Risveglio Interno von LadyArgentum (-Inneres Erwachen-) ================================================================================ Kapitel 5: Lesson One: How You Avoid Committing Suicide ------------------------------------------------------- Und schon kommt das nächste Kapitel. Okay, man kann sagen, dieses hier floss mir nur so aus den Fingern. xDD Und ich muss sagen, ich bin sehr zufrieden damit. Außerdem ist es mal wieder eines, der etwas längeren Sorte, womit ich jetzt die 10.000-Wörter-Marke geknackt habe. xD *freu* Ich wünsche viel Spaß beim Lesen. LA ----------------------- ~Kapitel 5~ Lesson One: How You Avoid Committing Suicide Unruhig drehte sich Herbert von einer Seite auf die andere und wieder zurück. Seine Bettdecke hatte sich vor geraumer Zeit mehr oder weniger auf den Fußboden verflüchtigt und auch das Bettlaken hatte nicht mehr lange vor, sich auf der Matratze zu halten. Die Kissen lagen teils um das Himmelbett verstreut, teils bedeckten sie das Gesicht des Jungen, anstatt unter dessen Kopf zu liegen. Doch das alles störte den Grafensohn nicht im Geringsten. Irgendjemand würde das später schon wieder zurechtbiegen. Das, was tatsächlich an ihm nagte, war viel eher, dass er seinem Vater versprochen hatte, im Zimmer zu bleiben, falls er vor Sonnenuntergang aufwachen würde. Normalerweise wären ihm solche Versprechen egal, doch wollte er einmal im Leben vernünftig sein und sich nicht noch mehr Probleme und Streitereien einfangen. Er hatte momentan genug am Hals. Mit einem Satz setzte sich Herbert auf. Im Zimmer verweilen bedeutete schließlich nicht, er müsse auch die ganze Zeit über im Bett liegen bleiben. Er würde in diesem riesigen Raum mit angrenzendem Ankleidezimmer und Bad schon irgendeine Beschäftigung für sich finden und wenn sie nur darin bestand, sich in schaumigem Badewasser von den Strapazen der bisherigen Tage zu erholen. Somit stand er auf und richtete vorerst seine Nachtkleidung, die nicht wesentlich besser aussah als das zerstörte Bett neben ihm. Durch einen kurzen Schub an Motivation angespornt, sammelte er die Kissen auf und schmiss sie samt Bettdecke auf die Matratze zurück. Doch zu weiterem Aufräumen konnte er sich einfach nicht aufraffen. Wozu gab es Kokoul? Damit machte er sich auf den Weg in seinen begehbaren Kleiderschrank, denn seinen Vater wollte er nicht in seiner Schlafgarnitur begrüßen. Es dauerte nicht einmal annähernd so lange wie sonst, dann war der Junge fündig geworden. Zufrieden stellte er sich vor seinen riesigen Zimmerspiegel, um sich zu begutachten, doch als er seinen Blick hob… sah er nichts. Ratlos starrte er den Gegenstand an. Wie… wie konnte das sein? Mehrfach wedelte er mit seiner Hand vor der Spiegelfläche herum. Keine Veränderung. Aber… er stand doch genau davor! Warum spiegelte sich der gesamte Raum nur er nicht? Verwirrt rannte er von der einen Spiegelseite zur anderen, versuchte, von jedem möglichen Winkel aus auf die silberne Oberfläche zu schauen, doch das Resultat blieb jedes Mal dasselbe. War sein Spiegelbild etwa mit seinem bisherigen Leben zusammen verschwunden…? Langsam ließ sich Herbert an der Wand zu Boden gleiten. Es war einer der Momente, in denen er nichts fühlte. Nichts… Nur eine gähnende Leere, die ihn zu verschlucken drohte… Würde es die nächsten Tage so weiter gehen? Würde er immer wieder auf neue Überraschung treffen, die seinen bisherigen Alltag mehr und mehr umstellen würden? Würde sein Leben je wieder annähernd geregelte Bahnen annehmen? Wohl kaum… Man hatte ihn einfach so ins kalte Wasser geschmissen mit der Ansicht, er würde es schon überleben. Dieser Gedanke veranlasste den Jungen zu einem kurzen bitteren Auflachen. Leben… Was bedeutete dieses Wort überhaupt noch für ihn? Lebte er denn noch? Sagte man nicht, Vampire seien lebende Tote? Unsterbliche? Wenn dem so war, war er dann nicht in der vorletzten Nacht zusammen mit seiner Mutter gestorben? War er somit nichts mehr als eine wandelnde Leiche? Langsam hob er seine Hand und legte Zeige- und Mittelfinger an seinen Hals, dort, wo die Hauptschlagader sich befand. Er wartete einige Sekunden ab, schob die Finger hin und her, in der Hoffnung den Punkt verfehlt zu haben, doch er spürte nichts. Als nächstes legte er die Hand auf seine Brust über sein Herz. Auch hier wartete er kurz ab, versuchte seine Sinne nur auf diese eine Stelle zu konzentrieren, doch wieder wurde er enttäuscht, verspürte er doch auch dort nicht das viel versprechende Pulsieren, das einem signalisierte, dass der Lebenssaft weiterhin durch die Adern gepumpt wurde. Verbittert lächelnd lehnte Herbert seinen Kopf zurück an die Wand. Diese ganze Situation kam ihm nicht mehr sonderlich real vor. Eher wie eine der phantastischen Geschichten, die ihm seine Mutter pflegte zu erzählen. Er hatte immer über die Menschen geschmunzelt, denen etwas so schreckliches wie der Tod oder irgendeine Verwandlung widerfahren waren, doch nun wusste er, wie sich die Personen gefühlt haben mussten. Einfach Furchtbar. Man konnte es aber natürlich auch so sehen: Wer konnte schon von sich aus behaupten, er sei ein lebender Toter? Erneut hallte ein leises Auflachen durch den Raum, während sich der Junge zu einer Kugel zusammenzog - die Finger in den Haaren verkrampft, die Knie an den Körper gezogen und den Kopf auf diese platziert. Er war tot… Tot… Tot… Mit einem Mal stand er wieder auf seinen Füßen. Blindlings lief er zu seinem Nachtschränkchen, welches sich neben seinem Bett befand, griff nach dem erstbesten Gegenstand, der ihm in die Finger kam und warf diesen mit ganzer Kraft gegen die Spiegelwand, welche sogleich in zahlreiche glitzernde Scherben zerbarst. Jedoch noch nicht zur Gänze befriedigt klammerte er sich als nächstes an die dicken Seidenvorhänge vor seinem Fenster, die er mit mehreren kraftvollen Zügen von der Gardinenstange riss. Blendendes Sonnenlicht schien sogleich durch die nun ungeschützte Scheibe direkt in das Gesicht des Jungen. Mit einem qualvollen Aufschrei bedeckte dieser seine Augen. Die gähnende Leere, der Frust, die Verzweiflung… Alles war von einer Sekunde auf die nächste erloschen. Zurück blieb nur ein physischer Schmerz, der grausamer nicht hätte sein können. Wie wild taumelte er hin und her, versuchte in irgendeiner Ecke Schutz zu finden, doch schien das Licht nun den Großteil seines Zimmers einzunehmen. Durch Zufall bekam er den abgerissenen Vorhang zu fassen, über den er bei seinem Schmerzenstanz beinahe gestolpert wäre, und schmiss sich diesen wie eine Decke über den Kopf, während er sich zu Boden fallen ließ. Erleichterung und das Gefühl von Sicherheit schwappten mit einem Mal über ihn hinweg und erneut zog er sich zu einer Kugel zusammen. Nicht mehr Herr über seine Gefühle traten ihm endgültig die Tränen in die Augen und er begann krampfhaft zu schluchzen. Er hatte einfach zu viel von dem erfahren, was er nie hatte wissen wollen. Er war tot… Tot und auf eine gewisse Weise unsichtbar… Doch was noch um einiges schlimmer war: Er würde wohl nie wieder die Sonne sehen können… Es hatte eine Weile gedauert, doch schlussendlich hatte sich Herbert wieder beruhigen können. Immer noch von Kopf bis Fuß in das Tuch eingewickelt, kroch er Stück für Stück weiter zur Tür und somit zurück in die rettenden Schatten des Raumes. In diesen angekommen, fühlte sich Herbert wieder sicher, weshalb er sich aufrichtete und den Stoff von seinem Kopf nahm und ihn wie einen Umhang über seine Schultern legte. Ohne sich noch einmal umzudrehen, langte er nach der Türklinke, welche sich in griffbereiter Nähe befand, und verließ das Zimmer und gleichzeitige Schlachtfeld. Ziellos streifte er durch die einzelnen Korridore, nicht im Entferntesten darauf achtend, wohin seine Beine ihn lenkten. Er würde Ärger bekommen, dass wusste Herbert schon jetzt, doch ob es nun für das zerstörte Schlafgemach oder für seine verbotene Wanderung war, machte keinen großen Unterschied. Seinen Vater aber würde er auch nicht so ungeschoren davon kommen lassen. Er hatte ihn doch tatsächlich vollkommen unwissend in dem Zimmer schmoren lassen. Dies sogar, wenn man an das Sonnenlicht zurückdachte, wortwörtlich. Wer weiß, was noch für schlimmere Dinge hätten geschehen können? Herbert mochte überhaupt nicht daran denken. Immer darauf bedacht, nicht in die Lichtkegel der Fenster zu treten, schlängelte sich der Grafensohn vorsichtig am äußersten Rand der Gänge entlang. Er wusste nun, wo er war. Dies war definitiv der Weg in die Küchengefilde des Schlosses. Kurz lauschte er in sich hinein, ob sein Magen etwas einzuwenden hatte, doch dem schien es prächtig zu gehen. Trotz dessen änderte er seinen Kurs nicht. Ein kleiner Imbiss konnte schließlich nicht schaden. Die Küche lag wie eigentlich das gesamte Gebäude Menschenleer vor, obwohl Herbert wenigstens Kokoul in diesen Bereichen vorzufinden gedachte. Ein Hindernis weniger. Zu seiner weiteren Erleichterung besaß das Zimmer keine Fenster, weshalb er sich dort frei bewegen konnte, was er auch sogleich ausnutzte, indem er sich der Vorratskammer näherte. Mit einem Ruck öffnete er die Tür, nahm einen der überall verteilten Kerzenständer in die Hand und betrat das dunkle Loch vor sich. Weiter als drei Schritte tat er jedoch nicht. Herbert persönlich war noch nie in diesem Raum gewesen, hatte er doch stets Kokoul darauf angesetzt, ihm etwas zu Essen zu machen. Doch dass die Familie von Krolock so wenig Nahrungsmittel beherbergte, hätte er nie gedacht. Ein Laib Brot, etwas Wurst und ein Stück Schinken zierten die Wände, ansonsten waren die Regale leer. Da musste der bucklige Diener demnächst wohl wieder ins Dorf gehen und neue Vorräte einkaufen, denn so würden sie nicht lange über die Runden kommen. Noch einmal ließ Herbert den Kerzenschein über die Regale schweifen, dann machte er kehrt und verließ die Kammer sowie die Küche, um es sich im Lesesaal zwei Gänge weiter gemütlich zu machen. Der Essensgeruch hatte ihm nicht sonderlich gut getan. In einen der Sessel gekauert starrte der Junge gegen eine Wand aus Bücherregalen, welche die angrenzende Bibliothek einläutete, während er versuchte, all das ins Gedächtnis zu rufen, was er bis jetzt bereits in Erfahrung gebracht hatte, ob nun gewollt oder durch Zufall. Als erstes wäre da die Tatsache, dass sein Herz aufgehört hatte zu schlagen, er somit nicht mehr lebendig sein konnte. Trotzdem konnte er noch denken, laufen, sprechen und eben all das tun, was einem Toten für den Rest seiner Zeit verwährt blieb. Auch Schmerzen konnte er noch fühlen, was ihn zum zweiten Punkt brachte. Hieß es nicht in den Geschichten, Vampire seien unsterblich? Bedeutete das also, er war nun tot, konnte aber nicht noch einmal sterben? Dennoch sollte er nicht vor Schmerzen und Verletzungen immun sein? Kein sehr verlockender Austausch, wenn man ihn fragte. Doch wenn man Verletzungen erhalten konnte, wie sollte es dann möglich sein, dass man unsterblich blieb? Gedankenverloren wanderte sein Blick zu dem Lichtkegel auf dem Boden schräg gegenüber von seiner Sitzgelegenheit. Sollte er es wagen? Schließlich wollte er wirklich sicher gehen, dass seine Vermutungen auch stimmten. Doch was, wenn er sich wirklich ernsthaft verletzte? Weiter durfte er darüber nicht nachdenken, sonst würde ihn der Mut verlassen. Somit stand Herbert auf und schritt hinüber zu der beleuchteten Stelle. Erst knapp vor dem Rand des Lichtkegels kam er zum Stillstand. Er musste es wagen. Er musste. Er konnte nicht auf seinen Vater warten. Dieser würde wahrscheinlich eh noch eine Zeit lang in seinem Sarg schlafen. Wozu also die verbleibenden Stunden ungenutzt lassen? Zentimeter für Zentimeter streckte er seine Hand aus. Auf halber Strecke bemerkte er, dass sie angefangen hatte zu zittern, versucht dies, aber gekonnt zu ignorieren. Es gab keinen Weg mehr zurück. Mit diesem Gedanken schob er sie gänzlich nach vorne. Kaum dass die Fingerspitzen von den ersten Strahlen berührt wurden, fingen sie auch schon an zu ein wenig zu dampfen und sich merklich ins Rötliche zu verfärben. Es war schmerzvoll aber zugleich auch auf eine gewisse Art faszinierend. Scharfe Gegenstände wie Messer und Scherben waren gefährlich; sie konnten einen schneiden. Rauch war gefährlich; es konnte einen ersticken. Wasser konnte ebenfalls gefährlich werden; man konnte darin ertrinken. Aber Licht? Licht… „Ajbasi hahlt in.“ Mit einem Ruck drehte sich Herbert um, wobei er seinen Gegenüber mit schreckgeweiteten Augen ansah. Er war so in seinen Gedanken verloren gewesen, dass er den Buckligen nicht hatte kommen hören. Allgemein hatte er nicht damit gerechnet, tagsüber überhaupt jemanden zu treffen. „Kokoul! Wage es nicht noch einmal, mich so zu erschrecken!“, herrschte er den Diener an. Dieser schien sich an dem Tonfall jedoch nicht zu stören. Mit ausgestrecktem Arm fing er erneut an unidentifizierbare Sätze vor sich hin zu sprechen. Doch als er merkte, dass der Junge immer noch nicht verstand, was er meinte, schlug er mehrfach mit seiner einen Hand auf den Handrücken seiner anderen. Unschlüssig beobachtete der Grafensohn dieses absurde Verhalten, bis er sich wieder seinem Experiment widmete. Erst als er den Handrücken und die Finger seiner eigenen Hand betrachtete, ging ihm ein Licht auf. Krebsrot war die Haut und teilweise hatten sich bereits kleine Brandbläschen gebildet. Man konnte nun definitiv sagen, Licht war gefährlich; es konnte einen genau wie Feuer verbrennen. Und wenn man verbrennen konnte, konnte man auch sterben… Eine sterbende Leiche… Über eine solche Absurdität konnte der Grafensohn nicht anders, als ein weiteres Mal anfangen zu lachen. Von diesem Tage an würde er besser daran tun, sich mehr in Acht zu nehmen, wollte er nicht als Paradoxon enden, mal davon abgesehen, dass er als lebende Leiche bereits ein solches verkörperte. Ein Blick nach draußen in die grelle Helligkeit des Nachmittags, die ihn dazu zwang, die Augen zusammenzukneifen, sagte ihm, dass er trotz seiner Wanderschaft und der kleinen Ereignisse nicht allzu viel Zeit verschwendet hatte, wie es eigentlich sein Plan gewesen war. Somit gesellte er sich zurück zu dem schattigen Sessel, Kokoul einfach ignorierend. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)