Drachenherz von Xanderle (Ein kleiner Zujin Roman) ================================================================================ Kapitel 27: Nachtschatten ------------------------- Vier Zimmer weiter wurde Jin fast die Luft abgeschnürt. „Zuko! ... Ich brauch meine Rippen noch!“ Da sie nichts derartiges von ihren Lippen gesagt hatte, wurden sie erbarmungslos zerquetscht. „Diesmal freust Du Dich ja auf Anhieb, Drache“,flüsterte sie nach einer Weile. Zuko presste sie an sich und nickte nur. „Nach der Geburt lässt Du mich diesmal aber wissen, wann Du Dich erholt hast“, raunte er. Mylady lächelte. „Vielleicht sollten wir diesmal eine Wasserheilerin holen ...“ Sie bekam einen seltsamen Blick zugeworfen. Widersprach dieser Vorschlag vielleicht der Feuernations-Anstandsregeln Nummer einhundertachtundvierzig? „Knubbelchen, Du bist ein Genie!“ Zur Feier des Tages beschloss Jin, über diesen Kosenamen hinwegzusehen. „Ich kann ja nicht zulassen, dass die gesamte Nation ins Chaos gestürzt wird, nur weil Du Deine Lüsternheit wieder nicht unter Kontrolle hast, oh mein Gebieter.“ Ihr Gebieter hob seine Rabenschwinge. „Lüstern? Ich?“ „Ja.“ „Du bist hier diejenige, die den Ruf der Unersättlichkeit genießt, Kobold.“ „Och! Eine derart freche Lüge von sich zu geben ...!“ „Aber es ist allgemein bekannt, dass Du mich geradezu anbetest, mein Herz!“ „Ist auch bekannt, dass Du der arroganteste, anmaßendste Kerl bist, der je unschuldige Teetassen missbraucht hat, um seinen Lebensunterhalt zu erschleichen?“ Zuko legte das Kinn auf ihren Scheitel. „Aber ja. Dieses Wissen rangiert in den Köpfen der Leute gleich hinter der Tatsache, wie unrettbar ich Dir verfallen bin.“ Jin, die gerade mit der Schelte hatte fortfahren wollen, schloss schnell den Mund. „Wirklich? Dann ist ja gut!“, seufzte sie zufrieden. „Sollen wir Deinen Onkel und Fon jetzt von ihrem Schicksal erlösen?“ „Und ihnen den ganzen Spass verderben?“ „Du hast wohl noch nie eine Schüssel Feuerflocken mit Lu Ten teilen müssen, hm? Sonst wüsstest Du, dass das kein Spass ist!“ „Alte Männer lieben Babysabber“, behauptete er unverfroren. „Hast Du das mal wieder irgendwo gelesen?“ Für diese Frechheit wurde sie nur von Oben herab angefunkelt. Jins zweite Schwangerschaft verlief noch reibungsloser, als die erste. Es plagten sie keine Albträume, keine seltsamen Launen, nichts! Nicht einmal der klitzekleinste Wermutstropfen schwamm im Freudenkelch des Feuerlords und seiner Familie. Er hätte gleich wissen müssen, dass etwas nicht stimmte. Aber Glück kann einen dazu verleiten, Vorsicht und Misstrauen abzulegen. Doch als er und Jin überglücklich ihren zweiten, kerngesunden Sohn in den Armen hielten ahnte noch niemand, wie sehr diese Idylle binnen eines Jahres bedroht werden würde. Ein Jahr. Die Frist lief ab. Ein Jahr später In der Nacht zum ersten Geburtstag seines Zweitgeborenen schrak Feuerlord Zuko kurz nach Mitternacht aus dem Schlaf. Er wusste sofort, was ihn geweckt hatte. Das Kribbeln! Es schien eine Ewigkeit her zu sein, seit ihn dieses Gefühl zuletzt gepackt hatte. Er zwang sich liegen zu bleiben und ruhig weiter zu atmen. Das Adrenalin schärfte seine Sinne auf nahezu schmerzhafte Art und Weise. Jedes noch so kleine Geräusch dröhnte in seinen Ohren. Als er sicher war, dass sich außer Jin und ihm niemand im Zimmer befand, glitt er lautlos aus dem Bett. Mit zusammengekniffenen Augen spähte er in die düsteren Schatten und Zwielichter der Nacht. Da war niemand. Doch sein wie wild hämmerndes Herz und die verkrampfte Nackenmuskulatur belehrten ihn eines besseren. Irgendetwas war definitiv nicht in Ordnung! Zuko schlich zu einer der großen Pflanzen, die Jin neben den gläsernen Türen hatte aufstellen lassen und belauerte aus dieser Deckung Terrasse und Treppen. Auch hier war nichts zu sehen. Das konnte doch nicht sein. Sein sechster Sinn hatte ihn noch nie betrogen. Angespannt stand er schließlich mitten im Raum, wartete, ob die Gefahr sich offenbaren würde. Vergebens. Angst begann in ihm hochzukriechen und drohte seine Wahrnehmung zu verwässern. Woher kam dieses verdammte Gefühl nur? Mittlerweile schien es von allen Seiten auf ihn einzustürmen. Zuko schloss die Augen, stieß die gesamte Luft aus seinen Lungen und leerte seine Gedanken. Lee! Er stürzte zu einer angelehnten Tür. Warum hatte er nicht gleich daran gedacht, nach dem Baby zu sehen? Die Luft im Kinderzimmer war trocken, eisig und roch nach Asche. Sie frass sich tief in Zukos Lungen. Sein Sohn lag in seinem kleinen Bett und schlief ahnungslos. Schnell nahm Zuko das Kind auf den Arm, trug es ins Schlafzimmer und entzündete ein wärmendes Feuer im Kamin. Was war los? Was, zur Hölle, war nur los? Woher kam diese Kälte im Kinderzimmer? Als er mit den Fingerknöcheln sacht über Lees Wange strich, sog er scharf die Luft ein. Der Kleine glühte! Als hätte es die Sorgen seines Vaters gespürt, begann das Kerlchen leise zu wimmern. „Zuko?“ Jin klang verwirrt. Ihr Ehemann sah auf, mit einem Ausdruck, den sie an ihm noch nie gesehen hatte. Panik. „Was ist?“ Sie bekam keine Antwort, denn Zuko rannte, seinen Sohn auf dem Arm, bereits durch das Vorzimmer, zu der Tür, die auf den Korridor führte, und riss sie auf. „Ein Arzt! Sofort!“, herrschte er die aufgeschreckten Wachen an. Als er wieder ins Schlafzimmer kam, war Jin hellwach und stand im Zimmer. „Was ist denn los?“, fragte sie mit Blick auf Lee, der inzwischen leise weinte. Er wirkte verwirrt. Ebenso, wie sein Vater. „Ich weiß nicht! Er hat Fieber! Und im Kinderzimmer war es eiskalt!“ Er stieß diese Worte fast anklagend aus. „Amma!“, jammerte Lee kläglich. Schnell streckte Jin ihre Arme aus und nahm einem wiederstrebendem Zuko sein Kind ab. Der Kleine warf erleichtert die Ärmchen um ihren Hals „Amma!“ „Ja,“ murmelte sie gegen seine Schläfe. „Mama ist ja da!“ Nach einigen abgehackten Atemstössen beruhigte Lee sich wieder und kuschelte sich vertrauensvoll seine Mutter. „Zuko?“ Der Drache tigerte auf und ab. „Wo bleibt der verfluchte Arzt?“ „Zuko?“ „Was?“, bellte er. „Er hat kein Fieber.“ „Natürlich hat er!“ „Nein. Er ... seine Temperatur ist völlig normal.“ „Unsinn, Jin!“, blaffte Zuko gereizt. „Er glüht! Du kannst das nur nicht beurteilen; Du frierst doch eh immer.“ Lee lutschte mittlerweile zufrieden an den Bändern von Jins Nachthemd. „Er hat nichts! Wenn er gejammert hat, dann vielleicht wegen eines neuen Zahns ...“ „Er HAT nicht gejammert!“ Jin starrte ihn an und verstand überhaupt nichts mehr. „Warum hast Du ihn dann aus dem Bett geholt?“ „WEIL ETWAS NICHT STIMMT! ER HAT FIEBER, VERDAMMT NOCH MAL!!“, brüllte Mylord mit geballten Fäusten. Das Schreien seines Vaters bewirkte, dass der kleine Prinz missmutig greinte und das Gesicht an Mamas Hals drückte. „Schon gut!“, lenkte Jin ein. „Der Arzt kommt ja gleich!“ Inzwischen machte sie sich allerdings größere Sorgen um ihren Mann, als um ihren Sohn. Es kam nicht nur ein Arzt, sondern gleich vier. Und keiner konnte bei Prinz Lee Fieber feststellen. „Messt noch mal!“ „Mylord ...“ „MESST NOCH MAL!!“ Die Ärzte verfielen in Hektik, und untersuchten das erstaunlich geduldige Kind erneut. Jin stand daneben, musterte besorgt ihren Drachen und kaute an ihren Fingernägeln. „Was ist denn hier los?“ Ursas sanfte Stimme schwebte durch den Raum. „Mutter! Endlich jemand, der seine Sinne noch beieinander hat!“ Zuko schoss auf die Großfürstin zu, nahm ihre Hand und zerrte sie zu seinem Sohn. „Hat er Fieber? Ja oder Nein?“, verlangte er zu wissen. Der Blick, den er den Anwesenden zuwarf, während Ursa sich über ihren Enkel beugte, besagte, was für Stümper sie alle waren. „Nein. Er hat keins.“ „Bitte?“, flüsterte Zuko. Wollten sie ihn alle für dumm verkaufen, oder für verrückt erklären lassen? Er wusste doch, was er fühlte! „Ihr irrt euch. Alle! Er glüht förmlich!“ Sechs Augenpaare sprachen eine andere Sprache. „Hört auf mich so anzusehen!“, raunte er. „Zuko!“ Jin fasste nach seiner Hand und zog ihn beiseite. „Lee hat kein Fieber. Und ... im Kinderzimmer war es auch nicht kalt.“ In ihren jadegünen Augen stand tiefe Sorge. Sorge um ihn. „Du denkst also, ich halluziniere?“ „Nein! Natürlich nicht!“ Sie hob seine Hand an ihre Wange. „Ich denke nur, dass Du zu vielleicht ängstlich bist, wenn es um die Kinder geht.“ „Ängstlich?“, fauchte er. „Ich habe keine Angst, dass er Fieber hat, ich FÜHLE es!“ Ärgerlich zog er seine Hand fort. „Drache ...“ Tränen verschleierten ihren Blick. „Sieh mich nicht so an, Jin!“ Zuko schüttelte den Kopf und fuhr sich mit beiden Händen durch die offene Mähne. „Sieh mich nicht so an!“ „Wie denn? Ich sehe Dich ganz normal an.“ „Nein! Du glaubst, mit mir stimmt etwas nicht.“ „Ich ... Ich mach mir nur Sorgen.“ Sie machte sich Sorgen? Um IHN statt um ihr krankes Kind? Aber vielleicht war es ja gar nicht Lee, der krank war. Vielleicht war es er selbst. War es das? Fing es jetzt an? Hatte es bei seinem Vater auch so begonnen? Mit eingebildeten Gefahren, lauernden Irrtümern? Hatte Ozai ebenfalls diese grundlose, tiefe Panik verspürt? „Du denkst, ich werde verrückt!“, flüsterte Zuko. „Nein“, antwortete sie, sich zur Ruhe zwingend. „Das ist nicht wahr.“ „Und wenn doch? Was ist, wenn es so ist?“ Jin war entsetzt. Was sagte er denn da? Und warum zitterte er? Sie nahm sein Gesicht zwischen ihre Hände. „Es ist aber nicht so! Du bist nur überarbeitet, Schatz! Du hattest seit Wochen nicht mehr als ein paar Stunden Ruhe. Warum gehst Du nicht rüber und hältst Deinen Sohn im Arm, bis er einschläft? Dann werden Deine Sorgen bestimmt verfliegen.“ Zuko nickte langsam. Er musste sich auf sie verlassen. Falls er den Verstand verlor, wäre Jin eben die Stimme der Vernunft. Sie gab ihm einen zärtlichen Kuss. Den bekümmerten Blick, mit dem sie ihm hinterher sah, bemerkte er nicht. Zuko ging auf zu Ursa, die gerade ihren Enkel herzte. Lee wirkte fröhlich und zufrieden. Er war also tatsächlich nur überängstlich gewesen. „Irre ich mich, oder ist es mitten in der Nacht?“, klang eine verschlafene Stimme von der Tür. „Onkel!“ Iroh erfasste die Lage mit einem schnellen Blick in die Runde. „Wer ist krank?“, fragte er scharf. „Niemand“, gab Zuko zu. „Ich dachte, Lee hätte Fieber.“ „Hm“, brummte der General und schlurfte näher. „Er sieht doch aber putzmunter aus. Nicht wahr? Putzmunter bist Du.“ Er kitzelte das Baby am Hals. Kaum hatte er Kontakt mit der weichen Haut, zog er abrupt seine Finger zurück. „Aber ... er hat doch Fieber! Hohes!“ „Was?“ Sofort griff Zuko nach seinem Sohn. Kaum berührte sein Vater ihn, fing Lee erneut an, wie am Spieß zu brüllen. Zuko riss keuchend seine Hände fort und machte zwei ziellose Schritte rückwärts. Das Kind war so heiß, dass er sich fast daran verbrannt hätte. Jetzt rannte Jin zu Ursa, nahm ihr Baby und drückte es fest an sich. Sie tauschte einen verstörten Blick mit ihrem Mann. „Was geht hier vor?“, raunte Zuko. In keinem der Gesichter, in die er blickte, stand die Antwort. Sie wussten ebenso wenig wie er, was dieses Phantom-Fieber zu bedeuten hatte. Doch er kannte jemanden, der es vielleicht tat. „Onkel, die Signalfeuer sollen umgehend entzündet werden!“ „Die Weißen?“, wollte Iroh wissen. Zuko nickte. Sein Onkel war also zu dem gleichen Schluss gekommen. Sie brauchten die Hilfe des Avatar! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)