Das Schwarze Schwert von Demut ================================================================================ Kapitel 1: ERSTES KAPITEL ------------------------- Lord Adrrian Drachenkopf der Dritte, Herr über Heere von Ghulen, Untoten, Greifen und anderen finsteren Wesenheiten stand vor einer geschlossenen Flügeltür. Um präziser zu werden, bestand sie aus dunklem Holz und verfügte über drachenköpfige Türklopfer, die dem Herrscher grimmig in die Augen blickten. Ausser ihnen wagte es keiner, denn er war eine beeindruckende Gestalt und verlangte absoluten Respekt und Gehorsam von seinen Leuten. Oft schon hatten seine Stärke und seine langjährig und Erfahrung und seine Taktik das Ruder im Kampf herumgedreht, wenn es schon sehr schlecht ausgesehen hatte. Er war daher ein angesehener Feldherr. Und nicht nur das, er war sozusagen der offizielle inofizielle König der Unterwelt. Mit seinem reißenden Breitschwert führte er den Krieg seiner Vorfahren gegen die Oberwelt fort. Er war unzähligen Schrecklichkeiten begegnet, hatte das Blut vieler Männer fließen sehen und selbst in der hoffnungslosesten Schlacht nicht aufgegeben. Jetzt hatte er Muffensausen. Es gab weitaus schlimmere Dinge als den Tod. Der Raum hinter der Tür war von gräulichem Halblicht erfüllt. Als er sie öffnete, fiel ein heller Spalt auf ein vermodertes Bett, dessen üppige Bettdecken, Kissen und Leinen ebenso grau wirkten wie die zerrissenen Vorhänge, die wie Spinnweben den Baldachin herabhingen. Aber weniger das Bett war Grund für Adrrians zwingenden Drang die Flucht zu ergreifen, als vielmehr die Person, die darauf saß, die Knie am Bettrand übereinandergeschlagen, die Arme verschränkt und mit einer Miene, die die Milch sauer werden lassen konnte. „Aha“, schnappte Elster, die Gemahlin von Adrrian Drachenkopf dem Dritten. „Sieh an, wer angekrochen kommt.“ Adrrian kroch mitnichten, er stand wie immer aufrecht und imposant im Türrahmen. Wobei man anmerken könnte, dass er beim Klang ihrer Stimme ein wenig den Kopf eingezogen hatte. „Ah, meine Mondblume! Ich ähm... nunja... es war so, dass...“, knirschte er mit dunkler Stimme, die eigentlich gewohnt war Befehle über ein Schlachtfeld zu brüllem. „Du wirst lachen, aber...“ „WIE soll ich lachen...“, knurrte Elster. „Wenn du dich an meinem Geburtstag nicht blicken lässt?!“ „Also weißt du, wir waren von zwei Golemarmeen eingeschlossen und es gab kein vorankommen... ausserdem muss ich meinen Terminkalender irgendwie, äh...“ „Du brauchst einen TERMINKALENDER um dich an meinen Geburtstag zu erinnern?“ Empörung donnerte durchs Schlafzimmer. „Neinneinein! Dein Geburtstag (und unser Hochzeitstag) sind für ewig in mein Gedächtnis eingraviert wie in einen Grabstein, aber, weißt du... wenn man Tag und Nacht belagert wird, verliert man ein Bisschen das Zeitgefühl...“ Adrrian studierte vorsichtig Elsters Gesicht. Ein anbrechendes Gewitter umwölkte ihre Stirn. „Ich-musste-Tee-trinken! Ganz allein! Mit den GHULEN. Weil sonst keiner da war! Weißt du, wie es ist, wenn GHULE versuchen TEE zu TRINKEN? Sie haben einige meiner Lieblingstassen zerdeppert! Wenn das meine Freundinnen rauskriegen!“ „Elster...“, wagte er einzuwenden. Sie winkte ab. „Jaja, ich weiß ich habe keine Freundinnen. Aber stell dir vor, ich hätte welche, sie würden sich das Maul über mich zerreissen!“ Sie begann zu schniefen. „Das war vielleicht ein Trauerspiel, sag ich dir... wo bekomme ich denn nun neue Teeschädeltassen her? Wenn man eine Tasse von einem Service kaputt macht, kann man zwar die anderen noch benutzen, aber... sie sind einfach nicht mehr komplett! Und das Milchkännchen war auch dabei! Was macht man mit einem Teeservice ohne passendes Milchkännchen?“ Offensichtlich hatte sich Elsters Gemütszustand nun von Wut zu Verzweiflung gewandelt. Adrrian wagte es wieder, sich ihr zu nähern, tröstend breitete er die Arme aus, als er auf sie zuging. „Ach, mein dunkler Stern...“ Elster schmollte und drehte sich von ihm weg. „Von wegen dunkler Stern.“ Er setzte sich zu ihr ans Bett, durch sein Gewicht wurde sie ungefähr eine Elle in die Höhe gelupft. „Meine kleine Nachtrose, niemals würde ich dir absichtlich etwas böses tun wollen, es ist nur mal so, dass ich durch den Krieg sehr... eingespannt bin. Meine Männer verlassen sich auf mich...“ Sie seufzte, dann legte sie ihren Kopf auf seine Schulter. „Bin ich dir etwa nicht mehr wert als deine Männer?“ „Doch natürlich, aber es gibt im Krieg eben Situationen... in denen man den Überblick verliert. Man kann nicht einfach gehen, wenn es einem beliebt.“ „Dann beende diesen blöden Krieg doch einfach!“ Adrrian seufzte. „Ich weiß nicht, wie oft wir diess Thema schon hatten. Ich kann den Krieg gegen die Oberwelt nicht einfach beenden. Mein Vater kämpfte ihn, mein Urgroßvater kämpfte ihn und vor der Familie der Drachenkopfes waren es die Tothammers, die ihn begannen! Eines Tages werden wir die Oberfläche einnehmen, zur Erschließung unendlichen Reichtums und neuen Landes.“ Sie blickte verdrießlich an seinem Hals vorbei. „Jaja... eine Millionen Tote können sich nicht irren, was?“ Sie kicherte dann. „Meine kleine Nachtrose? Die Bezeichnung ist mir neu... was ist denn eine Rose?“ Er zog eine zierliche rote Blume aus seinem Brustpanzer. Zwischen seinen dicken Fingern wirkte sie fast zerquetscht. „Dies.“ Elsters Augen leuchteten. „Sie ist schön.“ „Nicht so schön wie du.“ Elster kicherte erneut. „Alter Schleimer...“ Sie blinzelte ihn mit langen, berauschend schwarzen Wimpern an und ihre Hand schlich zu seiner Rüstung um dort die Schnallen zu lösen. Doch Adrrian drückte sie mit sanfter Gewalt weg. Sie blickte fragend. „Stimmt etwas nicht, bist du etwa verletzt?“ Er blickte etwas beschämt weg, rieb sich dann mit der Hand den Nacken. „Nunja... ääähm...“ Elsters Blick wurde wieder verdrießlich. „Oh nein...“ „Ich muss auch gleich wieder... also...“ „Nein. NEIN, NEIN, NEIN!“ Elster warf sich vor Wut auf dem Bett hin und her, schmiss mit Kissen und Fetzen um sich und strampelte mit den Beinen. „Du gehst jetzt NICHT schon wieder auf´s Schlachtfeld! Du bleibst bei mir!“ Sie kam hoch, krallte sich an seinen Arm. „Bleib bei mir...“ Sie schob die Unterlippe vor. Adrrian holte tief Luft. „Elster... ich kann nicht!“ Ihre Unterlippe begann zu zittern. Er löste ihre Hand von seinem Arm. „Ich weiß, du als Frau, verstehst nichts vom Krieg, aber...“ Jeder Frauenkenner hätte bei diesen Worten nun schmerzvoll das Gesicht verzogen, denn die Phrase „Du verstehst nichts von (Bitte einfügen), weil du eine Frau bist.“, war fast genaso tödlich wie „Schatz, das Kleid ist zu eng, lass es weiter machen“. Adrrian schien in dieser Hinsicht blind und taub zu sein, denn spätestens an Elsters Reaktion hätte er seinen Fauxpass bemerken müssen. „...aber es ist nunmal wichtig für mich, diesen Krieg weiterzuführen. Ich verstehe, dass du das nicht nachvollziehen kannst.“ Sie hob auf die einzigartige Art und Weise ihre Braue, die in sämtlichen Sprachen dieser Welt verkündete, dass jetzt Ärger im Anmarsch war. Großer Ärger. „Was meinst du denn bitte damit...?“, fragte sie sehr freundlich. „Ich meine damit nur, dass du gar nicht weißt, wie es im Krieg zugeht – und natürlich ist das Schlachtfeld nicht für Frauen gemacht und...“ Er stockte. „Meine Nachtigall?“ „Jaha?“, meinte Elster und zerrupfte mit leerem Blick und entrücktem Lächeln systematisch das Kissen vor ihr in seine Einzelteile. Adrrian wurde von einer wagen Beunruhigung ergriffen. „Ich... ich muss jetzt.“ „Ja, Schatz.“ Vorsichtig beugte er sich vor, gab ihr einen Kuss auf die Stirn. Keine Reaktion, nur noch mehr Kissenfüllung wurde aufgedröselt. „Also ... Tschüss.“ „Tschüss.“ Adrrian zögerte noch kurz, warf einen Blick auf seine Ehefrau, die noch immer starr ins Nichts lächelte. Dann zog er die Tür zu. Klack. Elster sprang aus dem Bett und verschwand aus dem Schlafzimmer, ging in die Bibliothek und hielt dabei immerzu den schwarzen Stein fest, der an einer Kette um ihren Hals hing. „Krieg, Krieg, Krieg... dem geb ich Krieg!“, knurrte sie. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)