Wie früher... [beendet am 6.11. ^^] von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 31: ------------ Du warst immer schon derjenige in der Band, mit dem ich mich am besten verstand. Jetzt, da sich alles so sehr verändert, fühle ich mich unendlich einsam. Es ist ein Gefühl, als hätte ich plötzlich alle verloren, die mir je wirklich etwas bedeutet haben. Du bist mir ferner denn je, Zero hegt nicht halbsoviele Gefühle für mich, wie ich es gehofft habe und Totchi, Shin und Kao hängen wie drei Kletten aneinander... Letzteres könnte ich mir allerdings auch nur einbilden. Ein großer Teil der Crew ist entweder für diese Tour neu hinzugekommen, oder sie sind nur zur Aushilfe hier und sprechen kein Wort japanisch. Also bin ich allein mit meinen Problemen, Ängsten und überhaupt mit allem. Von dem Moment an, da wir den Flieger verlassen, herrscht ein einziges Chaos, nicht lange und wir müssen bereits zu den ersten Interviews, dann ein Fotoshoot und morgen Abend das erste Konzert, mit einem Equipment das kaum mehr als das Nötigste enthält. Keiner hat auch nur eine ruhige Minute, was mit Sicherheit auch den guten Nebeneffekt hat, dass keiner auf die Idee kommen könnte nachzufragen, was dort in dem Flieger zwischen dir und mir los war. Ich bewege mich nur noch in einer Art Trance von Ort zu Ort, nehme nichts um mich herum wirklich wahr. Wenn die anderen reden, halte ich nach Möglichkeit den Mund und halte mich aus jedweden Diskussionen heraus. Alles Planen hilft im Endeffekt meistens eh nichts, wenn wir erstmal auf der Bühne stehen. Dann macht jeder ohnehin das, wonach ihm gerade ist und so funktioniert es seit Jahren problemlos. Doch bei allem, was ich tue, habe ich das Gefühl es intensiver zu erleben, zu sehen, zu spüren als sonst. Als wir mit den gemieteten Vans durch die Stadt fahren, kann ich dieses fremde Land nur schwer begreifen. Vieles sieht anders aus, als ich es kenne, die alten Gebäude in der Innenstadt, die Kirchen, Werbeplakate in einer Sprache, die ich nicht ansatzweise verstehe. Ich hätte gerne Zeit mich hier etwas mehr umzusehen, aber unser Terminplan ist zu voll, als dass er so eine Exkursion zulassen würde. Erst spät am Abend kommen wir endlich ins Hotel. Wir sind alle noch erschlagen vom Flug und von all den neuen Eindrücken um uns herum, sodass alle schnell auf ihr Zimmer verschwinden. Bevor ich ins Bett gehe, dusche ich noch kurz. Das heiße Wasser lässt meinen verspannten Nacken sich ein wenig lockern, der mir den ganzen Tag leichte Kopfschmerzen beschert hat. Es gibt mir neue Kraft. In der Sicherheit und Ruhe der Nacht, kommt es mir vor, als könne ich es mit allem aufnehmen, was da kommen möge. Vielleicht kann ich es wirklich... Vielleicht muss ich es nur wollen... Vielleicht bist du alles, war mich davon abhält, alles zu haben zu können... Wenn ich mich von dir los mache, oder besser: von den Erinnerungen, die uns von unseren früheren Charakteren trennen, dann könnte alles wieder werden wie früher. Ich könnte werden wie früher und einfach vergessen, was du mir gezeigt, mir gesagt und mich fühlen lassen hast. Wir könnten einfach weitermachen und so tun, als wäre nichts geschehen... Plötzlich von dieser Idee besessen, ziehe ich mir nur eine Jeans und T-Shirt über, gehe mit noch nassen Haaren auf den Flur hinaus und die wenigen Meter bis zu deinem Zimmer. Entschlossen klopfe ich. Die Tür öffnet sich einen Spalt und du siehst leicht verpennt hinaus. Als du mich erkennst, ziehst du sie weiter auf und blickst mich etwas ungläubig an. “Kyo?” “Ich muss mir dir reden.”, komme ich gleich zum Punkt. Im Hintergrund läuft der Fernseher, die einzige Lichtquelle im Raum, aber natürlich verstehe ich kein Wort von dem, was der Nachrichtensprecher da von sich gibt. “Freiwillig?”, hakst du unsicher lächelnd nach, aber ich rolle nur genervt die Augen. Ich habe jetzt keine Lust auf Spielchen, gehe an dir vorbei ins Zimmer. Du schließt die Tür hinter dir und drehst dich erwartungsvoll zu mir herum. Seufzend werfe ich einen Blick aus dem Fenster. “Die, es tut mir leid, dass ich dich angelogen habe. Dass ich dich glauben gemacht habe, dich zu lieben. Es war ein Fehler. Ich dachte...” Mit einem mal ist mir alles so klar, es scheint so einfach, fast schon zu einfach. “Ich hatte gehofft, durch dich zu lernen, was Liebe bedeutet. Aber durch Zero habe ich es schließlich erst erfahren. Trotzdem ändert es nichts daran, dass ich nicht für die Liebe gemacht bin.” Du nickst, lediglich ein Zeichen, dass du über das Gesagte nachdenkst, bei weitem noch keine Zustimmung, also fahre ich fort. “Wahrscheinlich ist es soetwas wie Schicksal. Wie sollte ich auch die Texte schreiben, für die wir als Band so berühmt sind, wenn ich wahres Glück, wahre Liebe erfahren würde?” “Seit wann glaubst du an Schicksal?”, fragst du verwirrt. Ich zucke die Achseln. “Das hat nichts mit Glauben zu tun. Ich suche nur nach einer Erklärung, das ist alles. Das liegt in der Natur des Menschen, weißt du?” “Aha.” Natürlich verstehst du nicht was ich meine, aber ich werde aufgeben, es dir verständlich machen zu wollen. “Also ist es dir wichtiger, dass die Fans glücklich sind, als dass du selbst es wirst?” “Es geht mir nicht um die Fans. Nicht in erster Linie, Die, du weißt, dass diese Band alles für mich bedeutet.” Das alles weißt du doch, aber meinetwegen kann ich es auch nochmal erklären. “Wenn ich für die Band mein... 'Liebesglück' opfern muss, dann ist es eben so. Bisher hat es mir nur noch mehr Kummer gebracht, dieses Gefühl der Liebe begreifen zu wollen.” “Du willst also Schluss machen?” In deiner Stimme schwingt eine unendliche Traurigkeit mit, eine Verzweiflung und etwas dunkles, das ich nicht wirklich greifen kann. “Nachdem was passiert ist, überrascht es dich so sehr?”, stelle ich die Gegenfrage, drehe mich endlich wieder zu dir um, um dir in der annähernden Dunkelheit des Zimmers in die Augen zu sehen. Du lässt nur ein humorloses Lachen hören, sagst aber nichts weiter. “Lass uns die letzten Monate einfach vergessen, Die, bitte!” Du kommst langsam näher bis du schließlich nur noch wenige Zentimeter von mir entfernt stehst. Deinen Atem kann ich schon auf meiner Haut spüren. “Wie soll ich vergessen, dass ich dich liebe, Tooru?” Deine Hand streichelt sanft meine Wange und etwas in mir sagt mir, dass ich dir diese unschuldige Berührung gewähren sollte. “Ich weiß nicht.” Unschlüssig sehe ich auf zu dir. “Ich verstehe nichts von der Liebe...” Ja, so einfach ist das. Hoffentlich reicht es... Mit dem sicheren Gefühl alles gesagt zu haben, was es zu sagen gab, gehe ich an dir vorbei, verlasse das Zimmer und kehre zurück in meine eigene sichere Welt, lasse einen Teil von mir bei dir zurück, den ich nie wieder in mir haben will, nie wieder fühlen, nie wieder erleben möchte. Bestimmt ist es besser so. Gedankenverloren sitze ich noch stundenlang im Bett, starre vor mich hin, denke über alles nach, was die letzten Monate passiert ist. Kann es sein, dass in der heutige Nacht wirklich der Schlussstrich gezogen ist? Dass ab heute wieder alles so sein kann wie früher? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)