Horus - Eine verbotene Liebe von -Fynnian (Atemu x Seth (Skandalshipping)) ================================================================================ Kapitel 9: Alles zu spät? ------------------------- Kapitel 9: Alles zu spät? Über dem kleinen Dorf erhebt sich langsam die Sonne, taucht mit ihren wärmenden Strahlen alles in ein sanftes Gelb. Die ersten Vögel beginnen ihr Lied und flattern aufgeregt von Baum zu Baum. Ein friedvolles Bild von einem kleinen Dorf mitten in Ägypten. Ein jeder würde diesen Anblick stillschweigend genießen, ihn auf sich wirken lassen. Doch an diesem Morgen nicht. Ein junger Mann sitzt in gebrochener Haltung auf der kleinen Mauer, die sein Zuhause umsäumt, sein Blick verfinstert, seine Ausstrahlung kühl und abweisend. --- Noch immer kann ich es nicht fassen: Ich habe Atemu verloren. Einfach so, ganz plötzlich. Ich kann mir nicht einmal erklären, was passiert ist. Kein Laut drang aus dem Zimmer. Nur dieses Blut und der Gestank. Was kann denn nur einen solchen Gestank hervorbringen? Ich finde einfach keine Erklärung. Ich habe gesucht. Überall gesucht. Doch die Blutspur verlief sich im Sand. Jeden im Dorf habe ich aus dem Schlaf gerissen und befragt. Keiner hat etwas gesehen oder gehört. Es ist, als ob sich Atemu einfach in Luft aufgelöst hätte. Ob Mahaado zu so etwas fähig ist? Hat er Atemu verschwinden lassen? Aber warum sollte er? Atemu schöpft schließlich nicht den leisesten Verdacht. Vielleicht weiß er, dass ich um seine wahren Absichten weiß? Nein, das erscheint mir unwahrscheinlich. Wer außer Mahaado wäre dazu im Stande? Es kann nur jemand mit einem Millenniumsartefakt gewesen sein. Dafür können nur der Hüter des Schlüssels, des Stabes und des Auges in Frage kommen. Den Stab habe ich bei mir und bin es ganz sicher nicht gewesen! Das Auge ist bei Atemu, nachdem Akunadin verendet ist. Und den Schlüssel hat Shada, der im Palast ist. Aber Shada ist dem Pharao treu ergeben! Das hat zumindest Amun gesagt. Und Atemu hat sein Puzzle nicht, um sich zu schützen! Was mach ich denn nur? Atemu... Hast du nur im Entferntesten eine Ahnung, welche Schmerzen du meinem Herzen zufügst? Welche Qualen du mir bescherst? Ich könnte schreien vor Verzweiflung! Und niemanden in diesem vermaledeiten Dorf scheint es zu kümmern! Alle interessieren sie sich nur für sich selbst! Für sich und ihre kleinen Problemchen. Wenn sie wüssten, dass der Pharao in ihrem Dorf entführt...oder vielleicht sogar schon getötet wurde...Nein, daran will ich gar nicht denken! Atemu geht es gut! Das hoffe ich doch... Erneuter Schmerz durchzuckt mein Herz, treibt mir Tränen der Wut ins Gesicht. Oja, ich bin wütend! Wütend auf mich und die ganze verdammte Welt! „Amun!“, schreie ich in den nun klaren blauen Himmel hinaus. „Wenn er wirklich dein Sohn ist, warum tust du dann nichts?! Wo bist du? Warum hilfst du mir nicht?“ Nein, ich werde jetzt nicht weinen! Diese verdammte Freude mache ich dir nicht auch noch! Ich bin stärker, als du denkst! Ich habe es doch versprochen... ‚Versprochen? Was sagt das schon aus? Kannst du dein Versprechen etwa halten?’ Wie gerne würde ich es! Nur für Atemu...nur für ihn. ‚Warum lässt du dich nicht vom Schicksal leiten?’ Ich vertraue nur meinen eigenen Taten. Ich hasse Typen, die ihr Leben lang nichts tun und alles mit ihrem Schicksal rechtfertigen! Ich mache mir mein eigenes Schicksal! ‚Recht so! Endlich hast du es verstanden!’ Verstanden? Mit wem spreche ich hier eigentlich? Führe ich jetzt schon Selbstgespräche? Aber ich habe Recht! Ich kann hier nicht herumsitzen und trauern, solange Atemu noch zu retten ist! Atemu wartet sicher schon auf mich! „Warte nur, mein Engel, ich komme zu dir“, wispere ich und stehe auf. Ich muss mich beeilen! Also schlucke ich meinen Schmerz hinunter so gut ich kann und gehe ins Haus. „Seth, da bist du ja wieder! Geht es dir besser?“ Meine Mutter stellt in letzter Zeit nur noch überflüssige Fragen! „Mutter, Paneb, ich gehe Atemu suchen! Ich reise auf der Stelle ab!“ „Was?! Aber Seth!“ „Was aber?“, zische ich. Wie kann sie es wagen, mir zu widersprechen? Mein Atemu ist verschwunden und sie scheint es gar nicht zu kümmern! Ob sie vielleicht etwas damit zu tun...Nein! Nein, das könnte meine Mutter nicht. Na gut, sie hat mich an meinen Vater verraten, aber sie würde Atemu niemals etwas antun! Oder etwa doch? Zugegeben, sie sorgt sich nicht das geringste bisschen um ihn. Aber sie war doch die ganze Zeit bei mir, als es passiert ist. Sie könnte aber auch einen Gehilfen haben... Aber könnte sich Atemu nicht gegen einen einfachen Menschen wehren? Nach allem, was ich bisher von ihm gesehen habe, müsste da schon mehr kommen. „Seth? Hörst du mir überhaupt zu?“ Hat sie etwas gesagt? Verdammt, ich vertrödele hier meine Zeit! „Ich muss jetzt gehen!“, sage ich daher entschlossen. Was...Warum lacht Paneb denn jetzt schon wieder! „Was?!“, fauche ich ihn an. Er könnte es doch genau so gut gewesen sein! Ihm würde ich es auch viel eher zutrauen! Er grinst nur und antwortet mit seiner mir so verhassten schleimigen Stimme: „Ganz offensichtlich ist sie weggelaufen. Kein Wunder, wenn du mich fragst. Aber egal. Was bringt es schon, sie wieder einzufangen? Willst du das arme Mädchen denn zu einem Leben mit dir verurteilen? Diese Strafe hat nicht einmal so ein Mauerblümchen verdient!“ Dieser! Jetzt er zu weit gegangen! Voller Hass laufe ich auf ihn zu, meine Faust bereit zum Schlag. Meine Mutter schreit erschreckt auf. „Seth! Was tust du?“ Doch da hat Paneb meine geballte Faust bereits im Gesicht. Vor Schreck starrt er mich nur mit großen Augen an. Wortlos richte ich mein Oberteil und wende mich zum Gehen um. „Das ist das letzte Mal, dass ich durch diese Tür trete!“ Mit diesen Worten verlasse ich das Haus meiner Kindheit. Meine Mutter läuft mir weinend nach. „So warte doch!“, versucht sie mich aufzuhalten. „Es ist zu spät!“ Ich will mich jetzt nicht beruhigen. Ich will mich nie wieder beruhigen. Ich will einfach nur noch gehen. Weg hier, weit weg. Ich habe Wichtigeres zu tun als mich mit Paneb zu streiten! Atemus Leben hängt von mir ab. „Bitte geh nicht!“, fleht sie mich an. „Ich brauche dich doch! Seth.“ Doch ich schüttele nur den Kopf. „Nicht einmal deine Tränen können mich jetzt noch aufhalten.“ „Liebst du sie so sehr?“ Ohne ihr zu antworten gehe ich weiter. Sie folgt mir. „Zwischen uns ist alles gesagt“, versuche ich sie abzuwimmeln. „Schätzchen...Paneb ist dir ganz sicher nicht böse.“ Nun bleibe ich schlagartig stehen. „Bitte? Bitte?! Es geht hier ausnahmsweise mal nicht um ihn!“, schreie ich schon fast, „Du hast ja nicht die geringste Ahnung! Aber es interessiert dich ja auch nicht, solange dein lieber Paneb seine Meinung dazu hat!“ Wie viele Jahre brannte mir dieser eine Satz auf der Zunge? Jetzt ist er ausgesprochen. Aber es ist mir egal. Ich werde nicht zurückkommen. „Seth...Denkst du das wirklich?“, fragt sie geschockt. „Ich weiß es!“ „Aber du irrst dich!“ Jetzt lächelt sie mich mit ihrem verständnisvollsten Lächeln an, so als wäre ich ein dummes kleines Kind, das gerade eine Dummheit gemacht hat. „Ich irre mich nie“, erwidere ich trocken und gehe weiter. „Seth!“, sie nimmt meinen Arm und hält mich fest. „Zwing mich nicht, dir wehzutun.“ Meine Stimme ist bedrohlich leise und zischelnd. „O Seth! Das ist doch alles nur ein Missverständnis! Pass auf, du kommst wieder mit rein und beruhigst dich erstmal wieder, danach gehen wir alle zusammen zum Fest. Das wird schon wieder.“ Sie tut es schon wieder! Sie nimmt mich nicht ernst. Das macht mich rasend. Aber der letzte Teil wiederum lässt mich neugierig aufhorchen. Ein Fest? Sie lacht leise. „Nun guck doch nicht so entgeistert! Sag bloß, das wusstest du nicht! Heute ist doch das Fest der Sachmet-Priester.“ Ich kann weiterhin nur entgeistert gucken. Sachmetfest? Davon habe ich noch nie gehört. Aber eine kleine Stimme in mir drin sagt mir, dass ich jetzt genau zuhören sollte. „Na du weißt schon! Das Fest, das alle zehn Jahre einmal stattfindet, um den Blutdurst der Göttin zu stillen, damit sie unser schönes Land verschont. Im Tempel wird der Göttin eine Jungfrau geopfert.“ Augenblicklich gehen bei mir alle Alarmglocken an. Kann es denn sein, dass...? Die Möglichkeit besteht. „Wann ist das?“, frage ich hektisch, beginne leicht zu zittern. „Na...in einer halben Stunde...“, antwortet sie entgeistert. Sofort stoße ich sie von mir und renne davon. Ich muss zum Tempel! Schnell! Bis zu diesem brauche ich fast eine halbe Ewigkeit, wie mir scheint. Während ich so renne, überschlagen sich meine Gedanken förmlich. Wenn die Atemu nun für eine Jungfrau halten und ihn opfern wollen? Soweit darf es nicht kommen! Vor dem Tempel hat sich eine gigantische Menschenmasse versammelt. Der einzige Weg da durchzukommen wäre... Das kann ich nicht tun. Ich sehe mich hektisch um. Ich muss! Ich habe keine andere Wahl! „Duos!“ Mein Monster taucht auch auf der Stelle auf und treibt die kreischende Masse auseinander, so dass ich hindurch rennen kann. Direkt vor dem Tempel stellt sich mir noch ein Priester in den Weg. „Bedaure, aber es sind bereits alle Plätze vergeben.“ Ohne zu zögern zücke ich meinen Millenniumsstab und halte ihn dem Priester genau vors Gesicht. „Lass mich eintreten!“, befehle ich ihm in scharfem Ton. Sein Blick wird stumpf und monoton sagt er: „Ihr dürft eintreten.“ Hastig stecke ich den Stab wieder weg und eile in den Tempel. Menschenopfer...Wer denkt sich nur so etwas Krankes aus? Unsicher schreite ich durch die endlosen Gänge, immer den vielen Stimmen folgend, bis ich schließlich auf einer großen Tribüne ankomme, die einen hervorragenden Ausblick auf das Geschehen bietet. Mit aller Kraft kämpfe ich mich durch die Menge, bis nach vorne an das hohe Geländer. Unter mir erstreckt sich die riesige Tempelhalle, in deren Mitte ein großer weißer Altar steht, auf dem in einem Meer aus Blumen ein bewusstloses Mädchen liegt. Erst beim zweiten Mal Hinsehen erkenne ich, dass diese schlafende Schönheit da unten Atemu ist. Er sieht einfach wundervoll aus! Dieses ruhige, entspannte Gesicht...Wie ein schlafender Gott. Oder doch eine Göttin? Ein nahe stehender Priester bemerkt meinen verträumten Blick und tritt auf mich zu. „Ein hübsches Kind, nicht wahr? Das schönste Opfer, das wir der Göttin je dargebracht haben!“ Stimmt ja, hatte ich gerade voll ausgeblendet! „Wie...wie hat man sie denn gefunden?“, frage ich neugierig. „Oh, das war seltsam! Heute Nacht stand ein Mann vor den Toren unseres Tempels, ganz in einen schwarzen Umhang gehüllt, der das Mädchen über der Schulter trug. Ein größeres Glück hätte uns nicht passieren können, da wir dieses Jahr noch kein freiwilliges Opfer gefunden haben.“ „Ich bezweifle, dass das ein freiwilliges Opfer ist! Lasst sie gehen!“ „Hahahaha! Oh nein, mein Freund! Wenn wir kein Opfer darbringen, wird die Göttin Ägypten überfallen wie einstmals vor hunderten von Jahren! Außerdem ist es jetzt viel zu spät. Die Löwin wird gleich hereingeführt.“ „Löwin?!“ Ich muss schlucken. Mein Hals ist plötzlich wie ausgedorrt. Was machen die mit Atemu? „Ganz recht! So läuft das ab: Die Göttin, in Gestalt einer Löwin, wird in die Opferhalle geführt um ihr Geschenk anzunehmen. Lehnt sie es ab, sind wir verdammt!“ Mein Atem stockt. Atemu soll von einem Löwen gefressen werden? Panisch sehe ich mich um, beuge mich schließlich so weit wie möglich über das Geländer und brülle: „ATEMU! WACH AUF!“ Die Leute um mich herum sind so laut, dass man meine Stimme kaum hört. Ich bin am Verzweifeln! Was kann ich schon gegen einen Löwen ausrichten? Aber ja doch! Duos! Ich muss ihn rufen! Doch wie schon im Kampf gegen Akunadin kommt er nicht. Warum kommt er nie, wenn ich ihn wirklich brauche? Ist es, weil ich zu aufgeregt, zu durcheinander bin? Verhindert meine Angst sein Erscheinen? „Bitte Duos! Bitte!“, flehe ich im Flüsterton. Erschrocken weiten sich meine Augen, als ich sehe, wie zwei Priester in langen weißen Gewändern eine Löwin in die Halle führen und dann schleunigst das Weite suchen. Ich bin ja so schwach! Wie konnte ich nur jemals glauben, Atemu beschützen zu können? Erste Tränen rinnen über meine Wangen, tropfen auf mein Gewand. Ich kann nichts tun! Die Löwin schleicht durch die Halle, läuft einmal im Kreis. Sie brüllt aufgebracht, erregt durch das laute Jubeln der Masse. Dann läuft sie neugierig auf den Altar zu, auf dem Atemu liegt. Nein! „ATEMU! ATEMU!“, schreie ich, kann schon längst nicht mehr gegen meine Gefühle ankämpfen. Unendliche Angst überwältigt mich, macht es mir unmöglich, über mögliche Rettungspläne nachzudenken. Der Priester hat sich inzwischen anderen zugewandt und plaudert fröhlich vor sich hin. Jetzt steht die Löwin vor dem Altar, umkreist diesen misstrauisch mehrmals. „ATEMUUU!!“ ................................................................................................................................ Nanu? Warum ist es denn plötzlich so laut? Wie soll ich denn da schlafen? ~.~ Murrend öffne ich meine Augen einen Spalt. Oh, ein Miezekätzchen! Wie süß es ist. Und so groß. Ist bestimmt kuschelig, so weich wie es aussieht. Ich würde es gerne streicheln, aber meine Hände sind immer noch gefesselt. Wie schade. .................................................................................................................................. Was ist das? Atemu ist aufgewacht! Ja! Jetzt kann er sich befreien. Vor Glück kann ich einfach nicht anders, als lachend auf die Knie zu fallen. Er ist gerettet! Atemu ist gerettet! So ein Glück! Haha! Alles wird wieder gut! Noch immer rinnen Tränen meine Wangen hinab, aber jetzt sind es Tränen der Erleichterung. „Atemu...“, hauche ich voller Glückseligkeit. .................................................................................................................................. . Die Menschen um mich herum... Wo kommen die her? Warum sind es so viele? Seltsam... Lauf! Lauf, oder du wirst sterben!, ruft wieder diese Stimme. So ein Unsinn! Es ist doch alles in Ordnung! Aber ich bin noch immer so unendlich müde... Seid doch ruhig, ihr Menschen! Seid einfach ruhig... .................................................................................................................................. . Aber was tut er denn? Er lächelt den Löwen an? Er flieht nicht? Was ist denn nur los? „ATEMU! LAUF DOCH!“, schreie ich nun wieder verzweifelt, kreische schon fast. „Lauf doch...“ .................................................................................................................................. ... Oh...nanu? Ist die Stimme in meinem Kopf lauter geworden? Aber die klingt doch ganz anders...? Es ist Seth! Seth, erinnerst du dich nicht? Dein Seth! Ah, da ist sie ja wieder. Seth? Hm.... Prüfend sehe ich hoch zu den Menschen. Da sitzt ein Brünetter an das Geländer gelehnt und weint. Warum weint er denn? Er ist so schön... Hat er mich gerufen? .................................................................................................................................. ............. Er starrt mich an! Atemu starrt mich einfach nur verträumt an! Er wird sterben! Dieser verdammte Idiot. Warum tut er denn nichts? Mein Herz bleibt fast stehen, als die Löwin mit einem Satz auf den Altar springt und nun über Atemus Oberkörper steht. Jetzt ist alles aus! Jetzt tötet sie ihn! „ATEMU! NEIN!“ Ohne nachzudenken, was ich tue, springe ich auf meine zitternden Beine und über das Geländer. Die Menschen kreischen entsetzt. Sollen sie doch ruhig sein! Wie können sie sich das nur ansehen und dabei jubeln! Meine Landung auf meinem Hinterteil war nicht gerade angenehm, aber besser als eine auf dem Kopf. So stehe ich mir meinen schmerzenden Hintern reibend auf und sehe entgeistert auf. Was tue ich denn? Was habe ich mir dabei denn nur gedacht? Die Löwin richtet nun ihr Augenmerk auf mich, springt elegant zurück auf den Boden und kommt mit bedachten Schritten auf mich zu. „D-duos?“, frage ich hoffnungsvoll, aber wieder geschieht nichts. Immer stärker zitternd gehe ich einige Schritte rückwärts. Gleich kann ich mich nicht mehr auf den Beinen halten! „Atemu! Atemu!“, flehe ich wie im Gebet. Doch dieser sieht mich nur neugierig an und beobachtet mich. „Ist das deine Katze?“, fragt er leise. Was? Was ist denn nur mit ihm los? Doch...Wie konnte ich das nur übersehen! Sie müssen ihm Mohn gegeben haben! Darum wehrt er sich nicht. Immer die Wildkatze im Auge behaltend, laufe ich ganz langsam zu Atemu, sie folgt mir. Ich schlucke. Sie belauert mich! Klar, ist ja auch kein Wunder, schließlich ist Beute, die sich bewegt, viel interessanter. Das weckt den Jagdtrieb. Nach schier endlosen Minuten bin ich endlich bei ihm. „Atemu! Wie fühlst du dich?“, frage ich besorgt, streiche ihm durch die Haare. Er zuckt unter der Berührung leicht zusammen. Vorsichtig taste ich die Stelle ab. Er scheint verletzt zu sein. Natürlich! Wer auch immer ihn entführt hat, muss ihn niedergeschlagen haben. Daher auch das ganze Blut! „Aua...“, klagt er leise. Über die Sorge um meinen Allerliebsten bin ich glatt wieder geneigt, den Löwen zu vergessen, doch hindert mich der hohe Adrenalingehalt meines Blutes glücklicherweise daran. Bedacht drehe ich meinen Kopf wieder zu Atemu. Dass er Schmerzen gespürt hat, kann nur bedeuten, dass die Wirkung des Mohns allmählich nachlässt. „Hey, Süßer, hör mir zu, ja?“, bitte ich ihn lieb und schenke ihm ein besänftigendes Lächeln. „Wir müssen hier jetzt ganz schnell weg und uns vor diesem Löwen retten. Du kannst doch zaubern, erinnerst du dich noch? Kannst du den Löwen in einen Käfig einsperren? Kannst du so was?“ Ich weiß, dass ich möglichst auf einfacher Ebene mit ihm kommunizieren muss, da sein Kopf momentan den Dienst versagt. „Machst du das für mich?“ Er scheint eine Weile zu überlegen, schließt dann die Augen und öffnet sie wieder. „Du bist Seth?“ Ich nicke. Unauffällig wandert mein Blick wieder zu der Löwin. Sie kommt mit peitschendem Schwanz näher. Schweiß perlt auf meiner Stirn. „Seth...“, wiederholt er langsam. „Ich mag dich!“, stellt er lächelnd fest. So schön diese Erkenntnis auch sein mag, in diesem Augenblick ist sie etwas unangebracht. „Ich mag dich...Soll ich ihn einfangen?“ Vorsichtig mache ich Atemus Hände los, nehme sie vorsichtig in meine. „Ja, bitte.“ Er wird ganz rot um die Nase und strahlt mich glücklich an. Er ist ja so niedlich! Ich könnte dahin schmelzen... Ein lautes Brüllen lässt mich zusammenzucken. Das Vieh setzt zum Sprung an! Den Blick starr auf Atemu gerichtet, beschleunigt sich meine Atmung. Jetzt kann uns nichts mehr retten! Aber wenigstens sterben wir zusammen. Ich kann den Schatten über uns sehen! Meine Nackenhärchen stellen sich auf. Dann rückt das Maul des Untiers in mein Blickfeld. Wie in Zeitlupe scheint das Tier langsam auf uns hernieder zu gehen, seine Krallen sind nur noch wenige Millimeter von Atemus Brust entfernt, das Maul ist bereits weit aufgerissen und liegt knapp über dem Hals, als- Atemu hebt eine Hand und ganz plötzlich prallt das Tier von uns ab, wird zurückgeschleudert und landet... Auf der Zuschauertribüne! „Ups...“, kommt es leise von Atemu. Aber darüber kann ich mir jetzt keine Gedanken machen. Wenn die uns kriegen, ist Sense! Schnell lege ich einen Arm um Atemus Schultern und den anderen unter seine Knie. So hebe ich ihn behutsam an meine Brust, an die er sich auch sofort ankuschelt, und laufe los. Wenn man bedenkt, wie viel ich in letzter Zeit gelaufen bin... Seufzend schlage ich den Weg Richtung Nilufer ein. Die Priester sind noch zu beschäftigt mit dem Löwen, als dass sie uns hätten verfolgen können. So kommen wir ungehindert zum Hafen und retten uns auf eines der Schiffe, das gerade nach Heliopolis aufbricht, ins schöne Nildelta. Damit uns Mahaado nicht länger im Auge behalten kann, nehme ich am dritten Tag der Reise schweren Herzens Atemus Millenniumspuzzle, das Auge und meinen Stab und werfe sie ins Uferschilf nahe der Stadt Abydos. Wie ich das Atemu erkläre, der noch immer seelenruhig schläft und kaum etwas mitbekommen hat, kann ich mir später auch noch überlegen. ____________________________________________________________________________ Juhu~ Mein bisher längstes Kapitel! Bin gespannt, was ihr dazu sagt. Also tut mir doch bitte den Gefallen und lasst mal nen Kommi dar. Und herzlichsten Dank natürlich an die regelmäßigen Kommischreiber! *alle drück* Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)