Treasure Hunters von Caomei ================================================================================ Kapitel 1: Neko Ichigo ---------------------- Es war ein schöner, heller Tag und der Ozean glitzerte azurblau in der Sonne. Die Stille wurde jäh durch ein lauter werdendes Schwirren unterbrochen und aus der Ferne näherte sich ein Helikopter. Schon von weitem erkannte man die roten Buchstaben „SCAP“ an der Seite des Fluggerätes. Es handelte sich um einen kleinen Reisehelikopter der Firma „Silver City Air Project“. An Bord befand sich eine kleine Reisegruppe aus Okinawa. „Und wenn sie nun bitte geradeaus blicken, können sie jetzt jeden Moment Silver City am Horizont erkennen.“ Die Reiseleiterin deutete nach draußen und die Gäste folgten brav ihren Anweisungen. Schon erkannte man deutlich die beiden hohen Türme der Anlage. „Silver City- der ganze Stolz unserer besten Architekten. Eine völlig autarke Stadt, welche schon nach nur 15 Jahren Bauzeit völlig fertiggestellt wurde.“ Die Reisegruppe starrte gebannt aus den Fenstern des Helikopters und einige kleine Kinder deuteten mit den Händen auf die näherkommende Stadt. „Wir werden in 10 Minuten auf dem SC- Kuko landen und anschließend haben sie die Möglichkeit sich die neun Kuiki alleine anzusehen. Zu Empfehlen ist vor allem ein Besuch in einem der 3 Museen der Atamashima. Das berühmte Silver City Museum dürfte ihnen wohl allen ein Begriff sein.“ Die zwei Türme der Stadt erhoben sich majestätisch in den blauen Himmel und die Gebäude glitzerten in der Sonne. Wenn man auf die Anlage blickte, wurde einem sofort klar woher der Name wohl sein musste. Die Stadt sah aus, als würde sie wirklich aus Silber bestehen. Die Atamashima war die Hauptinsel der Stadt und, sozusagen, das Herz der Anlage. Auf ihr gab es, wie schon erwähnt, 3 Museen. Das Berühmteste war das Silver City Museum, welches auch unter dem Namen „Tanaka Museum“ bekannt war. Dieses lag im westlichen Teil der Atamashima und stand im Privatbesitz der Familie Tanaka. Die Haupthalle des Museums war weitgehend leer. Zur Zeit fanden nämlich einige Führungen statt und die Leute liefen in kleinen Gruppen umher. Die Besitzerin, Kioko Tanaka, stand mit Bara und Zákuro Hikishio am Fuß der großen Marmortreppe und unterhielt sich mit ihnen. Deren Tochter Hana saß derweilen gelangweilt auf der Treppe, hatte die Hände auf den Knien abgestützt und lauschte. „Kioko, du weißt das diese Ruinenanlage erst vor kurzem entdeckt wurde. Es wird nicht mehr lange dauern und die Öffentlichkeit wird es erfahren. Es ist wichtig das mögliche Artefakte von uns gefunden werden, bevor die privaten Sammler ihre Leute losschicken.“ Kioko nickte wissend und kramte in ihren Unterlagen. „Ich bin mir darüber im klaren. Es sind auch schon einige Informationen zu den Treasure Hunters durchgedrungen. Das weiß ich aus sicherer Quelle. Aber das ist kein Grund zur Sorge. Unsere beste Mitarbeiterin befindet sich bereits in den brasilianischen Hochebenen.“ Zákuro nickte. „Wir haben natürlich vollstes Vertrauen in deine Mitarbeiter. Das weißt du doch, wir wollen nur sicher gehen.“ Bara deutete auf das neueste Museumsplakat, welches sich an der Informationswand befand und bald eine neue Ausstellung versprach. „Es ist wichtig, dass dieses Museum seinen Standpunkt behält, wir haben zwar bis jetzt noch nie eine Enttäuschung erlebt, aber wir müssen trotzdem vorsichtig sein.“ „He, mir ist fad. Ist Tama heute da?“ Hana hatte sich von der Treppe erhoben und spähte durch eines der großen Museumsfenster zum Haus der Tanakas hinüber. Natürlich konnte sie rein gar nichts erkennen, das Anwesen lag einfach zu weit weg. Hoffnungslos ließ sie sich wieder auf die Stufen sinken. Verneinend schüttelte Tamas Mutter den Kopf. „Bedaure, sie ist mit ihren Freundinnen Kinomi und Mikan irgendwo auf der Daitokai #2, soviel ich weiß. Am besten du suchst Arashi und fragst ihn mal, er weiß wo sie hingegangen sind.“ Gelangweilt verzog Hana das Gesicht. „Ich kann Mikan nicht leiden. Falls ihr mich sucht, ich bin oben in der Photographie Abteilung.“ Damit erhob sie sich wieder und hastete schnell die Treppe nach oben. Kioko wandte sich wieder an Hanas Eltern. „Wo waren wir? Jedenfalls kann ich meinen Mitarbeitern vollstes Vertrauen schenken.“ Aus ihren Unterlagen zog sie einige Luftaufnahmen des besagten Gebietes. „Es ist schwer, von unten etwas zu erkennen. Es war reiner Zufall, dass dieses Ruinenfeld überhaupt entdeckt wurde, dass war nur aus der Luft möglich... Hier ist ein Eingang zu sehen...“ Kioko deutete auf eine, mit einem rotem Kreis markierte, Stelle auf der Karte. „Das ist auch von oben kaum zu erkennen. Die kleine Ichigo weiß doch was sie tut, oder?“ Bará hatte die Karte an sich genommen und hielt sie Zákuro vor die Nase. Kioko nickte mit dem Kopf. „Natürlich! Sie ist doch ein Profi.“ „So, ich bin gerade von rechts durch diesen Durchgang gekrochen... das war dann hier irgendwo...“ Eifrigst studierte Néko ihre Satellitenkarte und versuchte mit der kleinen Taschenlampe, welche sie in ihrem Mund hielt, die dunkle Höhle auszuleuchten. Sie schien ziemlich groß zu sein, die Seitenwände waren nicht zu erkennen. „Gut, ich gebe es zu, ich habe mich verirrt! So was...“ verzweifelt ließ Néko ihre Hände über ihren Kopf hängen und folgte ihnen mit ihrem Blick. Leider war es ihr nicht möglich den Boden auszumachen. Nach einigen Momenten des Zögerns raffte sie sich endlich hoch und versuchte ihre Füße zu erreichen. Dabei fiel ihr die Karte aus den Händen. „Mist!“ Natürlich war auch die Karte nicht mehr zu sehen. „Ich sollte mich auf einen harten Fall einstellen...“ Néko hatte inzwischen ihren rechten Fuß von den Schlingpflanzen, in denen sie sich verfangen hatte, befreit und konnte nun endlich ihr kleines Messer aus dem Schuh holen. Rumms... mit einem lauten knirschenden Geräusch landete Néko polternd auf einem Knochenhaufen. „Ha- chou!“ Sie hatte eine Menge Staub aufgewirbelt und versuchte sich wieder auf zu rappeln. Die Taschenlampe war neben den Knochen gelandet und rollte nun durch die Höhle. Auch die Satellitenkarte war wieder griffbereit und Néko stopfte sie unachtsam in ihren kleinen Rucksack. Die Karte zeigte ja nur den ersten Keller des Tempels, dass es hier noch eine weitere Ebene gab, war noch nicht bekannt. Doch dank ihrer „Geschicklichkeit“ war sie durch ein Loch im Boden gefallen und an der Decke der Höhle, in einigen Pflanzen, hängen geblieben. Vorsichtig näherte sie sich der Lampe. Man konnte ja nie wissen und noch so einen tiefen Einsturz wollte sie nicht mehr riskieren. Der Boden schien ziemlich stabil zu sein und die Lampe war inzwischen an der Höhlenwand angekommen. „Ist ja interessant... das gehört noch zu dem Tempel dazu...“ An der Wand waren einige Schriftzeichen zu erkennen. Aus ihrem Rucksack zog sie ihren Universal- Übersetzer. Mit der Taschenlampe wieder im Mund beleuchtete sie die Zeichen der Wand und fuhr mit dem Scanner des Übersetzers darüber. Das Gerät blinkte und Néko schüttelte ihren Kopf. „Hätte ich mir gleich denken können. Unübersetzbar. Jedenfalls für das Ding da.“ Hastig verpackte sie den Übersetzer wieder in ihrem Rucksack und leuchtete anschließend die Höhlenwände ab. An der rechten Seite war ein kleiner Gang zu erkennen. Neugierig wie sie nun mal war, folgte Néko dem Weg. Einige der Spinnweben glitzerten im Schein der Lampe und gaben dem Ganzen den Schein eines alten Horrorfilmes. Vorsichtig tastete sie sich voran, was sie nämlich am allermeisten hasste waren diese ekeligen, 8- beinigen Spinnen. Natürlich krabbelten diese Monster hier wieder massenweise herum. Néko lief ein eisiger Schauder über den Rücken und sie musste sich schütteln. „Buääääh!“ Zu allem Überfluss wurde auch der finstere Gang immer enger, so dass sie inzwischen auf allen Vieren am Boden herum kroch. Zum Glück war der Gang gleich zu Ende, ein leichter Lichtstrahl drang aus der Ferne in den Pfad. Bedauerlicherweise endete der Gang in einem Anderen. Zwar etwas höher, aber gerade Stehen konnte Néko immer noch nicht. „Was für ein Volk hat denn das hier gebaut? Wenn es nicht gerade Zwerge oder Wichtel waren ist das hier vielleicht ein Lüftungsschacht...?“ Der niedrige Weg erleichterte ihr vorankommen nicht gerade und natürlich hatte sie, bis jetzt, immer noch nichts gefunden. Außerdem fragte sie sich von woher das Licht kam. Endlich wurde die Höhle wieder größer. Das Licht war inzwischen schon so stark, dass Néko die Taschenlampe wegstecken konnte. Auf der linken Seite war eine Steintüre zu erkennen. Forschend tippte Néko mit ihrem Taschenmesser gegen den porösen Stein. Nichts rührte sich. Nach einigen heftigen Fußtritten gab er dann aber doch nach und Néko schlüpfte durch die Öffnung. „IIIIh!“ Prompt war sie in ein riesiges Spinnennetz geraten. Mit einer besonders hässlichen Spinne in ihrem Gesicht. „WEG!!! WEG!!! IIIIH!!!“ Heftig wedelte Néko mit ihren Händen vor der Spinne herum, bis diese endlich davon huschte. Einem Herzinfarkt nahe schnappte Néko nach Luft und versuchte das Netz aus ihrem Gesicht zu bekommen, wobei sie sich ziemlich geschickt umdrehte und in die Höhlenwand krachte. „Aua...“ Vorsichtig wischte sie sich den Staub von der Nase und zupfte die restlichen Spinnweben von ihren Ohren und aus ihren Haaren. „Das hat weh getan...“ Langsam vergaß Néko ihren Schmerz und begann sich in der neuen Höhle umzusehen. Der Raum war ein wenig größer als der vorige und enthielt einige Tongefäße. „Hässliche Dinger und nichts drin... Kioko kann sich ja eine davon holen und ausstellen.“ Néko steckte inzwischen bis zu den Hüften in einer der Vasen und musste wieder niesen. Nachdem sie von den Gefäßen genug hatte wurde ihre Aufmerksamkeit von einem großen Wandrelief erregt. Teilweise war es schon ziemlich zerbröckelt und ein Teil lag auf dem Boden. Das Relief zeigte 9 Figuren, die in einem Kreis um eine 10. Figur angeordnet waren. Die zentrale Figur stach besonders ins Auge. Sie war vermutlich mal mit Gold überzogen worden und glitzerte immer noch ziemlich. Achtsam strich Néko mit ihren Fingern über die Figur. Mit einem leichten Fingerdruck ließ sie sich in die Wand schieben. Mit einem lauten Knarren öffnete sich ein versteckter Durchgang und einige Felsbrocken stürzten von der Decke. Schnell flüchtete Néko durch den neuen Durchgang, der gleich hinter ihr wieder zu fiel. „Himmel...“ Nach einem kurzen Aufatmen überblickte Néko den Raum. „WOW!“ Der „Raum“ war eher eine Halle und ganz in goldenes Licht getaucht. Das Licht kam von der Decke, genauer von einer Fensterreihe unter der Decke. Es hatte den Anschein, dass sich hinter den gläsernen Fenstern Wasser befand. An den Wänden waren Statuen und Säulen in den Stein gemeißelt worden, welche nun, genau wie die Fenster, über und über mit Schlingpflanzen bedeckt waren. „Das muß man doch von draußen entdecken können... Schon alleine diese Fenster.“ Néko´s Blick traf auf einen Altar in der Mitte der Halle. Eine breite Steintreppe führte zu seiner Spitze und an allen vier Seiten standen kleine Statuen von zyklopenähnlichen Zwergen mit jeweils einem Auge und einem Horn auf dem Kopf. Irgendetwas glitzerte oben unter einigem Grünzeugs. Beschwingt stürzte Néko darauf zu und ergriff... eine Hand. „Iiiah! Wa..?“ Néko starrte in ein ebenso erschrockenes Männergesicht. „He du, weg da.“ Der Typ versuchte unter Néko´s Händen an die kleine, goldene Statue zu kommen. „Nix da, das ist meins!“ Energisch klopfte Néko auf seine Hände und klammerte sich an die Statue. Natürlich störte das den Fremdling nicht und er zog die Skulptur, inklusive Néko, über den Altar, so das diese unsanft auf den Boden krachte. „Lass das los! Das ist nichts für kleine Kinder!“ Mit einem lauten Knacken löste sich der obere Teil der Figur von dem Unteren und der Typ fiel vor Néko´s Füße, die ja noch vor dem Altar am Boden lag und die Statue umklammerte. „Ich bin kein kleines Kind! Ich bin ein Treasure Hunter! Und dieses Relikt ist meines!“ Energisch verteidigte sie ihren Teil der Statue gegen seine Hände. „Du, ein Treasure Hunter? Das ich nicht lache! Lass´ das los!“ Die Beiden hatten sich inzwischen erhoben und versuchten einander die Statuenteile abzunehmen. Ziemlich ungeschickt stolperten sie über die letzte Steinstufe das Altares und landeten, ziemlich unsanft, vor einer der Steinskulpturen. Plötzlich ließ sie ein leises Knirschen aufhorchen. „Was...?“ Langsam drehten sich die 4 Steinstatuen zu ihnen um. „Das bedeutet gar nichts Gutes.“ Noch bevor Néko reagieren konnte, hatte der Typ schon ihre Hand erwischt und sie mit sich gezogen. Und das keinen Moment zu spät. Eine gigantische Feuersbrunst raste aus den Steingolems auf die Flüchtenden zu. „Verflucht! Kannst du nicht schneller rennen?“ Energisch hatte er Néko gepackt und sich über die Schulter geworfen. „He!!! Spinnst du? Das tat weh!!!“ Zur Strafe zog sie heftig an dem langen Zopf ihres Rivalen. „Aua! He laß´ das, oder soll ich dich wieder runterwerfen?“ Unterwürfig ließ Néko den Zopf los. Er hatte ja recht, auch wenn sie es nicht gerne zugab. Im hinteren Teil der Halle erreichten sie schließlich eine weitere Türe. Das Feuer hatte sie, bis jetzt, noch nicht erwischt, doch hatten die Golems noch nicht mit dem Angriff aufgehört. Polternd krachten einige Felsbrocken von der Decke und mit einem Mal war alles still. Unsanft ließ der Typ Néko auf den Boden fallen und blickte sich um. „Das ist seltsam...“ „Psssscht! Sei mal still... Hörst du das?“ Sie hatte den Zeigefinger drohend erhoben und blickte zur Decke. Ein leises Knacken unterbrach die Stille. Blitzartig erkannten die Beiden die Ursache dafür. Ein kleiner Riss in einem Fenster verbreitete sich ziemlich schnell über die ganze Fensterreihe. „Die ganze Höhle wird überflutet!!!“ „Los Raus hier!!!“ So schnell sie konnten rannten die Beiden den kleinen Gang entlang. Plötzlich war ein lautes Splittern zu hören und eine gigantische Wassermasse überflutete die Halle. Der kleine Gang war voll mit heruntergestürztem Gestein und verhinderte ein rasches Laufen. „Verflucht! Hier kommen wir nie heraus!“ Néko überlegte eifrigst, doch ihr Kopf war wie leer gefegt. „Los, da ist der Ausgang, hier bin ich herein gekommen!“ Ihr Rivale deutete auf einen großen Felsen inmitten des Ganges. Über Diesem baumelte ein Seil. Mit einem heftigen Ruck hatte der Typ Néko wieder an der Hand gepackt, zog sie auf seinen Rücken und ergriff das Seil. Keine Sekunde zu spät, denn das Wasser hatte inzwischen schon den Gang erreicht und schwemmte einige größere Felsen mit sich. Keuchend und halb durchnässt stiegen die Beiden durch ein Loch im Boden und ließen sich erschöpft in das hohe Graß fallen. Unter ihnen hörte man noch das Dröhnen des Wassers. Gierig blickte der Typ auf Néko´s Hände, mit denen sie immer noch ihren Teil des Artefaktes umklammerte. „Wie wäre es? Gib mir doch das da als Dank für dein Leben!“ „Das glaubst du wohl selbst nicht! Ich riskiere doch nicht mein Leben für nichts und wieder nichts!“ Energisch griffelten wieder Beide an dem Relikt herum. „Ich habe einen Auftrag! Das ist wichtig für mich! Laß das!“ Néko klopfte dem Typ heftig auf die Finger. „Aua... Das ist gar nicht nett von dir. Du solltest auf die Erwachsenen hören. Von wegen Auftrag. Du bist doch viel zu jung für so einen harten Job.“ Kichernd rieb er sich die Finger, auf denen auch schon einige Kratzspuren von Néko zu sehen waren. Beleidigt drehte sich diese um, murmelte gehässige Worte und schmollte. Auch ihr Gegenspieler hielt es jetzt für besser zu schweigen und schüttelte seinen Kopf. Diese Kleine konnte doch wirklich kein Treasure Hunter sein. Vielleicht war sie ja mit einer Gruppe unterwegs gewesen? Man konnte ja nie wissen. Leise raschelten die Blätter der Bäume im Wind. Die Hochebenen am Rande des Amazonas Regenwaldes lagen unter dem Licht der untergehenden Sonne und färbten den Himmel über dem Wald in ein geheimnisvolles Orange. Das Artefakt in Néko´s Händen glitzerte in sämtlichen Regenbogenfarben. Genauer betrachtet sah die kleine Statue schon ziemlich merkwürdig aus. Sie bestand aus mehreren Teilen, die alle in unterschiedlichen Goldsorten gearbeitet waren. Das Blattgold glitzerte am meisten, während das Weißgold nur matt schimmerte. Trotzdem, einen Ring in einem solchen Weißgold... das wäre ein wirklich schönes Schmuckstück gewesen. Von der Form her, glich die kleine Skulptur den großen, feuerspuckenden Steingolems aus der Höhle, wirkte aber etwas unfertig, weil der Kopf fehlte. Dieser war vermutlich auch in einem anderen Goldgemisch gestaltet worden. Ärgerlich schielte Néko zu ihrem Rivalen, der ja immer noch den fehlenden Teil besaß. Vorahnungsvoll ergriff sie ihren, leicht durchnässten, Rucksack und versteckte das Relikt darin. Kioko würde es eben so nehmen müssen und wenn sie noch etwas aus der Höhle haben wollte, würde sie ihr wohl eine Taucherausrüstung besorgen müssen. Kopfschüttelnd schwang sie den Rucksack über ihre Schulter und erhob sich. „Wo willst du denn hin? Bis zum nächsten Dorf brauchst du mindestens 4 Stunden, in der Nacht ist das ziemlich gefährlich.“ Der Typ musterte Néko neugierig. „Ich traue dir nicht zu, dass du das Dorf lebend erreichst, du solltest lieber hier bleiben.“ Kichernd drehte er seine nasse Jacke zusammen, damit das Wasser herauslief. Leicht genervt erhob sich Néko und machte sich auf den Weg. „Glaub´ mir, ich kann auf mich aufpassen.“ „Ich meine das ernst, es ist gefährlich, morgen in der Früh bringe ich dich in das nächste Dorf und...“ „Ja klar, und in der Nacht verschwindest du mit meinem Artefakt!“ Néko hatte sich drohend zu ihm umgedreht und umklammerte den Rucksack. „Ähm...“ vermutlich hatte sie mit ihrer Aussage genau ins Schwarze getroffen. „Aha! Wusste ich´ s doch!“ Schnaubend begann sie damit ihren Weg fortzusetzen. „Hey! Ich werde es dir nicht wegnehmen! Jetzt sei nicht so engstirnig!“ Kopfschüttelnd erhob er sich und begann ihr zu folgen. Die Kleine war ziemlich schnell und er hatte einige Schwierigkeiten ihr zu folgen. Gerade hüpfte sie, ihren Rucksack wie eine Fahne schwenkend, über einen umgestürzten, mit Schlingpflanzen überwucherten Baumstumpf. Vorsichtig kletterte auch er darüber und hielt nach der Kleinen Ausschau. Sie war, wie vom Erdboden verschluckt, verschwunden. „Hey! Wo bist du? Sag was!“ Suchend beobachtete er die Umgebung. Das war doch nicht möglich, sie war doch keine 15m weit vor ihm gewesen! Auch am Boden war nichts zu sehen. Keine Fußspuren, aber auch keine Löcher, durch die sie vielleicht hätte fallen können. Kopfschüttelnd zuckte er mit den Schultern. „Na gut! Wenn du es so willst, das kannst du haben!“ Damit lief er den Weg wieder zurück. Néko blickte ihm zwielichtig hinterher. Mit ihrem Rucksack in den Händen saß sie, mit den Beinen schaukelnd, hoch oben in einem der grünen Baumwipfel. Der Typ war hatte schon recht sinister gewirkt, obwohl er eigentlich gar nicht mal so schlecht ausgesehen hatte. Solche langen, schwarzen Haare hatten was. Neben ihr hingen einige grell rote Blüten mit etwas dunkleren Beeren. Ärgerlich dachte sie an ihren Proviant der, dank des Wassers, ziemlich durchnässt war und ließ den Kopf hängen. Sie kannte diese Beeren nicht und hatte keine Lust an einer Vergiftung im Dschungel zu krepieren. Also hieß es hungern. Morgen früh würde sie dann zum Dorf wandern. Die Sonne hatte sich inzwischen hinter den Hügeln der Hochebene versteckt und der Himmel hatte sich in ein leuchtend schönes dunkelrot verwandelt. „Und wann bist du wieder da? Es ist ziemlich langweilig hier!“ Tama klang etwas verärgert. Vermutlich weil sie wieder mal in Silver City versauerte, anstatt einer actiongeladenen und interessanten Schatzsuche beizuwohnen. „Ich komme noch heute gegen Abend an. Der Flug kommt später, wegen einem kleinen Regenausbruch, hier im Dschungel ja nichts Neues. Ich hab´ auch was schönes gefunden, eine kleine goldene Sta...“ „ Jaja, Mama wird sich freuen. Aber gestern war ich mit Kinomi und Mikan drüben auf der #2, und der Film den wir sehen wollten ist endlich angelaufen. Gehen wir morgen?“ Tama liebte es Néko zu unterbrechen, vor allem wenn sie viel zu erzählen hatte. Es war zwar meistens recht unwichtiges Zeugs, aber immerhin genug um wieder los labern zu können. Sie interessierte sich auch nicht so sehr für Relikte aus alten Kulturen. „Mal sehen, wenn ich wieder ausgeschlafen bin. Ich komme heute Abend eh noch ins Museum, sag das Kioko, Okay?“ Mit einem Auge schielte Néko zur Anzeigetafel des kleinen Flughafens. Ihr Flug nach Silver City hatte jetzt schon 2 Stunden Verspätung, würde aber in der nächsten halben Stunde starten können. „Mache ich gleich und bring mir was Schönes mit!“ Tama klang wieder etwas fröhlicher. „Sonst noch irgendwelche Wünsche? Ich muß jetzt langsam los, also bis dann!“ Der Flughafen war nicht gerade groß und Geschäfte gab es hier auch keine die sich lohnen würden. Sie könnte Tama ein kleines Strohkörbchen oder einen Hut mit Früchten drauf kaufen. Dann hätte sie wenigstens während des Fluges was zum Essen. Flugzeugessen war nämlich nicht gerade ihr Geschmack. Suchend schlenderte sie durch einen der kleinen Läden und bestaunte die hiesigen Kunstwerke. Schnitzereien waren bei den Touristen anscheinend ziemlich beliebt und auch Seidenstoffe. Davon gab es hier reichlich. Endlich hörte sie ihren Flug durch den Lautsprecher und verließ den Laden. Ihr Rucksack war inzwischen schon wieder getrocknet, was wegen der hohen Luftfeuchtigkeit sehr langsam von statten ging und ihr Rücken schmerzte etwas. Eine weitere Nacht auf einem Baum würde sie sich so schnell nicht wieder einreden lassen. Inmitten einer Schar von Touristen drängelte sich Néko zu ihrem Flugsteig. Der Flug nach Silver City schien relativ ausgebucht zu sein. „2. Klasse. Pah, Arashi ist mal wieder ziemlich geizig gewesen.“ Sie war mit ihrem Flugticket nicht so ganz zufrieden. Aber es war besser als 3. oder, nicht auszudenken, 4. Klasse. Seufzend ließ sie sich in ihren Sitz fallen und rieb sich die linke Schulter. Sie hatte sehr unbequem auf einem kleinen Ast gelegen. „Hey! Du hast die Nacht im Dschungel überlebt! Freut mich, wäre schade um die Statue gewesen.“ Verduzt blickte Néko auf ihren Nebenplatz und ihren schwarzhaarigen Rivalen. „Was willst du den hier?“ „So freundlich? Dabei habe ich mir echt Sorgen um dich gemacht. Du hättest die Nacht ruhig bei mir verbringen können, so kleine Kinder wie dich rühre ich schon nicht an. “ Kichernd klopfte er ihr auf den Kopf und brachte ihre Haare durcheinander. „Pah, hättest du wohl gerne. Und du hast dir Sorgen um das Artefakt gemacht, aber das kriegst du nicht.“ Schmollend drehte sie sich zur Seite und ignorierte den lästigen Kerl. „Du bist wirklich schlecht erzogen, weißt du das?“ Schweigen von Néko. „Na das wird aber ein stiller Flug.“ Leise kichernd angelte er nach einem Buch aus seiner Reisetasche und begann darin zu lesen. Néko starrte auf ihre Uhr. Die Zeit würde wieder mal extrem langsam vergehen, aber sie hatte keine Lust mit ihrem Rivalen auch noch zu reden. Müde und verspannt schlängelte sich Néko aus der überfüllten Untergrundbahn und trat erleichtert auf die Straße. Die Gebäude der beiden Yagura- Türme ragten hoheitsvoll in den abendlichen Himmel und spiegelten dessen rötlichen Ton wieder. Auf der Atamashima herrschte die übliche Unruhe. Die meisten Menschen waren auf dem Heimweg und demnach war auf den Hauptstraßen ziemlich viel los. Beim Museum dagegen war es ziemlich ruhig. Einige Jugendliche hatten sich bei den Bänken im Park vor dem Museum versammelt und schmiedeten vermutlich Pläne für den Rest des Tages. Gerade als Néko auf die erste Stufe der steinernen Treppe des Museums trat, hörte sie hinter sich ein leises Kichern. „Ich habe das Gefühl, dass du mich verfolgst. Kannst du das nicht unterlassen?“ Néko hatte sich ziemlich ungeschickt umgedreht und stolperte über ihre eigen Füße- direkt in die Arme ihres Gegenspielers. Dieser kicherte nur noch lauter, erwischte sie unsanft und hob sie hoch. „Du bist ein Tollpatsch Kleine und keine Angst, ich verfolge dich nicht. Ich hab hier was zu erledigen.“ „Lass mich runter, ich kann alleine gehen!“ Heftig zog sie an seinen Ohren. „Aua, lass das, und das du selber gehen kannst habe ich ja gerade gesehen.“ Weil er sie ja doch nicht runter ließ gab Néko genervt auf und ließ sich von ihm in das Museum tragen. Arashi und Kioko kamen gerade mit Zákuro und Bará aus dem Hauptbüro in die große Halle und blickten etwas erstaunt auf Néko und ihren Begleiter. „Na, ihr Beiden werdet noch gut zusammen arbeiten. Ihr habt euch wohl schon kennen gelernt.“ Kioko kicherte. „Das war nicht meine Idee. Was heißt hier zusammen arbeiten?“ Néko hatte sich inzwischen wieder am Boden eingefunden und ahnte fürchterliches. Zákuro trat vor sie und deutete auf ihren grinsenden Rivalen. „Darf ich vorstellen: Raion Taro, ein Treasure Hunter und dein neuer Partner.“ „Bäh.“ Reflexartig hatte Néko ihm die Zunge heraus gestreckt und erntete dafür einen unsanften Klaps auf den Kopf. „Aua...“ Arashi lächelte. „Jaja, die Beiden verstehen sich wirklich gut. Das wird schon noch werden.“ Kapitel 2: Taro Raion --------------------- „Ich sag´ s euch, das gefällt mir gar nicht. Ich arbeite am liebsten alleine.“ Néko saß auf Hanas Sofa und schaukelte mit ihren Füßen. „Ach, jetzt ärgere dich nicht so, der Typ sieht doch zum anbeißen aus.“ Tama stand mit Hana hinter der Küche und rührte in einer großen Schüssel Kuchenteig an. „Ich habe ihn noch nicht gesehen. Wie sieht er aus? Los erzählt es mir!“ Energisch hatte Hana Tama beiseite geschoben und kramte in einer der Laden nach einem Löffel. Tama kicherte. „Wie schon gesagt: zum Anbeißen... Er ist wirklich hübsch und hat so schöne schwarze, lange Haare... und er ist größer als mein Vater.“ Hana nickte interessiert und verschwand wieder in einem der unteren Küchenkästen. „Und wo wohnt er?“ Mit einem dumpfen Klirren förderte sie eine gläserne Schüssel zu Tage. „Für die Plätzchen...“ Drüben auf dem Sofa spielte Néko inzwischen mit einem der Polster und hatte sich umgedreht, so das ihr Kopf fast am Boden ankam. „Er wohnt auf der Daitokai #2, ich war gestern da und...“ „Was warst du?“ Kreischend fiel Tama ihr ins Wort und sprang auf sie zu. „Was hast du bei Raion- san gemacht? Wieso durfte ich nicht mit?“ Entrüstet stampfte sie mit dem Fuß vor Néko´s Gesicht auf und ab. „Ich hab´ ihm nur sein Flugticket nach Basra gebracht. Ich fliege nämlich morgen mit ihm dahin. Wir werden dann in der nähe von Ur nach einem Zikkurrat des Gottes Marduk...“ „Jajaja, interessiert mich nicht, weißt du ob er eine Freundin hat?“ „Na ja, als ich anklopfte, hat so eine blonde Frau die Tür geöffnet. Außerdem ist er viel zu alt für dich und...“ Rumms! Nach einem Tritt von Tama gegen das Sofa hatte Néko die Balance verloren und war ihr vor die Füße gefallen. „Aua...“ „Helft ihr mir heute auch noch mal, oder soll ich alleine backen?“ Hana hatte gerade das Backrohr geöffnet und das Blech herausgefischt. „Bin schon da.“ Gelangweilt hatte sich Néko eine Schüssel mit einer nougatartige Masse geschnappt und rührte nun darin. Statt ihrer lag nun Tama auf dem Sofa und umklammerte einen Polster. „Eine blonde Tusse... so was...“ Hana lächelte und verschwand im Kühlschrank. „Hehe... Die hat es aber erwischt, was? Eine unglückliche Liebe... Tragisch, tragisch.“ „Mhmm, du sprichst aus Erfahrung, was?“ Tang! Heftig war Hana in die Kühlschranktüre geknallt. „Autsch! Das stimmt nicht! Ich bin nicht unglücklich verliebt!“ Lautes klirren folgte. „So? Und als was würdest du deine Beziehung mit einem gewissen Studenten namens Hirano- kun bezeichnen?“ Tama hatte damit begonnen, den Polster, wie einen Ball in die Luft zu werfen. „Im Gegensatz zu Tama habe ich wenigstens eine reale Chance.“ „Ach ja?“ Néko war sich da nicht so sicher. Mit einigen Gläsern Marmelade beladen kehrte sie wieder zu Néko zurück und übergab ihr ein Glas mit Erdbeerkonfitüre. „Hast du auch Schokoglasur?“ erklang es hoffnungsvoll vom Sofa her. „Bedaure. Mein Bruder Inazuma war heute morgen hier und hat meinen Kühlschrank geplündert.“ Schmollend erhob sie sich, kam zu den Beiden an die Küchentheke und untersuchte die anderen Gläser. „Dann will ich eben Kirsche.“ Hana nickte und übergab ihr eine Schüssel zum Rühren. Gelangweilt wanderte Néko an der Gepäckausgabe auf und ab, wobei sie die große Uhr der Halle im Auge behielt. Der Flug nach Tokyo ging immerhin schon in einer halben Stunde. Die meisten der Flüge gingen über Tokyo oder Osaka, da der Flughafen von Silver City ziemlich klein war. „Langsam könnte er auftauchen.“ Mit einem Seufzer angelte sie nach ihrem kleinen Rucksack, warf ihn über ihre Schulter und schlenderte zum Eingangsbereich. Nach einiger Zeit des Wartens näherte sich ein roter Sportwagen dem Parkplatz vor dem SC Kuko. „Das ist er doch nicht etwa? So pünktlich.“ Néko war leicht verstimmt. Das Auto hielt vor dem Eingang und Taro stieg mit einer hübschen, rothaarigen Frau aus. Diese fiel ihm natürlich gleich um den Hals um sich zu verabschieden. Es hatte nicht den Anschein als ob es Taro gefallen würde, denn er wirkte ziemlich desinteressiert. Nachdem er seine Reisetasche aus dem Kofferraum geholt hatte stieg die Rothaarige wieder in den Wagen und brauste in Richtung Minato davon. Néko hob die Augenbrauen und betrachtete die Szene. Taro betrat die Halle und sah sich nach ihr um. Als er sie schließlich bei der Fensterfront entdeckte lächelte er erfreut und winkte sie zu sich herüber. „Hey Ichigo! Du wartest auf mich? Das ist aber freundlich.“ Noch bevor Néko antworten konnte, hatte sie ihn erreicht und er verwuschelte schon ihre Haare. „Laß´ das! Natürlich warte ich, der Flug geht ja erst in 15 Minuten.“ Vergebens versuchte sie seine Hand aus ihren Haaren zu bekommen und ein beleidigtes Gesicht zu machen. „Nanana, wer wird denn so Böse sein?“ Etwas gekränkt zog er seine Hand zurück und blickte nach der Uhr. „Wir sollten jetzt zum Flugsteig. Soll ich dich wieder dahin tragen, oder kannst du inzwischen schon besser laufen?“ Mit einem boshaften Grinsen musterte er Néko. „Nein danke, das kann ich alleine.“ Wütend stampfte sie an Taro vorbei. Dieser folgte ihr amüsiert und wedelte mit seiner Hand vor ihrem Gesicht herum. Weil sie ihn aber ignorierte, gab er schließlich mit einem Schulterzucken auf. Néko lächelte, ein kleiner Sieg für sie. Taro ließ sich auf seinen Sitz fallen und blickte auf Néko. Natürlich schmollte sie noch immer. „Willst du den ganzen Flug über schweigen?“ Keine Reaktion. „Willst du mich ärgern?“ Keine Reaktion. „Na gut. Wir werden ja sehen.“ Kopfschüttelnd angelte er in seiner Tasche nach den Unterlagen ihrer Reise. „Na mal sehen, wir sollen dieses neu entdeckte Zikkurrat bei Ur mal unter die Lupe nehmen... Stammt aus der Zeit vor Babylon... vermutlich 2000 v. Chr.“ Er kramte nach einem anderen Blatt und blickte wissend zu Néko, die noch immer mit abgewandtem Haupt aus dem Fenster starrte. „Vermutlich von den Sumerern erbaut... für die Göttin Inanna...“ „Nein, für Marduk.“ kam es von Néko, die sich aber im selben Augenblick schon wieder darüber ärgerte, dass ihre Zunge schneller als ihr Kopf gewesen war. „Na, es geht doch.“ Taro kicherte und drückte ihr die Unterlagen in die Hand. „Jetzt schmoll nicht, sondern mach deine Arbeit, Ichigo.“ Wiederwillig blätterte sie in den Schriftstücken. „Trotzdem, das eines Klar ist, ich rede nur mit dir, weil es mein Job erfordert!“ „Jajaja, wie du meinst. Wir werden ja sehen.“ Nervös lief Kioko im Hauptbüro des Museums auf und ab. Schließlich setzte sie sich an den Schreibtisch und startete ihren Laptop. Sofort blinkte das Zeichen für neue E- Mails rot auf. Neugierig rief sie gleich die erste davon auf. Sie war von Bará, die sich über Néko´s neue Mission erkundigte. Kioko verschob die E- Mail in einen Ordner mit dem Titel „Später“ und las die Zweite. Diese war schon etwas interessanter. Insider News über die Treasure Hunters von Yanagi Kairo. Laut ihrer Nachricht galt das Zikkurrat, nahe der Stadt Ur, für die Hunters noch immer als gesperrt und unwichtig. Weshalb es auch niemandem erlaubt war dorthin zu gehen. Es sei denn, man hatte die Genehmigung eines Museums. Aber das alles wusste Kioko schon länger. Nachdenklich blätterte sie in einigen Unterlagen, welche neben dem Laptop fast den ganzen Schreibtisch einnahmen. Unbemerkt hatte Arashi das Büro betreten und musterte schmunzelnd den Papierberg. „Na, das wird wieder eine Arbeit werden.“ Kioko zog einige Akten aus dem Chaos und blätterte uninteressiert darin. „Meinst du, ich hätte es Taro und Néko sagen sollen? Sie werden sicherlich verärgert sein, wenn sie erfahren...“ „Mach dir keine Sorgen. Sie sollen immerhin die Zusammenarbeit lernen. Solche Kinkerlitzchen sollten da wohl auch kein Problem sein. Sie werden das schon überleben.“ Arashi kicherte fies und Kioko schüttelte ungläubig den Kopf. „Außerdem ist es besser so. Niemand wird dann erfahren, dass die beiden Treasure Hunters aus einem Museum sind. Für eine Genehmigung würden manche Kunstsammler über Leichen gehen.“ Er hatte sich inzwischen auf Kiokos Sessel gelehnt und las die Nachricht von Kairo. „Aha, wie gesagt, eine Genehmigung ist ziemlich gefragt. Im Übrigen ist deine Freundin Kiíchigo draußen und will dich sprechen.“ Damit küsste er seine Frau auf Wange und verließ das Büro. Im Glanz der Abendsonne erreichten Néko und Taro schließlich eine kleine Stadt namens Basra. „Hmmm, ich war ja schon in vielen Städten, aber es ist immer wieder faszinierend wenn man etwas Neues sieht.“ Taro schien nicht wirklich begeistert zu sein. „Ich war schon mal hier. Damals war ich in Uruk.“ Néko kramte nach einem Stadtplan, sie hatte doch einen von Arashi bekommen... „Was hast du denn vergessen?“ lächelnd hielt er ihr einen Plan vor die Nase. „Das da. Weißt du wo dieses Hotel sein soll?“ „Klar, wenn du gerade aus schauen würdest, könntest du es sehen. Ich dachte du warst hier schon mal?“ Taro kicherte fies, was ihm prompt einen Tritt auf den Fuß von Néko einbrachte. „Gehen wir.“ Sie schwang den Rucksack über ihre Schulter und eilte voraus. Das Hotel war eigentlich eine ganz schöne Anlage. Es wurde erst vor kurzem erbaut und war deshalb sehr modern. Die Fassade war ziemlich westlich gehalten und eigentlich eher untypisch für diese Gegend. Außerdem war es sehr beliebt bei Reisegruppen. Die Halle war nämlich mit vielen Touristen gefüllt, die einigen Reiseleitern lauschten. „Das ist aber voll hier!“ Taro drängelte sich an die Rezeption und musterte aufmerksam die blonde Empfangsdame, was bei Néko ein leises Schmunzeln hervorrief. „Kann ich ihnen irgendwie behilflich sein?“ Die Dame sprach mit einem leichten Akzent. „Wir haben reserviert.“ Taro holte die Reservierungsbestätigung von Arashi aus seiner Tasche und händigte sie der Dame aus. „Ach ja, ich weiß schon. Der Anruf letzte Woche... Das Ehepaar Raion, nehme ich an? Hier ist der Schlüssel, Zimmer 401.“ „Bitte, was?“ Taro war verdutzt, Néko hatte allerdings genau verstanden. Dieser Arashi! So was. „Nein, nein, das muss ein Irrt...“ Noch bevor er zuende sprechen konnte hatte sich Néko an seinen Arm geworfen und grinste fies. „Jaha! Ist schon alles richtig, nicht war, mein Schätzchen?“ Noch bevor Taro irgendwelche Wiederworte von sich geben konnte, wurde er auch schon von Néko in Richtung Aufzug gezogen. Die Empfangsdame sah den Beiden etwas verwirrt hinterher. „So was?“ „Sag mal, was sollte das denn? Ich, mit dir verheiratet? Wer soll den das glauben?“ Taro schien leicht verärgert. „Du bist doch noch ein kleines Kind.“ „Pha, ich bin kein Kind mehr. Außerdem gefällt mir dein Benehmen Frauen gegenüber gar nicht.“ Néko bemühte sich, ernst zu klingen, musste dann aber doch laut loslachen. „Ich finde das gar nicht komisch. Was hat sich Arashi denn dabei nur gedacht. Mit dir, als ob ich ein Kind wie dich heiraten würde.“ Die Aussage brachte ihm einen Schlag über den Kopf durch Néko´s Rucksack ein. Leicht gekränkt, aber immer noch mit dem Lachen kämpfend verließ Néko den Fahrstuhl. „Da hinten ist es. Und glaub´ ja nicht, dass ich dir das Bett überlasse.“ Drohend hatte sie ihren Zeigefinger erhoben und öffnete die Zimmertür. Taro ersparte sich jeglichen Kommentar, das war sicherer so. Beide hatten das Zimmer betreten und sahen sich neugierig um. Genau wie der Rest des Hotels war das Zimmer im westlichen Stil gehalten. Es sah eher wie ein Zimmer aus einem amerikanischen Hotel aus, als einem Irakischen. „Hm, nicht mal so schlecht. Obwohl ich die Hotels in Silver City hübscher finde.“ Taro hatte seine Tasche auf dem kleinen Schreibtisch abgestellt und kramte darin. Néko hatte sich auf das Sofa geworfen und musterte erst Taro und dann das Bett. „Na gut, ich bin ja nicht böse. Du darfst auch im Bett schlafen, wenn du auf deiner Seite bleibst.“ „Wie großzügig du doch sein kannst, kleine Ichigo. Und keine Angst, bei kleinen Kindern kann ich mich beherrschen.“ „Vorsicht, sonst überlege ich es mir noch mal.“ Néko hatte sich erhoben und verschwand im Bad. Taro musste kichern. Wirklich eine lustige Kleine, diese Ichigo. Nachdem sie das Bad wieder verlassen hatte, machte sich Néko an ihren Rucksack und durchkramte ihre Satellitenkarten von dem Gebiet um die Stadt Ur. „Einen köstlichen Schlafanzug hast du da. So richtig zum Anbeißen, dieses Erdbeermuster.“ kichernd verschwand Taro im Bad und der geworfene Schuh von Néko knallte gegen die Tür. „Schade, daneben.“ Als er schließlich wieder ins Zimmer zurückkehrte war Néko noch immer mit den Karten beschäftigt. „Ich dachte dieses Zikkurrat liegt in der Nähe von Ur, es ist aber 50 km davon entfernt.“ „Hä, was ist?“ Taro hatte ein Handtuch um seine Haare geschlungen und setzte sich zu Néko. „Na, das Zikkurrat ist ziemlich weit weg von Ur.“ „Ich weiß, was glaubst du wohl warum wir hier in Basra sind, Ichigo? Von hier ist es viel kürzer, als von Ur aus.“ Umständlich kramte sie nach einer anderen Karte. „Jaja, sehe ich ein. Und wie sollen wir dahin kommen?“ „Ich habe uns einen Helikopter gemietet und...“ „Du hast einen Pilotenschein?“ Néko war erstaunt. „Natürlich, das ist doch ein klares Muss für einen Treasure Hunter! Was glaubst du denn?“ Taro blickte abschätzig auf Néko herab. „Ich bin noch zu jung, um den Flugschein zu machen...“ Umständlich ordnete sie die Karten und stopfte sie in den Ordner von Kioko zurück. „Wir brechen morgen früh gegen 5 Uhr auf. Dann ist es noch nicht so heiß.“ Damit verkroch sie sich unter ihrer Decke. „Bäh, so früh schon.“ Taro war richtig begeistert. „Sag´ mal, machst du das immer so?“ Taro konnte sich das Lachen nicht mehr verkneifen und ließ sich auf den verstaubten Steinboden fallen. „Hach, sei Still!“ klang Néko´s Stimme von unten. Die Beiden hatten gerade das alte Zikkurrat, welches für den mesopotamischen Gott Marduk errichtet wurde, betreten und Néko war durch ein kleines Loch im Boden gefallen. Jetzt hing sie, in einigen alten, porösen Schlingpflanzen mit dem Kopf nach unten in dem Loch. „Soll ich dir helfen?“ Kichernd hatte er sich neben das Loch gesetzt und hielt nach Néko Ausschau. „Darauf kann ich verzichten! Ich komme da schon alleine...“ Rumms! Ein lauter Krach war zu hören. „Aua! Verflucht, wieso sind Knochen nur so hart...“ Die knorrigen Schlingpflanzen waren gebrochen und Néko auf einen Haufen Knochen gestürzt. Erschrocken versuchte Taro etwas in der Dunkelheit zuerkennen. „Hey, ist dir was passiert?“ „Nein! Aber du musst hier runter kommen, hier ist ein Gang!“ Aufgeregt fuchtelte sie mit ihrer Taschenlampe herum. Langsam kletterte Taro durch das Loch und sah sich neugierig um. „Holla! Du hast ja wirklich Talent im Suchen. Sieht interessant aus...“ Schon war er in dem Gang verschwunden. Néko rieb sich den Arm und kramte danach in ihrem Rucksack. Nach kurzem Suchen förderte sie einen kleinen Anhänger zutage. Das Schmuckstück leuchtete in einem grellen Neonlicht. „Sakyū...“ „He, Ichigo! Wo bleibst du?“ Erschrocken stopfte sie den Anhänger wieder in ihren Rucksack zurück und lief zu Taro. „Bin ja schon da.“ „Gut. Sieh mal hier.“ Er deutete auf einige Schriftzeichen an der Wand. „Interessant nicht war? Dieser Tempel hier wurde nicht für Marduk erbaut. Jedenfalls nicht dieser Teil hier. Solche tiefen Keller gibt es sonst eigentlich in keinem Zikkurrat.“ Néko hatte schon ihren Universalübersetzer aus dem Rucksack geholt und fuhr über die Zeichen. „Das ist wieder mal nicht übersetzbar... ich frage mich wozu ich das überhaupt brauche.“ Genervt steckte sie den Übersetzer wieder zurück und sah sich nach Taro um. Dieser hatte noch einige andere Inschriften gefunden und winkte Néko zu sich. Er deutete auf ein Quadratisches Symbol mit einem Rechteck darin, welches eine Art Sonnenzeichen enthielt, und über diesem noch drei Zeichen. „Hier siehst du? Das ist das Zeichen von Schammasch, der Gott der Sonne.“ „Jaja, und der Sohn des Mondgottes Nana und der Gott der Gerechtigkeit und der Stadtgott von Sippar und Larsa. Du kannst dir solche Belehrungen ruhig sparen, ich kenne mich aus mit den alten Göttern.“ „Ist ja schon gut. Jedenfalls ist es seltsam, das dieses Zikkurrat hier für ihn erbaut wurde. Sippar liegt ziemlich weit weg.“ „So um die 600 km, glaube ich.“ Fügte Néko noch eifrigst hinzu. Jaha! Sie kannte sich gut aus. „Fragt sich nur warum man daraus ein Marduk- Heiligtum gemacht hat.“ Taro hatte eine Taschenlampe aus seiner Jackentasche gekramt und durchleuchtete den restlichen Teil des Ganges. „Komm mit.“ Néko warf noch einen Blick auf die Zeichen an der felsigen Wand und drehte sich dann zu Taro um. Die Beiden folgten dem Weg und hielten nach neuen Schriftzeichen Ausschau. Nach einigen Metern führte der Gang plötzlich steil nach unten. Taro hielt es für besser, oben ein Seil anzubringen und sich vorsichtig nach unten zu hangeln. Während er nach einem Seil kramte versuchte Néko das Ende des Weges mit ihrer Taschenlampe auszuleuchten. „Ich glaube fast das da unten das Ende ist. Sieht aus als ob da eine Wand ist...“ „Das werden wir gleich wissen...“ Mit einem Satz war Taro an ihr vorbei in die Dunkelheit gesprungen. „He! Warte!“ Energisch ergriff sie das Seil und folgte ihm. „Siehst du das? Da ist eine Tür.“ Taro klopfte neugierig gegen die Wand. Im Schein der Taschenlampe konnte man eine leichte Rille in der Wand erkennen. „Wir haben nicht zufällig ein Stemmeisen dabei?“ Er kramte in seiner Tasche um etwas Brauchbares zu finden. „Erfahrungsgemäß findet sich in solchen Situationen meistens eine Art Hebel, womit besagte Tür auch auf geht.“ Néko durchsuchte den kleinen Raum und fand auch bald 3 kleine Steinhebel, die neben dem Weg, aus der Wand ragten. „Soll ich mal einen davon versuchen?“ Nach einem kurzen Nicken von Taro schob sie den ersten Hebel in die Wand. Leise begann der ganze Raum zu zittern. „Was ist das?“ Néko war erschrocken zu Taro getreten und durchleuchtete den Raum. „Sieh mal, da oben!“ Aufgeregt deutete er in die Höhe. „Die Decke kommt runter!“ Zu allem Überfluss schloss sich der Gang mit einem lauten, knirschenden Geräusch. „Das ist gar nicht gut. Schnell, versuch einen anderen Hebel!“ „Gut, aber pass´ auf!“ Die Decke war schon zur Hälfte in den Raum gefahren und noch gute 3 Meter von ihnen entfernt. Schnell zog Néko den zweiten Hebel, wobei sie ihre Taschenlampe verlor. „Mist.“ Unerwartet erschütterte ein heftiges Beben den Raum und schleuderte die Beiden auf den Boden. „Verflucht! Los, den letzten Hebel!“ Taro hatte sich schnell wieder erhoben und tastete nach der Decke. Diese war nun etwas schneller geworden und nur noch um die 2 Meter entfernt. „Aua! Mist, ich komm, hier nicht raus, ich...“ Die Felswand neben Néko war bei dem Beben in den Raum gebrochen und hatte sie beinahe ganz verschüttet. Unter der schnell näherkommenden Decke versuchte Taro an die Hebel zu kommen. Néko versuchte inzwischen sich zu befreien, wobei sie noch einige kleine Felsbrocken abbekam. „Das tut weh! Los beeil dich!“ „Ich suche ja!“ Endlich faste er den letzten Hebel und zog ihn nach unten. Langsam bewegte sich die Tür. „Los! Gib mir deine Hand!“ Wegen der Decke musste Taro auf dem Boden kniend nach Néko suchen. Er erwischte er sie und zerrte sie unter den Trümmern heraus. „Runter!“ Durch die aufgehende Tür schossen drei eiserne Speere auf die Beiden zu und verfehlten sie nur knapp. „Gut das wir hier am Boden herum liegen...“ Sie hatte sich ziemlich erschrocken und versuchte zur Tür zu kommen. „Langsam ist es aber genug!“ Heftig zog Taro Néko mit sich. Im letzten Moment konnten sie der Decke durch die Türe entkommen. „Das war knapp...“ Erleichtert ließen sich Beide auf den Boden fallen. „Das kannst du laut sagen. Himmel, wer rechnet denn gleich mit solchen Fallen. Da waren die Feuerspeier in Brasilien ja nichts dagegen.“ „Stimmt. Die hat dann eh das Wasser gelöscht.“ Beide mussten kichern. „Na gut, dann sehen wir mal weiter.“ Vorsichtig untersuchte er den neuen Gang. Auch Néko wurde neugierig und folgte Taro. „Hey! Komm mal her. Sieh dir das an.“ Langsam schlenderte sie um die Ecke und sah sich um. „Wow! Nicht schlecht...“ Die Zwei befanden sich anscheinend in einer riesigen, unterirdischen Höhle. „Was ist denn das?“ Im Schein der Taschenlampe war ein langgestreckter, schwarzer See zu erkennen. „Ich nehme an das ist Öl. Jedenfalls soll es in dieser Gegend recht häufig sein.“ Néko nickte aufmerksam und versuchte die Höhle zu überblicken. Vor ihnen endete der Weg an einer steilen Klippe. „Da kommen wir nicht runter. Es sei denn wir springen in das Öl. Bäh...“ Ein Schauder lief ihr über den Rücken. „Was ist denn das da? He, leuchte hier mal her!“ Néko lehnte sich über die Klippe und versuchte etwas zu erkennen. „Hey Ichigo, sei´ vorsichtig!“ Taro hatte kaum zu Ende gesprochen, als schon ein lautes, bröckelndes Geräusch die Stille der Höhle durchbrach. „Aua...“ Das Gestein hatte nachgegeben und Néko war einen halben Meter tief in Richtung Ölsee gefallen. „Toll. Du hast eine Brücke gefunden.“ Taro unterdrückte ein Kichern und sprang zu ihr hinunter. „Ich wusste das ich was gesehen habe.“ Eifrig erhob sie sich und schnappte nach der Taschenlampe. Sie befanden sich tatsächlich auf einer Art Brücke, die von der Klippe zur anderen Seite der Höhle führte. „Dieses Zikkurrat ist ein wirklich interessantes Bauwerk.“ Achtsam überquerten sie die Steinbrücke und stießen erneut auf ein Steintor und drei Hebel. „So, und was jetzt? Sollen wir noch mal unser Leben riskieren?“ Taro überlegte. „Das ist nun mal unser Job!“ Energisch betätigte Néko den ersten Hebel, und siehe da... Die Tür öffnete sich ein kleines Stück. „He, toll! Das funktioniert ja!“ Eilig drückte sie auch die anderen beiden Schalter in die Wand. Laut Grollend öffnete sich das Tor bis ganz nach oben. „Das freut mich jetzt aber!“ „Sei´ aber trotzdem vorsichtig.“ Beide durchschritten die Tür und betraten eine große Halle. „Seit wann haben Zikkurrate eigentlich solche Hallen als Keller? Und seit wann haben sie überhaupt Kelleranlagen?“ Néko schüttelte nur den Kopf. „Woher soll ich das wissen?“ Die Halle war pyramidenförmig aufgebaut und wurde oben durch ein helles Loch, welches die ganze Höhle beleuchtete, abgeschlossen. Es war nicht ausgeschlossen, dass dieser Raum das darüberliegende Zikkurrat aushöhlte. Solch eine Bauweise war bisher noch nie entdeckt worden. „Es könnte sein, dass man das Marduk- Zikkurrat einfach über dieses hier gebaut hat.“ Taro begutachtete einige Inschriften neben der Tür. „Wäre möglich.“ Néko hatte ihre Aufmerksamkeit in die Mitte der Halle gelenkt. Neben einigen zerstörten Statuen ragte eine kleine Stufenpyramide in die Halle. „Komm mit...“ In ihrem Rucksack kramend wanderte sie zu der Pyramide. Taro kletterte über die Stufen zu ihrer Spitze und stieß auf einen kleinen Altar. Die vier Seiten waren mit einigen Schriftzeichen und einem Relief versehen. Taro erkannte die Symbole der Götter Nanna, Nebo, Inanna, Nergal, Marduk und Ninib. „Die sieben Zonei... aber Schammasch fehlt...“ Sorgfältig untersuchte er den Altar. Es musste noch irgendwo ein Zeichen geben. Endlich entdeckte er das Schamaschzeichen, auf den Steinplatten vor dem Altar. Warum gerade da am Boden? Ungläubig schüttelte er den Kopf. Taro begutachtete das Zeichen und fuhr mit der Handfläche darüber. Das kleine Relief ließ sich in den Grund schieben. Ein komisches Knirschen ließ Taro erschrocken einen Schritt nach hinten treten. Langsam öffnete sich der Hochaltar und förderte eine kleine goldene Statue zu Tage. „Wow, he Ichigo, ist das nicht toll? Ichigo?“ Suchend überblickte er die Halle. Wo war sie denn jetzt schon wieder? Langsam begann er damit sich Sorgen zu machen. Sie würde doch nicht... Im hinteren Teil des Raumes bewegte sich etwas. „Ichigo? Wo bist du? Los sag´ was!“ Eilig lief Néko auf die Pyramide zu, während sie etwas in ihrem Rucksack verstaute. „Ich bin ja schon da! Was hast du gefunden?“ „Das da. Eine Darstellung von Schammasch.“ Kopfnickend betrachtete sie die kleine Plastik. „Sieht aus wie einige der Goldfiguren aus dem Oxus- Schatz.“ „Gut, dann nehmen wir sie mit. Kioko wird sich freuen.“ Taro ergriff die Figur und die kleine Pyramide begann heftig zu wackeln. „Was hast du gemacht?!“ „Garnichts! Nur die Statue genommen!“ Ziemlich schnell begann die Pyramide in Richtung Deckenloch zu fahren. „Nein! Zum Springen sind wir schon zu hoch!“ Néko ereilte ein kleiner Panikanfall. „Bleib ruhig, Ichigo. Dort oben kommen wir raus.“ Die Altarplattform bewegte sich ziemlich schnell nach oben und über dem Loch wurde eine Art Abdeckung sichtbar. „Schnell! Duck´ dich!“ Taro zog Néko auf den Boden und legte schützend den Arm um sie. Mit einem lauten Rascheln durchbrachen sie eine sandpapierähnliche Decke und befanden sich im inneren des Tempels, oben in dem Marduk Zikkurrat. Kaum hatte Taro den Kopf gehoben öffnete sich eine Steinwand und legte einen riesigen Felsen frei, welcher sofort auf die Beiden zurollte. „Jetzt ist´ s aber mal genug!“ Schnell zog Taro Néko auf ihre Füße und aus dem Tempel. So schnell sie konnten rannten sie die Stufen des Zikkurrates nach unten, mit dem Felsen auf den Fersen. „Mist! Er hat uns gleich!“ „Red´ nicht! Lauf!“ Die treppenförmige Rampe des Marduk Zikkurrates war an beiden Seiten von einer 2 Meter hohen Mauer umgeben. Ein Ausweichen auf die Seite war also nicht möglich. „Da! Wo die Mauer gebrochen ist!“ Néko fuchtelte wild mit den Händen in der Luft herum. Polternd kam der Felsen immer näher. Taro packte Néko und sprang mit ihr durch die gebrochene Mauer. Unsanft landeten Beide auf der zweiten Stufenplattform des Zikkurrats und der Felsen bretterte an ihnen vorbei. „Himmel!“ Néko war ziemlich erschrocken. Taro musste laut kichern. „Was gibt´ s denn da zu lachen?“ Glucksend deutete Taro nach unten. „Na, das alles! Hehe, das ist einfach zu albern. Ich komme mir schon vor wie in einem billigen Abenteuerfilm...“ „Wenigstens hat es sich gelohnt!“ Erfreut hielt sie die kleine, goldene Statue hoch. Taro beruhigte sich langsam wieder. „Der große Treasure Hunter Ichigo hat überlebt, was?“ Eifrigst nickte sie mit dem Kopf. „Natürlich! Und im Übrigen kannst du mich auch ruhig Néko nennen.“ Taro war aufgesprungen, schnappte sich die Figur und lächelte. „Gut, dann Treasure Hunter Néko!“ Kapitel 3: Silver City ---------------------- „Und dann erst dieser komische Altar! Ich sag´s euch, der ist plötzlich rauf gefahren!“ Umständlich wedelte Néko mit den Armen in der Luft herum, wobei sie beinahe Tamas Kopf getroffen hätte. „He, pass doch auf!“ Fast wäre sie vom Sofa gefallen. Hana stand am Fenster und beobachtete die Szene eifrig. „Und dann? Was ist dann passiert?“ „Sie hat es geschafft und ist mit dem Artefakt entkommen. Ist doch klar, oder? Los, erzähl lieber mal was Taro- san gemacht hat! War er wieder so niedlich?“ Tama sprang begeistert auf und ab. Néko schüttelte verständnislos den Kopf. „Himmel aber auch! Der Typ ist doch jetzt wirklich egal.“ Hana begann zu kichern und blickte neugierig aus dem Fenster. Néko fuhr mit ihrer Erzählung fort. Die Drei hatten sich mal wieder in Hanas Wohnung getroffen und einen Kuchen gebacken. Dieser war allerdings schon aufgefuttert und einige Reste lagen noch, auf ein paar Tellern, in der Küche herum. Die kleine Wohnung war ein beliebter Treffpunkt der drei Mädchen. Vor allem weil Hana alleine hier lebte. Im Hause der Tanakas hatten sie meistens nicht so viel Ruhe, weil Kioko sie gerne mit ihrer Führsorge nervte und die alte Hausdame sie immer aus der Küche jagte. Natürlich war es auch in Néko´s kleinem Häuschen ziemlich ruhig, aber auch ziemlich unaufgeräumt und mit viel Krimskrams vollgestopft. Hanas Wohnung dagegen war immer ordentlich und lag auch noch ziemlich günstig. Neben einem Einkaufscenter auf dem Minami no Yagura. Hana stand immer noch am Fenster und behielt den Sportplatz der SCU immer im Blickfeld. Néko war aufgestanden und wanderte gelangweilt im Zimmer herum. „Ich finde es nicht nett, dass ihr meine Geschichte nicht hören wollt.“ Sie war zu Hana getreten und folgte deren Blick nach unten. „Aha. Verstehe.“ „Du verstehst gar nichts. Ich sehe nur gerne auf das Meer hinaus.“ Verlegen hatte sich Hana umgedreht und stapfte in die Küche. „Mhm, seit wann ist der Trainingsplatz der Volleyballspieler denn im Meer?“ Néko kicherte. Natürlich hatte Hana nach Hirano Ausschau gehalten. „Spar´ dir deine Kommentare! Das stimmt gar nicht!“ Hana klang richtig bedrohlich, was Néko nicht am weiter kichern hinderte. Schließlich fasste sie einen Entschluss. „Mir ist langweilig. Lasst uns auf die Kita no Yagura gehen... Eis essen.“ Tama war sofort begeistert und folgte Hana in die Küche. Auch Néko gefiel der Vorschlag, obwohl sie gerne ihre Story weiter erzählt hätte. Die drei Mädchen verließen das Wohnhaus und machten sich auf den Weg zur nächsten Tatéana Station. Diese sogenannten Schacht- Stationen verbanden die einzelnen Teile von Silver City miteinander. In den Schächten wurden, neben den Personen, auch sämtliche anderen Güter der Stadt, von einem Kuiki zum nächsten transportiert. Dies hatte den Vorteil, dass die Straßen der Stadt fast völlig leer blieben und die Rate der Autounfälle ziemlich weit unter den Raten vieler anderen Städten der Welt lag. Während sie in der Tatéana Bahn durch den Zweiten Turm nach unten zum Hauptschacht fuhren, beschloss Hana das es kürzer wäre über die Chiisa na Shima Inseln zum Ersten Turm zu fahren. „Der Weg über die Daitokai ist etwas länger. Es ist zu blöd, dass wir nicht mit der Bahn direkt über das Meer fahren dürfen.“ „Die würde wohl im Meer untergehen.“ Néko stand an der Tür der Bahn und starrte nach draußen in die Dunkelheit des Tunnels. Ab und zu fuhr an der gegenüberliegenden Schiene eine andere Tatéana Bahn nach oben. Tama und Hana saßen neben ihr auf einer der vielen Sitzbänke und verfolgten die Wege der Schacht-, Straßen- und Untergrundbahnen auf dem Fahrplan über der Tür. Nach knapp 3 Minuten erreichten sie das Ende des Turmes und mussten umsteigen. Der weg von einer Yagura zur Anderen war zwar nicht gerade sehr weit, aber doch etwas umständlich. Bei der Planung der Stadt war man ziemlich Freigiebig gewesen, was den Platz anging. Letztendlich bestand die Anlage aus neun einzelnen Teilen, welche in Sachen Energieversorgung völlig autark waren. Silver City galt zu Recht als Stolz der Architekten und seiner Bewohner. Nach insgesamt 10 Minuten erreichten die Drei den Kita no Yagura im Nordosten der Stadt und besuchten ihr Lieblingslokal, das Mayonaka Teehaus. Diese Lokalität lag am Dach eines Hochhauses, inmitten eines alten japanischen Gartens, etwas vom Trubel der Wohnsiedlungen entfernt und öffnete seine Pforten erst um 18 Uhr. Da es ein ziemlich gehobenes Etablissement war, erfreute es sich vor allem bei den älteren Leuten einer ziemlich großen Beliebtheit. Jugendliche waren eher selten und deshalb waren Néko, Tama und Hana auch schon ziemlich bekannt. Gleich nachdem sie das Teehaus betreten hatten, wurden sie auch schon von Káma Aói- san, der Herrin des Hauses begrüßt. „Konnichiwa, meine Lieben. Sieht man euch auch einmal wieder? Ichigo- san, ich hörte du warst wieder auf einer sehr gefährlichen Reise?“ Aói trug einen ziemlich schönen Seiden- Kimono mit vielen aufwendigen Stickereien, welche rötliche Wolken und einen großen, chinesischen Drachen darstellten. Außerdem war ihr Obi zu einer Rose gebunden. „Ach, so gefährlich war es gar nicht.“ Aói führte die Drei in das große Chashitsu. „Wow, dieser Kimono ist ja ein Traum! Dieses Drachenmotiv erst...“ Hana blickte Aói hinterher und bewunderte das Gewand. Schließlich ließen sie sich auf ihren Stammplatz fallen und musterten die Karte. „Und? Habt ihr euch schon entschieden? Wieder alle das gleiche?“ Hinter ihnen war Bèi Ryoko, ihre blauhaarige Stamm- Kellnerin aufgetaucht und lächelte freundlich. Sie trug einen blaugrünen Kimono mit einem Wellenmuster und einem grünen Schmetterlingsobi. „Ich möchte Ohagi!“ Tama hatte die Nase noch immer in der Karte und laß diese aufmerksamst durch. „Dachte ich mir.“ „Für mich Mizu Yokan mit Erdbeeren.“ Néko hatte mal wieder ihre Sonderwünsche. „Dachte ich mir auch.“ „Und für mich Ogura aisu kurimu, und wenn du ´dachte ich mir` sagst, gehe ich mich beschweren.“ Natürlich meinte Hana es nicht ernst, aber sie konnte Ryokos Sarkasmus nicht leiden. Diese zog lächelnd ein beleidigtes Gesicht und verschwand im hinteren Teil des Chashitsu. „So, jetzt ist es halb Acht. Wir könnten nachher noch zum Kita no Jinja gehen.“ Hana sah sich, betont gelangweilt, im Lokal um. „Hab ich´ s nicht gleich gesagt.“ „Hast du. Und mich ärgert sie wegen Taro- san, dabei ist sie noch viel schlimmer.“ Tama und Néko hatten ihre Köpfe zusammengesteckt und musterten Hana wissend. „Das ist nur ein Vorschlag gewesen. Oder wollt ihr lieber nach Hause? Schlafen gehen, wie alle braven Kinder?“ Etwas gekränkt hatte sie sich zur Seite gedreht und ihre Arme verschränkt. „Och, wir können ruhig noch hingehen. Willst du einen Glücksbringer für die Liebe kaufen?“ „Das ist ja dann wohl meine Sache.“ Noch bevor Néko wieder antworten konnte, war auch schon Ryoko mit ihren Bestellungen erschienen. „Böse Mädchen! Hört auf euch zu streiten. So was gehört sich nicht.“ Damit ließ sie sich neben Néko auf eines der Zabúton fallen und schnappte sich eine der Erdbeeren. „Hey, das sind meine! Geh lieber wieder arbeiten!“ Energisch verteidigte Néko die kleine, rotlackierte Schale mit den Erdbeeren gegen Ryokos lange Finger. „Hab´ grad nix zu tun und wollte wissen, ob es was Neues gibt.“ Da sie bei Néko´s Früchten keine Chance mehr hatte, angelte sie sich ein Ohagi von Tama, was bei dieser zu einem leisen Protestmurren führte. „Bei uns gibt es eigentlich nichts Neues. Hana hat ein Einkaufsverbot bekommen, weil sie wieder zu viel ausgegeben hat und Tama hat sich verknallt.“ Néko grinste und wurde von zwei wütenden Gesichtern angestarrt. „Ich habe nicht zu viel gekauft.“ Hana war beleidigt, doch das kümmerte niemanden. „Soso, die Kleine hat sich verliebt? Los erzähl mal...“ Ryoko war neugierig geworden und angelte sich noch ein Ohagi. „Du solltest ihn mal sehen, Taro- san ist ja so niedlich, und hat schöne, schwarze Haare und...“ Mit einem fiesen Lachen wurde sie von Hana unterbrochen. „Hehe, du solltest mal Néko fragen, die hat immerhin schon eine Nacht mit ihm verbracht.“ „Bitte, WAS habe ich?“ Vor lauter Entsetzen hatte sie sich an einer Erdbeere verschluckt und bekam einen kleinen Hustenanfall. „Ist nicht wahr! Wir habe nur zusammen im Bett gelegen!“ keuchte Néko hervor und Hana musste lachen. Tama gefiel das Ganz und Gar nicht, vor allem weil Ryoko sie ganz mitleidvoll angrinste. „Jaja, die Konkurrenz schläft nicht.“ „Stimmt gar nicht, den Fiesling kann sie gerne haben, ich verzichte dankend!“ Néko hatte sich schon wieder erholt und stach mit ihren Stäbchen umständlich in ihrem Mizu Yokan herum. „Na, wie auch immer. Langsam sollte ich mal wieder arbeiten gehen. Wir sehen uns noch.“ Aus ihren Augenwinkeln hatte Ryoko Aói entdeckt, welche schon ärgerlich in ihre Richtung geblickt hatte. Mit einem Winken erhob sie sich und verließ den Tisch der Drei. Es war bereits halb Zehn als sie schließlich das Teehaus verließen und sich auf den Weg zum Kita no Jinja machten. Da es langsam Herbst wurde hatte sich eine tiefe Dunkelheit über dem Meer ausgebreitet. Trotz der späten Stunde waren immer noch recht viele Leute unterwegs. Hier auf dem Kita no Yagura war es nicht so hektisch wie auf der Atamashima oder den anderen Stadtinseln. Die beiden Türme waren die Ruhepole der Anlage und verfügten über zahlreiche, künstlich angelegte kleine Wälder und Parkanlagen. Vor allem die Natsu Matsuri waren auf den Türmen immer eine Sensation. Zu diesen Sommerfesten strömten die Leute von den anderen Inseln allzeit in Scharen heran. Doch auch jetzt im Herbst gab es noch viele kleine Dinge, welche die Türme so besonders machten. Die zahlreichen Verkaufsbuden zum Beispiel. Diese hatten auch spät abends noch geöffnet und verkauften die verschiedensten Leckereien, Süßigkeiten, Nudeln, Kuchen und Eis und so weiter. Es war eben einfach für jeden Geschmack etwas dabei. Néko und Tama betrachteten bewundernd den Vollmond über der Stadt, welcher die Schönheit der zahlreichen Lichter von Silver City beinahe noch übertraf. „Jetzt kommt doch endlich! Ich habe nicht ewig Zeit, morgen ist Schule.“ Eilig wanderte Hana den kleinen Kiesweg, der auf den Hügel zum Schrein führte, auf und ab. Die anderen Zwei waren stehen geblieben und bewunderten noch immer die Nacht. „Jaja, schon gut.“ Schließlich folgten sie Hana zum Kita no Jinja. Der kleine Schrein lag auf einer Anhöhe, etwas über den Wohnsiedlungen und war von einem Zen- Garten umschlossen. Leise rauschte der Wind durch die Blätter der Bäume, was der ganzen Schreinanlage einen unheimlichen Klang spendete. Plötzlich unterbrach Tama die Stille, indem sie über einen der Trittsteine stolperte. „Himmel, du Tollpatsch! Musst du mich so erschrecken?“ Hana atmete erleichtert auf und folgte Néko, die schon am Eingang des Jinja stand. Wegen der späten Stunde war der Schrein natürlich geschlossen, was die drei Mädchen allerdings nicht störte, da sie ja ein anderes Ziel hatten. Langsam wanderten die Drei um den Schrein herum. Dahinter lag ein traditionell gebautes, Ryokan- mäßiges, kleines Haus. Néko war die Erste an der Tür und spähte durch das am nächsten liegende Fenster. Drinnen brannte ein kleines Licht. „Willst du nicht endlich mal anklopfen?“ Hana war ungeduldig an die Tür getreten und zog Néko vom Fenster weg. „Wieso machst du es nicht selbst?“ Umständlich fuchtelten beide an der Tür herum, weil sich keine anzuklopfen getraute. „Du kennst die Beiden viel besser als ich! Mach schon!“ Hana wurde ungeduldig. „Wessen Idee war es denn überhaupt hierher zu kommen?“ Néko und Hana rangelten um den Türknopf. Ein plötzliches Klopfen ließ die Beiden aufhorchen. Tama war lange genug vor der geschlossenen Tür gestanden und hatte schließlich angeklopft. „Bevor ihr noch anfangt euch zu prügeln.“ Hana und Néko blickten beleidigt aneinander vorbei. Endlich wurde die Tür geöffnet. „Na, hallo! Was führt euch denn so spät noch hierher?“ Ein junger Student im Yukata hatte die Tür geöffnet und bat die Drei herein. „Hi Natsukawa. Eigentlich will ´Die` da zu Hirano... Aua!“ Hana hatte Néko einen Schlag auf den Rücken verpasst. „Is´ ja gar nicht wahr!“ Tama kicherte. „Nun, da muß ich dich enttäuschen. Hirano- chan ist leider nicht da.“ Natsukawa lächelte und tätschelte ihr mitleidsvoll den Kopf. „Und... wo ist... er dann?“ Hana war ziemlich verlegen. „Keine Ahnung. Irgendwo in der Stadt.“ Néko und Tama hatten sich schon auf die Zabúton um den Tisch niedergelassen und blickten gelangweilt durch das Zimmer. „Wollt ihr einen Tee? Oder lieber was anderes?“ Er war schon auf dem Weg zur Küche und deutete auf eine kleine Schale auf dem Tisch. „Da ist Schokolade drin, wenn ihr wollt.“ Tama war natürlich sofort begeistert und schnappte sich die Schüssel. „Einen Tee bitte!“ Néko und Hana waren ja nicht wählerisch. Tama hatte die Schokolade vertilgt und wurde langsam ungeduldig. „Mir ist langweilig, außerdem wird Mama wütend werden, wenn ich solange mit euch in der Gegend herumziehe.“ Inzwischen war es immerhin schon halb Elf. Hana und Néko war es egal. Hana wohnte eh alleine und hatte deshalb keine wütende Mutter und Néko ging ja nicht in die Schule. „Ist ja schon gut. Wir gehen ja schon.“ Hana war leicht enttäuscht. Eigentlich hatte sie ja gehofft das Hirano vielleicht doch noch auftauchen würde. „Na dann, kommt mal tagsüber her, dann ist der Schrein auch geöffnet.“ Natsukawa, Hana und Tama hatten sich erhoben und blickten auf Néko, die immer noch am Tisch saß. „Ach, ich bleib´ da. Ich habe Zeit...“ Natsukawa nickte. „Gut, du kannst mir dann noch von deiner letzten Expedition erzählen.“ Während er Hana und Tama hinaus begleitete wanderte Néko in die Küche. „Hey Néko, wo bist du denn?“ Natsukawa kam in die Küche, während Néko schon mit dem Kopf im Kühlschrank steckte. „Ach da.“ „Himmel! Ihr habt nicht mal Erdbeeren da...“ Néko war enttäuscht. „Man kann nicht alles haben.“ „Mhm.“ Néko hatte sich für einen Apfel entschieden und suchte nun nach einem Messer. Kichernd überreichte ihr Natsukawa eines und schüttelte den Kopf. „Sonst noch irgendwelche Wünsche?“ Nun musste auch Néko kichern. „Nein, und eigentlich interessiert es mich nur wo Hirano ist.“ „Ich hab Hikishio schon gesagt, dass ich es nicht weiß.“ Néko grinste wissend und schälte den Apfel. „Wie lange kennen wir uns jetzt schon? 1 Jahr oder schon 2?“ Natsukawa nickte. „Ja ungefähr, wieso?“ „Ich kenne dich lange genug um zu wissen, dass du weißt wo Hirano ist. Hab´ ich recht?“ Ertappt schüttelte er den Kopf. „Jaja, er ist mit irgendeiner Studienkollegin auf der Chiisa na Shima #2. In irgendeinem Lokal. Hab´ mir den Namen allerdings nicht gemerkt.“ „Sag´ ich doch.“ Néko war zufrieden und knabberte an ihrem Apfel. „Tama und Hana kennen dich nicht gut genug, um zu wissen, wann du lügst. Ich dagegen schon.“ „Ist ja schon gut, du hast deine gute Menschenkenntnis bewiesen. Bist du jetzt zufrieden?“ Natsukawa musste lachen. „Das ist nicht nett, dass du mich auslachst. Ich bin beleidigt...“ Schmollend drehte sich Néko zur Tür um. „So war das nicht gemeint, tut mir leid...“ Natsukawa war hinter Néko getreten und umarmte sie. „Ich bin ja auch nicht beleidigt. Nur etwas müde.“ Néko musste gähnen. „Und? Wo schläfst du heute? Wenn du willst kannst du hier übernachten.“ „Nein, nein, nur keine Umstände, ich werde heute mal daheim schlafen. War schon lange nicht mehr da.“ Nachdem sie sich noch einen Apfel gekrallt hatte machte sie sich auf den Weg zur Tür. „Gruß´ an Hirano, wenn du ihn siehst, ja?“ „Natürlich.“ Lächelnd beobachtete Natsukawa, wie Néko über die Trittsteine davon hüpfte. „Und warum kann ich nicht mit?“ „Weil es einfach viel zu gefährlich ist!“ „Néko darf aber auch!“ „Sie ist ja auch ein Treasure Hunter, und außerdem auch viel älter als du.“ Kioko fuchtelte vor Néko´s Gesicht herum, was diese ziemlich störte. „So gefährlich ist das doch nicht. Wir gehen ja nur nach Südvietnam zu...“ „Das ist egal. Tama bleibt hier. Es ist viel zu gefährlich.“ Kioko stand auf und verließ den Raum. „Mensch, ist das gemein.“ Tama hatte ihren Kopf auf den Händen auf gestützt und ärgerte sich, wieder einmal. Néko nickte verständnisvoll und sammelte die Papiere ihres neuen Auftrages ein. Die Beiden saßen im Wohnzimmer der Tanakas und hatten gerade eine Reisebesprechung hinter sich. Wie immer wollte Tama mit Néko mitfahren und wie üblich war Kioko dagegen gewesen. „Langsam ärgert mich das. So jung bin ich nun auch wieder nicht. Als ob du so viel älter bist.“ Tama war aufgestanden und wanderte an das Fenster. Vom Wohnzimmer aus war das Museum zu sehen. „Na, was soll´ s. Mama wird mich auch nicht ewig davon abhalten können. Gehen wir ins Museum rüber?“ Tama war die Enttäuschung satt und hatte nun Lust auf eine kleine Wasserjagd. „Gut, warte nur mal kurz...“ Umständlich stopfte Néko die Dokumente in ihre Mappe und sah sich dabei die Bilder an. Ihr neues Ziel war ein heiliger Turm des Champa- Reiches aus dem frühen 6. Jahrhundert. Die Luftaufnahmen des Turmes waren nicht gerade das, was man gut nannte, doch man erkannte das meiste des Gebietes und die Lage des Turmes. So gefährlich sah das Ganze gar nicht aus. Sie verstaute die Mappe in ihrem Rucksack, welcher unter dem Tisch gelegen hatte und folgte Tama anschließend in den Keller. Dort gab es einige Gänge und Lagerräume, welche das Museum unterirdisch mit dem Haus der Tanakas verband. Die ganze Anlage mit dem Museum war schon recht kompliziert aufgebaut. Es gab, vor allem in den unterirdischen Stockwerken, reichlich Gänge, Lagerhallen und ungenützte Räume. Man konnte sich ziemlich gut verirren, wenn man sich nicht dort unten auskannte. Das hatte auch Néko schon einige Male zu spüren bekommen, vor allem als sie die Tanakas gerade erst kennen gelernt hatte und mit Tama oft im Keller verstecken spielte. Am liebsten verirrte sie sich ja im zweiten Kellergeschoss, dort wo die Lagerhallen mit den alten Ausstellungsstücken waren. Nach dem dritten oder vierten Mal hatte sie dann von Arashi einen genauen Plan des Kellers bekommen. Seitdem fand sie sich eigentlich ganz gut im Untergrund des Museums zurecht. Die Wasserjagd war so ziemlich das Lieblingsspiel von Tama und Néko. Verbotenerweise auch oft in den Ausstellungsräumen des Museums. Tama und Néko hatten den ersten Keller unter dem Museum erreicht und begaben sich zielstrebig zu einer der vielen verschlossenen Kisten. Tama hob die ersten Vier herunter und Néko fischte unter diesen nach einem Schlüssel. Sie hatten in einer der Kisten ihre Wasserspritzpistolen versteckt und suchten jetzt danach. Endlich fanden sie die Spielzeuge in der letzten Kiste und prüften den Wasserstand. Dann trennten sie sich. Néko schlich sich nach oben in die Eingangshalle. Durch das hintere Büro erreichte sie die Halle mit der großen Marmortreppe und hielt sich hinter einigen Statuen versteckt. Da es Sonntag war fanden keine Führungen statt und das Museum war geschlossen. In der Ferne hörte sie Kioko in ihrem Büro auf dem Laptop schreiben. Das Klappern der Tasten war in der Halle besonders laut zu hören. Langsam schlich sie sich über die Treppe hinauf in den ersten Stock. Sie musste höllisch aufpassen, es konnte leicht sein das Tama irgendwo auftauchte und sie naß spritzte. Und das wollte Néko natürlich nicht. Über die Treppe erreichte sie die griechische Abteilung. Hinter all den Statuen der griechischen Mythologie konnte man sich gut verstecken. Vorsorglich ging sie hinter einer Rekonstruktion der Akropolis in Deckung und blickte durch die Säulen des Parthenon- Tempels in Richtung Eingang. Plötzlich hörte sie draußen näherkommende Schritte. Wissend nickte Néko mit dem Kopf. Tama war allzu leicht zu durchschauen. Langsam erhob sie sich und behielt die Tür im Auge. Da schlich sie auch schon an dem Eingang vorbei. Mit einem lauten Schrei stürzte sie Néko zu Tama und diese erhob reflexartig die Wasserpistole. „Ihhhh! Ist das kalt!“ Tama schüttelte sich, machte kehrt und stürzte Richtung Treppe. Laut lachend war Néko ihr auf den Fersen und versuchte sie noch mal mit dem Wasser zu treffen. Inzwischen hatten sie die Dinosaurierabteilung erreicht und umkreisten das Skelett eines Allosaurus. Ziemlich flink brachte sich Tama hinter einem riesigen Schaukasten mit einigen Coelophysis Modellen in Sicherheit. Néko zog sich in eine Fensterecke zurück und verbarg sich hinter dem roten Vorhang. Bei dem Schaukasten blieb alles ruhig. Nach einem kurzen Augenblick fasste sich Néko ein Herz und stürzte auf die Vitrine los. Tama hatte ihren Angriff gehört und war in die entgegengesetzte Richtung gesprungen. Beinahe gleichzeitig erreichten sie die Ecken des Glaskastens und ließen eine kleine Wasserfontäne los. Im selben Moment wurden die Beiden fast zu Tode erschreckt. Zwischen ihnen stand, etwas nass und leicht verärgert, Arashi und erwischte Beide ziemlich unsanft am Kragen. „Ich wusste doch das ich euch hier gesehen hatte! Was fällt euch eigentlich ein? Hier, bei den unbezahlbaren Artefakten der Urzeit? Nicht auszudenken wenn etwas beschädigt wird... Fürchterlich! Los jetzt bewegt euch!“ Tama und Néko versuchten vergebens sich aus Arashis Griff zu befreien. „Was für eine Strafe wollt ihr dieses Mal? Wieder mal Hausarrest? Oder nein... Da fällt mir was besseres ein.“ Arashi zog die beiden Unruhestifter durch den Keller in das Haus zurück. Tama und Néko ahnten fürchterliches als er sie schließlich in den ersten Stock schleppte. Vor der Badezimmertüre blieb er dann endlich stehen. „So, meine Liebsten. Ihr werdet jetzt das Bad gründlichst schrubben. Und zwar mit einem dieser kleinen Küchenschwämmchen.“ „Ja aber... da brauchen wir ja ewig...“ „Das hättet ihr euch früher überlegen sollen.“ Mit einem fiesen Grinsen schob er die Zwei in das Bad und schloss die Tür. „Schon wieder...“ Routine mäßig kramte Tama in einem der Schränke nach den Schwämmen und reicht einen an Néko. Inzwischen waren sie solche Strafen schon gewöhnt. Nur hatten sie, bis jetzt, meistens nur die Küche putzen müssen. Das Bad war was neues. Doch trotz aller Routine hatte es die Strafe in sich. Das Badezimmer war nämlich alles andere als klein. „Himmel... das sind sicherlich 20qm. Wofür braucht man so ein riesiges Gemeinschaftsbad... da ist ja ein Onsén noch klein dagegen.“ Néko war nicht gerade begeistert und auch Tama schüttelte den Kopf. „Na ja, wenigstens unseren Gästen gefällt es.“ „Vielleicht sollten wir mal brav werden.“ „Es macht aber so viel Spaß. Draußen ist die Jagd nicht so lustig. Hier kann man sich besser verstecken.“ Seufzend betrachtete Néko erst ihr kleines Schwämmchen und dann den Raum. Neben dem Boden war vor allem die Badewanne ein riesiges Stück Arbeit. Diese war nämlich eine Sonderanfertigung und hatte zwei `Stockwerke´. Die Wanne ähnelte eigentlich mehr einem Springbrunnen. Der obere Zuber war für Frauen, der untere für Männer. Ein sehr interessantes Werk. Schweigend machten sich die Beiden an die Arbeit. Tama war ziemlich verärgert und lief in ihrem Zimmer auf und ab. Sie und Néko waren vor knapp 2 Stunden mit ihrer Strafarbeit fertig geworden und hatten dann nochmals mit Kioko gesprochen. Leider war diese wieder mal unerbittlich gewesen und hatte ihr die Reise verboten. Dabei würde diese Expedition sicherlich nicht sehr gefährlich werden. Néko´s Auftrag war es lediglich das Gebiet um den Turm abzusuchen und einige Gesteinsproben für Kiíchigo zu sammeln. Klang doch ganz simpel. Und eine Nacht in einem Zeltlager würde doch auch kein Problem darstellen. „Einfach nichts zu machen.“ Tama schüttelte ihren Kopf und ließ sich auf ihr Himmelbett fallen. Das große Zimmer war ziemlich kitschig eingerichtet. Tama sammelte alle möglichen Stofftiere und hatte einen Faible für bunte Schleifchen und Maschen. Hana drehte sich bei dem Anblick immer der Magen um. Sie hatte für solche kindischen Sachen nicht viel übrig. Auch Néko´s Stil war nichts für Hana und Tama. Sie hatte ihr kleines Häuschen in einer Art Jugendstil eingerichtet. Mit vielen eisernen Gegenständen, Kerzen und schregem Zeugs. Typisch Néko eben. Jedenfalls hatte Tama ihr Zimmer am liebsten. Tama hatte sich inzwischen wieder erhoben und wanderte zur Balkontüre, öffnete sie und schaute hinaus in die Nacht. Ein plötzliches Rascheln ließ sie zurückschrecken. Hinter der Balkonbrüstung bewegten sich die obersten Zweige der Kirschbäume und eine Gestalt sprang zu Tama auf den Balkon. „Ihhh! Hilfe!“ Tama war zurück gesprungen, stolperte und landete ziemlich unsanft in der Tür. Die Gestalt war ungeschickt auf dem Geländer gelandet und hing nun an einem der Pfosten. „Sei endlich still! Hilf´ mir lieber- ich falle gleich!“ Tama erhob sich und trat an das Geländer. Es war wirklich Néko, die da am Balkon hing. Bei dem Anblick musste Tama lachen. „Hehe, wir haben unten auch eine Tür. Was willst du denn da?“ Sie half Néko auf den sicheren Boden zu kommen und kicherte immer noch. „Das ist nicht komisch. Wie sollte ich sonst ungesehen zu dir kommen?“ Néko schüttelte skeptisch den Kopf. „Wieso ungesehen? Was machst du da eigentlich?“ Néko war in Tamas Zimmer und an ihren Schrank getreten und zog einige Sachen heraus. „Na was wohl. Du kommst dieses Mal mit. Los schreib eine Nachricht für Kioko. Wir treffen uns morgen früh um Sieben am Flughafen mit Taro.“ „Mit Taro- san? Klar komme ich mit, warte...“ Tama war zu ihrem Schreibtisch gesprungen und fischte nach einem Blatt Papier in ihrer Tasche. „Dachte ich mir. Und wenn wir in Bin Dinh sind rufen wir auch an und beichten alles.“ „Mhm und als Strafe dürfen wir sicherlich das ganze Museum mit unseren Zahnbürsten schrubben.“ Tama kicherte wieder. „Ach was soll´s.“ Néko hatte Tamas Rucksack fertig gepackt und warf ihn zu ihr. „Schon zu Ende geschrieben? Sag einfach es war meine Idee.“ „War es ja auch.“ Die Beiden hetzten zum Balkon und starrten hinunter. „Und da willst du runter? Ohne mich. So einen Fall überleben wir nicht.“ „Hach, du bist unmöglich.“ Eilig hastete sie in das Zimmer zurück und zog schnell Tamas buntes Bettlaken ab. „Hey, das ist frisch gewaschen! Mama wird toben wenn sie das sieht.“ „Willst du also doch runterspringen, oder über den Baum klettern?“ „Nein, ist ja schließlich auch der 2. Stock! Ich meine ja nur... das frische Bettuch.“ Néko hatte das Laken um eine der Balkonsäulen gebunden und sprang daran hinunter. Tama zuckte mit den Schultern, warf sich ihren Rucksack um und ergriff die Bettwäsche. „Na dann mal los. Das Abenteuer ruft!“ Kapitel 4: Turm des Feuers -------------------------- Langsam und übermüdet wanderten Néko, Tama und Taro über den Flughafen von Bin Dinh. Gemäß der Jahreszeit und des kaltgemäßigten Klimas war es ziemlich kühl und trocken. Vor ihnen war eine Horde Touristen mit einem Reiseführer, welcher wohl gerade den Flughafen erklärte. Dieser sah, nach Néko´s Geschmack, allerdings genau so aus wie alle anderen Flughäfen die sie kannte. Tama schwang fröhlich ihren Rucksack hin und her. Sie war begeistert von der bisherigen Reise, zumal sie ja eigentlich daheim sitzen sollte. "Vielleicht sollten wir Mama jetzt mal anrufen. Sie wird sicher an die Decke gehen." Néko kicherte und deutete auf die Haupthalle. "Dort gibt es sicherlich Telefonzellen." Taro schüttelte genervt den Kopf. "Einfach heimlich abhauen, und mich anlügen. Pah." Natürlich hatten die Beiden Taro nichts von ihrer Flucht erzählt. Erst im Flugzeug hatten sie schließlich ihre Beichte abgelegt. Taro war ziemlich wütend gewesen. Arashi würde sich sicher aufregen. Doch jetzt war es, so oder so, zu Spät. Die Drei betraten die Schalterhalle und sahen sich nach den Telefonen um. Schließlich entdeckten sie an der rechten Seite der Halle einige Bildtelefone. Tama ging zu dem ersten Apparat und kramte nach ihrer ID- Card. Diese Karten waren weltweit vorgeschrieben und erfüllten eine Reihe wichtiger Funktionen. Sie waren sowohl ein Identitätsnachweis, mit allen möglichen Daten über den Besitzer und dessen Krankengeschichte, als auch eine Kreditkarte. Alle Informationen waren natürlich als kleiner Mikrochip auf der Karte implantiert. Tama hatte ihre endlich gefunden und steckte sie in den Telefonapparat. Als reiches Töchterchen besaß sie natürlich eine Platin Karte. Insgesamt gab es fünf verschiedene Karten. Ja nach der finanziellen Lage ihres Eigentümers entweder Platin, Gold, Silber, Bronze oder Eisen. "Wo zum Teufel noch mal bist du?! Was fällt dir ein?! Néko! Versteck dich nicht hinter Tama, ich sehe dich!" Arashi war ziemlich wütend. "Kommt ihr mir mal zurück! Ihr werdet Silver City die nächsten 10 Jahre nicht mehr verlassen! So was!" Néko trat mutig vor und schob Tama zur Seite. "Wir sind hier in Südvietnam, Bin Dinh- du weißt schon. Und wir sind nicht in Gefahr. Morgen kommen wir schon wieder. Alles nur Routine..." "Spielt keine Rolle! Ihr hattet keine Erlaubnis!" Hinter ihm war Kioko erschienen. "Ihr seid unmöglich. Könnt ihr nicht einmal auf mich hören? Es kann schnell was passieren!" Néko und Tama spielten die Eingeschüchterten und blickten betreten zu Boden. Nun mischte sich auch Taro ein. "Ich will nur mal erwähnen, dass ich von alledem nichts wusste. Ich dachte sie hätte die Erlaubnis." "Das hoffe ich doch. Eine böse Mitarbeiterin ist auch genug." Arashi beruhigte sich langsam wieder. "Och, ist ja nicht so tragisch. Ich werde schon auf die zwei Süßen hier Acht geben." Taro war hinter die Beiden getreten und umarmte Beide. "Finger weg von meiner kleinen Tochter!" Erzürnt fuchtelte Arashi vor dem Bildschirm herum und wurde sogleich von Kioko zur Seite geschoben. "Das eines klar ist- bestraft werdet ihr noch! Ich weiß noch nicht wie, aber ich habe ja Zeit bis morgen. Taro, du bist verantwortlich für die Beiden. Ist das klar?" Alle Drei nickten gehorsam und winkten. Dann beendete Kioko das Telefonat mit einem abschließendem, bitterbösen Gesicht. "Huiuiui. Was sie uns wohl antun wird, wieder Putzdienst?" "Klang diesmal eher nach Hausarrest." Tama ergriff ihren Rucksack und verstaute ihre ID- Card darin. "Ihr Zwei macht mir vielleicht einen Ärger. Es ist gar nicht so leicht ,so einen guten Job in einem Museum zu finden. Wisst ihr das überhaupt?" Taro war leicht verärgert. "Wissen wir. Aber solche Reisen sind so aufregend! Und ich wollte schon immer mal mit!" Tama kam ins schwärmen und hüpfte laut kreischend mit Néko aus der Halle. Taro schüttelte den Kopf. Das würde mit den Beiden noch lästig werden. Der Himmel färbte sich langsam in ein schönes Orange und die Sonne verschwand hinter den bläulichen Hügeln. Das abendliche Farbenspiel in der weiten Landschaft war einfach wunderschön und wurde von Tama und Néko bestaunt. Sie hatten die Stadt in nördlicher Richtung verlassen und waren nun mit einem gemieteten Fahrzeug unterwegs. Dieses verfügte über eine offene Ladefläche, auf der die Beiden saßen und die Gegend begutachteten. Taro war am Steuer und hielt nach einem geeigneten Lagerplatz Ausschau. Néko kramte in ihrem kleinen Rucksack nach den Unterlagen über ihren Auftrag. "Aha, da haben wir´ s ja... ein heiliger Turm... von den Champa..." " Was faselst du da? Ich versteh´ dich nicht." Tama entriss ihr die Papiere und sah sie skeptisch durch. "Unser Auftrag ist es das Gebiet um den Turm genauestens zu untersuchen und einige Photos zu machen. Außerdem wollte Kiíchigo einige Gesteinsproben haben. Ich weiß zwar nicht, was sie damit will, aber bitte." "Aha, und wer waren die Erbauer von diesem Heiligtum?" Tama versuchte auf der sehr schlechten Satellitenkarte etwas zu erkennen. Néko lehnte sich zurück und überlegte kurz. "Na, weißt du etwa nichts?" Von vorne hörte man Taro kichern. "Das Volk wird die Cham genannt und die Blütezeit ihrer Kultur dauerte ungefähr vom 4. bis zum 15. Jahrhundert. Laut alten Inschriften haben sie im 9. Jahrhundert ganz Zentral- und Südvietnam besiedelt." Triumphierend drehte er sich zu den Beiden um. "Na? Weißt du das alles?" "Ich weiß das sie in verschiedenen Königreichenverteilt gelebt haben. Einige davon waren Amaravati mit der Tempelstadt My Son, dann Vijaya, welche das Zentrum der Chamkultur war und Pandurangga mit der Tempelstadt Kauthara." Zufrieden lehnte sie sich zurück und wartete auf eine Reaktion von Taro. "Braves Mädchen." Er kicherte amüsiert und widmete sich wieder dem Fahren. "Wow. Woher wisst ihr das eigentlich alles?" Tama war beeindruckt und versuchte die Informationen in den Zetteln ihrer Mutter zu finden. "Aha, da steht´ s. Ihr hattet Beide recht." "Es gibt da in einem bestimmten Museum eine riesige Bibliothek mit sehr, sehr vielen Büchern. Da steht viel über Geschichte drin. Du kennst den Büchertrakt anscheinend nicht. Na ja, hätte ich mir auch denken können." Taro kicherte wieder und schüttelte den Kopf. "Ich kenne den Bücherflügel in unserem Museum." Tama war rot angelaufen, was bei Néko zu einem Lachanfall führte. "Ihr vergnügt euch aber ziemlich da hinten." Taro deutete nach Norden. "Schaut mal, der Turm ist schon zu sehen." Brav drehten Beide die Köpfe in die gezeigte Richtung. Hoch über den Hügeln ragte der heilige Turm gen Himmel. Das Monument fügte sich in die Landschaft, als ob es immer schon hier gewesen wäre. "Für die Ewigkeit gebaut..." Murmelte Néko und lehnte sich auf die Kisten, die bei ihnen hinten auf der Ladefläche standen. Auch Tama war ein wenig beeindruckt und betrachtete den Turm. Die Sonne war bereits hinter den Hügeln verschwunden und man konnte nur noch die Kontur des Bauwerkes in der Dunkelheit erkennen. "Na dann, wir werden hier irgendwo übernachten." Taro hatte den Wagen angehalten und sah sich um. Tama und Néko schleppten inzwischen die Kisten von der Ladefläche. "Uns hier arbeiten lassen... So eine Gemeinheit!" Néko war leicht verärgert. "Wir wollen doch nicht vergessen, wie böse ihr Zwei ward." Die Beiden ließen betreten die Köpfe hängen und trugen, schweigend, die restlichen Kisten zum Lagerplatz. "Gleich morgen früh werden wir aufbrechen und zum Turm hoch wandern." Taro hatte gerade ein Lagerfeuer angezündet und kramte nun in einer der Kisten. "Mhm, geht klar. Und wir Beide werden die Digi- Cams mitnehmen. Wir haben doch zwei, oder?" "Natürlich. Kioko hat sie mir mitgegeben." "Gut. Dann haben wir ja morgen was zu tun." Tama und Néko hatten inzwischen die Proviantbox entdeckt und suchten nach etwas Genießbarem. "Bäh, wer hat den ganzen Tofu eingepackt? Und natürlich ist gar nichts Süßes für mich dabei." Tama war enttäuscht. "Eigentlich solltest du auch daheim sitzen, anstatt hier zu nerven." Taro hatte ihnen die Box geklaut und förderte eine Dose Birnenkompott zu Tage. "Die hier kannste haben. Ist was süßes." Damit warf er diese zu Tama, welche ein wenig ärgerlich schnaubte. "Pah. Daheim ist es sowieso viel zu langweilig." "Hier auch. Abenteuer kann man leider nicht bestellen." Néko war zu Taro gerutscht und entschied sich für eine Konserve mit Erdbeeren. "Wenigstens an mich hat Kioko gedacht. Hehe." "Und so was nennt ihr Essen? Na ich weiß nicht." Taro hatte damit begonnen den Tofu aufzuschneiden und blickte interessiert zu Tama. "Das Zeug schmeckt gar nicht mal so schlecht. Das kenn ich von Zuhause." "Wieso isst du es dann nicht, hä?" Tama bemühte sich die Dose zu öffnen, scheiterte aber andauernd, was bei Taro einen kleinen Lachanfall hervorrief. "Soll ich dir vielleicht helfen?" Er kicherte boshaft und schnappte ihr das Kompott weg. "Ich hätte es sicher aufgekriegt... ich..." "Spar´ s dir, das wird sonst heute nichts mehr." Auch Néko musste kichern und erntete dafür einen bösen Blick von Tama. Immerhin hatte sie ihre Erdbeeren alleine aufgekriegt. Sie hatte ja auch schon mehr Erfahrung mit solchen Dingen. Langsam ließ Néko ihren Blick zum Turm hoch wandern. In der Dunkelheit konnte man nur noch dessen Umriss vor dem nachtblauen Himmel erkennen. Der Anblick war wirklich wunderschön und Néko entschloss sich für ein Photo. Also stand sie auf und suchte nach einer der Digi- Cams. Taro und Tama waren am Feuer sitzen geblieben und sahen ihr ein wenig verwundert hinterher. "Was machst du denn da?" "Werde ein Nachtphoto von dem Turm machen." Damit förderte sie eine Kamera zutage und richtete ihren Blick auf den heiligen Turm. "So, dass hätten wir... Was?" Aufgeregt deutete sie auf das Bauwerk. "Da hat was geleuchtet!" "Ach was, das musst du die eingebildet haben." Die Beiden waren aufgestanden und kamen zu ihr herüber. "Da ist nichts zu sehen." "Ich war mir aber sicher, da war was!" Taro schüttelte den Kopf. "Morgen werden wir uns, da oben, genau umsehen." Damit wuschelte er ihr durch die Haare und kehrte zum Feuer zurück. "Das macht er doch nicht öfters mit dir, oder?" Tama war leicht eifersüchtig und stand, mit dem Fuß auf den Boden klopfend neben ihr. "Nein! Was denkst du denn von mir, hä?" "Will ich auch hoffen." "Den kannste gerne haben." Néko deutete auf Taro, welcher sich gerade zu Ihnen umgedreht hatte. "Ach, reicht ihr mich schon herum, oder was? Ihr solltet wissen, dass ich nichts mit kleinen Gören anfange." "Wir sind keine kleinen Gören!" Néko stampfte zum Feuer und schnappte sich ihre Erdbeeren. Hinter ihr kam nun auch Tama angeschlichen und ließ sich neben ihr auf den Boden fallen. "So klein bin ich nun auch wieder nicht." "Na, wie du meinst." Taro kicherte fies und schüttelte den Kopf. Ein kühler Wind wehte durch die Bäume und ließ das Feuer aufflackern. Nachdenklich beobachtete Néko den Turm in der Ferne. "Wo bleibst du denn schon wieder? Beeil´ dich ein wenig!" Taro war stehen geblieben und blickte böse auf Tama. Sie waren früh aufgebrochen und erklommen nun eine kleine Anhöhe mitten im Wald, welche zum heiligen Champa- Turm führte. Tama war es natürlich nicht gewöhnt und kam nicht so schnell voran wie die beiden Treasure Hunters. "Deine Kondition ist aber miserabel." Kichernd war Néko zu ihr hinunter gesprungen und zog sie am Arm mit sich. "Ich bemühe mich ja! Is´ es noch weit?" "Noch um die 100 Meter, würde ich schätzen. Wirst du das überleben?" Taro lächelte boshaft und kletterte voraus. Endlich erreichten sie den Turm und Tama atmete erleichtert auf. "Gott sei Dank. Von unten sah das nicht so steil aus." Néko kicherte und klopfte ihr auf den Rücken. "Ach, das kriegen wir schon hin." "Die wird doch nicht öfters mitkommen? Soviel Zeit haben wir nicht immer." Taro hatte seinen Rucksack abgenommen und suchte nach den Digi- Cams. "Ich werde schon öfters mitkommen. Ich brauche nur ein wenig Konditionstraining." Nickend stimmte ihr Néko bei und sprang zu Taro. "Wir machen die Bilder, OK? Sammelst du das Zeug für Kiíchigo?" Bevor er antworten konnte war sie auch schon wieder zu Tama gerannt und übergab ihr eine Kamera. "Wie ihr meint, aber seid vorsichtig!" Die Beiden machten sich auf den Weg um den Turm zu umrunden. Tama rechts herum und Néko nach links. Der heilige Turm strahle eine beunruhigende Atmosphäre aus, was Néko einen kalten Schauder über den Rücken laufen ließ. Eigentlich war der Turm ja schon mehrere Male genauestens untersucht worden. Schon um 1890 hatten französische Forscher das Gebiet erstmals untersucht und bis Mitte des 20. Jahrhunderts war die Kultur des Champa- Reiches sowieso nur den Franzosen zugänglich gewesen. Leider waren im 3. Weltkrieg viele der alten Kunstwerke gestohlen und verschleppt worden und ein großer Teil aller Aufzeichnungen wurde damals vernichtet. Néko seufzte und schoss ein Photo von einem kleinen Relief an der Wand. Kioko hatte im Museum eine Ausstellung über die alten Kulturen Vietnams geplant und wollte natürlich auch einige Photos der alten Kultstätten zeigen. Es war gar nicht so einfach gute Bilder von den Satelliten zu bekommen und deshalb hatte sie Néko losgeschickt. Auch ein anderer Treasure Hunter war mit dem selben Auftrag unterwegs. Kairo Yanági, auch von Kioko losgeschickt, allerdings nach Po Nagar zu einem anderen Tempel. Néko war ziemlich enttäuscht darüber gewesen, wie gerne wäre sie selbst dorthin gefahren und hätte photographiert? Am liebsten würde sie ja alle Ruinenstätten und Tempelanlagen der Welt besuchen und bestaunen. Néko untersuchte einen Teil des Reliefs und fühlte eine ungewisse Traurigkeit in ihr aufsteigen. So viele alte Ruinenanlagen waren in der alten Zeit bekannt gewesen, jetzt kannte man nur noch einen keinen Bruchteil davon. Wenigstens profitierten die Treasure Hunter davon. Jaja, so ein Leben war aufregend. Viele Reisen und viele neue Schätze gab es zu entdecken. Néko trat einen Schritt zurück und stolperte über eine Wurzel. "Aua! So was..." Die Perspektive des Turmes sah von dort unten ziemlich interessant aus und so nutzte sie ihre tiefe Lage für ein Photo. Das Licht das durch die Bäume auf den unteren Teil des Turms fiel hatte eine beruhigende Wirkung. Schließlich erhob sie sich wieder und betrachtete das Mauerwerk. An ihrer rechten Seite wucherten eine Menge Schlingpflanzen und verdeckten ein anderes Relief. Neugierig zog sie erstmals einen kleinen Anhänger aus ihrer Tasche. "Keine Reaktion..." Sie steckte ihn wieder zurück und machte sich daran die Pflanzen zu entfernen. Plötzlich bemerkte sie einen Wiederstand und blieb an einem kleinen Steinhebel in der Wand hängen. Mit einem Ruck befreite sie sich davon und setzte den Hebel in Bewegung. Ein lautes Knirschen dröhnte durch den Stein. Erschrocken machte sie einen Schritt nach hinten und trat... ins Leere. Im Boden hinter ihr hatte sich ein Durchgang geöffnet und Néko hing, kopfüber, in einigen der Pflanzen darin. "Verflucht! Schon wieder!" Als sie sich etwas bewegte ließ das Grünzeug nach und sie fiel ein weiteres Stück durch den Gang nach unten. "Mist! Ich kann mich nicht bewegen... Au!" Sie war mit dem Kopf auf etwas Hartem, das aus der Wand ragte zusammengestoßen und klammerte sich nun daran. Mit einem leisen, knorrigen Geräusch verschob sich der hölzerne Hebel nach unten und es wurde finsterer. Böses ahnend blickte Néko nach oben. Einige Pfähle hatten sich vor den Durchgang geschoben und versperrten den Ausgang. "Hilfe!!! Hört ihr mich? Hiiilfe!" Taro fuhr herum. Von woher kamen plötzlich diese Schreie? Schnell rannte er um die erste Ecke des Turmes und stieß fast mit Tama zusammen. "Néko ist plötzlich weg!" Aufgeregt fuchtelte sie mit der Hand vor Taro herum. "Da! Ihr Rucksack liegt da hinten." Die Beiden eilen zu der Stelle und fanden auch die Digi- Cam. "Hilfe!" Erklang es klagend von unten. "Wie bist du denn da runter gelangt?" Taro rüttelte heftig an den Pfählen und versuchte den Durchgang zu öffnen. "Los, hol ein Seil aus meiner Tasche." Taro deutete in Richtung Nordseite des Turms und Tama stürzte sogleich los. Néko blickte nach unten und versuchte etwas zu erkennen. Ihre Taschenlampe war oben in ihrem Rucksack. Wieso war diese Höhle nirgendwo erwähnt worden? Kioko musste doch was davon gewusst haben. Oder nicht? Plötzlich erkannte sie ein leichtes Flackern in der Ferne und etwas kam blitzschnell auf sie zu. "Hilfe! Macht schnell! Da kommt was!" Taro versuchte wenigstens einen der Pfähle zu brechen und stampfte mit dem Fuß darauf. Jäh fuhr ein gleißender Lichtstrahl nach oben und schleuderte ihn von der Öffnung weg. "Um Himmels Willen! Néko! Bist du noch da?" Schnell sprang er wieder zum Durchgang und blickte achtsam nach unten. Die Pfähle waren verbrannt. "NÉKO!" Taro hörte einige leise Schreie in der Ferne. Erleichtert atmete Taro auf. Sie war also noch am Leben. Vorsichtig spähte Tama um die Ecke. "Was war los? Das Geschrei..." "Beeil´ dich, gib das Seil her. Wir klettern runter." "Ich auch? Das ist doch viel zu gefährlich... ich..." "Du wolltest doch ein Abenteuer. Außerdem muß ich dich im Auge behalten." Damit hatte er das Seil um einen Baumstamm gebunden und ließ sich daran in das Loch fallen. Ängstlich stand Tama davor und schaute nach unten. "Muss ich wirklich?" "Wo bleibst du?!" Schließlich fasste sie sich doch ein Herz und ergriff das Seil. "Aua!" Tama war ziemlich ungeschickt aufgekommen und gestolpert. "Himmel, du bist ja fast noch tollpatschiger als Néko." Taro half ihr auf die Füße zurück und zog sie den schmalen Gang entlang. An den Wänden waren zahlreiche Zeichen und Reliefbilder zu erkennen. "Das sie das alles noch nicht entdeckt haben... Seltsam." Murmelte Taro und leuchtete mit der Taschenlampe den Gang aus. "Wäre was für Mama." Tama zückte die Kamera. "Sag´ mal, kannst du nicht an Néko denken? Wir müssen sie finden!" "Ich weiß, aber es wäre schade um das Motiv... und Néko wollte unbedingt Photos machen..." Tama schoss noch ein Photo und zog plötzlich Taro an seinem Hemdkragen zu sich herunter. "Da, schau mal... die Vergrößerung..." Taro blickte durch den Sucher der Digitalkamera. "Ist das eine Tür da hinten?" Er schnappte sich die Digi- Cam und wanderte ein Stück vor. "Kommst du nicht mit?" "Ich wollte doch noch ein Photo machen..." Die Beiden erreichten das große, metallene Tor und Taro übergab die Kamera wieder an Tama. "Wie sollen wir das denn aufkriegen?" Neugierig leuchtete sie mit der Taschenlampe durch die große Höhle, in die der schmale Gang geendet hatte. Tama trat einen Schritt zur Seite und stolperte über irgendetwas. "Himmel, pass´ doch etwas besser auf!" Taro leuchtete in ihre Richtung und zuckte bei ihrem plötzlichen Geschrei zusammen. "Wäääh!!! Ein Skelett!" Tama hing an den alten Knochen fest und zerrte heftigst daran. Unerwartet löste sich der Arm des Toten vom Rest und die Knochen lösten sich aus der Wand. Mit einer großen Anzahl anderer Knochen. Laut polternd war die ganze poröse Felswand eingestürzt und hatte zahlreiche andere Skelette freigelegt, welche sich jetzt über Tama ausbreiteten. Taro verlor die Beherrschung und musste laut lachen. Leicht verärgert befreite sich Tama von den Gerippen und warf einen der Oberarmknochen nach Taro. "Hey! Werd bloß nicht frech, sonst laß´ ich dich hier." Leise klopfte er gegen das Tor und lauschte. Tama blickte etwas verwundert. "Glaubst du da wird wer aufmachen?" "Nein, du Dummkopf! Ich will nur wissen, ob Jemand dahinter ist... ich glaube ich höre was..." Nun wurde auch Tama neugierig und trat an die Pforte. Jäh erzitterte der ganze Raum und das große Tor öffnete sich schleppend. Die Beiden waren ein Stück zurückgesprungen und lugten vorsichtig in den Raum hinter dem Portal. Dieser war ziemlich groß und erstrahlte in einem unheimlichen, hellen Licht. Langsam betraten die Beiden den Raum und blickten sich suchend um. "Eindringlinge! Ihr werdet sterben!" Eine grollende Stimme ließ Taro und Tama erschrocken herumfahren. Ober dem Tor schwebte eine menschliche Gestalt, inmitten lodernder Flammen. Die Gestalt deutete mit einer Hand auf die Beiden und ließ eine Welle aus Feuer auf sie los. Schnell warf Taro Tama auf den Boden und die Flammen verfehlten ihr Ziel nur knapp. "Aber Huo, so was macht man doch nicht mit seinen Gästen!" Tama und Taro blickten in die Richtung aus der die zweite Stimme kam. Hoch über ihnen schwebte eine weitere, männliche Gestalt mit langen, blond- orangen Haaren und hielt eine Teekanne in der Hand. Neben diesem hing ein großer goldener Käfig von der Decke. Und in diesem saß, mit einer Teetasse in der einen und einem Keks in der anderen Hand... "Néko! Gott sei Dank! Du lebst noch!" Erfreut war Tama aufgesprungen und winkte ihr zu. "Natürlich lebt sie noch, ich durfte ihr ja nichts tun." Huo landete hinter Taro und Tama und auf seinen Wink hin, begann sich der Käfig zu senken. "Menschen zu töten ist nicht unsere Aufgabe." Der Andere hatte drohend seine Hand erhoben und kam auch zu den Anderen auf den Boden. "Das sind übrigens zwei Feuergeister." Meldete sich nun Néko aus ihrem Käfig und knabberte an ihrem Keks. "Der da, Yánrèf, ist ganz nett. Der andere da hinten ist ein wenig verstimmt..." "Ist ja kein Wunder. Nichts darf ich, weder Menschen verbrennen noch sie aufhängen. Furchtbar." Huo blickte verärgert auf Yánrèf, welcher sich schützend vor den Käfig gestellt hatte. "Ist ja gut, ich lasse sie in Frieden. Deine Menschenliebe ist ja nicht auszuhalten." "Gut, so ist es Richtig." Er lächelte zufrieden und öffnete den Käfig. Dann verbeugte er sich kurz vor Taro und Tama, welche ziemlich verdutzt drein blickten. "Wir sind die Wächter dieses heiligen Ortes und beschützen ihn gegen jene Menschen, die ihn entweihen wollen." "Habt ihr... diese Personen da draußen...?" Taro stockte, er wusste nicht genau was er sagen sollte. "Ja. Huo hat den Turm gegen sie verteidigt. Die meisten waren Grabräuber, gekommen in der Hoffnung hier etwas zu finden." Yánrèf deutete auf Néko. "Sie hat uns erklärt weshalb ihr hier seid. Wir werden euch nichts tun und euch wieder gehen lassen." Huo hatte sich von ihnen abgewendet und ließ eine kleine Feuerkugel in seiner Hand entstehen."Schade. Langsam vermisse ich die Zeiten in denen ich noch gegen diese Menschen kämpfen durfte. Der Macht des Feuers ist noch niemand entkommen." "Wenn du einen Kampf der Elemente haben willst, dann tritt gegen mich an!" Erstaunt blickten alle Vier auf Néko, die sich gerade die Jacke auszog und in die Mitte der Halle trat. "Bist du lebensmüde? Wir sollten endlich gehen, komm schon!" Taro wollte zu ihr gehen, wurde aber von Yánrèf zurückgehalten. "Lass´ sie." Huo lächelte und schwebte zu ihr. "Ach, so ein kleines Mädchen wie du, will gegen einen Feuergeist wie mich antreten?" Néko nickte nur und verschränkte die Arme. "Wie du willst..." Damit erhob er sich in die Luft und wirbelte mit seinen Händen eine riesige Feuerwelle auf, die sofort auf Néko zuraste. Mit einem schnellen Sprung auf die Seite entkam sie den Flammen und blickte berechnend zu Huo hoch. "Himmel! Das wird nicht gut gehen!" Tama konnte nicht mehr hinsehen und hielt sich die Finger vor das Gesicht. Der Feuergeist hatte inzwischen einen zweiten Angriff losgelassen und Néko wieder nur knapp verfehlt. Jetzt flog er ziemlich schnell auf diese zu und bildete wieder eine kleine Feuerkugel. Néko stand nur bewegungslos da und wartete einen günstigen Zeitpunkt ab. Als Huo sie beinahe erreicht hatte erhob sie unerwartet ihre Arme und murmelte einige unverständliche Worte. Tama, Taro und Yánrèf trauten ihren Augen nicht, als sich plötzlich ein gleißende blaues Licht um sie herum bildete. Auch der Feuergeist bemerkte dies, doch es war schon zu spät. Eine monströse Welle aus purem Wasser ergoss sich über die Halle und eine dichte Dampfschwade entstand zischend um die beiden Kämpfer. Taro schnappte keuchend nach Luft und versuchte etwas in der Halle zu erkennen. Auch Tama musste husten und war auf den Boden gesunken. "Himmel..." Langsam begann der Dampf sich zu verziehen und gab den Blick auf Néko und Huo frei. Beide lagen keuchend am Boden und waren über die Wucht des Angriffs erschrocken. "Scheint so, als hättest du gewonnen." Der Feuergeist erhob sich, schritt auf sie zu und half ihr auf die Beine. "Stimmt. Ich wusste gar nicht, das dieser Zauber so eine arge Wirkung hat." Beide mussten lachen. Die anderen Drei kamen auf sie zugerannt und Tama fiel Néko um den Hals. "Den Zauber hast du mir noch nie gezeigt!" "Halt mal, woher kann sie... das war..." Taro schien ziemlich verwirrt zu sein. "Weißt du, ich bin eine Hexe, und solche Sachen... kann ich eben..." "Ach ja, eine Hexe, so einfach?" "Ja, so einfach. Nimm es hin." Yánrèf war hinter Néko getreten und tapste ihr auf den Kopf. Taro nickte nur verwirrt. "Ach, er wird es lernen." damit wandte sich Yánrèf an Huo. "Dir geht es gut, oder? Fein, dann werden wir euch ziehen lassen." "Gut." Taro ergriff Tama und Néko an den Händen und zog sie mit sich. Nein, für heute hatte er wirklich genug erlebt. Zurück in Silver City fügten sich Néko und Tama gehorsam, aber doch wiederwillig ihrer Strafe. "Ich kann nicht glauben das uns Arashi so etwas antut!" Néko war verärgert. "Vielleicht sollten wir das nächste Mal einfach fragen. Ich meine bevor wir wieder... hier... sitzen müssen..." Tama war hochrot angelaufen und versuchte die neugierigen Blicke der vorbeigehenden Menschen zu ignorieren. Die Beiden saßen auf einer Parkbank im Nishi no Niwa und blickten auf die Daitokai #2 hinüber. Als Strafe mussten sie 3 Stunden dort sitzen.Mit einem großen Ankündigungs schild des Museums welches auf die Barock und Rokoko sammlung verwies. Jeweils mit einem grellrosa und einem grellblauen Kleid, nebst passendem Schmuckschirmchen und einem monströsen Hut aus Plastik. Die Kleider waren über und über mit Rüschchen und Schleifen verziert und zwar eine solche Menge, dass sie sogar Tama viel zu viel waren. Zu allem Ärger hatte ihnen Kioko noch Beiden grausamste Frisuren verpasst. Haarbänder mit grellroten Bommeln am Ende und viele, viele Schleifchen. Die Beiden sahen irgendwie nach Barbypuppen aus und die Leute blickten sie ziemlich interessiert an. "Himmel, was wenn Kinomi, Mikan oder Hana uns sehen?... Peinlich." Wahrlich, diese Strafe hatte es in sich. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)