Vampire -We are not alone- von NuitNoire ================================================================================ Kapitel 12: XII --------------- Soll ich, soll ich nicht, soll ich, soll ich nicht... So saß ich bestimmt zwanzig Minuten im Schneidersitz in meinem Garten unter einem Baum im Schatten, eine Blume nach der anderen in der Hand und die Blütenblätter von ihr abrupfend. Es war aber auch wirklich zum Haare raufen. Der Film, den ich mit Kenta gesehen hatte war nett gewesen, doch mir waren viel zu viele Gedanken durch den Kopf geschossen, als dass ich mich richtig darauf hätte konzentrieren können. Und jetzt saß ich da und wusste nicht was ich machen sollte. Ich mein es war noch viel zu früh um sich auf den Weg zur Bar zu machen, denn es war ja erst Nachmittag. Außerdem war ja da noch die Frage ob ich überhaupt hingehen wollte. Schwierige Entscheidung... ich meine es wäre sicher nett noch ein wenig mit Shou zu plaudern... auch wenn er mich wahrscheinlich wieder mit Fragen löchern würde. Und wieso hegte ich überhaupt noch einmal den Gedanken mit dem Kerl ein Gespräch zu führen? Er war zwar nett, doch eigentlich hatte ich doch gestern meine Schuld beglichen? Eigentlich war ich ihm noch nicht mal was schuldig gewesen, oder? Na ja... vielleicht ein klein wenig, mehr aber auch nicht und wenn dann war das Thema mit gestern Abend doch eigentlich für mich aus der Welt. Aber wenn es für mich aus der Welt war wieso war ich dann so unsicher ob ich nicht doch noch einmal hingehen sollte? Ein weiteres Gespräch, dagegen war ja eigentlich nichts einzuwenden und er war ja schließlich auch echt nett gewesen… “Was machst duuuuuuuuuuuhuuuuuu?”, kam Kenta gut gelaunt an, setzte sich neben mich und unterbrach damit meine Überlegungen. Ich rollte nur leicht genervt mit den Augen. Wieso schaffte der Kerl es eigentlich immer dann aufzukreuzen, wenn ich gerade keine Lust auf soziale Kontakte hatte und ein wenig Ruhe zum nachdenken brauchte?! “Wie dir vielleicht aufgefallen ist, bin ich gerade in Gedanken versunken gewesen und ich wäre dir sehr dankbar wenn du meine Überlegungen nicht andauernd unterbrechen würdest!”, meinte ich ein wenig gereizt. Kenta ließ sich davon natürlich wie immer nicht aus der Bahn werfen. “Ach, deine Überlegungen kannst du auch noch später fortführen. Du denkst sowieso viel zu viel nach. Wie wär’s wenn du einfach mal ein wenig abschalten würdest? Es täte dir wirklich gut mal ein wenig lockerer zu werden. Du wirkst irgendwie immer so…verspannt und gestresst. Komm wir machen heute Abend die Nachtclubs unsicher!” Ich zog nur eine Augenbraue hoch. “Ich soll mich mit DIR in der Öffentlichkeit blicken lassen?” Ich konnte nur den Kopf schütteln. Dieser Kerl war wirklich eine hochgradige Nervensäge! “Was spricht denn dagegen?” “Vielleicht dass ich dir heute schon genügend meiner Aufmerksamkeit zu Teil werden gelassen hab und somit dein Tagesbedarf gedeckt sein sollte? Wie alt bist du, fünf?! Könnte man jedenfalls meinen da du noch nicht einmal in der Lage zu sein scheinst dich selbst zu beschäftigen!“ “Aber du hast gestern nichts mit mir gemacht und mit dir ist es bestimmt viel lustiger!” Kenta fing förmlich an zu strahlen und ich konnte einfach nicht an mich halten und musste loslachen. “Ja klar.. lustiger... mit mir? Ich lach mich kaputt. Sagtest du nicht eben dass ich lockerer werden müsste? Also schein ich in deinen Augen ja nicht gerade DIE Spaßkanone zu sein.” Man musste diesen Kerl nicht verstehen. Wieso um alles in der Welt wollte er unbedingt Zeit mit mir verbringen? Ich war ja noch nicht einmal sonderlich nett zu ihm, bis vielleicht auf die Tatsache dass ich ihn vorübergehend hier wohnen ließ. Allerdings sollte ich mir das vielleicht auch nochmal durch den Kopf gehen lassen, denn Kenta war wirklich sehr, sehr anstrengend. “Such dir jemand anderen“, murmelte ich nur mürrisch vor mich hin. “Ich mag aber mit DIR weggehen.” Er zog eine Schnute. “Sagen dir die Wörter: ICH HAB ABER KEINE LUST!, etwas?” “Ne, kenn ich nicht.” “Mmhhppff...” Ich seufzte entnervt. “Ich will einfach nur meine Ruhe, verstanden?!” “Ähm... nö.”, erwiderte Kenta mit einem frechen und zu gleich kecken Grinsen auf den Lippen. Ich versuchte mich wirklich zusammenzureißen ihm nicht auf der Stelle den Kopf abzureißen, obwohl nicht mehr viel fehlte dass mir der Kragen platzte. “Sag mal wieso bist du eigentlich so ein penetrantes nerviges Bündel?”, seufzte ich sichtlich genervt. “Ich mag einfach nur was mit dir unternehmen. Was ist bitte schön so schlimm daran? Das einzige was ich möchte ist dass du ja sagst. Mehr verlange ich gar nicht. Außerdem machst du dir wirklich zu viele Gedanken. Wenn du nicht aufpasst zerfressen sie dich noch und genau deswegen wollte ich dich eigentlich ablenken. Außerdem wenn ich nichts mit dir unternehme, wer sollte es sonst tun? Scheinst ja nicht gerade viele Freunde zu haben. Aber nimm’s nicht gleich wieder persönlich.” Kenta hob beschwichtigend die Hände. „Das war lediglich eine Feststellung…“ Ich seufzte resigniert. Irgendwo hatte Kenta ja recht. Die einzigen Freunde die ich hatte waren sauer auf mich und der einzige der im Moment nett zu mir war, war tatsächlich er. Vielleicht war ich die letzten Tage einfach nur ein wenig zu angespannt, was auch kein Wunder war wenn man die ganzen Umstände betrachtete, und brauchte tatsächlich mal ein bisschen Spaß und Ablenkung. Konnte schließlich nicht schaden, oder? “Nun gut...”, gab ich mich schließlich genervt geschlagen. “Gehen wir halt weg. Aber nerv mich nur ein einziges Mal und du wirst es bereuen, das kann ich dir garantieren.” Ich hätte mich ohrfeigen können. Wieso nur hatte ich mich geschlagen gegeben etwas mit Kenta zu unternehmen? Bestimmt wäre mein Abend viel besser verlaufen wenn ich zu Hause geblieben wäre und mich in meinem Bett verkrochen hätte. So hatte ich nun das Desaster. Eigentlich hatte es ganz harmlos angefangen. Kenta und ich hatten uns zu einem der angesagten Nachtclubs begeben, ‚Bloodmoon‘. Leider kam ich nicht umhin auch ein wenig mit Kenta zu tanzen, er nervte einfach so lange bis ich ja sagte, was zum Glück nicht ganz so schlimm war wie ich befürchtet hatte. Teilweise saß ich aber auch einfach nur an der Bar des Clubs, vor allem wenn Kenta gerade mal wieder mit ein paar Mädels beschäftigt war. Der Kerl ließ wirklich nichts anbrennen. Irgendwann hatte ich aufgehört zu zählen wie viele Nummern er schon kassiert hatte Und dann passierte es. “Ach so sieht man sich wieder, meine Liebe”, hauchte mir eine nur allzu bekannte Stimme in mein Ohr und jemand schmiegte sich relativ eng von hinten an mich. Mein Körper versteifte sich und meine Nackenhaare stellten sich auf. “Was willst du?”, meinte ich nur mit tonloser Stimme. “Nur ein wenig plaudern, nicht mehr und nicht weniger. Um der alten Zeiten wegen.” Ich drehte mich um und schaute direkt in Shis Augen, welche süffisant funkelten. “Ach hast du deine Schwester ausnahmsweise einmal nicht im Schlepptau? Oder lungert sie in irgendeiner Ecke?”, konnte ich mir den bissigen Kommentar nicht verkneifen, denn Kurasa konnte ich weit und breit nirgendwo im Club erblicken. “Ich wollte alleine mit dir reden.” Langsam hob Shi seine Hand und legte sie auf meine Wange, was mich ein wenig erschaudern ließ. “Es schmerzt zu sehen welche Abscheu du gegen uns hegst, vor allem gegen mich“, meinte er mit einer gewissen Wehmut in der Stimme. “Ihr wisst dass ich mit euch nichts mehr zu tun haben will!”, entgegnete ich nur mit aufkommender Wut in der Stimme. “Vergiss was in der Vergangenheit zwischen uns vorgefallen ist, denn es liegt hinter uns.”, versuchte er mich zu besänftigen. “Das ist nicht so einfach aus der Welt zu schaffen!” Ich konnte nicht fassen dass er wirklich zu glauben schien, ich könnte alles Vergangene einfach so vergessen. Shi beugte sich vor und war jetzt nur noch Millimeter von meinem Gesicht entfernt. „Hach… meine liebe Nanami… stur wie eh und je… doch wir haben uns geändert, glaube mir. Komm zurück zu uns… zu mir.“ Er strich mir sanft eine Haarsträhne aus meinem Gesicht und ließ mich nicht aus den Augen. Ich schluckte schwer, wollte mich von ihm lösen, wünschte mich an einen anderen Ort. Doch ich hätte mich verfluchen können, denn ich begann langsam schwach zu werden unter seinem Blick und musste mir eingestehen, dass er immer noch so gut und verführerisch aussah wie früher. Seine Gesicht so nah an meinem zu spüren und seine Lippen nur wenige Millimeter weg von meinen zu wissen… STOP! NEIN! So durfte ich auf keinen Fall denken! „Also…“, begann ich langsam, wurde allerdings von einer mir –leider- seit neustem sehr vertrauten Stimme unterbrochen. „Ich schätze Nanami ist diese Unterhaltung ein wenig unangenehm und es wäre an der Zeit dass du gehst!“, meinte Kenta, riss Shi bestimmt von mir Weg und schubste ihn Richtung Ausgang. „Dann schätze ich wohl dass wir unsere Unterhaltung ein ander Mal weiterführen, nicht meine Liebe?“, meinte Shi nur mit einem fast bedrohlich wirkenden Grinsen, warf Kenta nur einen verächtlichen Blick zu und verließ dann den Club. „Alles ok?“, fragte Kenta und sein Blick, welcher auf mir ruhte, schien fast besorgt. Doch ich konnte mich gar nicht richtig auf ihn konzentrieren. Wie in Trance starrte ich auf die Stelle an der eben noch Shi gestanden hatte. Meine Gedanken und Gefühle schienen sich zu drehen, war ich auf der einen Stelle erleichter dass Shi nun verschwunden war und irgendwie sogar dankbar dass Kenta dazwischen gefunkt hatte, auf der anderen Seite überkam mich eine längst verdrängte und vergessen geglaubte Sehnsucht nach diesem gottverdammten Kerl, woraufhin ich wiederum alles andere als erfreut über das Einschreiten Kentas war und ihm am liebsten den Kopf abgerissen hätte. „Alles bestens!“, zischte ich zwischen zusammengebissenen Zähnen und mied Kentas Blick, hätte ich ihm sonst wohl meinen unangemessenen Zorn entgegengeschleudert. Ich wusste er hatte mir nur helfen wollen und hätte es nicht verdient wenn ich ihn aufgrund meiner verwirrten Gefühlslage noch zusammenstauchte. „Ich werde wohl besser schon einmal gehen.“ Und um jedweden Begleitungsversuch zu unterbinden fügte ich direkt hinzu: „Und zwar ALLEINE!“ Denn das wollte ich jetzt um jeden Preis sein. Mit wehendem Schritt verließ ich den Club und ließ einen mehr oder weniger verwirren Kenta zurück, welcher mir erstaunlicher Weise nichts auf meine Worte erwidert hatte. An meinem Haus angekommen verschwand ich sofort in meinem Zimmer und vergrub mich in meiner Decke und meinen Kissen. Es erschien mir immer noch alles so unreal, war es für meinen Verstand irgendwie immer noch nicht begreiflich dass Shi und Kurasa tatsächlich wieder hier waren, dass sie mich gefunden hatten und wohl nicht eher Ruhe geben würden bis sie das hatten, was sie wollten. Ich konnte mir nicht vorstellen dass die beiden nur auf einen Plausch hatten vorbeikommen wollten um der alten Zeiten willen und um das Vergangene aus der Welt zu schaffen… nein, das würde den beiden nicht ähnlich sehen. Und das Shi mich vermisste.. ha! Dass ich nicht lachte. Er wollte mich wieder bei sich haben? Irgendwie konnte ich mir das nicht recht vorstellen… Die beiden führten etwas im Schilde, sei es nun Rache an mir oder etwas anderes. Wer wusste schon was die beiden plante, schließlich waren sie seit je her hinterlistig und intrigant. Doch ich sollte vielleicht versuchen es herauszufinden bevor noch etwas Schreckliches geschah… Mit diesen Gedanken schlief ich ein. Am Anfang spielte ich mit dem Gedanken zu fliehen und zu meiner Familie zurückzukehren. Doch wie sollte ich mein Verschwinden erklären und vor allem meine, nun ja, Veränderung? Außerdem konnte ich meinen Durst nach Blut nicht kontrollieren. Sobald ich auch nur in die Nähe eines menschlichen Wesens kam und spürte, wie das Blut durch dessen Adern pulsierte, ich den verlockenden und betörenden Duft des flüssigen Rot wahrnahm, konnte ich einfach nicht mehr an mich halten. Nicht nur dass ich das Blut trank, nein, ich verlor dermaßen die Beherrschung, dass ich meine Opfer fast bis auf den letzten Tropfen leer trank. Allein Shi hielt mich davon ab es zu tun. „Wenn du sie leer saugst, dann verwandeln sie sich in unseres Gleichen!“, ermahnte er mich jedes Mal wenn ich wieder kurz davor war, es zu tun. „Sie erwachen wieder, so wie du. So lange du dein neues Ich nicht richtig beherrschst kann ich nicht zulassen, dass du jemanden verwandelst, auch, wenn mir das sehr gelegen käme, denn jeder weitere Vampir stärkt uns. Doch jetzt ist nicht der Zeitpunkt instabile Vampire auf die Menschen loszulassen. Jeder muss stark und kontrollierbar sein“ Was genau er damit sagen wollte erschien mir zu diesem Zeitpunkt noch nicht wichtig, war ich doch zu sehr damit beschäftigt meine eigene monströse Existenz akzeptieren zu lernen und die Sehnsucht nach meiner Familie zu vergessen. Denn ich kam zu der Erkenntnis dass ich ihnen in diesem Zustand niemals wieder unter die Augen treten konnte. Sie hätten nicht verstanden was ich war und vor allem wäre ich in meinem Zustand eine Gefahr für sie gewesen. Auch überlegte ich mich dem Namen, welchen mir Shi zugetragen hatte, zu verweigern. Doch die Art und Weise wie er diesen Namen, Nanami, aussprach war so harmonisch und einlullend, dass ich gar nicht anders konnte als ihn zu akzeptieren, als wäre es wie ein Bann, welcher mich umfesselte. Vielleicht lag es aber auch daran, dass ich der anziehenden, verruchten Aura, welche Shi umgab so oder so nicht widerstehen konnte. Egal wie sehr ich auch versuchte ihn zu hassen, zu hassen was er war, wie er war und vor allem dass er derjenige war, der mir dieses Schicksal aufgebürdet hatte, ich konnte nicht anders als seiner samtenen Stimme zu verfallen. Auch begann ich mich immer öfter zu fragen, wie sich seine sinnlich geformten Lippen wohl anfühlen würden. Und dann eines Nachts fand ich es heraus, als Shi zu mir ins Zimmer kam, welches ich leider nur selten verlassen durfte. Langsam kam er in den Raum, fixierte mich mit seinen Augen, wie ein Raubtier, welches sich jeden Moment auf seine Beute stürzen wollte. Schritt für Schritt kam er näher ohne mich auch nur eine Sekunde aus den Augen zu lassen. Wenn mein Herz noch geschlagen hätte wäre es mir wahrscheinlich vor lauter Aufregung aus der Brust gesprungen. Es trennten uns nur noch wenige Millimeter als Shi seine Hand ausstreckte und mir eine verirrte Haarsträhne hinters Ohr schob. Als er sich dann vorbeugte und seine Lippen auf die meinen presste, erst sanft und dann fordernd, vergaß ich alles um mich herum, selbst die Tatsache, was ich nun war. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)