Ohne weiter Umwege zu machen ging Ruan daher wieder zu der Hütte zurück, in der sie bisher mit ihrer zusammen mit ihrer Ziehmutter gelebt hatte. Zu Ruans Verwunderung kam ihr aber genau diese auf halber Strecke entgegen. “Ach Ruan, ich habe dich schon überall gesucht. Ich muss dir unbedingt noch etwas geben, bevor du aufbrichst!” “Was denn, Mutter?”, fragte sie sogleich neugierig. In Gedanken ging sie schnell noch einmal alles durch, was sie mitnehmen. Zunächst einmal war da Kleidung zum Wechseln. Schließlich musste sie ja etwas zum anziehen haben, wenn sie ihre jetzige Kleidung waschen wollte oder diese beschädigt war. Sonst hatte sie eigentlich nur noch Lebensmittel, damit sie sich die ersten Tage über Nahrung keine Gedanken zu machen brauchte, mit und zu guter letzt noch einen kleinen Dolch, um sich notfalls verteidigen zu können. Al diese Dinge hatte sie eigentlich schon in einem kleinen Beutel verstaut, was war es dann also, was ihre Ziehmutter ihr noch geben wollte? Ahnungslos folgte sie ihr daher und ihre Neugier wuchs immer mehr, als sie erkannte, dass ihre Mutter sie nicht zu ihrer kleinen Hütte, sondern vielmehr zu der Schmiede des Schlosses führte. Trotz der noch frühen Stunde hörte sie schon von weitem das unverwechselbare Schlagen des Schmiedehammers und konnte, zu ihrer eigenen Verwunderung, sogar das Zischen des Wassers hören, dass verdampfte als das glühende Metall in es getaucht wurde. Als der Schmied, ein kräftiger Mann mittleren Alters, sie sah, schien er sofort zu wissen, was sie hier wollten. “Ah, da seit ihr ja! So früh hatte ich eigentlich noch nicht mit euch gerechnet, aber was soll’s? Er ist sowieso schon fertig.”, meinte er mit leichtem lächeln. “Was soll das heißen? Wer ist schon fertig?”, wollte Ruan neugierig wissen. Sie konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, was ihre Mutter in einer Schmiede für sie in Auftrag gegeben haben könnte. “Das wirst du ja gleich sehen.”, winkte sie ihre Mutter leicht ungeduldig ab, während der Schmied die Werkstatt verließ und in sein Lager ging. Keine fünf Minuten später kam er auch schon zurück und in seinen Händen hielt er nichts anderes als einen kunstvoll gefertigten Bogen und einem Köcher aus grün gefärbtem Leder samt Pfeilen. Sprachlos starrte Ruan den Langbogen an. Selbst ein Laie wie sie konnte erkennen, dass dieser Bogen meisterhaft gefertigt war und wahrscheinlich ein kleines Vermögen gekostet haben musste. “I… ist der etwas für mich?”, fragte sie verblüfft. “Ja, das ist er.”, meinte ihre Mutter lächelnd angesichts Ruans ungläubiger Miene. Stille breitete sich aus. “Aber… das…, der muss doch ein Vermögen gekostet haben! Und außerdem ist es Frauen doch verboten, Waffen zu tragen!”, protestierte Ruan. Sie wusste, dass ihre Mutter kaum noch Geld hatte und sie traute ihr zu, auch noch ihre letzten Ersparnisse für dieses Geschenk ausgegeben zu haben. Sie wollte nicht, dass ihre Ziehmutter nur wegen ihr in nächster Zeit hungern musste. Hinzu kam noch, dass es Frauen in diesem Schloss tatsächlich verboten war, Waffen zu besitzen. Ruan war stets streng erzogen worden und immer, wenn sie auch nur gegen die kleinste Regel verstoßen hatte, streng gemaßregelt worden. Meist war es nicht ihre Mutter gewesen, die sie bestraft hatte, denn diese, so wusste Ruan, hatte schon immer ihre Probleme mit Regeln gehabt. “Wir wissen, dass es diese Regel gibt, aber die gilt doch nur für Menschenfrauen! Du musst sie nicht beachten.”, meinte ihre Mutter unschuldig lächelnd. “Aber das ist doch viel zu teuer! Das kannst du niemals bezahlen!”, versuchte Ruan es erneut. Für diese Bemerkung fing sie sich einen giftigen Blick ihrer Mutter ein, doch antworten tat diese nicht. Ruan hatte ihren Nerv getroffen. Der Schmied war es, der ihre Aussage erwiderte. “Stell dir vor, selbst dafür haben wir eine Lösung gefunden! Als deine Mutter vor 4 Tagen zu mir kam und tatsächlich nach einem Schwert für dich verlangte, da wusste ich, dass du das niemals annehmen würdest…” Fassungslos starrte Ruan den Schmied an. Ihre Mutter hatte tatsächlich nach einem Schwert für sie verlangt? Das konnte sie kaum glauben. “Also haben wir uns nach einigem hin und her doch noch für einen Bogen entschieden.”, setzte ihre Mutter die Geschichte fort, “Dabei hat Tasuke mir ein sehr gutes Angebot gemacht.” Als der Schmied anfing, weiter zu erzählen, kam in Ruan der Verdacht auf, dass sie dieses Gespräch im Vornherein schon einige Male geübt hatten. “Du weist ja, dass meine Arbeit es mir nicht erlaubt, zwischendurch längere Pausen zu machen. Eine Frau, die mir etwas zu essen machen könnte, habe ich auch nicht.” Als ihre Mutter daraufhin weiter erzählte, festigte sich Ruans Verdacht, dass dieses Gespräch von vornherein geplant gewesen war. “Deswegen haben wir uns darauf geeinigt, dass ich Tasuke in Zukunft regelmäßig etwas zu essen bringen werde. Das und nur das ist die Bezahlung.” Leicht irritiert blickte Ruan die beiden an. Das war alles? Ihre Mutter sollte dem Schmied lediglich etwas zu Essen vorbeibringen? Damit hatte sie nicht gerechnet. “Jetzt nimm ihn schon! Und sag nicht, dass du mit ihm nicht umgehen kannst. Du musst nur üben!”, sagte der Schmied und hielt ihr den Bogen samt Köcher hin. Zögerlich griff Ruan danach und nahm den Bogen prüfend in die Hand. Die Form des Bogens erinnerte sie stark an ein lang gezogenes “W” aber sie nahm an, dass man den Bogen so besser spannen konnte. Der Mittelteil des Bogens war mit weißem Stoff verstärkt, nur an den Enden konnte man das schwarze Holz erkennen, aus dem der gesamte Langbogen gefertigt war. Testweise spannte sie den Bogen und stellte überrascht fest, dass es ihr ohne Probleme gelang. Als sie damit fertig war, reichte der Schmied ihr noch den Köcher, den sie sich auch sogleich, mitsamt dem Bogen, umhängte. “Vielen Dank.”, murmelte sie leise und verneigte sich leicht. “Nichts zu danken. Pass zukünftig nur auf dich auf.”, winkte der Schmied ab. “Lebt wohl.”, meinte Ruan mit einer weiteren Verbeugung gerührt und wandte sich ab. Mittlerweile war die Sonne schon aufgegangen und die ersten Bediensteten fingen an, ihrer morgendlichen Arbeit nachzugehen. Jeder, der ihnen begegnete, warf Ruan einen neugierigen und teils auch missbilligenden Blick zu, was eindeutig an dem neuen Bogen lag, den Ruan jetzt trug. “Wann willst du aufbrechen?”, fragte ihre Mutter sie unvermittelt. Ihren Sinnen als Youkai verdankte es Ruan, dass sie das leichte Zittern in der Stimme ihrer Ziehmutter hörte, was jedem anderen Mensch unmöglich gewesen wäre. “Ich wollte nur noch meine Sachen holen und mich von Mia-chan verabschieden. Du weist ja, ich hasse lange Abschiede…”, meinte Ruan traurig. Sie wollte nicht gehen, nicht ihre Familie und Freunde verlassen, aber was hatte sie denn schon für eine Wahl? Den Rest des Weges schwiegen die beiden. Sie wussten nicht, über was sie noch hätten reden können. Im Angesicht des nahenden Abschiedes erschien ihnen jedes unnötige Wort schon fast wie Heuchelei. Als sie in der kleinen Hütte angekommen waren, holte Ruan schweigend ihren kleinen, bereits gepackten Beutel aus ihrem Zimmer, dann machten sie sich auch schon auf den Weg zum Schlosstor. Als Ruan und ihre Mutter kurze Zeit später dort ankamen, wartete Mia bereits auf sie. “Leb wohl, Ruan. Und pass bloß auf dich auf, ja?”, sagte Mia mit rauer Stimme und schloss ihre Freundin fest in die Arme. “Pass du auch gut auf dich auf! Ich werde dich vermissen.”, murmelte Ruan leise zur Antwort. In diesem Moment roch sie etwas Salziges und ohne nachzusehen wusste sie, dass Mia weinte. “Hey, ist ja schon gut, Mia. Das muss doch kein Abschied für immer sein. Wir laufen uns bestimmt noch mal über den Weg.”, sagte sie sanft und schob Mia ein Stück von sich weg. Daraufhin schlich sich ein leichtes Lächeln auf die Züge ihrer Freundin. “Du hast Recht, Ruan. Ich sollte mich nicht so anstellen, für dich muss es schließlich viel schwerer sein, als für mich.”, meinte sie mit tapferem Lächeln und wischte sich mit einer Hand die Tränen weg. Plötzlich richtete sie ihren Blick auf einen Punkt hinter Ruan und diese folgte nach kurzem Zögern dem Blick ihrer Freundin. Nicht weit hinter ihnen standen einige Soldaten der Schlosswache mit gesattelten Pferden und betrachteten sie misstrauisch. “Ich glaube, ich sollte jetzt aufbrechen…”, meinte Ruan mit einem resignierten Seufzen. Sie wusste ganz genau, warum die Schlosswache hier war. Der Schlossherr hatte sie geschickt, um ganz sicher zu gehen, dass sie das Schloss auch wirklich verließ. Widerwillig löste sie sich von ihrer Freundin und wandte sich ihrer Mutter zu. Bevor sie ging, wollte sie noch eine Sache wissen. Bisher hatte sie sich nicht getraut, doch jetzt war es ihre letzte Chance zu fragen. Wenn sie es jetzt nicht tat, würde sie es wahrscheinlich nie erfahren. Sie atmete einmal tief durch, ehe sie leise fragte: “Mutter, wer sind meine wahren Eltern?” “Ich habe mir schon gedacht, dass du das fragen würdest, ”, meinte die ältere Frau mit gutmütigem Lächeln, “deswegen weis ich, dass dir meine Antwort nicht gefallen wird: Ich weis es nicht. Wenn du schon etwas Abstand zum Schloss hast, dann guck in deinen Beutel. Als du damals von den Mönchen gefunden worden bist, da warst du darin eingewickelt und die anderen Dinge lagen neben dir. Ich habe sie in deinen Beutel gepackt. Vielleicht kann dir das auf deiner Suche helfen.” Gerührt blickte Ruan ihre Ziehmutter an. Sie hatte diese Dinge all die Jahre aufgehoben, nur weil sie ihr einmal nützlich sein könnten? “Ich danke dir.”, murmelte sie und schloss ihre Mutter fest in die Arme. Es dauerte aber nicht allzu lange, da löste sich die ältere Frau wieder sanft aber entschlossen von ihr. “Geh jetzt und komm ja nicht auf die Idee dich von irgendjemandem oder irgendetwas fertig machen zu lassen!”, wies ihre Mutter sie an. “Ja, lebt wohl.”, antwortete Ruan mit leichtem lächeln, wandte sich ab und durchschritt das Tor. Um das Schloss herum lebten viele, einfache Bauern mit ihren Familien und die meisten von ihnen, so erkannte Ruan nun, hatten beschlossen heute ihre Arbeit ruhen zu lassen um stattdessen sehen zu können, wie sie das Schloss verließ. Bei den vielen Blicken, die sie musterten, wurde Ruan nervös und irgendwie auch traurig. In den Augen der meisten Leute hier war sie nicht das Mädchen, dass in diesem Schloss aufgewachsen war, wie so viele von ihnen, nein, sie war lediglich die Youkai, die verstoßen wurde. Leises Hufgetrappel hinter ihr verriet ihr, dass die Schlosswachen mittlerweile auf ihre Pferde gestiegen waren und ihr folgten. Stolz reckte Ruan das Kinn und ging gemächlich weiter. Sie wollte den neugierigen Bauern nicht die Genugtuung geben, dass sie sich in irgendeiner Weise Blöße geben würde. Wenn sie schon gehen musste, dann wollte sie wenigstens ihre Ehre waren, nicht wissend was ihr stolzes auftreten für Gefühle bei den Menschen hervorriefen. Viele von ihnen lief ein kalter Schauer über den Rücken, als Ruans kühler Blick sie streifte und die, die in dem hinteren Reihen standen stahlen sich unauffällig davon, um nicht von der Youkai bemerkt zu werden. Sie hatten Angst, Angst davor dass Ruan einst zurückkehren könnte um sich zu rächen. Sie alle kannten die Geschichten von mächtigen Youkai, die jeden töteten, der in ihrer Gegenwart auch nur den kleinsten Fehler begangen hatte und ab dem Moment, in dem Ruan das Schlosstor verlassen hatte, hatte sie für sie zu eben diesen Youkai gehört. Ihr kühles und irgendwie auch überlegenes Auftreten passte, nach Meinung der Dorfbewohner, nicht mehr zu einem gewöhnlichen Menschenmädchen, dass sicherlich noch um Gnade gefleht hätte. Nein, dieses stolze Verhalten konnte nur eine Youkai an den Tag legen. Von den Befürchtungen der Menschen um sie herum bemerkte Ruan allerdings nichts. Sie war viel zu sehr damit beschäftigt, die Tränen zurück zu halten, die in ihr aufzukommen drohten. Ihr kam es wie eine Ewigkeit vor, bis sie endlich die letzte Hütte der Siedlung passiert hatte und den Blicken der Einwohner nicht mehr direkt ausgesetzt war. Nur die Soldaten folgten ihr jetzt noch. In diesem Moment verblasste Ruans Wunsch in das Schloss zurückzukehren und schlug stattdessen in das genaue Gegenteil um. Sie wollte weg von hier! Sie wollte nicht von diesen Soldaten verfolgt werden wie ein wildes Tier, das weggetrieben werden musste! Sie wollte ihre eigenen Entscheidungen treffen können! ,Wie schnell die Pferde wohl rennen können? Wie schnell ich jetzt wohl laufen kann?”, überlegte Ruan und warf einen verstohlenen über die Schulter zurück. Sie wusste es nicht, aber sie konnte es ja ausprobieren. Sie vermutete, dass die Schlosswache den Auftrag hatte, ihr bis zum Abend zu folgen. Nun, dass konnte sie ja auch gerne versuchen, wenn sie wollte. Zuerst lief sie langsam los, erhöhte aber ständig ihre Geschwindigkeit. Sie wollte ein Tempo finden, dass sie lange genug aufrechterhalten konnte um ihre ,Verfolger’ abschütteln zu können, was auf der baumlosen Ebene, die das Schloss umgab, gar nicht so einfach war. Dennoch waren die Soldaten dazu gezwungen ihre Pferde schon nach kurzer Zeit im Galopp hinter ihr herzujagen, da sie sie sonst verloren hätten. Es dauerte allerdings nicht lange, da wurde der Atem der Pferde schwerer und es fiel ihren Reitern immer schwerer, sie zu dem gleichen Tempo wie die Youkai zu zwingen. Ruan hingegen war noch nicht erschöpft. Glücklich stellte sie fest, dass dieses Tempo sie kaum ermüdete. Aber erst als das Hufgetrappel hinter ihr immer leiser wurde und sie die wütenden Ausrufe der Schlosswache hinter sich vernahm, die sie nicht länger verfolgen konnten, weil sie ansonsten ihre Pferde zu Schanden geritten hätten, wurde ihr bewusst, wie viel Kraft sie im Vergleich zu früher besaß. Als sie noch klein gewesen war, hatten sie und Mia immer spaßeshalber versucht, mit jedem Reiter, der vorbei ritt, so lange wie möglich schritt halten zu können. Sie wusste noch genau, dass sie es einmal geschafft hatten, neben einem trabendem Pferd 10 Minuten herzulaufen. Danach waren sie aber vollkommen erschöpft gewesen. Und jetzt, jetzt hatte sie es geschafft ihre Verfolger, die auf eben diesen Tieren saßen, abzuschütteln! Dennoch dachte Ruan nicht daran, ihr Tempo zu verringern. Sie wollte ihre Grenzen austesten. Also lief sie weiter. Ihre Grenzen zeigten sich ihr allerdings erst, als die Sonne schon tief stand. Nicht weit vor ihr konnte Ruan die ersten Ausläufer eines Waldes erkennen, als ihre zunehmende Erschöpfung sie zwang, langsamer zu werden. Ihr Atem ging schnell und keuchend, dennoch ging sie gemächlich weiter. Sie wollte ihr Lager für die Nacht erst im Wald aufschlagen. Als sie noch klein war, hatte man ihr stets erzählt, dass man niemals alleine oder mit wenigen Leuten auf gut zu überblickenden Flächen lagern sollte. Daran, dass sie sich als Youkai nicht unbedingt an solche Regeln halten sollte, dachte sie nicht. Es dauerte nicht lange, da hatte sie auch schon eine passende Lichtung gefunden, in dessen Nähe sogar ein paar Beerensträucher wuchsen. Zuerst aß Ruan etwas von den Beeren, da ihr Proviant nicht vorzeitig anbrechen wollte, danach entzündete sie ihr Lagerfeuer. Mittlerweile war die Sonne schon untergegangen und der Vollmond hatte ihren Platz am Himmel eingenommen. Ein Mensch hätte spätestens jetzt Probleme damit gehabt, seine Umgebung erkennen zu können, doch Ruan hatte damit keine Schwierigkeiten. Dennoch wurde ihr erst jetzt, in der Dunkelheit wirklich bewusst, dass sie vollkommen alleine war. Früher war sie bei Einbruch der Nacht nur selten allein gewesen. Bisher hatte sie es vermeiden können, über das heute geschehen nachzudenken, doch jetzt konnte sie die Bilder, die in ihrem Kopf hochkamen, nicht mehr unterdrücken. Als sie daran dachte, wie sich alle versammelt hatten, nur um sie weggehen zu sehen, kam eine tiefe Trauer in ihr auf. Noch bis vor wenigen Wochen war sie ein ganz gewöhnliches Mädchen gewesen, eines von vielen, die alle im Schloss lebten und arbeiteten. Dann, eines Tages hatte sie plötzlich angefangen, sich öfters seltsam zu fühlen. Zuerst hatte sie angenommen, dass sie krank werden würde und hatte auch eine Heilerin aufgesucht, diese hatte allerdings nichts besonderes feststellen können. Als Ruan dies ihrer Mutter erzählt hatte, hatte diese sehr ungewöhnlich darauf reagiert. Normalerweise reichte es bei ihr, wenn man sagte, dass es einem nicht gut ginge, aber damals hatte sie ihr ganz genau erklären müssen, wie sie sich genau gefühlt hatte. Zu dieser Zeit hatte sie die Reaktion ihrer Mutter nicht verstehen können, aber jetzt tat sie es. Ihre Mutter hatte schon damals geahnt, dass das Siegel bald brechen würde. An den nächsten Tage war es Ruan dann auch wieder besser gegangen und sie hatte schon geglaubt, dass es sich nur um eine leichte Erkältung gehandelt hatte, was ja öfters vorkam. Diese Vermutung Ruans wurde allerdings schnell wieder zunichte gemacht, als sie plötzlich begann, sich seltsam schwach und irgendwie ausgelaugt zu fühlen. Ungefähr zur gleichen Zeit hatte sie auch eine Überempfindlichkeit für Geräusche entwickelt. Sobald laut gesprochen hatte, hatte sie sich sofort die Ohren zuhalten müssen und selbst das Geräusch eines kehrenden Besens hatte ihr dröhnende Kopfschmerzen bereitet. Deswegen hatte ihre Mutter sie auch lange Zeit zu Hause und im Bett behalten, aber anstatt sich zu verbessern, war ihr Zustand sogar noch schlimmer geworden. Zu ihrer Geräuschempfindlichkeit war auch noch eine gegen starke Gerüche hinzugekommen. Durch all dies war es für Ruan zu einer Qual geworden, sich unter anderen Leuten bewegen zu müssen, weshalb sie fast nur noch in ihrem Zimmer blieb. Damals hatte sie auch durch Zufall erfahren, was mit ihr nicht stimmte. Rückblick: Gedämpfte Stimmen drangen vom Nebenzimmer zu Ruan herüber. Sie lag jetzt schon seit gut 1 ½ Wochen im Bett, ohne dass sich ihr Zustand gebessert hätte. Heute war ein Priester aus dem Tempel gekommen, der nicht unweit des Schlosses lag, um sie zu untersuchen. Ihre Mutter hatte ihn hergebeten. Still hatte Ruan die Prozedur über sich ergehen lassen und als der Priester endlich fertig gewesen war, hatten er und seine Mutter sich mit ernsten Gesichtern in den Nebenraum begeben. Ruan deutete dies als eindeutig schlechtes Zeichen. Aus diesem Grund versuchte sie auch schon die ganze Zeit, dem Gespräch der beiden zu lauschen, was ihr glücklicherweise auch gelang. Das Problem war nur, dass sie dem Sinn des Gespräches nicht folgen konnte, was sie dann doch beunruhigte, schließlich sprachen die beiden über sie! “Kann man es denn nicht beschleunigen?! Sie leidet, dass seht ihr doch, Houshi- sama!”, regte sich ihre Mutter gerade auf. “Ich bitte dich, Shao-san. Du wusstest, dass es passieren würde! Die Folgen waren dir auch schon lange, bevor es angefangen hat, bekannt!”, erwiderte die ruhige aber doch entschieden Stimme des Mönches. “Ich weis,” die Stimme ihrer Mutter klang leicht resigniert, “aber kann man es nicht doch frühzeitig brechen? Ich meine, das Siege…” “Leise! Denkst du, sie könne uns nicht hören?!”, unterbrach der Houshi sie barsch. Leicht ertappt blinzelte Ruan ein paar mal. Woher konnte der Houshi wissen, dass sie die beiden genau verstand? Sie hatte ihm zwar von ihrer Geräuschsüberempfindlichkeit erzählt, aber woher wusste er, dass sie so stark war? Die beiden redeten ja nicht gerade laut miteinander. “Verzeiht, ich vergaß. Wie lange wird es denn noch dauern?” Das war die Stimme ihrer Mutter und es lag echte Reue in ihr, etwas, dass nur sehr selten vorkam. “Noch höchstens zwei Tage. Ich rate dir aber, sie auf diesen… Veränderung seelisch vorzubereiten. Du weist, dass, wenn die Verwandlung einmal durchzogen ist, sie dieses Schloss innerhalb von 3 Tagen verlassen muss.” Nachdem er das gesagt hatte, verließ der Mönch ihr Haus wieder. Ruan konnte hören, wie die Matte, die den Eingang verdeckte, hochgehoben und wieder fallengelassen wurde. Kurze Zeit später kam ihre Mutter zu ihr. “Ruan, ich muss dir etwas erzählen…”, fing sie leise an. Rückblick Ende Dann hatte sie alles erfahren. Wie sie einst von Mönchen in einem abgebrannten Schloss gefunden wurde. Ein schreiendes Baby, dass nur aus reinem Mitleid mitgenommen wurde. Wie sie mit in den Tempel genommen wurde und dort von dem Hohenpriester mit einem zeitlich begrenztem Bann versehen wurde, der ihre Dämonenkräfte unterdrückte. Wie sie danach zu ihrer neuen Ziehmutter ins Schloss gebracht wurde, unter der Bedingung des Schlossherrn, dass, sobald ihre Dämonenkräfte erwachten, sie das Schloss verlassen musste. Mit einem leichten Seufzen schüttelte Ruan die Erinnerung ab. Sie wollte jetzt nicht über das Schloss und ihre Freunde nachdenken. Es gab wichtigeres. Als Ruan eben nachgedacht hatte, da war ihr in den Sinn gekommen, dass ihre Mutter ihr etwas in den Beutel gelegt hatte, dass ihr vielleicht helfen könnte, etwas über ihre wahren Eltern heraus zu finden. Neugierig öffnete sie den Beutel und blickte hinein. Das kleine Bündel, dass sie nicht selbst dort hinein gelegt hatte, viel ihr sofort auf. Vorsichtig zog sie es hinaus und öffnete es. Wie erstarrt blickte sie auf das, was dadurch zu Tage kam. Es war ein kostbares, trägerloses Kleid, mit einem dazugehörigem Mantel. Die Farbe von beiden Kleidungsstücken war weiß, mit blauen, fein gearbeiteten Rand-Verzierungen. Neben dem Kleid lag eine grüne Bauchbinde, mit goldener Verzierung. Staunend hob Ruan das Kleid hoch. Sie hatte noch nie ein solch teures Gewandt gesehen.(Das Kleid trägt sie übrigens in der Chara- Beschreibung) Sie stand auf, um es sich anzuhalten, wobei sie leicht erschrocken feststellte, dass es ihr nur bis zur Mitte der Oberschenkel ging. Ärgerlich biss sie sich auf die Unterlippe. Jetzt saß sie in der Zwickmühle. Sie wollte dieses Kleid unbedingt tragen, zumal es ja eine Erinnerung an ihre Eltern war, andererseits war es mehr als nur unziemlich. Was hätte ihre Ziehmutter wohl gesagt, wenn sie sie darin sehen würde? Nun, sie würde es bestimmt gutheißen, aber ihre Ziehmutter war oft anderer Meinung als alle anderen. Aber, warum eigentlich nicht? Sie war ja sowieso verstoßen worden, warum sollte sie sich dann noch an irgendwelche anderen Regeln halten? Mit leichtem Lächeln auf dem Gesicht nahm sie das Kleid und den dazugehörigen Mantel und verschwand in einem Gebüsch. Es war zwar niemand da, der sie hätte sehen können, aber Ruan dachte auch nicht großartig darüber nach. Kaum fünf Minuten später kam Ruan fertig umgezogen aus dem aus dem Gebüsch heraus. In diesem Moment bereute sie es, keinen Spiegel oder ähnliches dabei zu haben, aber sie nahm trotzdem an, dass ihr das Kleid gut stand. Ihre anderen Sachen packte sie wieder in den Beutel. Danach legte sie sich hin und viel sogleich in einen tiefen, traumlosen Schlaf. ________________________________________________________________________________ Hier ist das Kap zu Ende. Über Kommies würd ich mich natürlich sehr freuen und jeder Kommi-Schreiber bekommt auch 'ne ENS wenn das nächste Kap hochkommt^^ Bye, _Corchen_ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)