Soul Service von fukuyama (Himmel & Hölle) ================================================================================ °*+~-,. III ♀ III .,-~+*° ------------------------- Anm.: Das Zeichen in der Mitte des Titels deutet an, dass das Kapitel aus der dritten Person erzählt wird, da alle Charaktere zusammentreffen. °*+~-,. III ♀ III .,-~+*° » „Nachdem ich genannt worden war, war mir nun wirklich nicht mehr danach, noch länger zu bleiben. Gemeinsam mit Duke zog ich ab, um die zwei verbleibenden Stunden, die wir bekommen hatten, sinnvoll zu nutzen. Mein bester Freund machte ebenfalls ein Gesicht, als fingen die Gefallenen an zu lachen, und so beschlossen wir, dass Ausruhen wenig Sinn mache und wir besser gleich zu den Schleusen gehen sollten.“ Die Schleusen sind Anlagen im zweiten Ring, durch die wir auf die Erde oder in andere Dimensionen gelangen können. Sie sind weit ab vom Zentrum, weil es gelegentlich vorkommt, dass Engel durch diese Schleuse in die Hölle finden. Meistens sind sie aber schon verdurstet oder von Grausamkeit zerfressen, wenn wir sie finden. Nun ja. Die wenigen, die die Strapazen mehr oder weniger gut überstehen, nennen wir die gefallenen Engel. Für sie ist ein dunkleres Schicksal als das Verdursten bestimmt. „Wir liefen ziemlich gemächlich, um die Hitze ein letztes Mal genießen und uns in Ruhe unterhalten zu können. Wie erwartet war keiner von uns besonders gut auf den baldigen ‚Urlaub fürs Höllenreich’ zu sprechen. Duke musste einige wichtige Geschäftstermine und ‚illegale’ Unterredungen sausen lassen, ich musste in den nächsten drei Tagen eine Forderung für eine Partie Hellslike beantworten - ansonsten würde ich automatisch verlieren und meine Bilanz würde beschmutzt werden. Tolle Aussichten!“ Das Spiel Hellslike ist zu kompliziert, um es hier genauer zu erläutern und dann auch noch darauf zu hoffen, dass es von einfacheren Organismen verstanden wird. Allerdings lässt es sich in einzelne Kategorien unterteilen. Normalerweise reden wir, wenn wir Hellslike sagen, von Hellslike Standard. Hellslike ist ein Spiel, das vor allem auf Strategischem Wissen beruht, aber außerhalb der Standardversion können durchaus auch andere Stärken verlangt sein. Wird jemand zu einem Spiel herausgefordert, dann hat er normalerweise 7 Tage Zeit, um die Herausforderung anzunehmen oder abzulehnen. Ist die Zeit um, ohne dass sich der Herausgeforderte geäußert hat, wird automatisch ein Sieg auf dem Konto des Herausfordernden verbucht. Wenn das Spiel angenommen wird, muss unverzüglich begonnen werden. „An den Schleusen trafen wir dann auch die anderen Verdammten, die mit uns auf die Erde geschleust werden würden. Pegasus war nicht mit dabei und uns beiden wurde etwas komisch bei dem Gedanken, dass er hier jetzt praktisch keine Gegner mehr hatte. Luzifer, oh Luzifer, was hast du getan? Devlin und ich vertrieben uns die Zeit, indem wir erörterten, wie wir gegen die Engel vorgehen wollten, damit sie möglichst bald aufgaben und uns den Sieg überließen. Klang nach keiner geruhsamen Zeit und - das gebe ich zu - ich bin ein wenig faul. Pünktlich zur Schleusenöffnung dann waren alle 31 Teufel da und die Regeln wurden noch einmal verlesen. Es überraschte mich ein wenig, dass Luzifer keine Lücken gelassen hatte, um seine simplen Anweisungen zu hintergehen, aber bei Luzifer konnte man sowieso nie sagen, was er tun würde. Anschließend wurden die Schleusen geöffnet und wir Unglückseligen traten unsere Reise zur Erde an. « Auszug aus dem Audio-Tagebuch des Teufels Bakura Craig mit Kommentaren von Maximillion Pegasus » „Als mich einige hilfsbereite Engel endlich wieder auf Fordermann gebracht hatten, war von Petrus weit und breit nichts mehr zu sehen. Ich hätte ihm gern ein paar Takte gesagt! Es macht mir nun wirklich nichts aus, zur Erde zu müssen (na gut, meine Wortwahl spricht gegen mich, aber es ist nicht der Horror), aber mit einem Teufel? Das schlägt mir aufs Gemüt. Yugi war ebenfalls nicht sehr erfreut, wie er mir sogleich wortreich bestätigte, sah darin aber seine Chance gekommen, sich zu rächen. Ich hoffe nur, sie haben ihm einen für ihr System wertlosen Teufel zugeteilt. Wir haben uns dann in die Kathedrale auf der Wolke T zurückgezogen, obwohl Yugi diesen Platz nicht so sehr liebt wie ich, und geredet. In seinen Augen brannte ein Feuer, das ich so selten sehe, dass ich mich nicht mehr erinnern kann, wann ich es das letzte Mal beobachtet habe. Aus diesem Grund habe ich es auch vermieden, über seinen Bruder zu reden, obwohl wir dieses Thema fast immer angeschnitten haben, wenn wir gemeinsam hier waren. Ich kann nicht sagen, ob er darüber froh oder betrübt war. Zur mentalen Vorbereitung auf eine schwere Aufgabe ist die Wolke T perfekt - es ist immer still, bis auf den eigenen Atem und ein beständiges Wispern hört man nichts. Ich mag diesen Ort wirklich sehr, fühle ich mich doch gleich an die ursprüngliche Funktion des Himmels erinnert. Aber dazu ein anderes Mal. Nach der bestimmten Zeit machten wir uns auf den Weg zum Gate, um uns von dort in die Welt der Menschen und Tiere bringen zu lassen. Genau wie die teuflischen benutzen auch wir dazu eine andere Dimension. Ich frage mich oft, ob die Erde mit Absicht so gelegt wurde, dass sie weder von der Hölle noch vom Himmel aus direkt zu erreichen ist… Meine Hysterie hatte ich zu diesem Zeitpunkt bereits weitesgehend abgelegt, weil schon Yugis Bruder sagte, dass Hysterie und Übermut im Kampf nur schlecht sein können. Er war in vielerlei Hinsicht ein echter Lehrer für uns beide und hat uns mehr beigebracht, als mir die Geschichte erzählen kann, und das ist wirklich eine Menge. Am Gate warteten sie schon auf uns und wir machten uns gemeinsam mit unseren 29 Kollegen auf den Weg in die Erdatmosphäre. « Auszug aus dem Bericht des Engels Ryo Marque aus den Chroniken der Geschichte Wir befinden uns wieder einmal auf der Erde, genauer gesagt in einer kleinen Stadt, die hier nicht mit Namen erwähnt werden soll. Obwohl laut Kalender der Sommer Einzug hätte halten müssen, regnete es in Strömen und auf der Straße zwischen den Bürogebäuden und kleinen Geschäften traf man sehr wenige Leute. Die allerdings vorhandenen, aus irgendeinem absurden Grund zum Herumirren außerhalb der schützenden Gebäudemauern verdammten Menschen hasteten kopflos und mit großen Schirmen bewaffnet den Gehweg hinauf und hinunter, um sich keine Krankheit einzufangen. Christina J., besser bekannt unter ihrem Spitznamen Kiki, war eine dieser Personen. Sie war auf dem Weg vom Getränkemarkt ein paar Straßenzüge weiter nach hause von dem Schauer überrascht und gezwungen worden, ihr letztes Geld für einen Regenschirm überdimensionaler Größe auszugeben. Diese Größe leitete sich aus einer von ihr strikt befolgten Lebensweißheit ab: Wenn schon, denn schon! Immerhin konnte es sein, dass sie irgendwann mal mehr als eine Person unter diesem Schirm beherbergen würde und ihre Begleitung sollte sich ja auch nicht erkälten! Natürlich allerdings war es ziemlich schwer, mit einem Schirm dieser Ausmaße in einem diesem Unwetter angemessenen Tempo vorwärts zu kommen und gegen den Wind kämpfend, die Tasche unter den Arm geklemmt, brauchte sie ganze zwanzig Minuten länger, als sie hätte brauchen wollen. Nun ja: Gut Ding will Weile haben! Als sie dann aber endlich vor dem Gebäude stand, in dem ihre Wohnung lag (eigentlich die WG-Wohnung, die sie zusammen mit ihrer besten Freundin bewohnte), erlebte sie eine Überraschung: Vor der Haustür standen zwei Gestalten mit weißem Haar, äußerst missmutig und ziemlich nass, die sie kritisch beäugten. Sie standen etwa einen Meter auseinander, zu beiden Seiten der Eingangstür, fast wie Wächter, und vermieden es anscheinend, sich anzusehen. Der eine, scheinbar etwas jüngere, hatte ein weiches Gesicht mit Augen, denen man ansehen konnte, dass sie normalerweise eher fröhlich als griesgrämig dreinblickten. Er hatte die Arme vor der Brust verschränkt es schien fast, als ob er leicht zittern würde. Ganz im Gegenteil der andere: er wirkte ein wenig älter, argwöhnisch, fast verschlossen, aber durchaus interessiert. Die Hände locker in den Taschen seines schwarzen langen Mantels vergraben, stand er an die Hauswand gelehnt und ignorierte die an seiner Stirn perlenden Regentropfen scheinbar ziemlich erfolgreich. „Ähm“, sagte Christina einwenig überfordert im Angesicht dieser beiden merkwürdigen Gestalten, und blickte ziemlich hilflos von einem zum anderen. Nach einem Moment des stillen Anstarrens seufzte der scheinbar jüngere plötzlich, trat einen Schritt von der Wand weg unter ihren Schirm und lächelte sie freundlich an. „Hallo“, sagte er, „Ich bin Ryo. Bist du zufällig Christina und wohnst hier?“ „Naja“, sagte Christina und musterte ihn misstrauisch, „Nein!“, ihre natürliche Intuition sagte ihr, dass es äußerst merkwürdig war, wenn ein Fremder deinen Namen und deinen Wohnsitz kannte, „oder“, andererseits sah er nicht sehr gefährlich aus, geradezu kindlich, „doch!“ „Ja, was jetzt?“, fragte der andere Mann und obwohl er emotionslos klang, hatte Christina das Gefühl, er sei genervt. „Doch, ich bin Christina und ich wohne hier! Und wer bist du?!“ „Ich bin Bakura.“ Stille. Etwas konfus sah das Mädchen von einem zum anderen, dann entschied sie, dass beide schon nass genug waren, kramte ihren Schlüssel hervor und bat sie, doch mit in ihre Wohnung zu kommen. Obwohl nur Ryo offensichtlich „Danke!“ sagte, meinte sie doch, auch Bakura etwas murmeln zu hören. Allerdings klang es eher nach „Na endlich hat sie’s begriffen!“ und sie erkundigte sich nicht weiter. Christina wohnte zusammen mit ihrer besten Freundin Yama zusammen in einer Drei-Zimmer-Wohnung: Also Küche, Bad, Wohnzimmer, Kikis Zimmer, Yamas Zimmer, und das im fünften Stock des Apartmenthauses. Ohne Aufzug. Die beiden waren nach ihrem Abschluss zusammen hierher gezogen und studierten an der städtischen Universität. Zur Zeit allerdings war ihre beste Freundin abwesend: Sie machte eine Woche lang blau und besuchte ihre Familie im Norden Bayerns. Deshalb war Christina jetzt auch allein, als sie die beiden durchnässten jungen Männer nach ewigem Treppensteigen durch die Wohnungstür Richtung Bad lotste, um ihnen erst mal ein paar Handtücher und trockene Sachen zu geben und außerdem zu verhindern, dass ihre Wohnung bald unter Wasser stand. Eigentlich hatte sie ja keine Sachen, die den beiden passen würden, allerdings war da der glückliche Umstand, dass beide Freundinnen es bevorzugten, in überdimensionalen T-Shirts zu schlafen, und genau diese kramte das braunhaarige Mädchen mit der Wuschelfrisur jetzt hervor. Sie legte sie den beiden vor die Tür und verabschiedete sich dann höflich in die Küche, wo sie erst mal eine Kanne Tee kochte, Kekse auf den Tisch stellte und nebenbei darüber nachdachte, dass es noch keinem gelungen war, ihr Bad zu benutzen, ohne dass sie mehr als den Namen von ihm wusste. Überhaupt waren diese beiden ungewöhnlicher Besuch, überlegte sie sich dann: Diese schlohweißen Haare, diese dermaßen unterschiedlichen Charakterzüge, die Freundlichkeit des einen und diese schroffe Verschwiegenheit des anderen, der schon fast düster wirkte… warum hatte sie die noch mal reingelassen? Zeit, darüber nachzugrübeln hatte sie aber nicht mehr, denn die Tür ging auf und ihre beiden Gäste standen etwas unschlüssig in selbiger. „Kommt doch rein“, lud sie beide ein und stellte drei Tassen auf den Tisch. Der jüngere, Ryo, erinnerte sie sich, lächelte sie freundlich an und setzte sich dankend. Der andere, Bakura, nahm einfach wortlos ihm gegenüber Platz, so dass sie genau zwischen den beiden saß. „Und jetzt“, sagte sie zögernd und schob Bakura die Kekse zu, damit er sich einen nahm, „Könntet ihr mir bitte sagen, wer genau ihr seid und warum ich die Ehre habe, dass ihr mich besucht?“ Die beiden sahen sich kurz an - mit einem Blick, den Christina fast als Feindseligkeit gedeutet hätte -, dann seufzte Ryo, wandte sich ihr zu und erzählte die ganze Geschichte. „Oh“, sagte das Mädchen, nachdem der jüngere weißhaarige geendet und für seine Geschichte durch ihre Zwischenfragen bedingt fast zwei Stunden gebraucht hatte, „Oh.“ „Ah“, sagte Bakura und sah sie genervt an. „Bitte?“, fragte das Mädchen erstaunt, das sich den beiden im Laufe der Zeit unter ihrem Spitznamen Kiki vorgestellt hatte. „Ah“, antwortete der Ältere. „Eine Entlastung für den armen Vokal, den du schon seit Stunden total in die Mangel nimmst.“ Kiki starrte ihn an. „Sag mal, du hast nicht zufällig was gegen mich?“ Daraufhin reagierte Bakura mit so etwas wie Überraschung. „Ich habe gegen alle etwas - das liegt so in der Mentalität der Teufel, weißt du? Selbst unsere Freunde können wir nicht ab, weil sie uns an sich binden, kapiert?“ Kiki sah etwas hilflos zu Ryo. „Und gegen dich hat er auch was?“ „Naja“, antwortete der als Engel enttarnte gedehnt, „Sagen wir mal so: Ich mag ihn nicht und er hasst mich.“ „Was?!“, fragte Kiki. „Hallo!?“, warf Bakura ein. „Von Hassen kann ja wohl nicht die Rede sein! Was man hasst, muss man vorher geliebt, oder zumindest bewundert haben!“ Ryo seufzte und rührte mit dem Kandisstab in seinem Tee. „Okay, dann ist er mir gegenüber halt sehr abgeneigt.“ Kiki nickte schaudernd. „Hey, ihr habt vielleicht Probleme!“ Die Reaktion darauf fiel heftig aus. Beide - Ryo und Bakura - sprangen auf und sahen sie drohend bis sauer an. „Das musst gerade du sagen!“, fuhr der Größere der beiden sie an. „Genau“, mischte sich der Engel ein. „Und dabei hast du ja so was von überhaupt kein Recht dazu!“ „Immerhin bringen wir uns nicht gegenseitig um!“ „Und ihr seid dermaßen verblödet und zurückgeblieben, dass ihr noch nicht mal merkt, wie ihr eure eigene Art ausrottet!“ „Äh“, warf Kiki irritiert ein. Was war denn jetzt in die beiden gefahren? Verbündeten die sich etwa ernsthaft? „Wie kann man nur so blöd sein und den eigenen Planten total zumüllen?“ „Und dann auch noch die komplette Atmosphäre außen rum? Das ist dermaßen dämlich - seht ihr denn gar nicht, dass die Uhr tickt, bis ihr euch umgebracht habt?!“ „Aber nein! solange dauert das gar nicht: Vorher haben sie sich gegenseitig mit ihren tollen biologischen und chemischen Waffen vernichtet!“ „Oh ja! Massemord! Jippie!“ „Ihr macht mir Angst“, sagte das braunhaarige Mädchen und schlang die Arme um die angezogenen Beine. „Ihr verbündet euch nämlich gerade gegen mich. Und so werden sicher weder Hölle noch Himmel gewinnen!“ Ryo und Bakura sahen sie erst überrascht an, setzten sich dann aber wieder gesittet auf ihre Plätze. Dann herrschte erst mal Schweigen und der jüngere, der der Tür gegenüber und am Fenster saß, beugte sich etwas zurück, um einen Blick hinaus in den schon dunkler werdenden Himmel zu werfen. Erste Sterne zeichneten sich ab und der Mond war bereits als blasse Figur erschienen, während die Sonne noch am Himmel stand. Kiki starrte ihn schon seit geraumer Zeit grübelnd an. Hätte sie gewusst, dass er dies merkte und sich seine Gedanken dazu machte, die daraus hinausliefen, dass sie die beiden wohl einfach interessant, Bakura zum anstarren aber zu gefährlich fand, und hätte sie gewusst, dass er gewusst hätte, dass er mit diesem Gedanken genau ins Schwarze traf, dann hätte sie wohl doch lieber woanders hingesehen. Allerdings wusste sie das nicht und er wusste nicht, was eine andere Verkettung von Wissensständen ausgelöst hätte. Irgendwann jedoch seufzte sie dann doch, beugte sich weiter über den Tisch und sah neugierig zwischen ihren zwei neuen ‚Freunden’ hin und her. „Sagt mal“, durchbrach sie die Stille dann endlich und Bakura konnte mit dem größtem Bemühen, das er natürlich nicht an den Tag legte, nicht verhindern, dass er genervt stöhnen musste, „Darf ich vielleicht mal ein Experiment mit euch machen? Um eure Geschichte zu prüfen?“ Jetzt waren beide Gäste auf der Hut. „Und das wäre?“, fragte Bakura misstrauisch. „Euch wird schon nichts passieren, wenn ihr echt seid!“, sagte das Mädchen lachend, stand aber auf und öffnete das Fenster hinter Ryos Rücken. „Würdest ihr bitte hier rüber kommen?“ Immer noch im größten Maß misstrauisch bewegten sich beide zu ihr hinüber ans Fenster. Immerhin wollten sie ihren Menschen nicht gleich verärgern… „Danke“, sagte Kiki und nutze den Überraschungseffekt, um beide aus dem Fenster zu kippen. Stille. Dann begann Ryo, wie verrückt zu schreien. Bakura reagierte gefasster und vor Kikis staunenden Augen schossen riesige, schwarze Flügel aus seinem Rücken, mit flauschigen Federn, sodass er sich schon im vierten Stock fing und in der Lage war „Was?!“ zu fauchen. Ryo dagegen fiel weiter dem Boden entgegen, immer noch gellend kreischend. Christina riss die Augen auf und verfolgte wie Bakura den Flug, bzw. Sturz des kleineren Weißhaarigen, wobei ersterer fast das Herz stehen blieb. Dann, nur etwa einen Meter über dem Boden brachen plötzlich auch aus Ryos Schultern gewaltige, diesmal weiße Flügel hervor und er schoss wieder aufwärts. „Dämlicher Engel“, murmelte Bakura, aber Devlin hätte sich über die leichte Nuance Erleichterung gewundert, die in der Stimme seines Freundes mitschwang. Der Engel raste an der Häuserwand steil hinauf, während sich etwas auf seiner Stirn bildete, das man nach einiger Betrachtung sicher als Wutfalte hätte identifizieren können. Bakura schlug langsam mit seinen gewaltigen Flügeln auf und ab, um auf der Stelle zu bleiben und beobachtete amüsiert das rasche Näherkommen seines ‚Partners’, das für dieses freche Menschenmädchen sicher einige Unannehmlichkeiten bedeuten würde. Seine Bewegungen waren daher fast entspannt zu nennen, als er seine gewaltigen Schwingen zusammenfaltete und mit Hilfe der Schwerkraft und einigem Schwung elegant durch das Fenster zurück in die Küche glitt, Sekundenbruchteile, bevor sein Kollege geradezu durch selbiges hereinschoss und dabei vereinzelte Federn verlor. Christina schloss lächelnd und vergnügt das Fenster und wollte Ryo gerade zu seiner famosen Vorstellung gratulieren, als sie sich auch schon Stirn an Stirn mit dem Inbegriff eines Racheengels sah und ihr vorerst die Worte wegblieben. „Kiki“, begann der vor ihr stehende freundlich und mit einem Schrecken erregenden Lächeln im Gesicht, „Ich denke doch, dass ich recht in der Annahme gehe, dass du das nur aus purem, niederträchtigen Misstrauen uns gegenüber getan hast, oder?“ „Oh“, sagte die Angesprochene und beobachtete unter dem genervten Blick Bakuras, der mit diesem Vokal ganz offensichtlich ein Problem hatte, fasziniert, wie die weißen Flügel auf Ryos Rücken rasant schrumpften und schließlich ganz verschwunden waren. „Und“, fuhr dieser fort, „Du hast das nur getan, weil du nicht genug Vertrauen in andere Menschen - oder Wesen - setzt, als dass du ihnen trauen könntest. Ich weiß, hier auf der Erde ist das ein allgemeines Problem, aber als ich dich zum ersten Mal sah, dachte ich eigentlich, dass du ein guter Mensch bist. Ich finde es ehrlich gesagt traurig, wie sich die Umstände entwickelt haben.“ Bakura hatte fast das Gefühl, die schwarze Aura um den Engel sehen zu können und lehnte sich bequem auf seinem Stuhl zurück, um das Schauspiel zu genießen. „Stell dir nun einmal vor, wir hätten hier auf der Erde unsere Fähigkeit zum Fliegen verloren! Und hör mal, nur weil andere Leute uns nicht sehen können, existieren wir trotzdem materiell! Im Gegensatz zu dem beschränkten homo sapiens ist die Materie nämlich durchaus fähig, uns wahrzunehmen und einzubinden. Und was wäre dann passiert? Toter, roter Pizzabelag auf dem Gehsteig!“ Bakura brach trotz der ernsthaften Hintergedanken in herzhaftes Gelächter aus. Er hatte gar nicht gewusst, dass diese gutgläubigen Dinger namens Engel auch zu ergreifendem Sarkasmus fähig waren. Pizzabelag, tsts. Als ihm allerdings bewusst wurde, wie gerade dieser (nicht der Pizzabelag, sondern der Engel! Haha.) und ihre menschliche Begleitung ihn anstarrten, unterbrach er sich und setzte wieder seine böse und viel natürlichere Maske auf. Der Engel schüttelte daraufhin nur den Kopf, konnte aber nicht vermeiden, dass seine negativen Energien sich über diesen ungewohnt heiteren Ausbruch eines Teufels verflüchtigten - worüber er eigentlich auch ganz froh war - und wandte sich nun sehr viel besänftigter wieder Kiki zu. „Und da du kein Vertrauen hast, werden wir es dir jetzt beibringen müssen! Bakura, bitte nimm deinen Platz ein, wir werden jetzt eine klassische Vertrauensübung machen.“ Dem Teufel und dem Mädchen fiel alles aus dem Gesicht. „Vertrauen?“, echote ersterer. „Vertrauensübung?“, stotterte letztere. „Ja“, sagte Ryo lächelnd. „Ähm“, sagte Kiki und wandte sich wie in Zeitlupe um, „Ich glaube, zur Beruhigung der Gemüter hole ich jetzt erst mal Wassereis aus meinem geheimen Vorrat.“ Damit lief sie schnurstracks auf die Küchentür zu, während ihre Gäste ihr mit imaginären geöffneten Mündern nachstarrten. „Ähem“, sagte Bakura mit einer herrischen Geste, in der Absicht, sich näher über dieses ‚Eis’ zu erkundigen. „Einen Moment bitte!“ Christina lief weiter auf die Küchentür zu, sah ihn aber über die Schulter an. „Was ist?“ Doch Bakura kam nicht mehr dazu, seine Frage zu artikulieren, denn hinter ihm ertönte ein lautes Krachen und Ryo schrie zum zweiten Mal in recht kurzer Zeit auf. --------------------------------------------------------------------------------------- Hosted by Animexx e.V. 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