Blues Brother von abgemeldet (Kaiba x Joey) ================================================================================ Kapitel 6: Der Anfang aller Probleme ------------------------------------ ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ sorry, dass es so lange gedauert hat, aber ich musste mich auf einen Zockabend (der an einem Freitag den 13. war) mit dem Freund meiner besten Freundin an der X-Box 360 vorbereiten^^ außerdem hab ich die ganze Zeit Yami no Matsuei geguckt^^ und ich hab ja noch Schule gehabt, bis heute^^letzter Schultag!!!! *freu* naja, aber ansonsten viel Spaß^^ ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Heute war Mittwoch. Der Besuch von Serenity lag mittlerweile schon eine gute Woche zurück. Wir hatten es noch rechtzeitig zu ihrem Zug geschafft. Wären wir allerdings fünf Minuten später da gewesen, dann wäre uns der Zug regelrecht vor der Nase weggefahren. Die Schule war vorbei, ich lief schon geraume Zeit in Domino umher, auf der Suche nach etwas aufregendem. Zu Hause war nichts los. Noch nicht einmal mein Vater war zu Hause. Deswegen hatte ich mir kurzerhand gesagt, dass ich nach draußen an die frische Luft gehen sollte. Ich musste ja nachher noch arbeiten, da konnte mir Frischluft nur gut tun, um schon einmal vorzutanken, denn die Luft in dem Club würde sicherlich stickig sein, erst recht bei diesem warmen Wetter. Schule war ganz in Ordnung gewesen, wenn man einmal von der Tatsache absah, dass ich deswegen gezwungernermaßen Unterricht hatte – und Mister Ich-bin-viel-zu-intelligent-für-euch ertragen musste. Er hatte mich wieder die ganze Zeit geärgert. Endlich verhielt er sich wieder normal. Die vergangenen Tage hatte er sich ja damit abgefunden, mich einmal richtig zur Weißglut zu bringen – am besten noch vor einem Lehrer, damit ich dann Ärger bekam – und dann hatte er mich den Rest des Tages in Ruhe gelassen. Aber heute hatte er mich durchgängig geärgert. Ob er die letzten Tage krank war? Vielleicht konnte er deswegen nicht die Energie dazu aufbringen, mich zu ärgern... Obwohl: Wann war ein Seto Kaiba denn schon mal krank? Stimmt, nie. Also das konnte auch nicht die Lösung für sein seltsames Verhalten sein. Arghhhhh, jetzt dachte ich schon über Kaiba nach! War ich denn noch zu retten??? So schlenderte ich weiter durch die Stadt, kam auch an solchen Gassen wie vorletzten Montag vorbei, die ich allerdings großzügig mied. Ich hatte erst einmal genug von denen. Ich schaffte es sogar, wieder von meinen Gedanken über Kaiba wegzukommen. Beängstigend, dass ich freiwillig über ihn nachgedacht hatte... Da stand ich bestimmt gerade unter Drogen – allerdings hatte ich keine Ahnung, wo die hergekommen sein sollten... Ich war immerhin nicht irgendsoein blöder Kiffer, der Drogen nötig hatte. Da stand ich drüber! Heute Nachmittag war viel los. Viele Menschen waren auf der Straße und hetzten durch die Gegend. Mussten die nicht arbeiten? Ich meine, es war doch erst um drei. Normale Menschen mussten doch um diese Uhrzeit arbeiten oder nicht? Und trotzdem erkannte ich viele Männer in Anzügen. Und dann fiel mein Blick auf die vielen Mütter, die mit ihren Kindern einkaufen waren. Sie scheuchten ihre Sprößlinge durch die verschiedensden Läden, um dort Anziehsachen und noch alles mögliche zu kaufen. Füher war meine Mutter auch so gewesen, früher, bevor sie sich von meinem Vater getrennt hatte und mit meiner Schwester weggezogen war. Ich hatte zwar nur noch wenige Erinnerungen daran, doch ich wusste noch genau, dass sie Serenity und mich früher auch immer so durch die verschiedensden Läden gescheucht hatte. Und es hatte mir – wenn ich jetzt so im Nachhinein darüber nachdachte – immer Spaß gemacht, auch wenn mir das damals nicht bewusst gewesen war. Langsam entfernte ich mich von dem Einkaufsviertel und wanderte nun langsam durch Wohngegenden – durch viel bessere Gegenden, als die, in der ich wohnte. Hier standen viele Einfamilienhäuser und kleine Villen. Wie war ich denn hierher gekommen? Normalerweise verlief ich mich nicht nach hier, wenn ich in Gedanken versunken war. Sobald ich auch nur annähernd in diese Gegend kam, drehte ich auf dem Absatz um und ging in eine andere Richtung weiter. Ich gehörte hier einfach nicht hin. Sicher, ich wusste, wie ich hier wieder wegkam, aber irgendwie konnte ich mich dazu heute nicht aufraffen. Irgendetwas sagte mir, dass ich heute unbedingt hier weitergehen sollte und nicht umdrehen sollte. Man konnte das als Bauchgefühl bezeichnen. Und eigentlich hörte ich immer auf mein Bauchgefühl, auch wenn es mir sagte, dass etwas schlechtes bevorstand. Genau wie in diesem Moment auch. Ich spürte regelrecht, dass ein Sturm im Anmarsch war, und damit meinte ich nicht einen mit Regen und so. Das wäre eigentlich der richtige Moment gewesen, um zu flüchten, doch wie schon gesagt, hörte ich immer auf mein Bauchgefühl, dass mir im Moment förmlich zuschrie, dass ich weitergehen sollte, obwohl es höchstwahrscheinlich gefährlich werden würde. Und außerdem war ich neugierig geworden. Ich wollte wissen, was mir mein Bauchgefühl schon seit einer gewissen Zeit prophezeite. Dass mich meine Neugierde bis jetzt eigentlich immer in Schwierigkeiten gebracht hatte – siehe die letzten Tage – ignorierte ich mal wieder gekonnt. Wie schon gesagt: Ich sollte wirklich mal an einem Wettbewerb fürs Ignorieren teilnehmen... Ich war schon einige Zeit unterwegs, mittlerweile konnte ich keine Menschenseele mehr sehen – waren wohl alle einkaufen oder arbeiten – als ich mich langsam einem großen Gebäude näherte. //Ist das nicht ne Mittelschule? Gleich mal angucken, wie die so aussieht.// Ich ging also neugierig wie ich war auf die Schule zu. Wie die wohl war? Machte ja von weiter weg ziemlichen Eindruck. Ich kam dem Schultor immer näher. Vor dem Schulgelände konnte ich eine kleine Menschentraube sehen, vielleicht sechs, sieben Menschen. Seltsam, wenn man bedachte, dass ich noch bis vor Kurzem keine Seele gesehen hatte. //Jungen// erkannte ich, als ich näher kam. Sie standen im Kreis um etwas herum. Als ich näher kam, konnte ich ein Wimmern hören. //Die werden doch wohl nicht...?// (schlagt mich bitte nicht für das, was da jetzt kommt...) „Na, wie findest du das, du kleine Heulsuse?“, konnte ich einen von ihnen sagen hören. Dann trat einer von den Jungs mit voller Wucht zu. Als ich noch näher kam, konnte ich erkennen, dass ein kleiner Junge in ihrer Mitte lag. „Und wenn du deinem Bruder petzt, was hier vorgefallen ist, dann setzt’s was! Glaub mir, im Gegensatz zu dem, was wir dir dann antun werden, ist das hier ein Spaziergang“, meinte nun ein anderer. „Nur, weil ihr Geld bis zum Abwinken habt, glaubt ihr wohl, ihr könnt euch alles erlauben“, meinte nun ein dritter und trat ebenfalls auf den kleinen Junden ein. Mittlerweile war ich so nah, dass ich zwischen den Beinen der sieben Jungs eine schwarze Mähne erkennen konnte. Mir lief es eiskalt den Rücken herunter. Diese Haare kamen mit verdächtig bekannt vor. Ich beeilte mich, um zu ihnen zu kommen und sagte, gerade als ein weiterer zutreten wollte: „Was macht ihr da? Seit ihr so feige, dass ihr zu siebt einen kleinen Jungen verprügeln müsst?“ Ich blieb vor ihnen stehen. Die Jungs drehten sich überrascht zu mir um. Anscheinend hatten sie nicht mit einer Unterbrechung gerechnet – wie auch, es war ja sonst keiner zu sehen. Ich erkannte, dass sie etwa in meinem Alter waren. Na super, da hatte ich mir ja wieder was eingebrockt... „Was geht dich das an?“, fauchte mich einer von ihnen an. Teilweise waren sie ziemlich muskolös. Wenn sie der Meinung waren, dass ich sie nerven würde und sie mich loswerden wollten, konnte das eventuell sehr schmerzhaft für mich werden, immerhin waren die zu siebt. Früher hätte ich das vielleicht geschafft, aber heutzutage war das eher unwahrscheinlich. Ich war nicht mehr in Übung. „Eigentlich nichts, aber ich kann nicht verstehen, dass ihr einen kleinen, wehrlosen Jungen verprügeln müsst“, erwiderte ich sauer. Solche Typen waren immer die besten. Die trauten sich nichts alleine, und diese hier schienen von der ganz feigen Sorte zu sein. Ich meine, die waren so in etwa sechzehn oder siebsehn und verprügelten hier einen... Mittelschüler, keine Ahnung, wie alt der war, aber er war ihnen auf jeden Fall körperlich unterlegen. So etwas brachte mich immer zur Weißglut. „Das geht dich gar nichts an. Verschwinde, oder wir müssen dich auch verprügeln. Außerdem geschieht ihm das ganz recht. Außerdem hat der doch so viel Geld, dass er sich davon mindestens eine Schönheits-OP leisten kann, die er hiernach garantiert braucht.“ Ein fieses Grinsen schlich sich auf seine Gesichtszüge. Währenddessen wurde meine Vermutung immer mehr bestätigt, um wen es sich bei dem Opfer handelte. Wer war in Domino immerhin Mittelschüler und hatte einen Haufen Kohle, auch wenn es eigentlich die von seinem Bruder war? Da gab es nur eine Möglichkeit. „Ihr seid ziemlich primitiv mit eurer Eifersucht, wisst ihr das? Und ziemlich kindisch. Und euch dann auch noch an einem kleinen Jungen zu vergreifen, ob er nun Geld hat oder nicht, das ist einfach nur das letzte. Ihr könnt ja gerne versuchen, mich zu verprügeln, aber leicht machen tu ich euch das nicht“, erwiderte ich geladen. Ging’s mir eigentlich noch ganz gut? Ich forderte die ja auch noch heraus! Hallo???? Die waren zu siebt und ich war alleine! Ich musste demnächst mal unbedingt zu einem Arzt und mich untersuchen lassen! Das war doch lebensmüde, was ich hier veranstaltete! Wenn ich Glück hatte, dann überlebte ich das – zwar mit einigen Knochenbrüchen, aber naja... Oder war ich am Ende doch so dämlich, wie Kaiba das immer behauptete? Argh, jetzt dachte ich schon wieder an diesen Kotzbrocken!! „Du weißt anscheinend nicht, mit wem du es hier zu tun hast, mit was für einer Gang“, meinte der, mit dem ich schon die ganze Zeit redete. „Tut mir Leid, ich bin aus meiner letzten Gang schon vor einiger Zeit ausgestiegen. Aber auch wenn ich nicht ausgestiegen wäre, dann hätte ich von euch Schwachmaten sicher nichts mitgekriegt. Vermutlich hattet ihr noch nicht einmal einen richtigen Straßenkampf. Stattdessen vergreift ihr euch lieber an kleinen hilflosen Jungs“, meinte ich abwertend. Ging’s mir eigentlich noch gut? Ich provozierte sie! Ich provozierte sie doch tatsächlich! Mir war schon klar, dass ich das eigentlich lieber lassen sollte, aber irgendwie hatte ich mein übergroßes Mundwerk nicht im Griff (hast du das jemals?). Langsam wurde der Anführer sauer, das konnte man ihm an seiner wutverzerrten Miene ablesen, und das konnte selbst ich. „Ach ja? Wollen wir das jetzt gleich mal ausprobieren?“, meinte der Typ mit zusammengebissenen Zähnen. Ich zog eine Augenbraue hoch und fragte nun selbst: „Weißt du denn nicht, mit wem du es hier zu tun hast?“ Er sah mich aus hasserfüllten Augen an. Mir fiel gerade auf, dass ich die Jungs von ihrem Opfer abgelenkt hatte. Seit ich sie angesprochen hatte, hatten sie nicht ein einziges Mal auf ihr Opfer eingeprügelt. Gutes Ablenkungsmanöver, allerdings gab es doch einen kleinen Haken: Nämlich, dass jetzt ich in ihrem Fokus stand. „Und? Wer bist du?“ „Das sagt dir vermutlich eh nichts. Das war vor deiner Zeit.“ Ich sah in sein Gesicht. Er schien es jetzt wirklich wissen zu wollen. „Howling Wolf“, sagte ich also. Als ich in sein Gesicht sah, erkannte ich, dass er wirklich noch nie etwas von mir gehört hatte. Er zog belustigt eine Augenbraue hoch und meinte: „Ich habe noch nie etwas davon gehört. Das sollte mich doch jetzt nicht wirklich beeindrucken, oder?“ Ich seufzte. Dann musste ich es ihm also zeigen. „Das ist nicht gut für deine Gesundheit. Komm her, und ich werde dir zeigen, warum mich alle anderen kennen. Das ist ein großer Fehler von euch. Komm nur her, wenn du dich traust.“ Jetzt wurde es also ernst. Warum konnte ich nur meine Klappe nicht halten? Man könnte meinen, dass ich es darauf anlegte verprügelt zu werden. Ich war doch lebensmüde! Diese Erkenntnis hatte ich in wenigen Minuten öfter gehabt, als mir lieb war. Der Anführer sah mich ungläubig an. Dann schlich sich ein fieses Grinsen auf seine Züge und er wollte gerade etwas erwiedern, als eine schwache Stimme hinter ihm erklang: „Joey, verschwinde. Du musst das nicht tun. Bring dich in Sicherheit, du hast doch keine Chance.“ Mir lief es kalt den Rücken herunter, als ich die gebrochene Stimme hörte. „Mokuba, glaubst du im Ernst, dass ich dich hängen lassen würde? Ich tue das nicht für deinen Bruder, du weißt, dass wir auf Kriegsfuß miteinander stehen. Ich tue das, weil du mein Freund bist. Und jetzt keine Widerrede mehr, du kannst doch kaum sprechen. Erhol dich, sieh mir zu, wie ich die fertig mache und halte dich aus der ganzen Angelegenheit heraus.“ Die anderen hatten sich überrascht zu Mokuba umgedreht, als er gesprochen hatte. „Aber das sind sieben!“, wollte er mich überzeugen. Ich machte eine wegwerfende Handbewegung und meinte: „Früher hab ich auch immer gegen eine Übermacht gekämpft, als ich noch meine schlimmen Tage hatte. Glaub mir, ich lass mich schon nicht von diesen Spaßvögeln fertig machen, das würde Akira ziemlich enttäuschen.“ Der Anführer wandte sich blitzschnell von Mokuba ab und mir zu, als ich den Namen meines früheren Bosses ausgesprochen hatte. Gut, immerhin kannte er den. Das war doch schon mal ein Anfang... „Es könnte nur sein, dass ich etwas außer Übung bin, aber keine Sorge, mit den Schwachmaten nehm ich es allemal auf.“ „Ach, das glaubst du?“ Der Anführer hatte anscheinend seine Sprache wiedergefunden. „Na das wollen wir erst mal sehen. Jungs, schnappt ihn euch.“ Sie kamen mir vor, wie gut trainierte Hunde, die aufs Wort gehorchten – und da sagte Kaiba immer, ich sei ein Hund. Was waren die denn dann erst? Dressierte Pudel? Den ersten, die bei mir ankamen, wich ich geschickt aus. Auf die nächsten, die bei mir ankamen, verteilte ich gezielte Schläge und Tritte, jedoch gingen meine Gegner davon nicht in die Knie. Das war natürlich beabsichtigt, denn wenn ich meine ganze Kraft in die Schläge legte, dann wäre ich bald ausgepowert und ein gefundenes Fressen für meine Gegner. Ich hatte immerhin nicht zwei Gegner wie vor einer Woche, sondern sieben. Wenn ich mich da mit meiner Kraftaufteilung verschätzte, konnte das ziemlich böse für mich enden. Einige Zeit ging das gut. Ich teilte Schläge und Tritte aus, bekam selbst aber keine oder kaum welche ab. Ab und an spielte ich sie auch gegeneinander aus. Ich wurde von links und von rechts angegriffen, beide holten zum Schlag aus, statt sie aber abzuwehren, ließ ich mich in die Hocke gleiten, wartete darauf, dass sie sich gegenseitig die Wangen polierten, nur um ihnen dann blitzschnell die Beine mit meinem Fuß wegzutreten, sodass sie hinfielen. Bevor ich allerdings unter ihnen begraben werden konnte, hatte ich mich in Sicherheit gebracht, nur um sofort einem Tritt von einem anderen auszuweichen. Allerdings hatte ich beim Ausweichen nicht bemerkt, dass sich schon einer meiner Gegner hinter mich geschlichen hatte und so kam es, dass ich in seinen Armen landete. Er griff mir mit seinen Armen unter die Achseln und hielt mich so fest, damit ich mich nicht mehr wehren konnte. Ich versuchte zwar, mich loszureißen, doch das brachte nichts. Vielleicht hätte ich das unter hohem Kraftaufwand geschafft, aber das konnte ich mir nicht erlauben. Die Kraft, die bei dem Versuch verloren gehen würde, brauchte ich noch. Da wartete ich lieber erst einmal ab, was geschah. Vielleicht bot sich mir bei Gelegenehit eine Situation, bei der ich mich ganz einfach befreien konnte. Somit ließ ich also meine Bemühungen langsam weniger werden – hätte ich sofort aufgehört, wäre mein Wächter (Gibt es dafür nicht noch irgendein anderes Wort?) sicherlich stuzig geworden und hätte nur doppelt so sehr aufgepasst. Die anderen der Gang stellten sich jetzt in einem Kreis um uns auf, ihr Anführer stand mir gegenüber. Als ich mich in der Runde umblickte, konnte ich mir ein Schmunzeln nicht verkneifen: Alle meine Gegner – bis natürlich auf den Anführer, der sich gekonnt herausgehalten hatte – hatten Blutergüsse, Prellungen oder ein blaues Auge. War der Anführer jetzt feige oder was? Ich war also doch nicht so sehr aus der Übung. „Ich hatte eigentlich gedacht, dass du mehr drauf hättest. Erst groß rumtönen, und dann doch nichts können“, meinte der Anführer und kam langsam auf mich zu. „Ich habe doch gesagt, dass ich ein wenig aus der Übung bin.“ Als der Typ noch circa einen Meter von mir entfernt war, sah ich meine Chance: Ich griff mit meinen Armen über meinen Kopf nach hinten, griff nach dem T-Shirt meines vollkommen überraschten Festhalters und zog ihn mit einem gekonnten Griff über meinen Kopf, um ihn dann mit voller Wucht gegen ihren Anführer zu schmeißen. Dieser taumelte und brach schließlich unter dem zusätzlichen Gewicht zusammen. Augenblicklich stürzten sich die restlichen Gangmitglieder auf mich. Schläge und Tritte prasselten auf mich ein. Ich kauerte mich auf dem Boden zusammen und versuchte mich so klein wie möglich zu machen, um ihnen möglichst keine Angriffsfläche zu geben. Mit den Armen schützte ich mein Gesicht und hoffte, dass es bald aufhören würde. Das tat immerhin höllisch weh. Ich wusste gar nicht, welche Stelle am meisten in Mitleidenschaft gezogen wurde, denn überall spürte ich nur Schmerz, nichts als Schmerz. Bis sie dann plötzlich aufhörten. Als nach einiger Zeit immer noch keine Schläge auf mich einprasselten, wagte ich es, aufzusehen. Über mich gebeugt stand der Anführer mit einem hämischen Grinsen im Gesicht. „Und, hast du langsam genug?“ „Noch lange nicht“, erwiderte ich von unten herauf. Warum musste ich eigentlich immer meine verdammte Klappe aufreißen? Damit provozierte ich nur andere. Hätte ich sie nicht aufgerissen, wäre mir sicherlich einiges erspart geblieben, denn der Anführer riss mich hoch, sah mich aus wütenden Augen an – anscheinend hatte er noch nie einen Gegner gehabt, der sich so heftig wehrte, der keine Angst vor ihm hatte und der dreist bis zum geht-nicht-mehr war. Ich provozierte ihn sogar noch weiter, indem ich sagte: „Das waren alles keine Schläge, dass waren Streicheleinheiten.“ Stand ich eigentlich auf Schmerzen? War ich Masochist oder was? Das war eine berechtigte Frage, wie ich finde. Immerhin legte ich es doch immer wieder auf Schmerzen an. „So, denkst du?“, zischte der Anführer wütend. Damit ließ er eine Salve Prügel auf mich niederwirken, die allesamt in meinem Magen landeten. Schon nach den ersten war ich in die Knie gegangen und musste mich beherrschen, damit ich nicht mein gesamtes Essen wieder hochwürgte, das ich heute schon gegessen hatte. Der Brechreiz, der mich durchfuhr, war stark, mir war übel, meine Magenkuhle tat weh. Doch als die Schläge schließlich weniger wurden und ich schon dachte, ich wäre erlöst, wurde ich nur wieder auf die Beine gezogen, hämisch angeguckt, nur um dann im nächsten Augenblick so stark geschubst zu werden, dass ich hinfiel und ein paar Meter über den Boden rutschte. Das Pech schien mich heute irgendwie zu verfogen, denn es war so warm, dass ich heute nur im T-shirt herumlief – und Hose natürlich – und da ich auf meinem rechten Arm die paar Meter rutschte, riss dementsprechend auch meine Haut auf. Der Beton war gnadenlos. Er riss meinen gesamten Unterarm auf, ebenso meinen Handballen und einen Teil meines Oberarmes. Das tat höllisch weh, doch diesem Sack die Genugtuung geben und zu schreien tat ich nicht. Ich musste schon schlimmeres überstehen redete ich mir ein. Da würde ich jetzt garantiert nicht wie ein Mädchen schreien! Das wär ja noch schöner! Wenn ich mir nicht bald etwas einfallen lassen würde, dann würde es echt schlimm werden, und das nicht nur für mich. Ich hatte Mokuba nicht vergessen. Wenn sie mit mir fertig wären, dann würden sie sicherlich wieder zu Mokuba gehen und ihn weiter verprügeln. Das wollte und konnte ich nicht zulassen. Also rappelte ich mich wohl oder übel wieder auf und starrte meine Gegner frech grinsend an. Es tat ziemlich weh, zu stehen, doch das würde ich ihnen nie zeigen. Zeige deinem Gegner nie eine Schwäche. Er wird sie ausnutzen und dich zu Fall bringen. Außerdem war mir leicht schwindelig wegen dem Schmerz, doch auch das würde ich den Typen nicht zeigen. „Immer noch nicht genug?“, fragte der Anführer überrascht. Vermutlich fragte er sich gerade, wie ich es schaffte, immer noch auf den Beinen zu stehen. „Wie du siehst nicht“, erwiderte ich knapp. Mehr wollte ich nicht sagen, das würde nur meinen stoßweise kommenden Atem zeigen und somit auch meine Schwäche. „Gut, Jungs, schnappt ihn euch und lasst keine Gnade walten.“ Und sofort kamen sie wieder wie gut dressierte Hunde auf mich zugerannt. Doch bevor sie bei mir ankamen, sprintete ich auf ihren Anführer zu. Mir war klar, sobald ich ihn ausgeschaltet hatte, wären meine Gegner leichter zu besiegen, denn sie brauchten anscheinend Befehle, um handeln zu können. Innerlich schüttelte ich den Kopf. Wie konnte man nur so abhängig sein? Als ich bei eben diesem ankam, schlug ich ihm so dermaßen meine Faust ins Gesicht – natürlich die, die sowieso verletzt war, damit ich ein wenig Blut auf ihm hinterließ – dass er mit voller Wucht auf dem Boden landete. Doch bevor ich mich weiter auf meinen Gegner stürzen konnte, wurde ich von hinten gepackt und dieses Mal von zwei Typen festgehalten – bei einem hatte ich mich ja gekonnt befreit. Ich spürte, wie langsam Angst in mir hochkroch. Wie hatte ich nur annehmen können, dass ich das heile überstehen würde? Dass ich sie alle besiegen konnte? Und erst recht jetzt, da mir mein rechter Arm – ich war Rechtshänder, verdammt! Ich schlug also auch mit rechts! Was sollte ich denn jetzt machen? Ich konnte nämlich nicht mehr mit voller Wucht mit rechts zuschlagen, das tat zu sehr weh! – ramponiert worden war. „Was fällt dir eigentlich ein?“, fragte mich der Anführer, als er sich wieder aufgerappelt hatte und sich vor mir aufbaute. Ich konnte nicht umhin seine blutende Nase zu bemerken. Ein schadenfrohes Grinsen stahl sich auf meine Lippen. Fehler. Denn der Anführer sah das anscheinend als Anlass, mir noch einmal ordentlich in den Magen zu schlagen. Ich keuchte vor Schmerz auf, spuckte Speichel. Mir wurde schlecht, schwindelig. Ich ging in die Knie. Meine Aufpasser ließen mir diese Freiheit und gaben mich aus ihrem Griff frei, damit ich mir vor Schmerz meinen Magen halten und mich am Boden vor Schmerz krümmen konnte. Ich war ja sowas von erledigt! //Halt, Joey. Seit wann gibst du so schnell auf? Das hast du doch noch nie gemacht! Das steht einem Joey Wheeler einfach nicht!// Ich raffte mich also wieder auf. Der Anführer sah mich ungläubig an, ehe ich ihm meine Faust in den Magen rammte. Er keuchte auf und ging für kurze Zeit in die Knie. Sofort wurde ich wieder von meinen beiden Wächtern zurückgerissen. Wie es schien hatten sie für kurze Zeit geschlafen und nicht aufgepasst, was ich tat. Unfähige Tölpel! Obwohl ich natürlich glücklich über ihre Unfähigkeit sein musste. Der Anführer rappelte sich wieder auf, blitzte mich böse an und meinte: „Du weißt wohl nicht, wann du verloren hast. Deine Schuld. Als Strafe werde ich jetzt deinem kleinen Freund wehtun, und du musst hilflos zusehen.“ Damit drehte er sich um – ich sah noch, wie er ein Messer zog – und ging in Richtung Mokuba. Meine Augen weiteten sich vor Schreck. Er würde doch wohl nicht wirklich, oder...? Ich musste ihn um jeden Preis beschützen! Ich durfte nicht zulassen, dass er sich an Mokuba vergriff, nur weil ich ihm zu lästig war. „Mokubaaaaaaaaaaaa!“, schrie ich verzweifelt und versuchte, mich von meinen zwei Wächtern loszureißen, doch ich schaffte es nicht. Im Stillen verfluchte ich sie alle! Was fiel denen eigentlich ein, sich an kleinen Jungs zu vergreifen?! Hatten die in ihrer Freizeit nichts bessseres zu tun? Sollten die doch in den Park gehen und Handstand machen, wenn sie ihren Frust abbauen mussten! Sie gingen einfach zu weit! Der Anführer war schon fast bei Mokuba angekommen – warum lief der eigentlich nicht weg? – als ich es schließlich doch schaffte, micht von meinen beiden Wachen loszureißen. Ich raste auf Mokuba und den Anführer zu. Die anderen Gangmitglieder waren anscheinend zu überrascht, um sich rühren zu können. Der Anführer erhob gerade sein Messer. Ich konnte in Mokubas schreckgeweiteten Augen ziemliche Angst erkennen, wenn nicht sogar Todesangst. Wer wusste immerhin schon, wie weit dieser Spinner gehen würde? Bei solchen Idioten konnte man nie wissen. Und dann spürte ich nur noch Schmerz meinen Rücken entlangkriechen. Und dieses Mal gab ich den anderen die Genugtuung und schrie vor Schmerz auf. Ich ging in die Knie, stützte mich zu beiden Seiten von Mokubas Kopf mit den Händen ab. Ich war doch selbst schuld. Warum musste ich auch den Helden spielen und mich vor Mokuba schmeißen, um ihm zu ersparen aufgeschlitzt zu werden? Ich hätte es auch ganz einfach lassen können! Aber nein! Ich musste ja unbedingt den Helden spielen! Warum tat ich mir das an? Vermutlich weil mich sonst die Schuldgefühle, die ich sonst haben würde, quälen würden. Ich hasste es, Schuldgefühle zu haben! Das war das letzte, was es gab! Ich keuchte und erhob mich von Mokuba, auf dem ich beinahe lag und der mich erschrocken ansah. „Alles ok bei dir?“, fragte ich ihn besorgt. Er nickte nur eingeschüchtert. Dann hörte ich ein lautes Lachen über mir. „Ob mit ihm alles in Ordnung ist? Solltest du das nicht lieber dich selbst fragen?“ Ich richtete mich auf, zitterte zwar erst vor Schmerz, doch als ich mich nach einiger Zeit daran gewöhnt hatte, richtete ich mich stolz auf und blickte meinen gegenüber vernichtend an, der Schmerz war längst vergessen. Wenn Blicke töten könnten... „Wir haben jetzt genug gespielt“, presste ich wütend hervor. „Lasst uns endlich ernst machen. Und glaubt mir, einen Joey Wheeler sollte man niemals wütend machen. Das ist mehr als nur ungesund!“ Meine Stimme zitterte vor Zorn. Was fiel diesen unfähigen Typen eigentlich ein? Ich sah so etwas wie Angst in den Augen des Anführers, doch das hielt mich nicht davon ab, ihm das Messer in seiner Hand wegzutreten und ihm ordentlich eine zu verpassen. Er taumelte zurück, keuchte und sah mir in die Augen. Die anderen Gangmitglieder kamen auf uns zugelaufen, doch das kümmerte mich herzlich wenig. Jedem, der mir oder Mokuba zu nahe kam, verpasste ich eine. Ich war wie ein Berserker. Ich schlug und trat wie ein Verrückter um mich. Das ging sogar soweit, dass ihr Anführer irgendwann keuchend und immer noch aus der Nase blutend sagte: „Jungs, lasst uns abhauen. Wir sind ihm nicht gewachsen!“ Und tatsächlich: Sie verschwanden. Ich könnte schwören, dem Anführer etwas gebrochen zu haben, aber das interessierte mich herzlich wenig. Als ich mir sicher war, dass sie nicht mehr zurückkommen würden, drehte ich mich zu Mokuba um und ließ mich auf die Knie sinken. „Wie geht es dir?“, fragte ich ihn. Erst jetzt hatte ich Zeit, das Ausmaß seiner Verletzungen wirklich zu realisieren (ach, und was ist mit dir? Guck dich doch mal im Spiegel an!): Über seinem ganzen Körper waren blaue Flecke und offene Wunden verteilt. Ich wollte gar nicht erst wissen, wie es unter seinen Klamotten aussah. Es bereitete ihm offenbar Schwierigkeiten zu atmen, denn man hörte ihn die ganze Zeit keuchen. Er schaffte es kaum, die Augen zu öffnen. Als er es dann endlich doch geschafft hatte, konnte ich erkennen, dass seine Augen trüb waren. Ok, der musste ganz schnell zu einem Arzt! Aber sowas von! „Mir... mir tut alles... weh. Ich... ich kann nicht mehr.“ Und mit diesen Worten fing er wortlos an zu weinen. Die Tränen liefen ihm in Sturzbächen die Wangen herab. Okaaaaaaaay, definitiv ein Arzt. Vorsichtig griff ich unter seine Kniekehlen und seinen Rücken, um ihn dann sanft hochzuheben. Ich spürte deutlich, wie er zusammenzuckte, als ich seinen Rücken berührte, doch konnte ich nichts gegen seinen Schmerz unternehmen. Außerdem musste er so schnell wie möglich zu einem Arzt! Ich rannte los. (schlagt mich dafür bitte nicht) //Hoffentich weiß ich noch, wo Kaiba wohnt//, dachte ich, denn dass ich Mokuba nicht in ein Krankenhaus bringen konnte, war klar. Die Medien würden sich über dieses gefundene Fressen freuen! Vermutlich wäre ein Krankenhaus besser gewesen, doch ich wollte anschließend nicht Kaibas Laune ertragen müssen, die er sicherlich hatte, wenn die Nachrichten verbreiteten, dass sein kleiner Bruder schwer verletzt im Krankenhaus lag. Meinen halb aufgeschnittenen Rücken ignorierte ich dabei gekonnt, erst recht die Schmerzen, die ich bei jedem Schritt erlitt. Ich konnte es mir noch nicht leisten, schlapp zu machen. Erst musste Mokuba sicher zu Hause ankommen. Ich lief quer durch Domino, wurde hin und wieder blöd von irgendwelchen Passanten angeguckt. Die strafte ich jedoch alle mit Missachtung. Zu sehr war ich darauf fixiert, Mokuba zu tragen und meine Schmerzen zu ignorieren. Ich konnte mir aber recht gut vorstellen, was wir für ein Bild abgeben mussten. Mokuba, der über und über mit Wunden übersäht war und ich, dessen rechter Arm offen war und aus dem die ganze Zeit Blut floss – dass ich noch nicht verblutet war, war ein Wunder – und sobald man meine Rückseite sah, konnte man feststellen, dass ich ein kaputtes T-shirt anhatte, weil mir ein Schnitt von der linken Hüfte bis hin zur rechten Schulter ging. Ich nahm nichts um mich herum war. Keine Menschen, die Mokuba und mich blöd ansahen, nicht den Verkehr, nicht die Umgebung, die sich mit der Zeit veränderte. Es kam mir wie eine Ewigkeit vor, bis wir im Villenviertel ankamen, obwohl es eigentlich wohl nur ungefähr zehn Minuten waren. //Gut, in welcher dieser Bonzenvillen wohnt jetzt Kaiba?// Es gab schließlich mehr als nur eine Villa, deswegen ja auch Villenviertel. Instinktiv rannte ich auf die größte zu, die am anderen Ende der Straße lag. Desto näher ich kam, umso besser konnte ich das Emblem erkennen, dass sich auf dem großen Gittertor der Villa befand, auf die ich zuhielt. Und wirklich, mein Instinkt hatte recht behalten, denn es handelte sich wirklich um die Villa von Kaiba, was ich an dem großen KC, das in der Mitte des Tores pragte, erkennen konnte. Ich kam vor dem Tor keuchend zum Stehen. Als ich einmal kurz durchgeatmet hatte, suchte ich fieberhaft nach einer Klingel. Ich entdeckte sie am rechten Torpfosten. Ungeduldig drückte ich darauf und wartete darauf, dass sich das Tor öffnete. Doch stattdessen erklang durch die Lautsprechanlage eine Stimme, die fragte: „Sie wünschen?“ Ich hatte Mühe, mich zusammenzureißen und den Butler oder was auch immer er war nicht anzuschreien. „Es ist ein Notfall. Ich habe hier Mokuba, der übel zugerichtet worden ist. Er braucht sofort einen Arzt!“ Ich wartete schon auf eine Erwiderung, doch stattdessen schwang das Tor geräuschlos auf – wäre ja auch ziemlich seltsam gewesen, wenn das Tor gequietscht hätte, das hätte nicht zu Kaibas Perfektionsdrang gepasst – und ich rannte die Einfahrt entlang. //Verdammt, warum muss Kaiba nur alles in Übergröße haben (lol)??//, fluchte ich innerlich, als ich immer noch nicht angekommen war. Trotzdem achtete ich nicht auf meine Umgebung. Ich war immer noch viel zu sehr von dem zusätzlichen Gewicht und meinen Schmerzen, die ich jetzt langsam doch zu spüren bekam, abgelenkt. Ich wurde schon von einem ungeduldigen Roland erwartet. Und als er sah, dass ich recht hatte, mit dem, was ich gesagt hatte, wurde er besorgt. Ich überreichte ihm das kleine Bündel Elend und holte erst einmal tief Luft. Es war ziemlich anstrengend, einen kleinen Jungen durch die Gegend zu tragen, wenn der Blutverlust immer größer wurde. „Ich gehe dann jetzt mal“, meinte ich und wollte mich schon umdrehen, als ich an meinem Handgelenk festgehalten wurde. Ich drehte mich überrascht um, und stellte fest, dass Mokuba nach mir gegriffen hatte. Das musste ihm ziemlich viel Kraft abverlangt haben. „Geh... nicht... bitte lass... lass mich nicht...allein“, brachte er angestrengt hervor. Ich zog eine Augenbraue hoch – allerdings sah das bei mir nicht so gut aus wie bei Kaiba – nickte dann aber. Roland drehte sich um und warf mir noch ein schnelles „Folgen sie mir“ zu, bevor er in dem riesigen Ungetüm von Villa verschwand. Hier war ich also, in der Villa von Kaiba. Trotzdem achtete ich nicht auf die Einrichtung, mein Fokus befand sich ein paar Schritte vor mir auf den Armen von Kaibas persönlichem Schrank. Wenn ich sie mir doch angesehen hätte, wäre mir vermutlich aufgefallen, wie groß und teuer hier alles war... Nach ziemlich vielen Gängen blieben wir schließlich vor einer der zahlreichen Türen stehen - ich hatte schon längst die Orientierung verloren. Roland öffnete sie – keine Ahnung, wie er das machte, ohne dabei Mokuba fallen zu lassen. Dann trat er ein und bettete den kleinen auf ein großes Bett, in dem ohne Probleme mindestens drei Personen schlafen konnten. Ich betrat hinter Roland das Zimmer und staunte nicht schlecht: Mal von dem Bett abgesehen, dass an der linken Wand stand und gegenüber der Tür riesige Fenster waren, die bis auf den Boden reichten und mir auffiel, dass in der Fensterfront auch eine Tür war, damit man durch sie einen Balkon – was hatten die Kaibas eigentlich nicht? – betreten konnte, war das Zimmer riesig. Es war gelb gestrichen und ähnelte sehr einem Kinderzimmer. Überall war Spielzeug verteilt. Ich staunte nicht schlecht, als ich einen riiiiiiiiiiiiiiesigen Computer gegenüber dem Bett auf einem Tisch entdecken konnte. Mich wunderte es, dass er keinen eigenen Fernseher hatte... Der fehlte hier irgendwie. Oder wollte Kaiba nicht, dass sein Bruder genauso viel Zeit wie er selbst vor der Mattscheibe verbrachte? Irgendwie war es seltsam, sich Kaiba als großen, besorgten Bruder vorzustellen. Ob die wohl auch Spielekonsolen hatten? So zum Beispiel ne PS3? Oder zumindestens ne PS2? Und wenn ja, wo? „Der Arzt ist schon informiert. Er müsste eigentlich jeden Moment hier ankommen. Ich werde auch sofort ihren Bruder benachrichtigen“, berichtete Roland und verschwand aus dem Zimmer. Ich stand ein wenig unsicher in dem Raum und wusste nicht so recht, was ich jetzt machen sollte. Als ich dann einen Stuhl in Mokubas Zimmer entdeckte – wäre auch ein bisschen seltsam gewesen, wenn alles in seinem Zimmer gewesen wäre, bis auf einen Stuhl – stellte ich ihn auf die rechte Seite des Betts, damit ich die Tür gut im Blick hatte und Mokuba trotzdem nahe war. Dann ließ ich mich erschöpft auf ihn sinken und betrachtete Mokuba. Er sah wirklich übel mitgenommen aus. Die blauen Flecke und die offenen Wunden sahen schlimm aus, besonders die Kratzer im Gesicht. Er zitterte und biss sich auf die Lippen, um vermutlich nicht laut zu schreien vor Schmerz. Er war schon ein tapferer, kleiner Junge. Er war definitiv mit Kaiba verwandt, der ließ sich auch nie etwas ansehen. Wie konnte man nur so verbissen seine Gefühle verstecken?! „Bleibst du... bleibst du so lange... bis mein Bruder... hier ist?“, fragte er mich röchelnd, hob den Kopf und sah mich schwach an. Ich konnte ja wohl schlecht „nein“ sagen, oder? Irgendwer musste schließlich bei ihm bleiben und versuchen, ihn irgendwie zu trösten, auch wenn ich wusste, dass ich nichts gegen seine Schmerzen ausrichten konnte – ich war immerhin kein Arzt, und ich würde mich hüten, ein solcher zu werden. Bio, wer brauchte schon Bio!?? Ich lächelte ihn beruhigend an und meinte: „Klar.“ Als er das gehört hatte, ließ er seinen Kopf erschöpft zurück auf das Kissen fallen, was er jedoch hätte lassen sollen, denn er wimmerte vor Schmerz auf. Der arme kleine. Und ich konnte nur daneben sitzen und nichts tun! Die Welt war so ungerecht! „Es... es tut so... weh“, schniefte Mokuba und schon wieder – oder immer noch? – liefen ihm Tränen die Wangen herunter. Mir brach fast das Herz bei diesem Anblick! Sanft strich ich ihn über die Haare und meinte: „Ganz ruhig. Es kann nicht mehr so lange dauern, dann kommt der Arzt. Der wird dir sicherlich was gegen die Schmerzen geben.“ Und wie auf Kommando klopfte es an der Zimmertür und ein Mann Mitte fünfzig trat ein. Er war... nennen wir es korpulent, ich wollte schließlich nicht beleidigend werden... Dann wäre ich auf dem gleichen Niveau wie Kaiba, und das ging ja mal gar nicht! Seine schwarzen Haare waren zu gleichen Teilen grau und sein Gesicht strahlte Freundlichkeit aus. Wie kam Kaiba denn zu so einem Arzt? Der passte doch überhaupt nicht zu dem Gemüt von Mister Ich-bin-zu-gut-für-diese-Welt. Er hielt einen Koffer in seiner Hand. Ich vermutete mal, dass es sich um seine Arzttasche handelte. „Mokuba! Wie siehst du denn aus? Was um Himmels Willen ist passiert!?“, fragte er außer sich, als er den kleinen gesehen hatte. Er war mir sympathsich, eindeutig nicht so wie Kaiba. Mokuba wollte gerade ansetzen, um etwas zu sagen, als der Arzt eine wegwerfende Handbewegung machte und meinte: „Im Moment nicht so wichtig. Erst einmal müssen wir dich verarzten, und dann sehen wir weiter.“ Er kam zu Mokuba ans Bett und murmelte leise vor sich hin, als er sich sein Gesicht ansah. Dann schien ich ihm zum ersten Mal aufzufallen, denn er fragte: „Und wer sind sie?“ „Joey Wheeler. Mokuba und ich kennen uns. Ich hab ihn so gefunden.“ Er musterte mich. Sein Augenmerk fiel auf meinen aufgeschrabten linken Arm, dann sagte er: „Santo Kagenuma. Nachher werde ich mir auch ihre Verletzungen ansehen. Sie scheinen mir auch einiges abbekommen zu haben. Am besten, sie erzählen, was vorgefallen ist, aber erst helfen sie mir, Mokuba zu verarzten.“ Ich nickte artig und meinte: „Aber bitte nennen sie mich Joey. Ich hasse es, gesiezt zu werden...“ Herr Kagenuma sah mich ernst an, dann schlich sich ein Lächeln auf seine Züge. „Wenn du unbedingt willst.“ Nach kurzer Zeit also lag Mokuba in Boxershorts vor uns und was wir da sahen, ließ uns einen eisigen Schauer über den Rücken laufen: Überall waren blaue Flecke, Prellungen, Wunden. Man könnte meinen, Mokuba würde regelmäßig geschlagen werden – was natürlich nicht so war, denn ich wusste, dass Kaiba viel zu sehr in seinen kleinen Bruder vernarrt war, auch wenn er nie Zeit für ihn hatte. Als Herr Kagenuma begann, seinen Körper nach inneren Verletzungen – glaub ich jedenfalls – abzutasten, kroch Mokubas Hand kraftlos über das Bett zu mir. Ich sah ihn erst ein wenig irritiert an, konnte aber keine Antwort von ihm erwarten, da er seine Augen vor Schmerz zusammengekniffen hatte und krampfhaft versuchte, nicht zu schreien. Ich lächelte, schloss meine linke um seine und hielt ihn beruhigend fest. Er krampfte seine Hand zusammen, um seinem Schmerz ein anderes Ventil als das des Schreiens oder Weinens zu geben. Der kleine hatte ziemliche Kraft, das musste ich ihm lassen. Ich hätte nicht gedacht, dass er noch so viel besaß nach diesem kräftezehrenden Ereignis von vorhin. Arme, Beine, Unterleib, Kopf war alles in Ordnung – wenn man einmal von der Verstauchung in der rechten Hand absah – doch als der Arzt Mokubas Brust abtastete, dachte ich echt, er würde meine einzige – wohlgemerkt – noch heile Hand zerquetschen. Und das schien ihm auch nicht zu reichen, stattdessen schrie er sich die Seele aus dem Leib. Ich habe keine Ahnung, wie groß Kaibas Villa ist, aber der Schrei ging garantiert durch das ganze Anwesen, so markerschütternd wie der war. Und immer noch konnte ich nichts gegen seine Schmerzen machen! Das war so frustrierend! „Gebrochene Rippe. Eine, soweit ich feststellen kann. Ich geb ihm jetzt erst einmal etwas gegen die Schmerzen“, sagte Herr Kagenuma. Na endlich! Das war ja nicht mehr mit anzusehen wie sich Mokuba hier quälte! Schon zog der Arzt eine Spritze mit irgendsolchem durchsichtigen Zeug auf – das Beruhigungsmittel, wie ich annahm. Dann nahm er die Armbeuge des kleinen Jungen und injizierte das Mittel. Mokuba zuckte noch nicht einmal zusammen, als die Nadel in seine Armbeuge eindrang – anscheinend hatte der kleine genug mit seinen anderen Schmerzen zu tun. Herr Kagenuma wartete noch kurz, damit das Mittel anfangen konnte zu wirken, dann begann er, die Wunden zu verarzten. Die Prellungen und Wunden desinfizierte er und klebte entweder Pflaster darauf oder wickelte einen Verband darum, wenn die Wunden zu groß waren. Im Gesicht bekam Mokuba ein Pflaster, das über seine gesamte rechte Wange reichte. Armer kleiner. Er ließ die ganze Zeit über meine Hand nicht los. Am Anfang war er noch ziemlich verkrampft, doch als immer mehr Zeit verging, entspannte er sich etwas. Das Schmerzmittel leistete gute Arbeit. Dann verband er noch seine rechte Hand, um die Verstauchung zu stützen. Wir mussten den kleinen jedoch auch einmal auf seinen Bauch drehen, damit sich Herr Kagenuma seinen Rücken ansehen konnte. Das schien eine ziemliche Qual für Mokuba zu sein, denn er verkrampfte sich augenblicklich und ich hatte Probleme damit, meine Hand freizubekommen. „Hey, Moki, lass meine Hand los. Wir müssen deinen Rücken sehen. Wenn du erst auf dem Bauch liegst, kannst du gerne wieder meine Hand nehmen.“ Der kleine sah mich ziemlich entkräftet an, schien wohl ziemlich anstrengend zu sein (nein, wirklich????). „Wirklich?“, fragte er mit brüchiger Stimme. Ich nickte und lächelte ihn aufmunternd an. Zögenrd ließ Mokuba meine Hand los, sodass wir ihn jetzt ohne Probleme umdrehen konnten, wenn man einmal von seinem Schluchzen und Weinen absah. Sein Rücken sah noch schlimmer als die Vorderseite aus, doch nachdem auch der desinfiziert, eingesalbt und verbunden war, drehten wie ihn wieder auf den Rücken, damit Harr Kagenuma ihm einen Stützverband für seine gebrochene Rippe ummachen konnte. Das war gar nicht so einfach, wie es sich anhörte, denn dazu mussten wir Mokuba aufrichten, und das verursachte dem kleinen ziemliche Schmerzen, mal ganz davon abgesehen, dass er nicht alleine sitzen konnte, sodass ich ihn halten musste. Für den kleinen war das ziemlich schmerzhaft, aber es ließ sich nicht anders machen. Er wimmerte und zitterte, verkniff sich jedoch tapfer die Tränen. Still bewunderte ich ihn. Ich hätte es nicht geschafft, mit einer gebrochenen Rippe nicht zu weinen, das tat nämlich höllisch weh – woher ich das wusste? Erfahrung. Nicht alle der Straßenkämpfe in meinem Leben verliefen so glimpflich, dass ich nur mit ein paar Schrammen davonkam. Ein paar der Kämpfe mit Akira verliefen auch weitaus schmerzvoller. Zum Glück war auch diese Prozedur bald vorbei, nicht nur zu Mokubas Glück, sondern auch zu meinem, denn ich ertrug es nicht, den kleinen so leiden zu sehen – außerdem versuchter er immer noch meine Hand zu zerquetschen. Jedoch ließen wir ihn immer noch nicht in Ruhe, als wir damit fertig waren. Wir zogen es vor, den kleinen noch ein wenig weiter zu quälen. Das machte man wie? Genau, man zog ihm einen Schlafanzug an. An sich ist das ja nichts schlimmes, aber wenn man sich einfach nur elend fühlt, dann ist schon die kleinste Bewegung Folter. Kurz danach ließen wir ihn jedoch vorsichtig zurück ins Kissen sinken. Mokuba seufzte erleichtert, atmete ein paar Mal ein und aus, um sich wieder zu beruhigen und öffnete dann nach ein paar Minuten die Augen, um den Arzt und mich zu fixieren. „Wie geht es dir jetzt, Mokuba?“, fragte Herr Kagenuma. Man sah, dass es dem kleinen ziemlich viel Kraft kostete, sich zu bewegen, denn als er seinen Kopf in Richtung des Arztes drehte, dauerte das ziemlich lange. „Mir tut immer noch alles weh... auch wenn nicht mehr so dolle wie am Anfang... und ich bin müde...“ Harr Kagenuma lächelte und erwiderte: „Das ist ganz normal, nachdem, was du durchmachen musstest.“ „Santo, du... du musst dich aber noch... um Joey kümmern. Er hat ziemlich was abgekriegt.“ Und wie auf Kommando taten mein Arm und mein Rücken weh. Warum musste er das unbedingt noch erwähnen? Wenn er das nicht gesagt hätte, dann wäre mir das sicherlich nicht so schnell aufgefallen (klar, wer’s glaubt)! Wieder lächelte der Arzt. „Natürlich, was glaubst du denn?“ Damit umrundete er das Bett und kam auf mich zu. Ich hörte ihn deutlich vor Schreck einatmen, als er hinter mir stand. Wer konnte es ihm verübeln? Ich meine, ich hatte meinen Rücken zwar nicht gesehen – das war immerhin nicht so einfach – aber ich konnte mir ziemlich gut vorstellen, wie er aussehen musste... „Das T-Shirt ist nicht mehr zu gebrauchen. Das kannst du wegschmeißen. Das ist einmal diagonal aufgeschnitten.“ „Was soll ich denn dann anziehen? Ich werd garantiert nicht halbnackt durch Domino laufen.“ Er trat in mein Blickfeld und lächelte mich an. Was war denn mit dem los? „Ich bin mir sicher, Kaiba wird dir etwas leihen.“ Mit diesen Worten verschwand er wieder hinter meinem Rücken. Ich wollte eigentlich gerade erwidern, dass dem ganz sicher nicht so wäre, als Harr Kagenum meinte: „Aber jetzt möchte ich doch ganz gerne mal wissen, was passiert ist.“ Ich entschied mich dagegen, ihn in Bezug auf Kaibas und meine Beziehung aufzuklären und wollte stattdessen mit der Geschichte anfangen, als ich schon wieder unterbrochen wurde. Hatten die irgendwie alle etwas gegen mich oder warum ließen die mich noch nicht mal anfangen zu erzählen? Ich wurde nämlich durch ein Klopfen an der Tür noch nicht mal zu Wort gelassen. Herein trat ein Dienstmädchen. Sie machte einen kleinen Knicks und meinte dann: „Entschuldigen sie die Störung, aber Mister Kaiba ist nicht zu erreichen.“ Wen hat’s gewundert? Mich definitiv nicht. Aber dass er noch nicht einmal für seinen kleinen Bruder Zeit hat... Mein Blick fiel auf Mokuba, dessen Blick sich sofort verfinsterte ob dieser Worte. Das Dienstmädchen wollte sich gerade zurückziehen, als sie von Herrn Kagenuma aufgehalten wurde, indem er sagte: „Warte, Kotori. Dieser junge Mann hier braucht ein neues Oberteil. Könnten sie ihm wohl einen Pullover von Kaiba bringen?“ Wollte der mich etwa zum Ertrinken im eigenen Saft bringen? Es war immerhin ziemlich warm draußen, und wenn ich jetzt einen Pulli anziehen würde, dann würde ich bestimmt eingehen! Erst schien sie ein wenig geschockt – konnte ich verstehen, wer wühlte schon freiwillig in den Sachen eines Kaibas herum? – doch dann schien sie sich wieder zu beruhigen, als sie in das höchstwahrscheinliche Lächeln – wusste ich nicht, da er ja hinter mir stand – sah. Dann war sie verschwunden. „So, Joey, und nun zieh dir mal die Überreste deines T-Shirts aus.“ Warum mussten sie mich eigentlich alle daran erinnern, dass ich auch verletzt war? Dann begannen nämlich eben diese Verletzungen wieder wehzutun. Erst jetzt fiel mir auf, dass ich Mokubas Bett mit meinem Blut, das aus meinem Arm lief – zum Glück nur noch ein wenig, nicht mehr so schlimm wie am Anfang – vollgesaut hatte. Innerlich zuckte ich mit den Schultern. Konnte ich doch auch nichts dafür. Bei dem Versuch, mir das T-Shirt auszuziehen, musste ich die Zähne gewaltig zusammen beißen, um nicht laut zu schreien. Die ohnehin schon gereizte Haut – soweit denn noch welche da war – spannte sich aufs äußerste und tat dementsprechend weh. Meine Armwunde brannte höllisch, als ich den Arm bewegte, von meinem Rücken ganz zu schweigen. Der Schmerz brannte sich in meinem Rücken ein, versickerte und ich konnte nichts dagegen unternehmen, damit es aufhörte. Die reinste Hölle. Zum Glück hatte ich es dann aber doch irgendwann geschafft, mir das zerstörte T-Shirt auszuziehen. Ich atmete einmal erleichtert auf, als es von mir abfiel und ich jetzt mit entblößtem Oberkörper vor dem Arzt und Mokuba saß. Herr Kagenuma tastete vorsichtig meine Schnittwunde entlang. Mir entglitt ein unterdrücktes Zischen bei der Berührung. Obwohl sie kaum Druck ausübte tat es höllisch weh. Eigentlich wollte ich anfangen laut zu fluchen, doch dann wurde ich mir wieder Mokubas bewusst und alles, was ich von mir gab, war ein lautes „Verdammt!!“ „Ich säubere jetzt erst einmal deine Verletzung. Wer weiß, was da alles drinnen ist.“ Da hatte er recht. Wer wusste schon, wo das Messer, dieses Typens schon überall war? Da wollte gar nicht weiter drüber nachdenken... „Ich warte übrigens immer noch auf einen Bericht, was passiert ist.“ Ich seufzte. Konnte er nicht einsehen, dass ich im Moment viel zu abgelenkt war, um ihm das erzählen zu können? Ich meine, ich versuchte hier gerade nicht krampfhaft laut zu fluchen und zu schreien. Kurz darauf tat ich ihm aber den Gefallen und begann zu erzählen. „Naja, wissen sie. Schule war aus und ich hatte nichts zu tun. Da bin ich ein wenig durch die Stadt gewandert. Ich war in Gedanken und merkte nicht, wie ich in das Viertel mit den Einfamilienhäusern gekommen bin. Normalerweise meide ich dieses Viertel immer, aber egal. Dieses Mal bin ich jedoch nicht umgekehrt wie die letzten Male, sondern bin einfach weitergegangen. Ein Glück, dass ich das gemacht habe, sonst wäre von Mokuba vermutlich nicht mehr sonderlich viel übrig gewesen... Er wurde gerade von sieben Typen vor einer Schule verprügelt.“ Es war kurz still, doch dann fragte Herr Kagenuma: „Wieso haben sie das gemacht?“ Ich zuckte mit den Schultern, hatte keine Ahnung. Ein paar Worte, die sie dem kleinen entgegen geworfen hatten, hatte ich zwar mitbekommen, aber ob ich da meine richtigen Schlussfolgerungen daraus gezogen hatte...? „Sie haben ein Problem mit mir“, ertönte es aus dem Bett. Wir beide, der Arzt und ich, sahen zu Mokuba, der seine Augen wieder geöffnet hatte. „Wie geht es dir?“, fragte ich. „Ich versuche nicht daran zu denken. Es geht schon.“ „Was meintest du damit, dass sie ein Problem mit dir hätten?“, wollte nun der Arzt wissen. „Sie sind eifersüchtig auf das Geld meines Bruders. Da sie aber wissen, dass sie niemals so viel besitzen werden, haben sie ihren Frust an mir ausgelassen. Ich bin klein und kann mich nicht wehren, da biete ich doch geradezu ein passendes Ziel. Sie brauchten jemanden, an dem sie ihren Frust wegen ihrem miserablen Leben abbauen konnten.“ Ich konnte einige Tränen in seinen Augen sehen, doch sie lösten sich nicht. Stattdessen sah Mokuba mit einem verbitterten Blick auf einen fixierten Punkt gegenüber von ihm, doch er schien nicht in dieser Welt zu sein. Seine Gedanken waren weit weg, hatte es jedenfalls den Anschein. //Diesen Blick sieht man ab und zu bei Kaiba. Ob er auch so behandelt worden ist? Oder warum wandelt der sonst so durchs Leben? Wird Mokuba am Ende wohl noch genauso wie Kaiba?! Das muss ich verhindern! Ein Eisklotz reicht doch schon! Und außerdem ist Mokuba so ein lebensfroher Junge, da ist es schade, wenn er seine Emotionen hinter Verschluss hält.// Ich wollte gerade etwas sagen, um den kleinen aufzumuntern, als ich einen stechenden Schmerz in meinem Rücken spürte. Verdammt! Was war das?! Leider schaffte ich es dieses Mal nicht, den Schmerzensschrei zu unterdrücken und heulte deswegen laut auf. „Verdammt! Was war das?“, fragte ich und sah über meine Schulter. Den besorgten Blick, den mir Mokuba zuwarf – anscheinend hatte ich ihn aus seinen Gedanken gerissen (klar, du hast die ganze Villa zusammengeschrien...) – ignorierte ich. Der Arzt sah von seiner Arbeit auf, nahm seinen Kopf aus meinem Blick, sodass ich sehen konnte, warum es auf einmal stach. Da steckte doch tatsächlich eine Nadel in meinem Rücken!!! Und noch besser: An ihr war ein Faden, der gerade von Herrn Kagenuma straff gezogen wurde. Ich wurde genäht, hätte ich mir ja eigentlich denken können... „Nach was sieht es denn aus?“, fragte er mich. Ich warf ihm einen genervten Blick zu und meinte: „Ist ja schon gut.“ „Du könntest doch einfach weitererzählen, oder? Das hat dich immerhin gut von meiner Untersuchung abgelenkt.“ Stimmt, jetzt, wo er es sagte, fiel mir auf, dass ich überhaupt keinen Schmerz verspürt hatte, als mich der Arzt untersucht hatte. Anscheinend war ich so abgelenkt gewesen, dass mir das gar nicht aufgefallen war. „Naja, viel zu erzählen gibt es da nicht mehr. Ich habe die sieben dann herausgefordert.“ Dieses Mal schaffte ich es jedoch nicht, mich von den Schmerzen abzulenken. Um sie zu lindern, krallte ich meine Hände in das Bettlaken vor mir. Es brannte und zog fürchterlich. Aber mir blieb nichts anderes übrig als es zu ertragen. Also biss ich die Zähne zusammen, hielt durch und erzählte etwas gepresst: „Das ist mir ein wenig unangenehm, aber ich war früher Vizeboss inner Gang, nur, damit ihr versteht, wie ich das geschafft hab. Ich versuche allerdings, diesen Teil meines Lebens zu verdrängen...“ Mokuba sah mich mit großen Augen an. Herr Kagenuma tat das vermutlich auch, doch das sah ich hinter meinem Rücken nicht. „Das du früher mal ein Schläger warst, das wusste ich ja, aber gleich Vizeboss?“, fragte Mokuba mehr als nur erstaunt. Ich zuckte mit den Schultern – Fehler, dadurch wurde nämlich meine Schnittwunde gespannt, die Fäden fraßen sich tiefer in mein Fleisch. Wie konnte man eigentlich so blöd sein? Wie konnte man nur vergessen, dass man gerade genäht wurde und dass man da Schulterzucken und ähnliches vermeiden sollte???? Mit wehleidigem Blick sah ich den kleinen an und meinte, um mich vom Schmerz abzulenken: „Ich war ziemlich gut, und das schon von Anfang an. Da dauerte es nicht lange, bis ich mich bis zum Posten des Vizebosses hochgearbeitet hatte. Dass ich gut bin, dass hast du doch gesehen. Normalerweise schafft man es nicht, sich gegen sieben Leute durchzusetzen. Gut, die Typen waren jetzt nicht wirklich gut, auch wenn sie von sich selbst sowas von überzeugt waren, aber eigentlich hätte ich haushoch verlieren müssen...“ „Und warum hast du das nicht?“, wollte Mokuba neugierig wissen, seine Schmrezen, die er zweifellos hatte, gut missachtend. Ich lächelte ihn an, legte ihm eine Hand sanft auf den Kopf, um ihm dann durch die Haare zu wuscheln und zu erklären: „Na, ich hatte doch etwas, dass ich beschützen musste.“ Mein Lächeln wurde noch größer, als ich Mokubas mittlerweile tellergroße Augen sah. „Echt? Ich bin dir so wichtig?“ „Klar.“ Mein Lächeln konnte man mittlerweile nicht mehr beschreiben, so groß war es. Ich sah, wie sich Mokuba mir eigentlich in die Arme werfen wollte, doch ich hielt ihn sanft mit der streichelnden Hand an der Schulter zurück. „Nicht, du musst dich schonen“, sagte ich ihm. „Ich hätte nie gedacht, dass du das für mich tun würdest.“ Wie gesagt, ich lächelte ihn immer noch ziemlich groß an, doch jetzt wandelte sich mein Lächeln in ein Grinsen um und ich meinte: „Immer doch. Außerdem hätte mir dein Bruder den Hals umgedreht, wenn er herausgefunden hätte, dass ich dich einfach so hätte verprügeln lassen.“ „Jetzt wirst du aber gemein“, meinte Mokuba etwas beleidigt. „So schlimm ist Seto gar nicht.“ „Auf dich bezogen mag das stimmen, aber auf den Rest der Welt – ganz besonders auf mich – trifft das nicht zu. Ich meine, er vergleicht mich immer mit einem Hund.“ Das Wort >Köter< brachte ich einfach nicht über die Lippen. Es reichte schon, dass er mich immer so bezeichntete, wenn ich jetzt auch noch selbst anfangen würde, mich so zu nennen...! Nicht auszudenken! „Ich weiß gar nicht, wie er dazu immer kommt. Ich meine, ich habe doch nicht im geringsten etwas mit einem Hund gemein!!“ Jetzt saß ich etwas beleidigt auf meinem Stuhl. War doch aber so! Was hatte ich denn mit einem Köter gemein?! (ziemlich viel...) Na super! Jetzt fing ich auch schon in Gedanken an, >Köter< zu sagen! Das konnte doch nicht gut enden! Auf einmal fing Mokuba laut an zu lachen. Was hatte den denn gestochen? Oder war das das Schmerzmittel, das jetzt seine Nachwirkungen zeigte? Brachte es den Wirt dazu, wie ein Gestörter zu lachen? Ich sah den kleinen etwas irritiert an. „Was?“ Mokuba wischte sich die Lachtränen aus den Augen, wollte mir antworten, doch als er mich ansah, fing er wieder an zu lachen. Was war nur in ihn gefahren? Er war doch echt nicht mehr ganz dicht! War ich eigentlich nur von Verrückten umgeben? Erst meine Schwester, dann auch noch Mokuba... Wo sollte das nur enden...? Nach ungefähr fünf Minuten schaffte es Mokuba dann aber doch, sich so weit zu beruhigen, dass er mir auf meine Frage antworten konnte: „Ich kann verstehen, warum dich mein Bruder immer als >Köter< bezeichnet.“ Ungläubig starrte ich ihn an. Fing der jetzt auch noch damit an? Und ich dachte, wir wären Freunde...! „Allerdings verstehe ich nicht, warum er dich >Köter< nennt. Hund oder Hündchen wäre viel passender.“ Mir fielen beinahe die Augen aus dem Kopf, als ich das aus Mokubas Mund hörte. Das Schmerzmittel war eindeutig nicht gut. Warum sonst sollte er solchen Schwachsinn erzählen? Jetzt fing der kleine wieder lauter an zu lachen. Ich hatte eindeutig etwas nicht mitbekommen. „Du solltest mal dein Gesicht sehen! Einfach nur herrlich!!“ Ich wollte gerade zu einer giftigen Erwiderung ansetzen, als sich Mokuba auf einmal zu verschlucken schien und anfing zu husten. Sein Gesicht verzog sich schmerzerfüllt. Warum das denn? Eigentlich tut doch verschlucken nicht weh, oder? Doch dann ging mir ein Licht auf. „Deine Rippe?“, fragte ich. Er nickte gequält. „Ich kann nicht lachen, das tut weh, jedenfalls, wenn ich zu dolle lache.“ Irgendwie tat mir der kleine leid, doch irgendwie war ich auch ziemlich schadenfreudig in diesem Moment. Immerhin hatte er mich gerade eben noch ausgelacht. „Das hast du nun davon“, meinte ich und etwas Genugtuung schlich sich doch in meine Stimme. Mokuba wollte schon etwas sagen, denn er hatte das anscheinend auch gehört, doch ich schnitt ihm das Wort ab, indem ich fragte: „Wie kommst du darauf, dass ich eher einem Hund gleichen würde als einem Köter? Allein schon die Tatsache, dass du jetzt auch damit anfängst mich so zu nennen, ist schon schlimm genug!“ Mokuba sah mich verzeihung heischend an und meinte: „Du bist so treu wie ein Hund.“ Er lächelte mich an und erklärte weiter: „Nicht jeder hätte sich für jemand anderen in die Bresche geschmissen, dazu sind die Menschen zu egoistisch. Wenn man jedoch erst mal deine Freundschaft hat, dann kann man sich immer auf dich verlassen. Wie ein Hund, der beste Freund des Menschen. Du hast dich auf sie gestürzt, wie als wenn du dein Herrchen beschützen würdest. Und außerdem, wenn du schmollst, dann guckst du so niedlich. Ich kann mir gut vorstellen, wie das aussehen würde, wärst du ein richtiger Hund. Deswegen eher Hund oder Hündchen als Köter.“ Ich sah den kleinen verdattert an. „Ist das normal oder hat die Familie Kaiba generell einen Schaden? Ich dachte bisher immer, dass nur dein Bruder einen hat, aber jetzt muss ich feststellen, dass du auch einen hast.“ Mokuba lachte wieder laut auf, was er jedoch schnell wieder ließ, da ihn seine Rippe nicht in Ruhe ließ. Dazu wollte ich gerade etwas sagen, doch Herr Kagenuma unterbrach mich: „So, fertig. Das hätten wir. Jetzt gib mir mal bitte deinen aufgeschürften Arm.“ Ich wollte der Bitte gerade nachkommen, als es erneut an der Tür klopfte. Die gleiche Angestellte wie vorhin auch schon trat ein, jedoch hatte sie dieses Mal einen Pullover dabei. Sie legte ihn auf das Bett, nachdem sie bemerkt hatte, dass ich ihn noch nicht brauchte. Bevor sie wieder ging, drehte sie sich noch einmal im Türrahmen um und wandte sich an Mokuba: „Master Mokuba, wir konnten ihren Bruder leider immer noch nicht erreichen. Wir versuchen natürlich weiterhin unser bestes.“ Dann drehte sie sich wieder um und verschwandt. „Was macht dieser Kerl nur?“, fragte ich niemand bestimmtes. „Wenn meine Schwester verletzt worden wäre, dann würde ich alles stehen und liegen lassen um zu ihr zu kommen.“ „Das mag sein, Joey, doch dazu müsste man dir erst einmal erzählen können, dass sie verletzt wäre. Anscheinend ist es bei Kaiba nicht so einfach. Vielleicht tetefoniert er die ganze Zeit, sodass ihn niemand erreichen kann.“ „Da können sie ja recht haben, aber er besitzt doch bestimmt sowas wie einen Anrufbeantworter, oder?“ „Aber wenn er die ganze Zeit telefoniert? Dann bringt es ihm auch nichts, wenn sein Personal auf den Anrufbeantworter spricht.“ „Ist ja auch egal. Solange er irgendwann kommt...“ Während unserer kleinen Debatte hatte der Arzt angefangen meinen rechten Arm zu verarzten. Der Arm tat nicht so weh wie mein Rücken, aber trotzdem war es nicht wirklich angenehm, sich die Wunde desinfizieren zu lassen – wobei ich natürlich wusste, dass das sein musste – und sie verbinden zu lassen. Das Desinfizieren brannte höllisch, es tat weh, bis der Arzt kam – der schon da war, aber naja... – allerdings zeigte das, dass die Verletzung wirklich mit irgendetwas infiziert gewesen war, was gerade vernichtet wurde. Trotzdem war ich froh, als der Schmerz langsam wieder nachließ. Danach wickelte er noch einen Verband um meinen Rücken, nachdem er die Schnittwunde mit einer Salbe eingerieben hatte. Das brannte auch wieder höllisch. Womit hatte ich das eigentlich verdient? War ich so ein böser Junge gewesen, dass mich irgendwer da oben bestrafen wollte? „Bin ich jetzt erlöst?“, fragte ich. Dass das gerade sehr unhöflich klang, bekam ich gar nicht mit. Aber anstatt mir böse zu sein, nickte der Arzt und erklärte: „Wenn es geht, dann solltest du die nächsten Tage keinen Sport machen. Und du solltest dich natürlich aus Prügeleien heraushalten.“ „Klar, für wie blöd halten sie mich?“ Herr Kagenuma ging nicht weiter darauf ein – sollte das jetzt etwas zu bedeuten haben? – , lächelte nur und fügte noch hinzu: „Die Fäden müssen eine Woche bleiben (Ich hab keine Ahnung, wie lange die drinnen bleiben müssen...).“ Dann wandte er sich Mokuba zu: „So, und du bleibst jetzt erst einmal ein einhalb Wochen zu Hause um dich zu schonen (und davon hab ich auch keine Ahnung...). Nichts anstrengendes machen, am besten die ganze Zeit im Bett bleiben, nichts schweres heben, einfach nichts machen. Ich werde dir einen Attest schreiben. Dann werde ich in drei Tagen wiederkommen, um zu sehen, wie es dir geht.“ Gesagt, getan. Herr Kagenuma legte den Attest auf den Nachtisch, hinzu fügte er noch Tabletten. „Das sind Schmerztabletten. Die kannst du nehmen, wenn dir was wehtut, aber nie mehr als zwei am Tag. Vergiss nicht, wenn es dir nicht gut geht und die Tabletten nichts bringen, ich bin jeder Zeit zu erreichen.“ Der kleine nickte. „Gut, dann gehe ich jetzt. Ich wünsche euch beiden eine gute Besserung.“ Mit diesen Worten verschwand er aus dem Zimmer. Ich hatte mir wärhrend der Arzt mit Mokuba geredet hatte, den Pullover angezogen, den das Dienstmädchen gebracht hatte. Er war dunkelblau, aus Wolle und ein Rolli. Wollten die mich etwa töten? Mit dem Teil würde ich doch ersticken, so warm, wie es draußen war! Ich würde eingehen! Ein paar Probleme hatte ich schon, als ich mir den Pulli anzog. Mein Rücken und ganz besonders mein demolierter Arm protestierten vehement, als ich mir das Teil über den Kopf zog, doch ich ging nicht weiter darauf ein. Wir sahen ihm noch eine Weile nach, dann fragte Mokuba: „Und du bleibst wirklich so lange, bis mein Bruder da ist?“ „Ich habe doch schon gesagt, dass ich das mache.“ Der kleine schenkte mir ein zufriedenes Lächeln, auch wenn es nur schwach war. „Ein Hund, sage ich doch“, flüsterte er erschöpft. Ich wollte eigentlich erwidern, dass er damit jetzt nicht schon wieder anfangen müsse, mich als einen Hund zu bezeichnen, doch als ich in die müden und dennoch glücklichen – was mir eigentlich ziemlich unverständlich war, denn immerhin wurde er ja vor ein paar Stunden verprügelt – Augen sah, löste sich meine giftige Erwiderung in Luft auf. Den Rest des Nachmittags redeten wir über verschiedenes. Kaiba kam die ganze Zeit nicht nach Hause. Der musste wirklich beschäftigt sein, wenn der immer noch nicht mitbekommen hatte, wie es seinem Bruder ging. Ich merkte schon die ganze Zeit, dass Mokuba sehr müde war, doch er sträubte sich dagegen, zu schlafen, auch wenn ich ihn darauf ansprach. Dickkopf! Eindeutig mit Kaiba verwandt! Gerade, als ich ihn wieder fragen wollte, ob er nicht doch schlafen wolle, ließ er mich noch nicht einmal zu Wort kommen, sondern fragte: „Sag mal, Joey, warum kannst du meinen Bruder eigentlich nicht leiden?“ Etwas perplex sah ich ihn an. Was war das denn für eine Frage? „Da fragst du noch? Ich meine... Ich meine...“ Verwirrt kratzte ich mir den Kopf. Warum wusste ich eigentlich nicht, warum ich Kaiba nicht mochte? Wir stritten uns doch jetzt schon geraume Zeit. Man konnte sich doch nicht streiten, wenn man sich mögen würde, oder? Also musste da doch etwas sein, was ich an ihm absolut nicht mochte! „Tja, weißt du, ich kann seine herablassende Art auf den Tod nicht leiden.“ Das stimmte. Aber war das Grund genug, ihn nicht zu mögen? „Außerdem nennt er mich immer >Köter< und macht alles mies und schlecht, was meine Freunde und ich machen, er beleidigt sie, macht sie runter und miemt den Unnahbaren. Er ist eingebildet, arrogant, überheblich, besserwisserisch und lässt bei jeder Gelegenheit unseren Standesunterschied raushängen. Er liebt es, mich zu provozieren, mich zu ärgern und mit allem, was er kann, anzugeben – dabei vergisst er dann natürlich nicht, mir unter die Nase zu reiben, wie unendlich viel >besser< er als ich ist.“ Mokuba sah mich ungläubig an. „Was?“, fragte ich ihn. „Das sind sehr... interessante Gründe.“ „Das heißt, du hast keine Ahnung davon, was ich meine.“ Sofort schüttelte der Kleine den Kopf und meinte energisch: „Ich weiß, wie er zu euch ist. Das habe ich schon mitgekriegt... aber ist das alles?“ Nun war es an mir, ihn ungläubig anzustarren. „Wie, ist das alles? Er macht mich psychisch fertig und du fragst, ob das alles ist?!“ Ich starrte ihn voller Unverständnis an. Ich meine, wo würde ich enden, wenn er mich weiter so fertig machte? In der nächstbesten Irrenanstalt? Wie würde mein Leben in 20 Jahren aussehen? Hätte ich ein Trauma davongetragen? Möglich wäre es ja, erst recht, wenn er so weitermachte. „Naja, ich meine ist das nicht ein wenig... stumpf?“, fragte mich der Kleine. „Wir können ja gerne mal die Plätze tauschen. Dann möchte ich gerne mal wissen, ob du das dann immer noch stumpf findest.“ Ich sah ihn ein wenig beleidigt an. Glaubte der etwa, dass ich mich gerne von seinem großen Bruder fertig machen ließ? Als hätte ich nichts besseres zu tun! Und vor allem: Er fing immer an!! Beschwichtigend hob Mokuba die Hände und meinte mit einem entschuldigenden Lächeln: „So war das nicht gemeint, ganz bestimmt nicht.“ Er sah mich mit einem Hundeblick an, um genau zu sein mit dem eines kleinen Welpens, der einen ansah, als hätte er gerade ins Haus gemacht und als wäre er sich dieses Missgeschicks bewusst. Diesem Blick konnte ich einfach nicht lange standhalten. „Na, komm her“, sagte ich, zog den kleinen Wuschelkopf zu mir und strubbelte ihm gutmütig durch die Haare. „Schon ok.“ Nachdem Mokuba die Wuschelattacke hinter sich gebracht hatte, seufzte er und meinte: „Es ist ja nicht so, als wenn ich glücklich mit der Situation wäre. Ich weiß nicht, warum Seto dich die ganze Zeit ärgern muss. Weißt du, ich mache mir einfach Sorgen um ihn. Er hat niemanden außer mir. Das ist aber zu wenig, auch wenn er behauptet, so wie es ist, ist es gut. Er braucht niemanden, wie er immer zu sagen pflegt.“ Ich sehe ihn eine kurze Zeit überlegend an. „Meinst du nicht, dass alleine schon so, wie er sich verhält, klar wird, dass er wirklich niemanden außer dir braucht? Ich meine, wenn er wirklich Freunde bräuchte, dann würde er sich doch nicht wie so ein riesiges Ekel benehmen und auf andere Leute zugehen, meinst du nicht auch?“, fragte ich ihn. Diese Frage fand ich durchaus berechtigt. Mokubas Blick richtete sich schon wieder in weite Ferne. „Auch wenn du recht hast, mache ich mir trotzdem Sorgen. Und es ist ja nicht so, aks könnte er es sich erlauben Gefühle zu zeigen. Er ist Geschäftsmann. Wenn er Gefühle zeigt, dann ist das seiner Meinung nach eine Schwäche. Seine Geschäftspartner würden ihn nicht mehr für voll nehmen. Ich glaube, deswegen fällt es Seto so schwer, zu zeigen, was er wirklich will. Er hat Angst, dass ihn seine Kollegen als schwach erachten.“ Ungläubig starrte ich den Kleinen – einmal mehr – an. Angst? Seto Kaiba? Niemals! „Ich weiß nicht mehr, was ich machen soll!“, sagte der kleine und ich konnte deutlich die Tränen in seinen Augen sehen. „Hey, Mokuba, kleiner, ist gut!“ Mit diesen Worten schloss ich ihn in die Arme und streichetle ihm sanft über den Kopf. „Schhhhhhhhhhhhht, ist gut. Hör auf zu weinen.“ Doch Mokuba dachte anscheinend gar nicht daran, denn er beruhigte sich erst nach guten 10 Minuten wieder. Er bewegte sich in meinen Armen, sah schüchtern zu mir auf und meinte: „Tut mir leid.“ Ich lächelte ihn beruhigend an und meinte: „Schon ok.“ Ich legte ihn sanft zurück ins Bett und sah ihn immer noch lächelnd an. „Geht’s jetzt wieder?“ Er nickte. „Duuuuuuhuuu, Joey?“, fragte er mich nach einiger Zeit, in der wir beide unseren eigenen Gedanken nachgehangen hatten. Was war denn jetzt kaputt? Immer, wenn mich jemand so ansprach, wollte er etwas von mir. Das war schon mal nicht gut! „Kannst du mir was vorsingen?“ Bitte was??! Ich sah ihn an wie eine Kuh wenn’s donnert. „W-wie kommst du denn darauf, dass ich das kann? Wenn ich singe, hört sich das schrecklich an!“, versuchte ich mich heraus zu reden. Es brauchte immerhin nicht halb Domino erfahren, wie ich mein Geld verdiente. Ich meine – um mich einmal mehr zu wiederholen – welcher Junge sang schon gerne? Das war doch nicht normal! „Du kannst gut singen! Das wurde mir zumindest gesagt.“ Ungläubig sah ich ihn an, bevor ich mich wieder fasste und meinte: „Wo hast du das denn her?“ Wollte ich es wirklich wissen, woher Mokuba wusste, dass dem wirklich so war? ... Nein, eigentlich nicht.... „Yugi hat es mir erzählt.“ „Was?!“, fragte ich außer mir und wäre beinahe vom Stuhl aufgesprungen, hätte ich mich nicht im letzten Augenblick noch beherrschen können. „Naja, das war nicht freiwillig. Es ist ihm rausgerutscht. Und als ich dann immer weiter gebohrt habe, hat er mir dann irgendwann die gesamte Geschichte erzählt. Ich weiß sogar, wo du arbeitest.“ „Gott, womit habe ich das nur verdient? Nicht nur, dass mein bester Freund ein Plappermaul ist, nein, jetzt weiß auch noch der kleine Bruder meines größten Erzfeindes darüber Bescheid. Wenn der das rauskriegt, dann bin ich geliefert! Damit wird er mich ewig aufziehen!“ Mokuba lächelte. „Ich erzähl ihm das schon nicht.“ Mit großen Augen sah ich ihn an. „Wirklich nicht?“, fragte ich leicht ungläubig. „Wir sind Freunde, wenn du nicht willst, dass ich es ihm erzähle, dann sag ich ihm kein Sterbenswörtchen. Er muss dich doch nicht noch mehr ärgern als er sowieso schon tut, oder?“ „Danke, Mokuba“, sagte ich erleichtert. „Wenn du also unbedingt willst, dann sing ich dich in den Schlaf. Irgendwelche Vorlieben?“ Mokuba sank in sein Kissen zurück und schüttelte erschöpft den Kopf. „Gut, dann lass mich kurz überlegen.“ Ich begann zu singen. Ich hatte mich für ein langsames Lied entschieden, zu dem man - ich jedenfalls - gut einschlafen konnte. (hier muss noch ein Liedtext hin, wenn ich ein tolles Lied finde. Würd mich auch über Vorschläge freuen) Ich streichelte ihm sanft über den Kopf, beruhigte ihn durch diese Geste und sang beruhigend. (hier muss dann der zweite Teil des Textes hin) Seine Atmung wurde immer gleichmäßiger. (und hier der dritte) Als ich aufhörte zu singen, war der kleine eingeschlafen. Ich sah ihn noch kurz an, dann wollte ich gehen, als ich plötzlich ein Klatschen von der Tür her hörte. Erschrocken sah ich auf. Braune Haare, blaue Augen. NEIN!! Das durfte einfach nicht war sein! Warum musste ausgerechnet dieser eingebildete Idiot das mitbekommen haben?! „Wie lange stehst du da schon?“, fragte ich ihn barsch. „Lange genug.“ Er sah mich abschätzend an. „Ich hätte gedacht, dass Hunde nur Jaulen können. Du hast mir gerade das Gegenteil bewiesen.“ Energisch stand ich von meinem Stuhl auf. „Kaiba!“ Das er mir gerade indirekt ein Kompliment gemacht hatte, bekam ich gar nicht mit. „Ich hab dir schon hundertmal gesagt, dass du mich nicht als Hund bezeichnen sollst!“ „Schrei hier nicht so rum, sonst wacht er wieder auf“, sagte Kaiba und nickte in Richtung seines kleinen Bruders. „Und jetzt würde ich gerne erfahren, was vorgefallen ist. Vorausgesetzt natürlich, dein kleines Hundehirn kann sich daran noch erinnern.“ Ich biss die Zähne zusammen. Warum musste er eigentlich immer so ungerecht und kotzbrockig sein???? „Wenn du nicht gleich aufhörst, mich zu beleidigen, dann werde ich dir gar nichts erzählen! Dann kannst du gerne deinen Bruder fragen und ob der sich noch mal daran erinnern möchte...“ Kaiba seufzte – hörte ich da etwa einen genervten Unterton heraus? „Köter, würdest du mir >bitte< erklären, was da vor sich gegangen ist?“ Köter... Köter...? Köter!!?? Groaar!! Regte der mich etwa auf? Nein, kein bisschen!!! Irgendwann würde ich ihm noch den Hals umdrehen, wenn er so weitermachte – das ich dann vermutlich ins Gefängnis musste, war mir egal, hauptsache, ich war diese Plage von Seto Kaiba los!!! Ich konnte ein Knurren nicht unterdrücken. Sofort, als er das hörte, fixierte er mich mit einem seeehr einschüchternden Blick, der jedem anderen sofort Angst gemacht hätte, doch mir nicht, dazu war ich im Moment zu wütend, um diese Drohung überhaupt wahrzunehmen. „Köter, meine Geduld hat irgendwann ein Ende und glaub mir, du möchtest mich dann nicht erleben...“ Eigentlich wollte ich etwas erwidern, doch anscheinend hatte ich dieses Mal seinen drohenden Unterton gehört und so ließ ich mich dazu herab, ihm zu erzählen, was vorgefallen war. „Naja, wir hatten heute ja ausnahmsweise mal etwas früher Schluss.“ „Du brauchst mir nicht das zu erzählen, was ich schon weiß“, meinte Kaiba herablassend. Ich war wieder kurz davor ihn anzufahren, doch ich beherrschte mich. Stattdessen gab ich nur einen abwertenden Laut von mir. Es ging hier schließlich auch irgendwie um Mokubas Wohl. Wenn Kaiba wissen würde, was passiert war, dann würde er sich vielleicht um diese Typen kümmern... Die richtigen Schritte einleiten... Dann landeten sie vielleicht im Knast. „Ich bin nach der Schule durch die Stadt gegangen, einfach so. Dann bin ich in das Wohnviertel mit den Einfamilienhäusern und den kleineren Villen gekommen. Da war dann auch ne Schule und da hab ich sieben Spinner gesehen, die einen kleinen Jungen verprügelt haben. So wie es nun mal meine Art ist bin ich also hin und hab sie angemacht. Naja ich hab sie herausgefordert und während des Kampfes hab ich dann irgendwann festgestellt, dass Mokuba der kleine Junge war. Nachdem ich sie fertig gemacht habe, hab ich ihn hierher gebracht. Soweit ich mich erinnern kann hat Mokuba eine gebrochene Rippe, eine verstauchte Hand und dann noch Prellungen, blaue Flecke und Schürfwunden. Er soll die nächsten anderthalb Wochen nicht in die Schule, Attest liegt auf dem Nachttisch, ebenso Schmertabletten, falls es zu schlimm wird. Er darf aber nicht mehr als zwei am Tag nehmen.“ Kaiba musterte mich. „Du hast es tatsächlich mit sieben Schlägern aufgenommen? Das hätte ich dir gar nicht zugetraut. Wie schwach müssen die gewesen sein, dass du die geschafft hast?“ „Immerhin war ich da, um deinen Bruder zu retten. Ganz im Gegensatz zu einer gewissen anderen Person, die sich hier befindet.“ Mit diesen Worten starrte ich ihn böse an. Wenn Blicke töten könnten... Kaiba würde Todesqualen erleiden!! Nicht, dass ich ihn mit dieser Anspielung meinte... Nein, überhaupt nicht!! Wenn Gedanken irgendeinen Ton von sich gegeben hätten, dann hätte man jetzt gerade zweifelsohne den Sarkasmus gehört, an den ich bei dem Gedank gedacht hatte. „Ich habe tagsüber zu arbeiten. Nicht jeder hat die Zeit, nachmittags durch die Stadt zu streifen.“ „Du hättest wenigstens kommen können, als er hier war.“ „Ich wurde erst vor einer halben Stunde darüber benachrichtigt, was passiert ist, nicht, dass ich mich vor dir rechtfertigen müsste, aber ich will doch nicht, dass du dieses Haus noch dümmer verlässt, als du ohnehin schon bist.“ „Du...! Ich an deiner Stelle würde nicht so viel arbeiten, damit ich solche Zwischenfälle wie diesen hier mitbekomme!“ Das, was ich ihm gerade an den Kopf geworfen hatte, schien ihn vollkommen kalt zu lassen – oder er ignorierte es, wie so vieles, was ich ihm sage – , denn er fragte: „Ist das mein Pulli?“ „Sag mal, bist du noch zu retten? Ich rede mit dir! Hör mir gefälligst zu, wenn ich dich fertig mache!“ „Warum sollte ich das tun? Das ist noch nicht einmal mehr amüsant. Deine Beleidigungen wiederholen sich. Du könntest dir etwas neues ausdenken als mich ständig nur >reicher Pinkel< zu nennen. Aber ich verstehe schon, das überfordert deinen Intelligenzquotienten. Wir wollen doch nicht, dass sich der Köter beim Denken wehtut.“ „Ich geb dir gleich >beim denken wehtun