100 Arten des Sterbens von Sweden_ (Kleine OneShotsammlung;D) ================================================================================ Kapitel 5: One nation --------------------- Art 5 One nation ~~ HohoxD ich komm gerade ausm JapanischxD 6tes Semester beendetûu Und mir fiel diese Idee ein.. Passt vielleicht nicht zum Rest>D Aber ich mags^^ ~~~ Konnichi wa! Oder, wie man in eurer Sprache wohl sagt: Hallo! Mein Name ist Usui HoroHoro. Vielmehr Horokeu, oder von Freunden Horo genannt. Ich bin Arzt in einem der renomiertesten Krankenhäuser Tokios. Aus persönlichen Gründen erwähne ich weder mein Alter noch meine Anschrift, aber wenn ihr mich sehen wollt, müsst ihr nur nach Tokio kommen und das beste Krankenhaus aufsuchen, das ihr finden könnt; ich werde dort sein. Aber bitte nehmt nicht denen die Zeit weg, die sie wirklich brauchen. Ich meine, wenn ihr keinerlei Beschwerden habt und nicht ins Krankenhaus müsst, dann seid so gut und stehlt den Ärzten nicht die Zeit, die sie mit ihren Patienten verbringen könnten. Denn der Patient ist das wichtigste am Job. Wie dem auch sei, ich hatte das Bedürfnis euch etwas zu erzählen. Bisher weiß niemand davon. Nicht einmal meine Schwester, aber nun, 3 Jahre später, muss ich es einfach jemandem erzählen, denn mein Herz hält den Druck nicht mehr aus.. Es war ein lauer Wintertag, genau so, wie ich es liebte. Mein Wecker klingelte wie immer viel zu früh - bezwiehungsweise spät, denn ich hatte Nachtschicht - und ich bequemte mich widerwillig aus dem Bett. Geschlagene zehn Jahre war ich damals schon Arzt gewesen. Manchmal versuche ich mein Alter zu vergessen, aber naja, so ist das nunmal, wenn man ... alt wird. Ich ging dem üblichen Trott nach, trank meinen Kaffee, überflog die Zeitung und machte mich auf den Weg zur Arbeit. Eigentlich müsste man ja meinen, dass die Nachtschicht wenigstens etwas mehr Ruhe hatte, als die Tagesschicht, doch dem war leider selten so. Tokio ist und war nunmal eine Metropole für jedermann. Auch für Ausländer. Schnell zog ich meinen weißen Kittel an und schon klebten sie an mir, wie die Fliegen; meine Assistenzärzte. Manchmal dachten diese ... wirklich sie seien die einzigen, um die ich mich zu kümmern hatte. Wieso ausgerechnet ich?! Seufzend stellte ich also den dritten Kaffee des Tages zur Seite und begab mich zu meinen Patienten. Es gab alles mögliche, von Kratzern über gebrochene Körperteile, bishin zu schweren inneren Verletzungen und Quetschungen. Reine Routine. Usui-sensei hier, Usui-sensei da. Mit der Zeit nervte es wirklich. Noch heute habe ich solche Schweißmücken an mir kleben, immerhin weiß ich nun, dass es auch Fliegen gibt, die sich zu Füchsen entwickeln. Vielleicht bin ich selbst einmal so eine Fliege gewesen, die sich nun hochgearbeitet hat. Damals jedenfalls gingen sie mir noch mehr auf den Wecker als heute, ich hatte kein Paradebeispiel zur Hand, an das ich mich hatte klammern können. Ja, manche meinen jetzt: Zehn Jahre lang kein Beispiel und dann in drei Jahren so ein großer Erfolg? Natürlich klingt es komisch, aber es war so. In den ersten zehn Jahren, in denen ich nicht immer jemanden unter meine Fittiche nehmen durfte, fand ich nie einen Arzt, der es wirklich weit gebracht hatte. Letztes Jahr war mir ein Meisterschüler entgegen getreten. Er hatte gelernt, was ich ihm beibrachte und konnte seinen Wissensdurst nie stillen. Trotz seines jungen Alters und seiner Hitzigkeit vollführte er mehrere komplizierte Operationen ohne je einen schwerwiegenden Fehler zu begehen. Aber das wollte ich nicht erzählen, ich wollte euch die Geschichte erzählen, die mein Herz geteilt hatte. Die Geschichte, die sich vor drei Jahren abspielte, als ich wie gewohnt an meinen Arbeitsplatz kam und die beiden plötzlich vor mir standen. Ein großes, grünhaariges Mädchen in traditionellen, chinesischen Klamotten und ein kleiner, lilahaariger Junge, der sich missmutig mit seinen stechend gold-gelben Augen umsah. Zielstrebig war er auf mich zugekommen und hatte gefragt, wohin er seine Schwester bringen konnte. Sie litt an Erbrechen, Übelkeit, Blut in Speichel und Urin. Widerwillig lies sich das grünhaarige Mädchen in ein Behandlungszimmer führen und setzte sich dort auf die Liege. Ihr Name war Run. Ehe ich mehr tun konnte, als ihren Vornamen herauszufinden, machte sich ihr Bruder bemerkbar. Ren, Tao Ren, sagte er und rümpfte die Nase. Wahrscheinlich hätte mir sein Name etwas sagen sollen, doch er tat es nicht. Als ich ihn also nur mit einem schiefen Grinsen besah, verdunkelte sich Rens Blick und er wiederholte seine Worte. Mein Name ist Tao Ren, und ich schwöre Ihnen, wenn Sie meiner Schwester nicht helfen, bringe ich sie um! Hehe, ja, klang ja sehr sympatisch, aber ich war es gewohnt. Es gab des öfteren Leute, die meinten mich durch Drohungen arbeitsfähiger zu kriegen, natürlich war dem nicht so. Doch fand ich es süß, wie sehr sich der Junge für seine Schwester einsetzte. Pardon, ich meinte Mann, wie sich der Mann für seine Schwester einsetzte, denn trotz seiner Größe, so erfuhr ich später, war der Lilahaarige in meinem Alter, naja fast. Ich war ein Jahr älter, da ich im November und er im Januar Geburtstag hatte. Es gibt Zeiten, da sehe ich seine gold-gelben Augen noch immer vor mir, wie sie mich durchdringend anstarren und jedes Fünkchen Wahrheit aus mir herauszuquetschen versuchen. Fesselnd. Nach der Untersuchung und ein paar pflichtigen Tests, war ich mir sicher, dass Run nichts schlimmes hatte. Ich verschrieb ihr die nötigen Medikamente und behielt sie zur Beobachtung da. Nur für den Fall. Dachte ich zumindest. Bei genauerem Nachdenken bin ich der Überzeugung, ich hatte sie nur noch nicht gehen lassen wollen. Ich hatte darauf bestanden diese tiefen Augen weiterhin ansehen zu dürfen. Die kleine, jedoch muskulöse Statur des Jungen und seine knappe Kleidung; ebenfalls chinesisch. Obwohl man seiner Schwester genau ansah, dass sie aus China stammte, musste man bei ihm zweimal hinsehen, um seine Herkunft zu erkennen. Die Augen, so meinte ich, machten es schwerer. Wann immer ich zwischen meinen Patienten Zeit hatte, ging ich zu den beiden Chinesen und redete mit ihnen über belangloses Zeug. Eher redete ich mit Run, denn Ren schien das ganze wenig zu interessieren, er starrte die meiste Zeit nur den Vorhang vor uns an, der als Trennwand diente, da das Krankenhaus zu überfüllt war, um nur einen Patienten in ein Zimmer aufzunehmen. Später erfuhr ich, dass er gar nicht so viel Japanisch konnte. Man hatte ihm das Wichtigste beigebracht und ihn ansonsten in Selbststudie diese Sprache erlernen lassen. Erstaunlich. Er hatte es geschafft seine Schwester in ein Krankenhaus zu bringen und mir zu erklären, was ihr fehlte, ohne, dass ihm jemand erklärt hatte, wie er dies zum Ausdruck brachte. Vielleicht war ich deshalb so begeistert von meinem Musterschüler letztes Jahr. Ich hatte zu meinen anderen Patienten zurück gemusst und die Szene nur am Rande mitbekommen. Plötzlich war es unruhig im Krankenhaus geworden und die Sicherheitsleute waren an mir vorbeigerannt. Irgendwie hatte ich in diesem Moment schon das Gefühl, dass noch mehr passieren würde. Schnell folgte ich den schwarzgekleideten Männern zu dem Raum, indem die zwei Chinesen waren. Was ich noch sah war, wie Ren von gleich drei Sicherheitsleuten von einem, am Boden liegenden, Mann weggezerrt wurde. Beide bluteten aus dem Mundwinkel und Ren sogar noch zusätzlich aus der Nase und einer hässlichen Platzwunde über seinem rechten Auge. Anscheinend hatten die beiden sich geschlägert. Später erfuhr ich von Run, dass es sich um einen Ausländerfeindlichen gehandelt hatte und dieser mit angehört hatte, wie die Geschwister sich auf chinesisch unterhalten hatten; es war Ren leichter gefallen. Daraufhin hatte ihr Zimmergenosse den Vorhang heruntergerissen und sich auf den Lilahaarigen gestürzt, der viel schmächtiger aussah, als er es wirklich war. Ich handelte ohne wirklich nachzudenken. Ein Wachmann vor das Zimmer der Chinesen und der andere sollte in ein anderes Zimmer kommen, da die Geschwister sich dieses Zimmer nun teilen würden. Immerhin war auch Ren verletzt worden. Kurz sah ich nach Run, erfuhr die Dinge, die ich zuvor nicht wusste und wandte mich dann an Ren. Ni hao, meinte ich freundlich und wartete auf eine Antwort. Zugegeben, meine Aussprache war wohl nicht die beste, aber er hatte es verstanden, denn er sah mich an und nickte leicht. Anscheinend war er zu bockig, um mir zu antworten, oder die Szene eben hatte ihn scheu werden lassen. Ni hao ma?, versuchte ich es also weiter. Vielleicht würde er mir wenigstens sagen, wie es ihm geht, dachte ich mir und lächelte so breit ich konnte. Wo hao, antwortete er monoton und sah zu seiner Schwester. Auch ohne Worte verstand ich, dass es ihm nur um sie ging. Unser Gespräch gestaltete sich relativ einseitig, er redete nicht mit mir und ich konnte nicht viel mit ihm reden, da mein Chinesisch mehr als schlecht war. Nach einer Weile wurde ich wieder zu meinen anderen Patienten gerufen. Man hatte mir nicht gesagt, wodurch der Streit wirklich ausgebrochen war, warum der Mann so Ausländerfeindlich war oder gar wer dieser Mann gewesen war. Ich hatte von der Keilerei gewusst und das wars. Die wahre Bedeutung erschloß sich mir erst Tage später. An diesem Tag war ich nicht noch einmal zu den zweien gegangen, selbst als ich die Zeit dazu gehabt hatte. Ich lies die beiden allein und überlies es dem Arzt der nächsten Schicht, wann er die beiden entlassen würde. Sie waren nicht mehr meine Patienten. Trotzdem ging mir der Mann nicht mehr aus dem Kopf. Selbst als ich längst zu Hause war und versuchte mich zu entspannen, gingen mir seine gold-gelben Augen nicht aus dem Kopf. Seine weiche Haut, die ich berührt hatte, während ich seine Wunde genäht hatte. Für einen Mann hatte er eine ziemlich weibliche Stimme gehabt, finde ich. Aber sie passte perfekt zu ihm. Insgesamt hatte er weibliche Züge, wenn seine Muskeln auch streng dagegen sprachen, dass sich unter all dem eine Frau verbarg. Ren war ein wunderschöner Name. Ich lag stundenlang wach. Meine ganze Nacht - für die anderen war es ihr Tag - verbrachte ich damit an ihn zu denken. Ob er noch zugegen sein würde, wenn ich ins Krankenhaus kam, um meine Schicht anzutreten? Natürlich war es unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich, seiner Schwester konnte es immerhin auch schlechter gehen, als ich zuerst angenommen hatte. Genau darum hatte ich die beiden ja auch eigentlich dabehalten. Auf dem Papier zumindest, meine ich. Mein Wecker lies mich hochfahren. Wie immer schellte er so unerlässlich und ohne Erbarmen, dass mir mein Schädel brummte und als ich rücklings aus dem Bett flog ( Gott weiß, wie ich es geschafft habe mich so hinzubequemen ), wusste ich genau, dass dieser Tag - diese Nacht - kein guter sein konnte. Müde quälte ich mich hoch und rieb mir den Schädel. Mit Glück war es schlimmer, als es aussah und ich konnte blau machen. Träumen darf man ja noch. Meine Routine verging und ich stand wiedereinmal im Eingang des Krankenhauses. Ein Ort an dem die Leute glaubten Rettung zu finden und doch zu oft den Tod fanden. Es wird immer so sein, denn der Mensch ist kein Gott, er hat nicht das Recht jedes Leben zu beschützen. Ärzte retten die Leben, denen Gott eine zweite Chance gibt, nicht mehr, nicht weniger. Ein Gott? Ja, obwohl ich Ainu bin glaube ich nur an einen Gott, so komisch es auch klingt. Ich beschränke mich dabei jedoch nicht darauf, ob ich nun den Heiden- oder den Christengott, einen der vielen indischen oder doch einen Ainugott verehre. Ich glaube an den gerechten Gott. Wer auch immer dieser sein mag, ihm liegt mein Vertrauen zu Füßen, was er damit anstellt sei ihm selbst überlassen. Vor drei Jahren hat mich dieser Gott in Grund und Boden gestampft und letztes Jahr hat er die Schuld beglichen; fast. Ich weiß nicht, was ich genau für den Chinesen empfand. Ich kannte ihn ja kaum. Er war sofort wieder weg. Und doch ging er mir nicht aus dem Kopf. Jedesmal wenn ein neuer Patient reinkam, hatte ich die Hoffnung seine Schwester darunter wiederzuerkennen und ihn im Schlepptau zu erblicken. Stundenlang wartete ich, verrichtete meine Arbeit, beklagte gleich drei Tote in meiner Schicht, zwei davon von mir selbst für tot erklärt. Eine halbe Stunde bevor mein Dienst enden sollte, wurde ich plötzlich gerufen. Hilfe. Hilfe. Immer wieder. Hilfe. Ich konnte schon aus dem Eingangsbereich heraus erkennen, wer mich von der Straße aus um Hilfe anflennte. Die Person rannte, trug eine andere in ihren Armen und schrie aus vollen Kehlen. Hilfe, helft meinem Bruder! Es war wie ein Schlag mitten ins Gesicht, ich taumelte zurück, bewegungsunfähig und starrte auf die Frau, die mit schnellen, fahrigen Schritten hereingestürmt kam und auf mich zusteuerte. Usui-sensei!, hatte sie gefleht, Retten sie meinen Bruder! In diesem Moment erkannte ich ihren Bruder nicht. Ich glaubte ihr schlichtweg nicht, dass dieses Bündel in ihren Armen ihr Bruder sein sollte. Das war unmöglich! Ich konnte die schwarze Hose erkennen, die der Mann getragen hatte; sie war blutgetränkt. Insgesamt sah man fast nur dunkles Rot und ich wunderte mich wirklich, wie Run es schaffte den Körper zu tragen. Entweder war ihr Bruder wirklich eine Feder, oder sie unglaublich stark. Doch in diesem Moment gingen mir andere Dinge durch den Kopf. Ren sah nicht mehr aus wie ein Mensch. Vielmehr wie ein nasser, zerrissener Sack, dem man versucht hatte eine menschliche Gestalt anzupassen, doch der Versuch war kläglich misslungen. Das Gesicht war gen Runs Körper gerichtet, sodass ich dieses zuerst nicht sehen konnte, als Run ihren Bruder jedoch auf eine der vielen Liegen bettete, hatte ich mich fast übergeben müssen. Es war kein Gesicht mehr. Alles was man erkennen konnte, war ein Schwall roten Blutes und Hautfetzen. Wo man Rens Augen erwartete, sah man das Rot umhüllt von Hautfetzen, die auf groteske Weise über die Höhlen fielen und tiefdunkelblaue, geschlossene Augen, die nicht so aussahen, als würden sie sich je wieder öffnen. Anstatt einer Nase, fand man nur noch eine aufgerissene, zermatschte Masse, die sich vom Rest des Gesichts abhob. Der Mund war auf Übergroße angeschwollen und es floß unablässig Blut heraus. Vom Rest des Körpers gar nicht zu schweigen. Die Kleidung hing nur noch in Fetzen an ihm, ich erkannte schon auf den ersten Blick, dass seine Arme, vermutlich auch seine Beine, gebrochen waren. Ich vermutete, dass sie einen Prügel oder so etwas in der Art benutzt hatten, denn auf Rens geschundener (und ebenfalls blutender) Brust, konnte man, nach genauerem Hinsehen, erkennen, dass es dort Abdrücke gab, die mich eben an einen Prügel erinnerten, auf jedenfalls an etwas Schweres. Wir werden alles versuchen, um Ihren Bruder zu retten, hatte ich ihr ins Gesicht gesagt und war mit Ren in den Op-saal gegangen. Ich durfte ihn nicht sterben lassen. Seit Jahren arbeitete ich in der Notaufnahme, immer wieder hatte ich Opfer, die ähnlich wie Ren geschlachtet worden waren, doch es war anders. Mein ... Herz schmerzte, als ich ihn sah. Am liebsten hätte ich geweint, doch ich fing mich und versuchte alles, um sein Leben zu retten. Ich schöpfte wirklich alles aus. Blutkonserven, Toraxdrenagen, tausende Versuche einen Zugang zu legen. Er starb in meinen Armen. Dieser Mann, den ich nur wenige Stunden kannte, der mir kaum Beachtung geschenkt hatte und dort auf dem Op-Tisch vor mir lag. Ich hörte das lange Piepsen nicht, ich wollte es nicht hören. Mehr als eine Stunde lang hatte ich versucht ihn wiederzubeleben, doch sein Herz hatte nicht mehr angefangen zu schlagen. Insgesamt hatte ich drei Stunden versucht ihn zu retten. Letzten Endes war er gestorben. Ren Tao, Chinese, der zu Besuch bei seiner Schwester in Tokio, Japan, war, getötet von Ausländerfeindlichen. Später erfuhr ich von der Polizei, dass der Mann vom Vortag seine Freunde beauftragt hatte, ihn 'einzuschüchtern'. Sie waren mit Fäusten, Prügelstöcken und mit Nägel behauenen Brettern auf ihn losgegangen, nachdem er sich angemaßt hatte, seine Schwester zu verteidigen. Run war nur leicht verletzt worden; äußerlich. Ich weinte selbst, als ich zur ihr ging. Sagen konnte ich es ihr nicht, ich nahm sie vorsichtig bei der Hand und führte sie zu ihrem Bruder. Ihr Schluchzen dröhnt noch heute in meinen Ohren. Alles was ich tun konnte, war meine Hand auf ihre Schulter zu legen, während sie sich über den toten Körper beugte und vorsichtig die blutigen Strähnen aus dem ebenfalls blutigen und zerstörten Gesicht strich. Wir weinten lange. Meine Schicht war vorbei. Vier Tote an einem Tag. Letztlich mussten wir den Raum verlassen und ich schickte Run nach Hause. Natürlich hatte es mich Zeit und Anstrengung gekostet sie von ihrem Bruder wegzubekommen. Aber sie verstand. Sie musste verstehen. Und sie merkte, was ich an ihrem Bruder gefunden hatte. Ich bekam ihre Telefonnummer, Anschrift und das Versprechen auf Rens Beerdigung eingeladen zu werden. Ich weinte weiter. Selbst als Run schon gegangen war, weinte ich. Ich bat darum in den Raum zu dürfen, indem die Toten aufbewahrt werden, bis .. naja.. ihr wisst schon. Auch ich strich ihm eine Strähne aus dem Gesicht. Wahrscheinlich hatte er das selbst immer gemacht, genervt davon, dass sie ihm ins Gesicht hingen, jedoch nicht gewillt sich die Haare zu schneiden. Bestimmt war sein Blick dann immer ganz genervt gewesen und seine Augen hatten gefunkelt. Sein Mund hatte sich wohl verzogen und an seinem Hals war eine kleine Ader herausgetreten, die seine Anspannung verdeutlicht hatte. Vorsichtig wusch ich mit einem Lappen notdürftig sein Gesicht. Er war ein wirklich schöner Mann. Wie gesagt, er hatte sehr weibliche Züge, außerdem dieses anziehend-kalte Verhalten. Ich konnte nicht glauben, dass er tot sein sollte. Das ging meiner Meinung nach gar nicht, er war doch viel zu stolz dafür! Bei seiner Beerdigung erfuhr ich noch mehr von ihm. Run erzählte mir, dass Ren, als sie aus dem Krankenhaus gegangen waren, nur von mir geredet hatte. Gemeckert hatte er über mich. Wie komisch ich doch aussah und wie doof ich ihn angeredet hatte. Ich freute mich. Denn ich fand Ren süß. Doch das blutverschmierte Gesicht, dass mir so kalt entgegenstarrte, als ich in dem Raum war, hatte kaum noch etwas menschliches. Meine Hände zitterten, als ich sie zu Fäusten ballte und kurz darauf neben Ren auf die Liege knallte. Es dröhnte entsetzlich in meinen Ohren, da die Liege aus Metall war, ich ignorierte den Schmerz und sah den Chinesen erwartungsvoll an. Er sollte die Augen öffnen und mich anmeckern, wie ich es nur wagen konnte, seinen Schlaf zu stören. Keine Reaktion. Ich sank über ihm zusammen, schlang meine Arme um den kleinen Körper und drückte ihn zu fest ich konnte, an mich. Dass ich dabei mit seinem Blut besudelt wurde, war mir egal, ich hatte sowieso noch den blutverschmierten Kittel an. Es gab wichtigeres als so einen doofen Mantel sauber zu halten. Seine Haare mussten einmal seidenglatt und weich gewesen sein, das Blut hatte sie klumpig und verklebt werden lassen. Vorsichtig fuhr ich mit einem Finger über seine aufgerissene Wange. Ich schluckte. Mein Schluchzen versiegte. Langsam beugte ich mich vor und tastete über die aufgesprungene Lippe meines Gegenübers. Sie war kalt. Wie alles an Ren. Es schmeckte Kupfern, als ich meine eigenen Lippen vorsichtig auf die der Leiche drückte. Wie erwartet, war es ein weiches Gefühl. Ich verzweifelte. Das ist nun drei Jahre her. Morgen ist Jahrestag. Wie bisher jedes Jahr werde ich an sein Grab gehen - welches sich in China befindet - und Blumen für ihn hinlegen. Run wird mir Gesellschaft leisten und wir werden wieder über ihn reden. Für mich fühlt es sich längst so an, als hätte ich ihn seit Jahren gekannt. Letztes Jahr war der Hoffnungsschimmer in mein Leben gekommen. Als ich wie das Jahr zuvor nach China gegangen war, hatte ich einen Jungen, ich schätzte ihn auf achtzehn, gesehen, der sich mit seinem Vater gestritten hatte. Das war eine Woche vor Rens Todestag. Um nicht nur wegen einem Tag nach China zu fliegen, nahm mich Run für diese Zeit immer bei sich auf. An Rens Todestag, traf ich denselben Jungen in schwarz gekleidet auf dem Friedhof. Am Abend des ersten Tages war sein Vater bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Mitleidvoll war ich auch zu dessen Grab gegangen, als die Beerdigung beendet war und ich redete mit seinem Sohn. Sie hatten sich gestritten, weil der Junge nicht aus China hatte gehen wollen, wohingegen sein Vater der Meinung gewesen war, dass sein Sohn im Ausland studieren sollte, um Arzt zu werden. Ich erzählte ihm meine Geschichte. Am nächsten Tag flog er mit mir nach Tokio. Trotz meiner Warnung. Er absolvierte mit dem besten Schnitt und kam an mein Krankenhaus. Natürlich war er älter, als ich ihn geschätzt hatte. Sein Vater wäre stolz auf ihn gewesen. Doch genau wie Ren, war er nicht mehr hier. Mittlerweile hatte ich den Jungen bei mir aufgenommen, ein Chinese noch dazu ein Waise. Ein besonderer Bastard, denn seine unverheirateten Eltern waren Geschwister gewesen und seine Augenfarbe war aus diesem Grund leicht golden. Ich glaube an Fügung und Schicksal. Ich glaube an den gerechten Gott. Und ich glaube, dass es kein Zufall war, dass ich diesen Jungen traf. Denn er wird mich für immer an meine erste Liebe erinnern. Meine erste, tiefste Liebe, die ich erst entdeckte, als ich die Person längst wieder verloren hatte. Morgen werde ich das Grab meines Liebsten besuchen, während der Junge das seines Vaters besuchen wird. Ich werde Blumen auf sein Grab legen und mit ihm reden, denn endlich kann ich chinesisch und zwar richtig. Ich werde mich erneut bei ihm entschuldigen, dass ich ihn nicht retten konnte. Mach's gut, Ren, werde ich sagen, bis nächstes Jahr. Mit Tränen in den Augen werde ich mich abwenden und noch einmal über die Schulter zurücksehen. Ich liebe dich. ~~~ Wie gesagtxD Es is andersxD Und ... komisch?XD Es fehlen nur noch 95*_*XD Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)