Asche zu Asche von Moku ================================================================================ Kapitel 1: Asche zu Asche ------------------------- Blaise öffnete seine Augen, starrte an die Decke seines Himmelbettes, bevor er sich auf die Seite drehte, dann überrascht zurück schrak als er in das schlafende Gesicht von Draco Malfoys blickte. Die Hand beruhigend auf seine Brust legend, entließ er einen tiefen Seufzer, stützte sich mit einem Arm vom Bett ab, beobachtete den Blonden schmunzelnd. Draco schlief seit zwei Tagen in seinem Bett und Blaise konnte sich noch immer nicht an den Anblick des anderen gewöhnen. Langsam hob er seine Hand, berührte mit ihr sanft das Gesicht des Schlafenden, lachte leise als er ein leichtes Lächeln über die Lippen seines Freundes huschen sah. Seine Finger fuhren zärtlich die Konturen des spitzen Kinns nach, der Daumen berührte flüchtig die Lippen, bis seine Hand durch das blonde Haar fuhr. Blaise wollte schon immer das perfekt gelegte Haar zerzausen, doch Draco achtete im wachen Zustand penibel darauf, dass niemand seinem Kopf zu nahe kam. Doch wenn er schläft, dachte der Dunkelhaarige schelmisch, kann er überhaupt nichts ausrichten. „Lass das, Blaise“, hörte er Draco plötzlich leise murmeln, bevor dieser sich umdrehte, die Bettdecke mit sich zog. Er lächelte nur liebevoll, gab seinem Freund einen leichten Kuss auf die Stirn, stand dann auf und ging ins Badezimmer. Überrascht stellte er fest, dass seine Waschutensilien fehlten. Doch dann weiteten sich seine Augen und er schlug sich mit der flachen Hand gegen die Stirn. Er konnte sich einfach nicht daran gewöhnen. Das Badezimmer wieder verlassend, warf er einen letzten Blick auf Draco, bevor er das Schlafzimmer, das er sich mit den anderen Jungs geteilt hatte, verließ, die Treppen zum Gemeinschaftsraum herunterging und vor der großen Holztür stehen blieb. „Ich glaube, er schläft in Blaises Bett.“ Er drehte sich zu der Stimme um, entdeckte Pansy, die mit verschränkten Beinen auf der Couch saß und mit ihrem Zauberstab Luftkugeln formte, die sie dann ins Feuer warf. „Das ist doch krank“, entgegnete Millicent, die in einem Sessel neben der Couch sitzend das Treiben der Brünetten mit genervt zusammengekniffenen Augenbrauen beobachtete, vermutlich kurz davor war, der anderen den Zauberstab aus der Hand zu reißen. „Das war ein bisschen hart ausgedrückt, Milli.“ „Anders kann man es nicht ausdrücken!“ „Was—“ Plötzlich öffnete sich die Tür zum Slytherin-Gemeinschaftsraum, unterbrach Pansy in was auch immer sie sagen wollte. Zwei Drittklässler betraten lachend den Raum, zeigten sich gegenseitig bunte Heftchen, die bestimmt nicht für ihre Altersstufe gedacht waren. Blaise zuckte lediglich mit den Schultern, verließ den Raum durch die große Tür, setzte seinen Weg fort. Er hatte noch kein bestimmtes Ziel vor Augen; es war noch relativ früh und Hogwarts würde vermutlich erst in einer Stunde zu Leben erwachen. Doch als er langsam die dunklen Gänge entlang schlenderte, eine Hand nachdenklich die Wand entlang fahren ließ, erinnerte er sich an einen kalten Wintertag am Schwarzen See, musste unwillkürlich lachen. Die Hand von der Wand entfernend, beschleunigte er seine Schritte, sein Ziel nun direkt vor Augen. Mittlerweile war es Mai und sobald er das dunkle, schlafende Schloss verließ, spürte er sofort eine lauwarme Brise, stach ihm sofort der süße Geruch von diversen Frühlingsblumen in die Nase. Blaise fühlte sich wohl an der frischen Luft, während Draco alles versuchte, um im Schloss bleiben zu können, es nur verließ, wenn er Quidditch-Training. Kräuterkunde oder Pflege Magischer Geschöpfe hatte. Sie hatten über dieses Thema oft diskutiert und meistens gab er seinem Freund zuliebe nach und fügte sich in sein naturloses Schicksal. Doch es gab Zeiten, wenn Draco besonders gut gelaunt war, in denen er von sich aus Blaise nach draußen zerrte, sich mit ihm einfach irgendwo auf das Gras setzte und versuchte, so auszusehen, als wäre es ihm nicht unglaublich schwer gefallen, die Schwelle zur Natur zu überschreiten. An einem dieser doch sehr seltenen Tage war Blaise, um es mit Dracos Worten zu sagen, förmlich über den Blonden hergefallen. Er widersprach nie, wusste er doch, dass sein Freund einen Anfall bekommen würde, sollte Blaise jedem erzählen, wie es wirklich passiert war. Blaise hielt am Ufer des Schwarzen Sees, strebte dann einen flachen Stein an. Er würde diesen Stein vermutlich für immer in Ehren halten, war er schließlich der Stein, der alles ins Rollen gebracht hatte – im wahrsten Sinne des Wortes. Hogwarts war zum dem Zeitpunkt mit der Vorfreude auf die kommenden Ferientage angefüllt gewesen, die durch den ständigen Schneefall verstärkt wurde. Doch Draco war zu dieser Zeit nur noch kopflos und gereizt durch die Schule gelaufen, vergaß andauernd irgendwelche Hausaufgaben, ließ seine Bücher in den verschiedenen Klassenräumen liegen und vermasselte die meisten Zaubersprüche, die sie im Unterricht hatten lernen sollen – und Blaise wusste, dass er nicht ganz unbeteiligt an dem Zustand seines derzeitigen nur Kumpels war. Seine Freunde hatten sich mittlerweile schon Sorgen gemacht, doch sprachen sie das Thema nie an. Sie wussten, dass der Blonde von sich aus anfangen würde zu reden – und so war es auch. Draco schnauzte einen Slytherin dafür an, dass dessen Schreibfeder zu laut auf dem Papier kratzte, verließ dann stampfend den Gemeinschaftsraum. Alle Blicke richteten sich sofort auf Blaise und er seufzte lediglich ergeben, ließ sich von Theodore, der gerade dabei war die Treppe herunter zu gehen, zwei dicke Mäntel mitbringen und machte sich auf den Weg, Draco zu folgen. „Warum noch hier, Zabini“, brummte der Blutige Baron, unterbrach Blaise in seiner Erinnerung. „Weshalb sind Sie draußen“, entgegnete er grinsend, verließ der Geist schließlich selten Hogwarts; doch dieser antwortete nur mit einem strafenden Blick. „Wird es nicht Zeit für dich zu gehen?“ „Vermutlich“, antwortete der Dunkelhaarige, sah reflexartig auf seine Uhr. „Aber ein bisschen länger schadet nicht.“ Mit diesen Worten kniete er sich auf den Boden, berührte den dunklen, glatten Stein mit den Fingerspitzen. „Pass nur auf, dass du nicht zu lange bleibst“, riet ihm der Geist, verschwand so schnell wie möglich wieder im Schloss. Blaise reagierte nicht auf die Worte, versuchte sich nur wieder in seiner Erinnerung zu vergraben. Als er Draco im Schnee eingeholt hatte, überraschte es ihn nicht, dass der Blonde bereits auf ihn gewartete hatte, nur fordernd seine Hand ausstreckte. Blaise hatte leise gelacht, ihm dann den Mantel gereicht, den sich der andere sofort überzog, dann die Arme vor dem Bauch verschränkte. „Es ist kalt“, hatte Draco trotzig gemurmelt. „Ist mir aufgefallen“, hatte Blaise leise geantwortet. Dann hatten sie beide geschwiegen, während Draco auf seinen Füßen wippte, mit seinen Händen die Arme rieb, um sich etwas aufzuwärmen. Blaise hatte aus dem Augenwinkel bemerken können, dass der andere ihm ständig Blicke zu warf, langsam näher rückte und dabei versuchte, das Gesicht immer weiter im Mantel zu verstecken. Blaise hatte gerade einen Arm ausstrecken wollen, um ihn um die Schulter des Blonden zu legen als dieser plötzlich auf einem gewissen Stein ausrutschte und mit einem überraschten Quieken Blais' Arm ergriff, um sich zu stabilisieren, was jedoch nur darin resultierte, dass er sie beide in den Schnee zerrte. Blaise hatte für einen kurzen Moment die Orientierung verloren, doch sehr schnell bemerkt, dass der Boden nicht einmal in der Zauberwelt atmen und schmerzhaft stöhnen konnte – zumindest nicht so, dass es für Blaise hörbar war. Überrascht starrte er in die quecksilberfarbenen Augen, versucht dann sich hastig aufzurichten, doch er wurde von einer Hand an seinem Ärmel zurückgehalten. Sobald er seinen Blick wieder auf Draco richtete, starrte der allerdings zur Seite, ließ dennoch die Robe nicht los, zupfte stattdessen leicht daran. „Ich... auch...“, murmelte der Blonde letztendlich, während die Röte in dessen Gesicht immer stärker wurde, auch wenn Blaise sich nicht sicher sein konnte, ob sie vom eiskalten Schnee oder von Scham herrührte. „Ich auch“, wiederholte Draco, dieses Mal etwas lauter, wandte sein Gesicht um, sodass sie sich direkt in die Augen sehen konnten. Blaise schluckte, beugte sich dann langsam über den anderen. „Du sagst das nicht nur, weil ich... du... Mitleid hast...“, faselte er drauf los, versuchte seine Gedanken zu ordnen, doch scheiterte kläglich daran. Dracos Augen weiteten sich überrascht, doch dann verengten sie sich wütend zu Schlitzen und er ließ den Ärmel los, drückte stattdessen gegen Blaises Brust, um ihn von sich zu stoßen. „Glaubst du, dass ich so ein Mensch bin? Wie kannst du—“ Und es hätte nicht klischeehafter sein können, doch er unterband jedes weitere Wort, indem er seine Lippen auf die eiskalten des anderen presste, das Gesicht mit seinen Händen umfasst; und er schäumt fast über vor Freude, konnte kaum glauben, dass der andere Junge tatsächlich das gleiche für ihn empfand. Doch Blaise konnte seiner Freude nicht lange Ausdruck verleihen, denn kurz darauf wurden sie von Pansy unterbrochen, die die Arme vor der Brust verschränkte, sie halb amüsiert, halb aufgebracht musterte. „Na, Hauptsache ihr habt es da gemütlich“, hatte die Brünette gezischt, sich von ihnen abgewandt, als die beiden Jungs auseinander schreckten. „Und zu denken, dass ich mir Sorgen um euch gemacht habe“, fuhr sie fort, ging aber keinen Schritt weiter und Blaise warf einen Blick auf Draco, der seinen nur wehmütig erwiderte, dann aber aufstand, das Mädchen von hinten in eine Umarmung schloss. Blaise wandte seinen Blick ab, richtete sich auf und fegte sich den Schnee von der Hose, wollte die beiden gerade allein lassen, als er Dracos leises Flüstern hörte, bemerkte wie Pansy ihr Gesicht in ihren Händen versteckte, die Schultern leicht bebten, während sie versuchte sich von der Umarmung des anderen loszureißen. „Es tut mir Leid, Pansy. Es tut mir Leid. Es tut mir Leid.“ Blaise konnte es noch immer hören; Dracos gebrochene Stimme und Pansys leises Weinen, auch wenn die beiden dies hinter sich gelassen und es nie wieder angesprochen hatten – für Blaise war es wie ein Stich ins Herz. Er hatte gewusst, was Pansy zu diesem Zeitpunkt für Draco empfand; Draco hatte es auch gewusst, doch er konnte die Gefühle nicht erwidern – und Pansy war es, die letztendlich verletzt wurde, obwohl keiner der beiden sie hatte verletzen wollen. Lautes Lachen und Geschwätz holten ihn zurück in die Gegenwart und er erhob sich aus seiner knienden Position, warf einen Blick auf Hogwarts. Seufzend setzte er sich in Bewegung, strebte das alte Schloss an, spürte sofort die Anspannung, die er damit verband. Ständige Rivalitätskämpfe zwischen den Häusern, alle Köpfe nur beherrscht von dem Wettbewerbsdenken – welches Haus würde das Beste sein? Hogwarts war ein Gefängnis und nur wenn er das Schloss hinter sich lassen konnte, fühlte er sich wirklich frei. Den langen Gang zur Großen Halle betretend, seufzte er einmal leise, fuhr sich mit einer Hand durch die Haare und musterte die an ihm vorbeiziehenden Schüler. „Du hast schon wieder in seinem Bett geschlafen“, hörte er plötzlich Vincents Stimme und er drehte sich suchend um, entdeckte dann seine Freunde etwas weiter Abseits in einer Nische. „Na und? Was ist schon dabei?“, knurrte der Blonde, wollte sich von dem brünetten Jungen losreißen, wurde allerdings nun von Gregory zurückgehalten. „Draco, dass ist nicht mehr normal.“ „Wieso nicht?“, rief Draco plötzlich aus und die Schüler in ihrer Umgebung hielten für einen kurzen Moment inne, warfen den Slytherin einen fragenden Blick zu. Doch sobald der Blonde seinen eiskalten Blick auf sie richtete, wandten sie sich sofort ab, gingen tuschelnd weiter. Für einen kurzen Moment spielte Blaise mit dem Gedanken, auf die drei Jungs zu zugehen, doch dann besann er sich eines Besseren und wandte sich von ihnen ab, setzte seinen Weg zur Großen Halle fort. Es war Samstag, erinnerte er sich, setzte sich an den Slytherintisch und starrte desinteressiert das Essen an. Er hatte keinen Hunger. Einige Meter weiter saß Pansy, stocherte lustlos in ihrem Essen herum. Er mochte Pansy, sie war wie eine jüngere Schwester – manchmal sogar eine ältere Schwester und eine Mutter; und wann immer er sie sah, erinnerte er sich an ihre Tränen und ihr strahlendes Lächeln am nächsten Tag. Während Draco und Blaise nicht gewusst hatten, wie sie nun mit ihr umgehen sollten, erzählte sie am nächsten Tag einfach lachend von einem Gerücht, das seit geraumer Zeit durch Hogwarts ging, trennte sich bald von ihnen, um zu ihren Freundinnen zu gehen. Die beiden Jungen sahen ihr schuldbewusst nach, wandten sich dann von ihr ab, ignorierten, dass das strahlende Lächeln brach, sobald sie sich von ihnen abgewandt hatte und in den rettende Kreis ihrer Freundinnen geflüchtet war. Blaise wusste, dass Pansy stark war, er wusste, dass er sich um sie keine Gedanken machen musste. Das Mädchen war die Art Mensch, die ihren Schmerz laut herausschrie, auch wenn sie es nur bei Millicent tat. In der Hinsicht war Draco ganz anders: er zog sich zurück, versteckte seine wahren Gefühle und besonders seinen Schmerz hinter einer indifferenten Maske. „Iss vernünftig“, hörte er plötzlich Professor Snape sagen, der hinter Pansy getreten war, dann aber weiterging als hätte er nie etwas gesagt. Die Brünette lächelte lediglich, stach mit ihrer Gabel in ein Salatblatt und steckte es sich in den Mund. Professor Snape war immer für die Slytherin da, dachte Blaise, stand von seinem Platz auf und folgte dem Lehrer. Er war nicht der sensibelste Mensch, den Blaise je getroffen hatte, doch wenn man die Worte, die er benutzte, ignorierte und sich allein auf die Bedeutung beschränkte, konnte man erkennen, dass er sich sehr um seine Schüler kümmerte. Einmal kam Blaise ohne Vorwarnung in Snapes Gemächer gestürmt, der Professor hatte bereits geschlafen, was gegen drei Uhr früh zu erwarten war, doch entgegen aller Erwartungen wurde er nicht aus dem Zimmer geworfen, sondern bekam eine Tasse Kakao in die Hand gedrückt, nachdem er stammelnd erzählt hatte, was passiert war. Snape hatte nur genickt, hatte vermutlich sogar Probleme gehabt, seine Augen offen zu halten, denn im Gegensatz zu dem elfjährigen Blaise, war für ihn eine plötzliche Anomalie im unteren Bereich des Körpers keine große Sache. „Du bist einer von diesen Spätzündern“, hatte Snape letztendlich gemurmelt, ihm ein Buch in die Hand gedrückt und ihn damit vor die Tür gesetzt, Kakaotasse noch immer in der anderen Hand. Vier Jahre später war er erneut in das Zimmer des Professors gestürmt gekommen, setzte sich ohne aufgefordert zu werden auf die alte, verschlissene Couch und wartete ungeduldig, dass Snape seinen Zaubertrank zu Ende braute. Doch sobald er bemerkte, dass der ältere Mann dazu ansetzte, seine Kelle zur Seite zu legen, sprudelte alles aus ihm heraus. Wie eine Imitation vom ersten Besuch, drückte Snape ihm eine Kakaotasse in die Hand, ging auf ein Regal zu, holte ein Buch hervor und reichte es ihm. Blaise hatte es lange fassungslos angestarrt, bevor er es letztendlich mit einem ergebenen Seufzen in die Hand nahm. „Vielleicht hast du Glück und es ist nur eine Phase und es bleibt bei dem einen Jungen“, hatte der Mann geantwortet und ihn dann vor die Tür gesetzt. Blaise musste aufgrund dieser Erinnerung leise lachen. Es war keine Phase gewesen. Aber es war wirklich bei dem einen Jungen geblieben. Er löste sich von dem Professor, der sich in diesem Moment zu ihm umdrehte, fragend eine Augenbraue hob, sich dann aber wieder umwandte und kopfschüttelnd seinen Weg fortsetzte. Blaise steckte die Hände in seine Hosentasche, blieb vor einem der riesigen Fenster stehen, starrte nach draußen. Ihm war langweilig, doch er wusste nicht, was er machen sollte. Vor zwei Tagen hatte er das Problem nicht gehabt. Wenn ihm vor zwei Tagen langweilig gewesen war, hatte er einfach Draco aufgesucht und ihn beobachtet. Denn den Blonden zu beobachten, wenn er nachdachte und je nach Gedanken das Gesicht verzog; wenn er mit seinen Freunden diskutierte und zuweilen trotzig seine Lippe hochzog, sobald er bemerkte, dass er im Unrecht war – allgemein sein Verhalten, seine Bewegungen... Er hätte den ganzen Tag nichts anderes tun können, als Draco zu studieren. Seine Hand ballte sich zur Faust, legte sich an die Glasscheibe. Er wollte Draco wieder in seine Arme nehmen. „Hört auf mir nachzulaufen!“ Blaise wirbelte herum. Dsa Schicksal war grausam. „Draco, wir—“ „Könnt ihr mich nicht einfach in Ruhe lassen?“ Lasst ihn nicht in Ruhe, dachte er, konnte anhand der Haltung und der Stimme erkennen, dass Draco nicht alleingelassen werden wollte. Lasst ihn nicht in Ruhe, wiederholte er, beobachtete Gregory, der Vincent einen fragenden Blick zuwarf. Seine Augen schreien nach Nähe. Die beiden Jungs zuckten mit den Schultern, packten den Blonden an je einem Arm und schleppten ihn in die entgegengesetzte Richtung. „Tut mir Leid, Draco, aber das können wir nicht“, entschuldigte sich Gregory, ignorierte das Zappeln und Zerren des Blonden. „Denn wir wissen genau, was du machen wirst, wenn wir es tun.“ Blaise seufzte leise, hatte nicht bemerkt, wie sich sein ganzer Körper angespannt hatte, sich nur langsam wieder entspannte. Gregory und Vincent waren die Loyalität in Person, er wusste das und deshalb konnte er den beiden vertrauen. Denn sie hatten sich kein bisschen verändert. Damals schon hatten sie Draco ständig in ihre Mitte genommen, um ihn zu beschützen, ob er es wollte oder nicht. Als Blaise die drei zum ersten Mal traf, war er ehrfürchtig zur Seite gesprungen, hatte gedacht, wenn er sich mit dem Blonden quer stellte, würden die beiden anderen sein Leben in Hogwarts zur Hölle machen. Gregory und Vincent waren vermutlich Schuld daran, dass sich keiner an Draco herangewagt hatte. Der einzige Grund, weshalb Blaise den Mut aufgebracht hatte, den Blonden anzusprechen, war der, dass er seine Feder wieder haben wollte, die ihm aus Versehen runter gefallen und direkt unter Dracos Platz gerollt war. Doch sobald er Vincents Blick auf sich gespürt hatte, war er sich sicher gewesen, dass diese Feder – Erbstück hin oder her – nicht so wichtig gewesen sei und trat, ohne auf eine Reaktion zu warten die Flucht an. Eine Stunde später stand Draco Malfoy vor ihm und drückte ihm ohne ein weiteres Wort die Feder in die Hand, hatte sich umgedreht und war zu den beiden Jungs zurück gegangen. „Deshalb sind wir jetzt durch ganz Hogwarts gelaufen?“, hatte Vincent gefragt, sich noch einmal zu Blaise umgedreht. „Draco meinte, die Feder sei wertvoll“, hatte Gregory geantwortet, während Draco die beiden mit den Händen auf Abstand drängte. „Ihr erstickt mich, ihr beiden.“ Die Erinnerungen, so dachte Blaise, schlenderte den Gang entlang, beobachtete die Portraits an den Wänden, denen er vorher nie Beachtung geschenkt hatte, sie kamen an dem Tag in Scharen. „—Anfall bekommen“, schnappte er plötzlich die Worte auf, wandte sich dem Sprecher zu. „Ja, aber was erwartest du, die Slytherin ticken doch alle nicht richtig“, entgegnete ein Mädchen. Beide waren Gryffindor; Zweitklässler, vermutete Blaise. „Aber dass Harry und Hermine gleich so einen Aufstand machen.“ Er hob fragend eine Augenbraue, näherte sich dann den beiden. „Ich kann nicht glauben, dass mir diese Parkinson eine gescheuert hat“, klagte der Erste, ein kleiner blonder Junge, der sich auf seine Worte hin über die Wange fuhr. „Ich kann nicht glauben, dass Hermine dir ebenfalls eine gescheuert hat“, meinte das Mädchen mitfühlend. „Dabei wollte ich doch nur von Malfoy wissen, was das für ein Gefühl ist, jemanden umgebracht zu haben.“ Blaise hielt in seinem Schritt inne, verzog sein Gesicht zu einer wütenden Grimasse, doch bevor er etwas machen konnte, erschien der Blutige Baron vor den beiden Gryffindor. „Ich kann euch zeigen, wie es sich anfühlt, umgebracht zu werden“, schnarrte er, streckte seine knöchernen Hände nach den beiden aus, die sich aneinander klammerten, dann schreiend die Flucht ergriffen. Blaise sah den Gryffindor nach, versuchte seine Wut unter Kontrolle zu bringen, solange er noch in der Lage dazu war. „Willst du nicht gehen?“, fragte der Blutige Baron ihn erneut, verschwand dann durch die nächste Wand. Der dunkelhaarige Junge starrte die Stelle, durch die der Geist verschwunden war lange an, wandte sich dann um, strebte den Slytherin-Gemeinschaftsraum an. Es war alles in Ordnung. Solange Draco Pansy, Gregory und Vincent hatte, war alles in Ordnung, versuchte er sich einzureden, ignorierte Potter und Granger, die am Eingang zum Gemeinschaftsraum standen und mit Pansy redeten, während diese nur taub für ihre Entschuldigungen war. Er ging an ihnen vorbei, durch den großen, mittlerweile belebten Raum, strebte sein Schlafzimmer an, betrat es ohne darüber nachzudenken. Es war niemand da, nur die Vorhänge zu seinem Bett waren zu gezogen. Seufzend kam er darauf zu, beugte sich vor und musterte liebevoll den blonden Jungen, bis er sich letztendlich auf die Bettkante setzte, seine Finger erneut durch die sanften Haare fuhren. „Es ist nicht deine Schuld“, flüsterte er leise, lehnte sich soweit vor, dass er dem anderen ins Ohr flüstern konnte. „Ich war zur falschen Zeit am falschen Ort.“ Der Blonde runzelte die Stirn und Blaise war sich sicher, dass er jedes einzelne Wort verstand. „Es tut mir Leid, dass ich dich so früh allein lassen muss.“ Dracos Augenlider flatterten leicht, während eine lautlose Träne seinen Augenwinkel verließ, langsam über seine Wange ran. „Aber ich weiß, dass du, solange du Pansy und die beiden Jungs hast, alles überwinden kannst.“ Die Augen des Blonden öffneten sich schläfrig und er rollte sich auf den Rücken, fuhr sich mit den Händen fragend über das Gesicht. „Blaise?“, wisperte er letztendlich, presste die Handballen gegen seine Augen, um weitere Tränen zu unterdrücken. „Bist du hier?“ Der Dunkelhaarige antwortete nicht, während ein trauriges Lächeln über seine Lippen lief. Doch dann beugte er sich vor, presste sanft seine Lippen auf die des anderen. „Ich liebe dich wirklich, Draco.“ „Das ist nicht fair.“ „Ich werde auf dich warten.“ „Das ist einfach nicht fair.“ Blaise richtete sich langsam auf, wollte gerade das Bett verlassen als eine von Dracos Händen hervorschnellte, genau dort hingriff, wo sein Handgelenk war, sie jedoch nur Luft einfing. Dracos Hand ballte sich zu einer Faust, schlug mehrfach gegen die Matratze. „Du denkst immer nur an dich, du Mistkerl!“ „Ich weiß“, murmelte er, bevor er aufstand, den Blonden weiterhin beobachtete, sich nicht von dessen Anblick trennen konnte. Plötzlich hörte er ein Rütteln an der Tür, woraufhin Draco sich wieder auf die Seite drehte und sich leicht zusammen kugelte. „Draco?“, hörte er Vincent rufen. „Bist du da drin, Draco?“ Der Blonde antwortete nicht. „Draco, mach die Tür auf!“ Er wollte den anderen in den Arm nehmen, wollte ihn an sich drücken und nie mehr loslassen, doch stattdessen ballte er seine Hände zu Fäusten. „Bis bald“, flüsterte er, drehte sich um, glaubte Draco die gleichen Worte flüstern gehört zu haben, und verließ den Raum; berührte Gregory und Vincent an den Schultern, die plötzlich in ihrem Rütteln inne hielten und sich überrascht umsahen; hauchte Pansy einen Kuss auf die Stirn, die in ihrem Gespräch mit Potter und Granger stockte, sich dann von den beiden abwandte, um ihre Tränen zu verstecken, die ihr plötzlich über die Wangen liefen. Es war Zeit zu gehen, und der Blutige Baron würde ihm zeigen, wohin. Fin Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)