Die Kraft der Elemente von ladynin ================================================================================ Kapitel 4: Der Angriff ---------------------- Nachdenklich saßen die fünf vor den Säulen. Mit einem Schlag war ihnen klar geworden, dass sie nun völlig auf sich allein gestellt waren. Bis jetzt hatten sie wenigstens im Hinterkopf gehabt, dass das Orakel ihnen ihre Fragen beantworten würde. Aber die seltsame Frau hatte nicht wirklich viele Rätsel gelöst. Sie wussten nun, dass der Feuerball aus Chizus Kraft entsprungen war, aber das war das einzig wirklich Konkrete gewesen. Schließlich beschlossen sie, sich auf den Weg ins Tal zu machen. Hier oben gab es für sie nichts mehr zu tun. Während sie gingen, sagte keiner ein Wort, alle hingen ihren Gedanken nach. Taro schielte immer wieder zu Chizu, die mit Abstand am vergnügtesten von den fünf war. Fröhlich hüpfte sie über den steinigen Weg nach unten. Sie war begeistert, das Element Feuer zu beherrschen und konnte es kaum erwarten, es kontrollieren zu können. „Soviel zu ihrer Angst runter zu fallen“, dachte Ayumi bitter und setzte stur einen Fuß vor den anderen. Sie schlugen ihr Lager in der Nähe eines kleinen Baches auf. In der Ferne konnten sie sehen, wie eine kleine Rauchsäule aufstieg, offensichtlich befanden sie sich seit langem wieder in der Nähe eines Dorfes. Doch inzwischen stand die Sonne tief am Himmel und näherte sich unaufhaltsam dem Horizont und sie wollten bis zum Morgengrauen warten, um dorthin aufzubrechen. Also saßen die fünf zusammen um das Feuer, das sie zuvor gemacht hatten. An einer Halterung, die sie aus Holz gebastelt hatten, hing ein kleiner Kochtopf, in dem Reis vor sich hin garte. Chizu wurde das Herumsitzen schnell langweilig. Sie sprang auf und schaute die Truppe tadelnd an. „Ihr macht ja alle ein Gesicht wie Ayumi! Also ich gehe ins Dorf um mich zu amüsieren!“ „Das ist doch nicht dein Ernst, Chizu,“, warf Kiyoshi ein, „bis zum Dorf ist es doch viel zu weit für heute!“ „Natürlich ist das mein Ernst. Ich bleib doch nicht hier und schaue euch Langweilern beim Denken zu!“ Ayumi schaute das Mädchen verächtlich an. „Natürlich, selber denken ist bei der ja nicht drin“, dachte sie boshaft. Taro hingegen sah schon vor seinem geistigen Auge eine Horde sabbernder Männer hinter Chizu hertraben. Ein Anflug von Eifersucht blitzte in ihm auf und auch er sprang auf. „Ich komme mit dir!“, sagte er entschlossen. In Kiyoshis Augen flammte Zorn auf. Er ballte die Fäuste und presste versucht ruhig hervor: „Ihr bleibt beide hier! Es ist viel zu gefährlich uns zu trennen!“ Chizu lachte auf. „Du redest ja schon so wie Vater!“ Mit diesen Worten drehte sie sich um und verschwand mit hoch erhobenem Haupt im Wald. Taro zuckte entschuldigend die Schultern. „Irgendjemand muss ja auf sie aufpassen!“, stellte er verlegen grinsend fest und lief ihr nach. Kiyoshi wollte ihnen hinterher laufen, aber Yukiko packte seinen Arm. Beschwichtigend sah sie ihn an. „Sie lässt sich sowieso nicht davon abbringen. Taro wird schon auf sie Acht geben!“ Kiyoshi brummte wütend vor sich hin, aber schließlich gab er nach und setzte sich wieder. Allerdings war er alles andere als damit einverstanden, dass seine kleine Schwester sich in einem fremden Dorf herumtrieb. Yukiko neben ihm schaute sich suchend um. „Wo ist eigentlich Ayumi?“ Ayumi war unbemerkt von den anderen aufgestanden und hatte sich einige Meter entfernt vom Lager hingesetzt. Genervt hob sie einen Stein hoch und schleuderte ihn gegen einen Baum. Dauernd bildete sich Chizu ein, sie könne tun und lassen was sie wolle! Und Taro stiefelte ihr auch noch wie ein läufiger Hund die ganze Zeit hinterher und himmelte sie an. Plötzlich legte sich von hinten eine Hand auf ihre Schulter. Erschrocken fuhr Ayumi herum und sah in Yukikos dunkle Augen, die sie besorgt anschauten. „Was ist los mit dir,“, fragte sie, „kaum machen Taro oder Chizu den Mund auf, verschwindest du schmollend! Was haben sie dir denn getan?“ „Was sie mir getan haben? Taro verspottet mich in einer Tour, während Chizu kein gutes Haar an mir lassen kann. Hast du ihren Kommentar vorhin etwa überhört?“, brauste Ayumi auf. Das hatte Yukiko nicht. Natürlich, es stimmte schon, was Ayumi sagte. Weder Taro noch Chizu hatten jemals ein nettes Wort über sie fallen lassen. Trotzdem kam ihr etwas an der Sache faul vor. „Ich kann dich ja verstehen. Trotzdem solltest du versuchen, mit Chizu auszukommen, sie ist gar nicht so übel. Meistens ist sie sogar richtig nett!“ „Nett? Oh, Yukiko, ich kann sie einfach nicht ausstehen! Allein schon wie sie immer mit dem Hintern vor Taro herumwackelt und sich anzieht wie eine ordinäre Hure!“ Plötzlich ging Yukiko ein Licht auf. Daher wehte also der Wind! Dass sie da nicht früher draufgekommen war! Lächelnd verschränkte sie die Arme und schaute ihre Freundin an. „Du bist eifersüchtig auf Chizu!“, stellte sie fest. Ayumi fiel aus allen Wolken. „Ich und eifersüchtig? Pah, dass ich nicht lache,“, rief sie, „Chizu hat nichts, das ich nicht auch habe. Nur dass ich nicht so schlampig bin wie sie.“ „Langsam reicht es, Ayumi, nur weil du sie nicht leiden kannst, musst du noch lange nicht ausfallend werden!“ Trotzig verschränkte Ayumi die Arme vor der Brust, aber sie hielt den Mund. Plötzlich durchbrach ein lauter Schrei die Stille. Erschrocken fuhren die Freundinnen herum. „Das kommt vom Lager!“, rief Yukiko. Nach einem zweistündigen Marsch durch die mittlerweile stockfinstere Nacht waren Chizu und Taro vor dem Dorf angekommen. Ohne zu zögern schritt das Mädchen durch das Tor, immer dem Lärm nach, der auf ein rauschendes Fest hindeutete. Taro hingegen war etwas mulmig zumute, aber er wollte vor Chizu nicht wie ein Feigling aussehen, also lief er ihr mutig hinterher. Die Straßen des Dorfes waren menschenleer, es schien so, als ob alle Bewohner auf dem Fest waren. Und tatsächlich, als sie um eine Ecke bogen, fanden sie sich auf einem von Menschen überfüllten Marktplatz wieder. Es herrschte eine ausgelassene Stimmung und Chizu mischte sich sofort unter die Leute. Taro folgte ihr, doch schon einige Minuten später konnte er sie nirgends mehr sehen. Er blieb stehen und schaute sich suchend um, doch es herrschte ein solches Gedrängel, dass er sie unmöglich ausmachen konnte. Frustriert schaute er auf den Boden und fühlte sich ziemlich fehl am Platze. Schließlich entdeckte er aber einen Tisch, auf dem verschiedene Getränke aufgestellt waren, an denen sich offensichtlich jeder bedienen konnte. Doch dann wurde ihm der Blick von einer hübschen Rothaarigen verdeckt, die ihn frech anlächelte. „Dich habe ich hier noch nie gesehen!“ „Ich war ja auch noch nie hier“, sagte Taro und schaute weg. Doch sie ließ nicht locker. „Lass uns etwas trinken gehen,“, meinte sie einladen, „du bist nämlich ein hübscher Kerl und ich würde dich gerne kennen lernen.“ Dann zwinkerte sie ihm zu, drehte sich um und ging auf den Tisch mit den Getränken zu. Taro überlegte kurz, zuckte aber dann mit den Schultern und folgte ihr. „Kann ja schließlich nicht schaden“, dacht er und nahm den Becher entgegen, den sie ihm hinhielt. „Ich bin Ai“, stellte sie sich vor und prostete ihm zu. „Taro.“ Sie lächelte ihn verführerisch an. „Ein hübscher Name!“ Sie trank ihren Becher mit einem Zug aus und leckte sich danach die Lippen. Taro tat es ihr gleich. Er fühlte, wie die Flüssigkeit seinen Hals hinunter rann und ein wohliges Gefühl in seinem Magen auslöste. „Noch einen?“, fragte Ai und schenkte Sake nach, bevor Taro ablehnen konnte. Also stürzte er den zweiten Becher genauso runter wie den ersten. Sechs Becher Sake später fand sich Taro mit Ai ziemlich betrunken mitten im Getümmel wieder. Der Rhythmus der Musik hämmerte in seinen Ohren und Ais wiegende Bewegungen zu den Klängen zogen ihn mit. Völlig losgelöst von der Welt bewegte er sich zu der Musik und zog Ai an sich, die sofort ihre Arme um ihn schlang. Gemeinsam ließen sie sich von dem Rhythmus treiben, immer enger drückten sie sich aneinander. Ai rieb ihr Becken eindeutig an Taro und schließlich näherte sich ihr Gesicht dem seinen. Ihren Lippen kamen sich näher und näher. Und dann sah er Chizu. Kichernd unterhielt sie sich mit einem jungen Mann aus dem Dorf, drei weitere standen in der Nähe und beobachteten sie unverhohlen. Immer wieder fuhr sie sich durch ihr blondes Haar und warf dem Mann vor ihr vielsagende Blicke zu. Allerdings hatte dieser mehr Interesse an ihrem Dekolleté, das sie ziemlich offenherzig mit ihrem weit ausgeschnittenen Kimono zur Schau stellte. Als der Mann seine Hände auf ihren Hintern legte und sie an sich zog, platzte Taro der Kragen. Er schob die völlig verdatterte Ai von sich weg und stürmte etwas wackelig auf Chizu zu. Unsanft riss er den jungen Mann von ihr weg und beschimpfte ihn wüst. Chizu, die offensichtlich mindestens so betrunken war wie Taro, kicherte. Es schien sie nicht besonders zu stören, als sich der junge Mann, mit dem sie eben noch heftig geflirtet hatte, wütend verzog. Etwas unsicher stand Taro nun vor dem Mädchen, das ihn amüsiert anschaute. Dann griff sie an einen Tisch, der neben ihr stand und nahm zwei Becher, die sie mit Sake füllte. Einen davon reichte sie Taro. Gemeinsam stürzten sie den Alkohol hinunter. Chizu füllte nach, dabei ließ sie Taro nicht aus den Augen. Als die beiden auch die nächste Runde Sake geleert hatten, kam Chizu etwas wackelig, aber dafür mit verführerisch schwingenden Hüften, auf Taro zu und legte ihm die Arme um den Hals. Er fühlte, wie sie ihre Rundungen an ihn presste und ihm wurde heiß. Sein Herz schlug rasend schnell, als sie mit einer Hand über seinen Oberkörper fuhr. „Ich finde, wir sollten jetzt gehen“, flüsterte sie und hauchte ihm einen Kuss auf die Lippen. Taros schluckte. Dann nahm sie ihn an der Hand und zog ihn mit sich zum Ausgangstor des Dorfes. Ayumi und Yukiko liefen. Beide ahnten, was sie im Lager erwarten würde. Und tatsächlich: Ein riesiger, schwarzer Spinnendämon stand etwas entfernt vom Lager und verspuckte mit einem seltsamen Geräusch lange klebrige Fäden. Überall lagen eingesponnene Gegenstände herum. Aber das Monster schien auf etwas zu warten. „Kiyoshi!“, schrie Yukiko verzweifelt. Doch der Mann war nirgendwo zu sehen. Schnurstracks lief sie auf die Stelle zu, wo vorhin noch das Lagerfeuer gebrannt hatte. Dort hatte Kiyoshi gesessen. Sie achtete nicht auf den Dämon, der sich noch immer nicht rührte und stürmte auf den Schlafplatz zu. Plötzlich sah sie ihn. Halb eingesponnen lag er bewusstlos zwischen Töpfen und Decken, die wild verstreut herum lagen. Sofort stürzte sie zu Kiyoshi und rüttelte ihn, doch er kam nicht zu sich. Tränen rannen ihr über die Wangen und eine unbändige Wut erfasste sie. Das tiefe, gehässige Lachen im Hintergrund nahm sie nur verzerrt wahr. Dann spürte sie, wie der Boden unter ihr erzitterte. Die langen, dünnen Beine des Dämons bewegten sich unaufhaltsam auf das Mädchen zu. „Das ist euer Ende“, erklang seine schaurige Stimme und hob ein Bein um Yukiko damit aufzuspießen. Diese hatte sich über Kiyoshi geworfen und erwartete den Tod. Wie in Zeitlupe senkte sich das spitze Ende des Beines. In Panik hielt Yukiko schützend die Arme vors Gesicht und schrie verzweifelt. Plötzlich spürte sie einen starken Windstoß, der an ihr vorbei zog. Sie erwartete einen stechenden Schmerz, doch es passierte nichts. Stattdessen hörte sie ein markerschütterndes Schreien. Schnell öffnete sie die Augen und sah gerade noch, wie der Dämon von einem Wirbel umzingelt wurde, der ihn dann in Stücke riss. Im selben Moment verschwanden auch die Spinnenfäden von den Gegenständen und von Kiyoshi. Yukiko starrte mit offenem Mund auf die Stelle, an der gerade noch der Dämon gestanden hatte. Doch es war nichts mehr zu sehen. Endlich kam auch Ayumi bei Kiyoshi, der noch immer bewusstlos war, und Yukiko an. Sie hatte noch nie so schnell laufen können wie ihre Freundin. Der Rest war so schnell gegangen, dass sie gar keine Gelegenheit gehabt hätte, einzugreifen. „Du hast ihn zur Strecke gebracht, Yukiko!“, jubelte Ayumi und hüpfte um ihre Freundin herum, die sie vollkommen ignorierte und sich über Kiyoshi beugte und ihm über die zerzausten Haare strich. Interessiert betrachtete Ayumi die Szene, schüttelte dann den Kopf und griff an ihre Taille. Mit den Zähnen zog sie den Korken ihrer Wasserfalsche heraus und ergoss den gesamten Inhalt über Kiyoshis Gesicht. „Was machst du denn da, Ayumi!“, schrie Yukiko sie wütend an. Doch in dem Moment schüttelte sich Kiyoshi und schaute die Mädchen verwirrt an. „Siehst du, jetzt ist er wieder wach!“, stellte Ayumi fröhlich fest. Yukiko lachte und weinte zugleich. Erleichtert fiel sie Kiyoshi um den Hals, der sie verwirrt an sich drückte. „Ich bin doch nicht von den Toten auferstanden. Ich war nur ein wenig bewusstlos. Das verdammte Spinnenvieh hat mich total überrascht!“, meinte er etwas zurückhaltend. „Yukiko hat dich gerettet, sonst hätte euch der Dämon beide aufgespießt“, warf Ayumi dazwischen und hockte sich auf den Boden. „Ich habe gar nicht mitbekommen, was eigentlich passiert ist“, stellte Yukiko plötzlich fest und grübelte, was sie eigentlich getan hatte. „Du hast die Arme gehoben und plötzlich umgab dich ein Wirbel, der dann auf den Dämon zuflog und ihn vernichtete!“ Mit großen Augen schaute Kiyoshi Yukiko an und nahm ihre Hände. „Yukiko, das muss dein Element gewesen sein! Natürlich, was sollte auch sonst zu dir passen, wenn nicht die Luft?“ Er freute sich so sehr für sie, dass er sie stürmisch umarmte und sie auf die Wange küsste. Verlegen berührte das Mädchen die Stelle, an der sich seine Lippen eben auf ihre Haut gelegt hatten und wurde schlagartig rot, während Kiyoshi lachte und sich durchs Haar fuhr. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)