Vampire -We are not alone- von NuitNoire ================================================================================ Prolog: Prolog -------------- Menschen... sie sind so dumm. So einfältig. Verstecken sich in ihrer Scheinwelt. Verschließen die Augen vor der Wirklichkeit. Verdrängen das Grauen was sie umgibt. Glauben im inneren immer noch sie wären die einzigen Wesen. Doch wir sind auch da. VAMPIRE. Kapitel 1: I. ------------- Heute war der Himmel bewölkt. Der Wind peitschte mir ins Gesicht, als ich die Haustür öffnete. Kurz spielte ich mit dem Gedanken doch zu Hause zu bleiben, aber meine Freunde hätten mich umgebracht. Wahrscheinlich würde ich so oder so wieder eine Predigt gehalten bekommen wieso ich zu spät war. Außerdem war ich ihnen noch eine Erklärung schuldig, wieso ich letztens nicht aufgetaucht war. “Am besten ich schließ mich gleich irgendwo ein…. Dann schulde ich auch niemandem mehr eine Erklärung…”, murmelte ich ungehalten und schloss die Haustür. Wieso konnte es nicht schon tiefster Winter sein? Ich ging die Straßen entlang, die Hände in meinen Jackentaschen vergraben und spürte die Blicke der Leute. Jedes Mal war es das gleiche. Ich ging auf die Straße und prompt waren die Leute wie gebannt. Wie, als würden sie spüren, dass ich anders war. Vielleicht, hätten sie gewusst was ich war, hätten sie sich abgewannt, oder sie wären gar weggelaufen. Doch nichts dergleichen geschah. Sie wussten nicht, was für Gefahren sie umgaben. Es war so leicht. Geradezu verlockend. Nur einen kurzen Moment, der Hauch einer Sekunde würde schon ausreichen um… Ich sollte so nicht denken. Doch servierten mir die Menschen nicht diese Gedanken, dieses Verlangen geradezu auf dem Silbertablett? Ich war so in meine Gedanken vertieft, dass ich beinahe an dem Café vorbeigelaufen wäre, in dem wir uns treffen wollten. Als ich die Eingangtür öffnete, schlug mir die Wärme entgegen. Ein kurzer Blick in das Innere des Cafés und schon hatte ich meine Freunde entdeckt. Langsam schritt ich auf sie zu. “Hi”, sagte ich und probierte ein wenig Fröhlichkeit in meine Stimme zu legen. Meine beiden Freunde, Hiroshi und Yuuka sahen mich böse an. “Wir hatten uns schon vor einer dreiviertel Stunde in diesem Café verabredet!” sagte Yuuka vorwurfsvoll. Entschuldigend hob ich meine Hände. “Es tut mir ja leid…”, sagte ich grummelnd zu ihr. Yuuka funkelte mich immer noch böse an und Hiroshi hatte den Blick abgewandt. “Es ist doch immer dasselbe”, murmelte er, “was sollen wir schon anderes erwarten?” “Aber…” Nein ich sollte lieber nichts sagen. Es würde nur eine Diskussion geben und meine Laune heute war nicht so gut, dass es gut geendet hätte. Wenn ich die Kontrolle verlieren würde, wäre alles zu spät. Schweigend zog ich meine Jacke aus und ließ mich auf den Stuhl gleiten. Ich musterte die beiden und konnte wieder einmal nur den Kopf schütteln. Ich sollte nicht mit ihnen befreundet sein… wenn ich es genau nehmen würde, waren wir eigentlich keine wirklichen Freunde. Denn waren Freunde nicht ehrlich zueinander? Und ehrlich war ich zu Hiroshi und Yuuka ganz bestimmt nicht, denn sie wussten nicht was ich war. Wobei man könnte sagen, sie könnten es wissen, doch verschlossen sie, wie der Rest dieser verfluchten Menschheit ihre Augen. Fast jeden Tag kam etwas in den Nachrichten. Mysteriöse Morde. Spurlos Verschwundene. Zeugen die es gesehen hatte. Doch schenkte man denen glauben? Nein. Eigentlich müsste ich froh über diese Dummheit sein. Über diese Ignoranz unserer Spezies. Man könnte den Menschen handfeste Beweise liefern und doch würde es als Schabernack abgetan werden. Und was mich am meisten wunderte. Empfanden es Hiroshi und Yuuka nicht als seltsam dass ich nur an bewölkten Tagen wirklich raus ging. War es ihnen nicht aufgefallen dass ich an Tagen, an denen die Sonne strahlend am Himmel stand ungern raus ging? “Nanami hörst du uns überhaupt zu?” Hiroshis Stimme holte mich wieder in die Realität zurück. “Ähm… was hattest du gesagt?” “Ich fass es nicht”, sagte er ungehalten, “da hält man dir eine Predigt und du hörst nicht zu?! Sag mal, aber sonst geht’s noch!” “E-es tut mir leid”, stammelte ich. Auf seltsame Art und Weise fühlte ich mich ertappt. In solchen Momenten war ich froh, dass man mir meine Gedanken nicht ansehen konnte. Meine Gefühle nicht ansehen konnte, denn das alles verbarg ich hinter ein und derselben ausdruckslosen Maske. Gelegentlich zierte diese Mal ein Lächeln oder etwas ähnliches, doch ansonsten war es ein und dieselbe. “Ja, ja. Es tut dir immer leid. Alles tut dir leid!”, sagte Yuuka wütend. “Derselbe Spruch und den fast jeden Tag den wir dich sehen. Fällt dir nichts Besseres ein?!” “Was soll ich den anderes sagen?!” Ich spürte wie Wut in mir hoch kochte. Alles in mir schrie danach etwas Unverzeihliches zu tun. Ich könnte es zulassen, ein einziger Moment und alles wäre vorbei. Doch müsste ich dann nicht die gesamten Menschen in diesem Café aus dem Weg schaffen? Zeugen waren etwas Lästiges. Dies waren Momente, an denen ich mich fragte warum ich es eigentlich probiert hatte, mich mit den Menschen zu arrangieren. Diesen verabscheuungswürdigen Wesen. Sie taten immer so als würden sie alles verstehen, alles wissen. Doch dem war nicht so. Sie wusste rein gar nichts. Wütend sprang ich auf, zog mir meine Jacke an und stürmte aus dem Geschäft. An der frischen Luft bekam ich auch sogleich wieder einen klaren Kopf, doch war ich etwas von mir selbst erschrocken. Wäre ich nicht hinausgerannt, wäre ich geblieben, hätte ich dann…? Ja, hätte ich. Und was das Schlimmste war, mein Zorn war so groß auf die Menschen, dass es mir egal gewesen wäre. Kapitel 2: II. -------------- Ich lief noch eine Weile rastlos durch die Gegend. Langsam verpuffte der Zorn, der sich in mir angestaut hatte. Ich wüsste ganz würde er nie verschwinden, genau wie der Hass, aber es war immerhin etwas. Meine Schritte führten mich in den Stadtpark. Ich wusste nicht wieso, aber wenn ich meine Gedanken und Gefühle ordnen wollte, kam ich immer her. Die friedliche Umgebung, Stille weit und breit, es war purer Genuss herzukommen und da die Zeit wie im Flug vergangen war und wir schon späten Nachmittag hatten, war der Park dementsprechend leer. Hier und da lief einem mal wieder jemand über den Weg, aber es gab genügen Plätze, wo sich so gut wie niemand hinverirrte. Mein Lieblingsplatz war in einem versteckten Winkel des Parks. Viele hätten diese Stelle als unheimlich empfunden, aber vor was sollte ich schon Angst habe? Vor mir selbst? Es dauerte nicht lange und ich hatte die Stelle erreicht. Ich ließ mich auf einem umgestürzten Stamm nieder und ließ meinen Gedanken freien Lauf. So in der Abgeschiedenheit wurde mir auch wieder klar, dass mein Blutdurst mit jedem weiteren Tag wieder stärker wurde. Zwar hielt ich es einige Tage ohne diese verlockende Sache aus, doch sollte ich mich nicht überschätzen. Jeden Moment, jede Sekunde konnte es aus mir herausbrechen, dieser Instinkt alles zu töten, was auch nur einen Tröpfchen dieser köstlichen Flüssigkeit enthielt. Ich leckte mir über die Lippen und glaubte den Geschmack warmen Blutes zu spüren und es machte mich fast wahnsinnig. Meine Gedanken formten nur ein einziges Wort: Blut! Irgendwie schaffte ich es wieder, meine Gedanken abzulenken, doch würde ich bald trinken müssen. Ob Hiroshi und Yuuka noch mit mir reden würden? Wenn nicht war es mir auch egal. Ich brauchte sie nicht. Und sie brauchten mich auch nicht! Für den Bruchteil einer Sekunde nahm ich ein Geräusch war. Es schien aus dem nahen Gebüsch zu stammen. Langsam erhob ich mich. Dann blitzschnell war ich bei der Stelle, von wo das Geräusch kam und zog eine Gestalt aus dem Gebüsch. Es war ein junger Mann, etwa in meinem Alter. “Wer zum Teufel bist du?”, fragte ich bedrohlich und meine Augen verengten sich zu Schlitzen. “Kann dir doch egal sein”, meinte dieser und guckte mir ohne Furcht in die Augen. “Sag es oder du wirst es bereuen!” “Und jetzt drohst du mir auch noch. Pah! So lass ich nicht mit mir umgehen!” Geschickt entwendete er sich meinem Griff. Seine Aura verriet mir dass er auch ein Vampir sein musste. Nun richtete er sich in voller Größe vor mir auf. “Nun”, begann er, “ich könnte dich auch fragen wer du bist!” “Ich bin Nanami!”, schleuderte ich ihm entgegen, “und scheinbar bist du genau wie ich ein Vampir.” “Ja, wohl war und dazu noch ein sehr mächtiger! Ich heiß Kenta und zu deiner Info, wenn du mich noch mal so unverschämt behandelst lernst du meine wahre Natur kennen!” “Selbst schuld! Du hast dich doch angeschlichen!” “Na und! Steht irgendwo dass das verboten ist?!” “Mach mich nicht blöd an! Ich bin sowieso mies drauf!” “Etwa Blutmangel?” “Was weißt du schon?!” Wütend drehte ich mich zur Seite. Wäre er ein Mensch gewesen, in diesem Moment hätte ich ihn bis auf den letzten Tropfen ausgesaugt. So was Unverschämtes! “Hey, bleib mal locker”, sagte Kenta beschwichtigend, “Davon wird’s auch nicht besser.” Für einige Minuten herrschte erst mal eisiges Schweigen. Dann vernahm ich die Präsenz eines Menschen ganz in der Nähe. Ohne Kenta weiter zu beachten trat ich aus meinem versteckten Platz. Es war ein Mann, vielleicht Mitte Zwanzig den ich wahrgenommen hatte und der sich nur ein paar Meter entfernt auf einer Parkbank niedergelassen hatte. Ohne zu zögern trat ich auf ihn zu und sagte: “Hey! Was führ dich denn zu so einer Zeit in den Park?” Verdutzt schaute er auf und antwortete dann: “Zum Nachdenken.” “Vielleicht hättest du dir einen andren Ort zum Nachdenken suchen sollen.” “Wieso denn das?” “Darum.” Ich konnte mich einfach nicht mehr zügeln und biss zu. Warmes Blut rann mir die Kehle hinunter und den entsetzten Aufschrei des Mannes erstickte ich, in dem ich ihm eine Hand auf den Mund presste. Nachdem ich mich zu genüge gesättigt hatte, ließ ich von ihm ab. Er war kreidebleich geworden, doch ich hatte ihn nicht bis auf den letzten Rest ausgesaugt. “W- was bist du?” Seine Stimme war nur noch ein Flüstern. Ich leckte mir über die Lippen und sagte: “Ein Vampir.” “Werde ich jetzt auch so was wie du?” “Nein. Ich hätte dich bis auf den letzten Tropfen aussaugen müssen. Dann hätte man dich zwar für tot gehalten, aber du wärst wiedererwacht. Und im übrigen, dein Blut ist köstlich.” Bei meiner letzten Bemerkung hatte sich ein böses Lächeln auf mein Gesicht geschlichen. Doch so wie dieser Typ dort saß wie ein Häufchen Elend, hätte ich fast so etwas wie Mitleid empfunden. Dort, wo ich ihn am Hals gebissen hatte, legte ich meine Hand drauf. Und verschloss die Wunden wieder. Nichts, nicht einmal eine winzige kleine Narbe erinnerte noch an diesen Vorfall. “Und warum hast du mich nicht getötet?”, wollte der Mann nun doch wissen. “Warum hätte ich es tun sollen?” Stellte ich die Gegenfrage. “Seid ihr nicht so? Jedenfalls in den Legenden?” “Nicht alle Vampire töten ihre Opfer gleich.” Ich erhob mich und machte Anstalten zu gehen. “Wie heißt du?”, wollte er noch wissen. “Nanami”, sagte ich schlicht und setzte mich in Bewegung. Ich hörte noch wie er meinen Namen immer und immer wieder wiederholte, wie eine Zauberformel. Kapitel 3: III. --------------- Ich lief schnell, sehr schnell und kam so auch bald an meiner Wohnung an. Ich zog meinen Haustürschlüssel aus meiner Hosentasche und öffnete behutsam die Tür. Nachdem ich meine Sachen abgelegt hatte, ging ich ins Bad und ließ mir Wasser in die Wanne ein. Eine seltsame Angewohnheit von mir war, dass ich immer so schnell wie möglich baden wollte, nachdem ich Blut von einem Menschen Blut getrunken hatte. Jetzt könnte ich mich fragen ob ich mich unrein fühlen würde… aber dem war nicht so. Es durchfuhr mich meist ein Hochgefühl, schon wenn der erste Tropfen Blut meine Lippen berührte. Fast könnte man sagen ich genoss es Menschen Blut auszusaugen. Dennoch war es mir zuwider sie zu töten, auch wenn ich große Lust dazu gehabt hätte. Die Wanne war fast bis zum Rand voll gelaufen und ich ließ mich, nachdem ich mich entkleidet hatte in das lauwarme Wasser sinken. Kaum hatte ich mich zurück gelehnt und meine Augen geschlossen, spürte ich auch schon wie sich meine Muskeln zu entspannen begannen. Es war ein herrliches Gefühl einfach mal wieder loszulassen, doch die Ruhe währte nicht lange. Ich vernahm leise Schritte, die vom Wohnzimmer zu kommen schienen. Einem Menschen wären solche Schritte unter Garantie nicht aufgefallen, aber mir, einem Vampir, fielen sie auf. Wie praktisch war es doch, dass wir verschärfte Sinne besaßen. Bedächtig stieg ich aus der Wanne, schlang mir ein Handtuch um und öffnete lautlos die Badezimmertür. Leise und flink machte ich mich auf den Weg zum Wohnzimmer und spähte suchend hinein. Für einen kurzen Moment wirkte es leer, doch dann erspähte ich Kenta in einer Ecke. Wütend marschierte ich ins Wohnzimmer hinein und baute mich vor ihm auf. “Wie kannst du es wagen einfach hier einzudringen!”, schrie ich ihn an. “Ach”, er guckte mich von oben herab an, “mir war langweilig. Und dir hinterher zuspionieren hat auch was.” Ein Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus, als er mich von oben bis unten musterte. “Nichts besseres in der Eile gefunden?” “Hast du was gegen das Handtuch?” “Nein, aber es bedeckt auch nur gerade so das nötigste, oder?” “Verschwinde!” “Warum sollte ich?” “Du bist in mein Haus eingedrungen! In MEIN Haus! Das heißt ich kann bestimmen ob du bleibst oder gehst! Und wenn du nicht sofort verschwindest rufe ich die Polizei!” “Jetzt hab ich aber Angst.” Seine herablassende Art brachte mich wirklich auf die Palme. Ich konnte mir hier weiter eine aussichtslose Diskussion liefern oder einfach so tun als wäre er nicht. Ich entschied mich für letzteres und ging in mein Zimmer um mich anzuziehen. Als ich fertig war und zurück ins Wohnzimmer kam, war Kenta leider immer noch da. “Muss ich dir noch die Tür zeigen?”, fragte ich ungehalten, “Oder verschwindest du auch so?” “Hey”, meinte er darauf hin, “du hast hier doch genug Platz, viel zu viel Platz und da kannst du mich doch bestimmt eine Weile hier wohnen lassen.” “Seh ich so aus?! Vergiss es!” So eine Frechheit! Was denkt der sich eigentlich? Einbrechen, mir auf die Nerven gehen und dann so was! Idiot! “Na ja… ich hab halt nichts wo ich wohnen könnte…” “Und du meinst ernsthaft das interessiert mich?” “Ich mach dann auch alles was du willst.” “Wie wär’s dann mit verschwinden?” Mir reichte es. Bevor ich wusste was ich tat, nahm ich ihn am Kragen und schleifte ihn zur Haustür, welche ich öffnete und Kenta vor die Tür schmiss. Ohne ein weiteres Wort knallte ich ihm die Tür vor der Nase zu. Mein Hochgefühl, welches ich noch vor kurzem verspürt hatte, war verflogen und hatte wieder Wut platz gemacht. Ich könnte ihn…. Nein, ich sollte mich lieber nicht unnötig aufregen. Es brachte sowieso nichts… Ich machte es mir im Wohnzimmer gemütlich, denn schlafen gehen wollte ich noch nicht. Was es wohl für Wetter morgen geben würde? Wenn die Sonne schien, würde ich zu Hause bleiben… Der Tag heute war schon verrückt. So viel passiert mir normalerweise in einem Monat, aber nicht an einem Tag. Und war ich vielleicht doch zu hart zu Kenta gewesen? Wenn er nirgends wohnen konnte, wo sollte er dann hin? Er hatte ja recht… mein Haus war riesig… doch ich würde es niemals mit jemandem Teilen... Oder war das vielleicht grad der Richtige Moment gewesen um noch einen Mitbewohner zu erlangen? Andererseits machten Mitbewohner nur Ärger. Man musste Rücksicht auf sie nehmen und, und, und. Viel zu anstrengend. Die Einsamkeit war doch viel schöner. Und so ein Mitbewohner wie Kenta würde einen bestimmt nicht mal einen Tag in Ruhe lassen. Aber konnte ich das wirklich beurteilen? Ich kannte ihn doch gar nicht. Vielleicht wäre er ganz anders als ich ihn mir jetzt vorstelle. Aber das konnte nicht sein. Er war ganz bestimmt so wie ich es mir dachte. Vielleicht sollte ich ihn morgen noch mal suchen und mit ihm reden… Zwar wusste ich nicht warum ich mir so viele Gedanken über allerlei Dinge machte. Vielleicht hatte ich ein schlechtes Gewissen, denn auch das Gesicht des Menschen, dessen Blut ich gekostet hatte schlich sich mir immer wieder ins Gedächtnis. Das machte die Einsamkeit. Davon war ich fest überzeugt. Doch hatte ich es nicht selbst erst so weit kommen lassen? War ich nicht diejenige die es so wollte? Die alle Annäherungsversuche von anderen abwies? Hatte ich es einfach nicht anders verdient? So ging das noch eine ganze Weile, bis ich beschloss ins Bett zu gehen. Kapitel 4: IV. -------------- Der nächste Tag brach an. Die Nacht über hatte ich ziemlich unruhig geschlafen, denn die diversesten und verschiedensten Gedanken waren mir durch den Kopf geschossen. Am meisten hatten sie sich um Kenta und den Fremden, den ich gebissen hatte, gedreht. Aber warum machte ich mir überhaupt einen Kopf wegen denen? Das kannte ich überhaupt nicht von mir. Ich selbst kam mir seit gestern total fremd vor. Als wäre ich nicht mehr ich selbst. Doch wie könnte ich mir meinen seltsamen Zustand erklären? Mir war es unbegreiflich wie so etwas passieren konnte. Ächzend erhob ich mich. Ich sollte wirklich aufhören mir Gedanken zu machen. Es war einfach viel zu anstrengend. Als ich auf den Flur trat, sah ich schon am Ende des Ganges, wo ein Fenster war, bei welchem ich den Rollladen nur auf Ritze gemacht hatte, dass Draußen strahlender Sonnenschein war, da die Strahlen durch die Ritze in den Flur hinein drangen. Das durfte doch wohl einfach nicht wahr sein… oder?! Gerade heute, wo es mir gut getan hätte auch tagsüber an der frischen Luft zu sein… gerade da muss die Sonne scheinen. Wie es schien, war mir das Schicksal seit gestern nicht mehr wohl gesonnen. Doch was sollte ich machen? Auf einmal überfiel mich ein Drang nach Draußen zu gehen. Es war als würden die Wände auf mich zukommen und als würde die Decke auf mich niederfallen. Panik befiel mich und ich ließ mich auf den Boden sinken. Ich winkelte meine Beine an und vergrub mein Gesicht in meinen Händen. Ich hatte mich noch niemals in meinem Leben so gefühlt. Was war nur los?! Lag es vielleicht an dem Blut was ich getrunken hatte? Aber was sollte damit schon groß gewesen sein? Ich hatte noch nie davon gehört, dass ein Vampir sich irgendwie komisch verhalten hätte nur weil er Blut getrunken hatte. Aber vielleicht gab es so was doch… nein… das konnte einfach nicht sein… ich redete mir da etwas ein… so etwas KONNTE es einfach nicht geben. Genau… ich war einfach etwas neben der Spur… und es war alles Kentas Schuld. Ja, genau. Das musste es einfach sein! Er war schuld! Wenn ich ihn in die Finger kriegen würde, dann würde ich ihn… Langsam löste sich diese fremde Beklemmung von mir. Ich stand auf, ging ins Bad und machte mich fertig. In der Küche ließ ich mich auf einem Hocker nieder, welcher an der Theke stand. Ich schnappte mir ein x-beliebiges Klatschmagazin und begann darin zu stöbern. Ich hatte viele dieser Magazine, viele hatte ich sogar abonniert. Ich wusste eigentlich gar nicht wieso ich sie überhaupt las. Das meiste war sowieso erstunken und erlogen. Immer derselbe Quatsch. Wer geht mit wem? Wer hat mit wem Schluss gemacht? Wer ist dabei die Scheidungsschlacht zu gewinnen? Oh mein Gott, er geht Fremd! Hilfe, er will mich nicht heiraten! 30 und Single. Im Prinzip brachte es nichts diese Sachen zu lesen, doch auf eine unbestimmte Art und Weise faszinierten mich diese Magazine. Meine Begeisterung dafür war über alle Maßen. Vielleicht war es gerade die Fantasie dieser Leute, die diese Artikel schrieben, von den Fakten zu trennen, was mich an dem Ganzen interessierte. Interessanterweise war nämlich auch gleich jeder Schwanger der nur ein paar Kilo zugenommen hatte, ungünstig Stand sodass ein kleines Bäuchlein zu Tage kam. Oder diese Scheidungsschlachten, es war zu köstlich sich darüber zu amüsieren. Wie viel Energie Menschen in etwas hineinsteckten nur um ein paar Millionen Euro zu ergattern und am Ende dann vielleicht doch mit nichts dazustehen. Wenn man es genau nahm, waren die meisten Menschen nach demselben, einfachen Muster gestrickt. So einfältig. Nein, ich sollte an etwas anderes denken, sonst verfiel ich nur wieder in meine Anti-Menschen-Gedanken. Doch irgendwie war es belustigen zu sehen, wie überzeugt die Menschen von sich waren, von ihrer Spezies. Als wären sie das Ultimative, das Vollkommene. Ich schüttelte meinen Kopf, nachdem ich einige Artikel gelesen hatte und legte die Zeitschrift wieder beiseite. Doch was sollte ich nun mit meiner restlichen Zeit anfangen? Ich könnte mich weiterbilden mit geistreicher Literatur. Ja, ich glaube das wäre eine sinnvolle Idee. Doch im Moment war mir gar nicht nach etwas Sinnvollem zumute. Was sollte ich nur machen. Ein Blick auf die Uhr sagte mir, dass es erst 12 Uhr Mittags war. Gott wie langsam doch die Zeit verrann. Grummelnd machte ich mich auf den Weg ins Wohnzimmer. Dann würde ich mir eben einen Kitschfilm reinziehen. Auf einen andren hatte ich nämlich einfach keine Lust. So schnappte ich mir einfach blind eine DVD aus der Kitschreihe, schaltete den Fernseher an, legte die DVD ein und lümmelte mich in den Sesseln, die Fernbedienung in der Hand. Mal sehen in welcher Sprache sollte ich mir den Film heute angucken. Spanisch? Französisch? Hebräisch? Am Ende entschied ich mich für Italienisch. Konnte nicht schaden da mal wieder meine Sprachkenntnisse etwas zu trainieren und ein Film schien mir gerade zu perfekt dafür. Der Film fing an und ich lauschte und schaute gebannt. Kapitel 5: V. ------------- Der Film war wunderbar gewesen, auch wenn es einer derer war, welche ich schon zum x-ten mal gesehen hatte. Ein erneuter Blick auf die Uhr zeigte mir, dass es gerade mal 14 Uhr war. Was sollte ich mit meiner Zeit nur anfangen? Einen weiteren Film sehen? Nein, darauf verspürte ich nicht wirklich Lust. Ich könnte Yuuka oder Hiroshi anrufen... Nein, das sollte ich vielleicht lieber unterlassen. Die beiden würden auf alle Fälle auf Gestern zu sprechen kommen und mich unter Garantie mit Vorwürfen beballern. Es würde bestimmt noch einige Zeit dauern bis sie mir wieder verzeihen würden. Nachtragend waren sie vielleicht nicht unbedingt, aber in letzter Zeit war ich vielleicht wirklich nicht die beste Freundin gewesen und konnte es den beiden nicht verdenken dass sie sauer waren. Ich wusste nicht genau, wie ich es geschafft hatte meine Zeit solange rumzukriegen, auf alle Fälle war es endlich Abend und die Dämmerung setzte ein. Schnell sprang ich auf, zog mir Schuhe an, eine Jacke ebenfalls und machte mich auf. Ich wollte in die Bar gehen, warum auch nicht, ich war, wie mir schien, schon ewig nicht mehr dort gewesen. Es dauerte nicht lange und ich kam an meiner Lieblingsbar „Blue Water“ an. Ich ging gerne her, auch wenn hier die Menschen ein und aus gingen. Es war als würde man durch eine Pforte schreiten und all der Hass wäre vergessen, als würde sich in der Bar eine beruhigende Aura auf mein Gemüt legen. Ich ließ mich an einem freien Tisch in der Ecke nieder und bestellte mir einen Tequilla Sunrise. Gelegentlich an dem Getränk nippend saß ich da und beobachtete die Menschen. Man sah sie kaum irgendwo in der Stadt, als hier in dieser Vielfalt und Verschiedenheit. Es ging über Menschen mit weißer Hautfarbe, hin zu welchen mit schwarzer, über welche mit einem olivenstich. Sie lachten zusammen, sie erzählten zusammen, sie hielten zusammen. Der Laden füllte sich immer mehr und bald war so gut wie jeder Tisch voll besetzt und der einzigst freie Platz war noch bei mir. Und siehe da, wer kam zur Bar herein gespaziert: natürlich KENTA. Als hätte ich nicht schon genug Probleme. Da wollte ich endlich mal ausspannen in meiner Lieblingsbar und wer würde mir das alles vermiesen? Dieser elende, lästige und überaus unverschämte Vampir. Und wie, als hätte er mein inneres Fluchen vernommen, drehte er sich sogleich in meine Richtung, setzte ein breites Grinsen auf, war mit wenigen Schritten an meinem Tisch angelangt und ließ sich sogleich auf den freien Stuhl mir gegenüber plumpsen. „Guten Abend Nanami“, meinte Kenta, immer noch ein breites Grinsen auf seinen Lippen, „du auch hier? Was für ein Zufall.“ Ich musste mich zusammenreißen ihm nicht das Cocktailglas an seinen Kopf zu schmeißen. Was glaubte der Typ eigentlich wer er war? Und vor allem warum musste ich ihm andauernd begegnen?! Das war wahrscheinlich die Strafe für all die Sünden in meinem Leben und davon gab es eine ganze Menge. „Hallo“, meinte ich steif, „ja, was für ein Zufall.“ „Ach komm, mach dich locker“, meinte Kenta, der vor guter Laune nur so sprühte, wahrscheinlich auf Grund dessen, dass er genau wusste dass er mir mit seinem Auftritt den ganzen Abend verdarb. „Es ist ein schöner Abend. Da sollte man nicht so eine Fresse wie du gerade ziehen.“ 1, 2, 3, ..., zählte ich im stillen. Noch ein Wort und ich würde dem unverschämten Kerl wahrscheinlich an die Gurgel springen. „Hast du eigentlich nichts besseres zu tun als mich zu verfolgen?“, stieß ich zwischen zusammengepressten Zähnen hervor. „Ähm... nö“, meinte er auch noch ganz frech. Ich versuchte meinen immer weiter aufkeimenden Zorn zu unterdrücken. „Ich wollte mir einen gemütlichen Abend machen und du passt eindeutig nicht in diesen Zusammenhang. Denn ich würde alles mögliche mit dir verbinden, aber nicht GEMÜTLICH!“ „Aber warum denn nicht? Mit mir kann man eine Menge Spaß haben. Du kannst das nur nicht beurteilen weil du mich nicht kennst!“ „Was ist wenn ich dich gar nicht kennenlernen will? Schonmal darüber nachgedacht?“ „Aber jeder will mich kennenlernen. Ich bin schließlich Kenta.“ „Ach ja und deswegen denkst du dass du so ein toller Typ bist? Schonmal daran gedacht dass du einfach nur eine nervige Klette bist?!“ „Ach das meinst du nicht so, meine Liebe.“ Ich stöhnte innerlich. Diese Diskussion war einfach aussichtslos. Kenta war einfach zu selbstüberzeugt. Jedes Argument, mit dem ich versuchte ihn loszuwerden, prallte einfach an ihm ab. Also gab ich mich vorerst geschlagen. „Dann halt endlich deine Klappe und bestell dir einen Drink!“, meinte ich genervt. Kentas Grinsen wurde noch breiter, wenn das überhaupt noch möglich war und er bestellte sich einen Martini. „Nun, wieso darf ich nicht bei dir einziehen?“, fragte er nach einem kurzen Moment des Schweigens. Ich versuchte die schon wieder aufkeimende Wut zu unterdrücken. Der Kerl war ja sowasvon nervig! „Hab ich nicht gesagt du sollst die Klappe halten?“, meinte ich pampig, gab ihm aber dann doch eine einigermaßen gescheite Antwort. „Also erstens bin ich kein Hotel, zweitens kenne ich dich gar nicht und drittens bist du einfach nur unverschämt, sprich: ich kann sehr gut auf deine Gesellschaft verzichten!“ „Aber mit mir wäre dein Leben bestimmt viel lustiger.“ „Ich diskutiere mit dir darüber nicht! Meinst du nur weil wir beide Vampire sind empfange ich dich mit offenen Armen? Nein, ganz bestimmt nicht. Denn ich brauche niemanden! Ich wohne gerne ALLEINE!“ „Aber du hast doch soooooooo viel Platz. Biiiiiiiiiiiiittttttttttttttteeeeeeeeeeeeeeee!“ Oh nein, jetzt fing der Kerl auch noch an zu betteln. „Nein, nein und nochmals nein! Ich kann keinen Mitbewohner gebrauchen!“ „Aber ich mich echt pflegeleicht.“, meinte Kenta und versuchte es jetzt mit einer Art Hundeblick. „MMMhhppfff....“ Der Kerl bereitete einem echt Kopfschmerzen. „Aber nur für ein paar Nächte“, gab ich mich schließlich geschlagen. Hauptsache er würde endlich RUHE geben. Der Kerl war ja nicht auszuhalten. „Super“, freute sich Kenta und es hätte nicht viel gefehlt und er wäre mir um den Hals gefallen. Ein Glück für ihn dass er es nicht tat. Ansonsten wäre nämlich nicht mehr viel von ihm übrig gewesen. Ich widmete mich wieder meinem Getränk und ließ den Blick umherschweifen und genau in dem Moment als mein Blick zur Eingangstür glitt, trat der Fremde ein, den ich letzte Nacht gebissen hatte. Kapitel 6: VI. -------------- Das hatte ja gerade noch zu meinem Glück gefehlt. Erst Kenta, jetzt der Fremde. Wer wohl als nächstes zur Tür hereinspaziert kommen würde? Vielleicht meine beiden besten Freunde? Oder jemand der nach meinem Leben trachtet? Ich wurde ganz klein auf meinem Stuhl da ich inständig hoffte der Fremde würde mich nicht sehen. Doch da musste er schon Tomaten auf den Augen haben. Die Bar war vielleicht gut besucht und alle Tische waren voll, doch sie war sehr überschaubar, damit man auch gleich ausmachen konnte ob noch freie Plätze da waren. Und siehe da, wer entdeckte mich natürlich sofort? Der Fremde. Die Überraschung war ihm ins Gesicht geschrieben, doch keinerlei Furcht erfüllte es. Hatte er vergessen dass ich ihn gebissen und sein Blut getrunken hatte? Er steuerte langsam auf den Tisch zu an dem ich mit Kenta saß. „Hallo“, meinte er und ein schüchternes Lächeln hüpfte auf seine Lippen. „Bist du nicht das Mädchen von gestern Abend? Nanami, richtig?“ Ich stöhnte leise und überlegte ob es sinnvoll wäre jetzt meinen Kopf auf die Tischplatte zu hauen. Was sollte ich ihm denn sagen? „Ja“, meinte ich lahm, „die bin ich.“ Kenta indessen blickte interessiert zwischen dem Fremden und mir hin und her, aber ausnahmsweise hielt er mal für ein paar Minuten seinen Mund, jedenfalls vorerst. „Ich hätte nicht gedacht dass ich dich so schnell wieder treffe“, meinte der Fremde und legte nachdenklich die Stirn in Falten. Er war seit gestern ein wenig blass um die Nase geworden. Scheinbar hatte ihn unsere kleine Begegnung doch mehr mitgenommen als es den Anschein machte. Vom Nachbartisch machten sich gerade die Gäste auf und so zog sich der Fremde von dort einen Stuhl heran und ließ sich auch gleich auf ihm nieder. „Ich bin Shou“, meinte er. „Ähm... nett dich kennenzulernen, Shou.“ Ich versuchte wenigstens ein klein wenig freundlich zu wirken, denn meine Laune war gerade endgültig in den Keller gerutscht. „Ich bin Kenta“, meldete sich nun auch mal die Nervensäge zu Wort. Er schien nicht mehr ganz so interessiert wie zu Anfang, da er scheinbar etwas wie einen Kampf oder dergleichen erwartet hatte, aber nicht ein momentan friedliches Zusammenkommen. „Weißt du... eigentlich wollte ich gerade gehen...“ Ich versuchte mich irgendwie aus dieser total miesen Situation zu entwinden. „Aber...“, begann Shou, „ich hab so viele Fragen... Seit gestern Nacht denke ich die ganze Zeit über Vampire und so nach. Ich habe die Nacht kein Auge zugetan und diese wird es nicht anders sein.“ Konnte es sein dass gerade ein klein wenig Schuldgefühle in mir aufstiegen? Shou schien ein netter Kerl zu sein. Aber normalerweise scherte es mich doch auch nicht was mit meinen Opfern war. Ich nahm mir ihr Blut und damit war die Sache erledigt. Ich tötete nur wenn es die Situation erforderte, aber generell ließ ich meine Opfer am Leben, denn ich brauchte nicht viel von ihrem Blut. Also wieso ein Monster sein und sie töten? „Wenn es dir so wichtig ist... regeln wir das morgen..“, meinte ich nach einem kurzen Zögern. „Wie wäre es um diese Zeit wieder hier?“ Man sah Shou an dass er seine Fragen lieber auf der Stelle beantwortet gehabt hätte, doch ich brauchte erst einmal Zeit zum Nachdenken. Denn was war ich bereit ihm zu erzählen? Oder wollte ich ihm überhaupt etwas über Vampire preis geben? Würde ich alle seine Fragen beantworten? Oder doch nur einen winzigen Teil? Ich musste erst einmal einen klaren Kopf bekommen. Ohne den würde ich mich nur noch um Kopf und Kragen reden und das konnte ich jetzt momentan wirklich nicht gebrauchen. „Nun gut“, gab sich Shou nach wenigen Minuten geschlagen. Was hätte er auch groß ändern sollen? Wenn ich jetzt nicht bereit war seine Fragen zu beantworten dann war ich es nicht, egal wie er es versuchte zu drehen und zu wenden. Schnell zahlte ich, auch das Getränk für Kenta. „Glaub nur nicht dass das jetzt immer so läuft“, zischte ich, so dass nur er es mit seinem Vampirgehör vernahm und zu Shou gewandt meinte ich mit einem kleinen Lächeln: „Also bis morgen dann. Schönen Abend noch.“ Mit diesen Worten verließ ich die Bar, Kenta im Schlepptau und ein leise gemurmeltes „Ciao“, von Shou. Zu Hause angekommen zeigte ich Kenta erst einmal das Gästezimmer in dem er es sich gemütlich machen konnte. „Am liebsten würde ich dich ja auf dem Balkon schlafen lassen, aber ich will ja mal nicht so sein“, meinte ich mit einem alles anderen als herzlichen Gesichtsausdruck. „Ich weiß deine Gnade zu schätzen“, meinte Kenta mit einem überheblichen Grinsen. Der Kerl sollte nur aufpassen, sonst würde er noch irgendwann einen Pflock im Herzen stecken haben, so viel war sicher. Da ich keine Lust mehr auf irgendeine Art der Konversation hatte, murmelte ich nur: „Bis dann“, und verschwand in meinem Zimmer. Dort ließ ich mich erst einmal auf mein Bett fallen. Warum mussten mir eigentlich immer diese schrägen Sachen passieren? Hätte Kenta nicht einfach in dem Loch bleiben können aus dem er rausgekrabbelt ist? Nein hatte er nicht, denn jetzt hatte ich diese nervige Klette an der Backe. Und Shou? Warum konnte er nicht einfach tierische Angst haben oder einfach denken dass die Begegnung mit mir ein böser Traum gewesen war und einfach zu einem Psychiater gehen? Ich glaube dann wäre mein Leben viel leichter. Was sollte ich ihm denn bitte morgen Abend erzählen? Sollte ich ihm von dem jahrhundertelangen Hass erzählen, den wir Vampire auf die Menschen hegten? Natürlich war er mittlerweile ein wenig abgeklungen, immerhin war ich sogar mit zwei Menschen richtig gut befreundet. Doch irgendwann ging auch diese Freundschaft zu Ende. Schließlich lebten die beiden nicht ewig, so wie ich. Außerdem stand immer noch mein Geständnis bei den beiden aus dass ich ein Vampir war. Doch darüber sollte ich mir wann anders Gedanken machen. Aber was durfte ich Shou alles erzählen? Wenn er zu viel wüsste, könnte mir das durchaus zum Verhängnis werden. Natürlich könnte ich auch einfach nicht auftauchen, aber bei meinem momentanen Glück würde er mir bei der nächsten Gelegenheit eh wieder über den Weg laufen. Und wie sollte ich bitte schön diesen elenden Kenta loswerden? Wahrscheinlich würde ich ihn nicht nur einige Tage hier in meinem Haus ertragen müssen. Der Typ war wahrscheinlich einer dieser Kerle, die, wenn sie sich erst einmal häuslich eingerichtet hatten, nicht mehr so leicht loszukriegen waren. Probleme über Probleme. Vielleicht sollte ich meinem Blutsaugerdasein doch bald ein Ende machen. Bisher hatte ich zum Großteil nur Probleme. Aber eigentlich hatte ich nicht unbedingt das Verlangen in der Hölle zu schmoren und das blühte mir ja nach meinem Tode mit Sicherheit, oder? Ach, wäre mein Leben nur leichter. Hätte ich doch nur weniger Probleme. Was wäre das schön. Aber wahrscheinlich auch langweilig. Kapitel 7: VII. --------------- Ein Klopfen an meiner Zimmertür schreckte mich aus meinen Gedanken. „Was?“, fragte ich etwas gereizt. Und wer kam ins Zimmer geschneit um mir meinen letzten Nerv zu rauben? Der herzallerliebste Kenta. „Mir ist langweilig. Unterhalte mich!“, meinte er hochmütig und ließ sich neben mir auf meinem Bett nieder. Ich glaubte ich hörte nicht richtig. Der Kerl war in MEINEM Haus, in MEINEM!!! Was erlaubte der sich eigentlich. Wenn er was wollte machte er einen Hundeblick und versprach das blaue vom Himmel und sobald er es dann hatte führte er sich wie der letzte A**** auf oder wie durfte ich das verstehen?! „Sag mal, hat dir jemand Mist in dein Hirn laufen lassen? Weil es kommt nämlich nur noch Schwachsinn aus deinem Mund.“ Die Wut brodelte in mir. Normalerweise konnte ich meine Gefühle eigentlich ziemlich gut unter einer Maske verstecken. Doch Kenta trieb mich einfach zur Weißglut. Echt unglaublich! „Aber ich verlange ein Unterhaltungsprogramm.“ „Weißt du was entweder du verschwindest jetzt schön brav in dem Zimmer was ich dir gegeben hab oder du fliegst heute noch aus meinem Haus. Es ist nämlich MEIN Haus, NICHT deins. Sprich: Ich sage hier was gemacht wird und was nicht. Und wenn du unterhalten werden willst lies ein Buch oder guckt dir einen Film an denn ich unterhalte hier niemanden!“ Kenta verzog beleidigt seine Miene. „Du bist ja sowasvon die Spaßbremse.“ „Und du bist sowasvon die Nervensäge“, gab ich zurück, „Also würdest du jetzt bitte die Freundlichkeit besitzen und würdest mich in MEINEM Zimmer in MEINEM Haus in Frieden lassen? Denn es gibt momentan wichtigere Sachen als einen arroganten Schnösel wie dich zu beschäftigen!“ Dazu sagte Kenta nichts mehr, stand auf und zog beleidigt von dannen. ENDLICH! Ich stöhnte, innerlich erleichtert. Jetzt hatte ich in meinem eigenen Haus schon keine Ruhe mehr, ich könnte heulen, wenn ich es könnte. Ich rieb mir die Stirn, denn der heutige Abend war einfach nur anstrengend gewesen und ich hegte schon die Vermutung dass der morgige nicht besser werden würde. Vielleicht sollte ich mal weg gehen und zwar ganz weit weg. In ein fernes Land. Ich hatte zwar schon einiges gesehen, doch es fehlte noch so viel. Und Urlaub würde mir sicher mal gut tun. Einfach weg von hier, den ganzen Stress hinter mir lassen. Aber eigentlich war der Gedanken abwegig. Ich konnte meine Probleme nicht dadurch lösen dass ich mich aus dem Staub machte. Hinterher wären sie auch noch da und vielleicht würden sie sich verschlimmert haben. Also galt es erst die Probleme lösen und dann vielleicht ein kleiner Urlaub. Ich beschloss erst einmal nicht weiter über alles nachzudenken, schloss meine Augen und schlief auch fast sofort ein. Der nächste Morgen brach an, zum Glück ein Regentag mit sehr viel Wolken, und ich wünschte mich sofort ins Bett zurück, denn als ich das Badezimmer betrat erwartete mich erst einmal das reinste Chaos. Handtücher überall, Duschgel umgeschmissen und, und, und. Im Wohnzimmer sah es auch nicht viel besser aus. Endlos viele DVDs lagen über den Boden verstreut, einfach willkürlich aus dem Regal gezogen. Natürlich wusste ich schon wer das Chaos fabriziert hatte und wer es auch wieder aufräumen durfte. „KENTA?????????!!!!!!!!!“ Meine Stimme hallte durch das ganze Haus und wenige Sekunden später stand Kenta auch schon vor mir, nur in einer Boxershorts und mit zerwuschelten Haaren. „Was gibt es?“, fragte er noch ein wenig verwirrt. Scheinbar war er erst durch mein Rufen wach geworden. „Hast du dich hier mal umgesehen?“, fragte ich und meine Stimme bekam einen schneidenden Unterton. „Bevor du hier gestern Abend sozusagen ‚eingezogen‘ bist, sah es hier ORDENTLICH aus. Kennst du das Wort? Und jetzt schau dich mal um, wie sieht es hier nicht mehr aus? Richtig! ORDENTLICH. Scheinbar hast du noch nie davon gehört dass man, wenn man etwas unordentlich gemacht hat, es auch wieder aufräumt. Also zieh dir gefälligst etwas gescheites an und mach dich an die Arbeit oder du kannst dir für die Zukunft eine andere Bleibe suchen!“ Scheinbar ungerührt von meiner Rede schlürfte Kenta erst einmal in die Küche und machte sich einen Milchshake. „Sag mal bist du taub?“, fragte ich gereizt. „Nein, bin ich nicht. Wieso fragst du?“, meinte er ganz unschuldig. Oh, der Kerl würde mich noch wahnsinnig machen! „Ok, hör mir zu, du räumst das jetzt auf oder es passiert was!“ Ich wusste dass ich mich vielleicht ein wenig lächerlich anhörte, doch Kenta hatte noch nie gesehen was passierte, wenn ich richtig wütend war. „Ach ja, und was?“, fragte er mich, ein spöttisches Lächeln auf den Lippen, was ihm sogleich verflog als er meine zornige Miene sah. „Nanami, reg dich doch ein wenig ab“, meinte er, nun einen besänftigenden Ton anschlagend, „ich räum ja noch auf, aber nicht gleich, bitte. Ich will erst einmal richtig wach werden. Wie wär’s wenn.... ähm... du erst einmal auch einen Milchshake zu dir nimmst. Danach sieht die Welt gleich viel besser aus.“ Irgendwie fühlte ich mich veräppelt. Erst machte er auf arroganten Schnösel und jetzt wieder auf Friedensschlichter? Doch ich wollte nicht streiten, jedenfalls nicht jetzt. Wenn der Tag schon so anfing, wie würde er dann erst enden? „Außerdem könntest du danach einen Spaziergang machen“, fuhr Kenta unbeirrt fort, „das Wetter ist ideal dafür und ein wenig frische Luft würde dir gut tun. Und wenn du dann zurück bist, ist alles super aufgeräumt, das kannst du mir glauben.“ Ob ich ihm das glauben konnte sei noch in Frage gestellt, denn bevor ich es nicht mit meinen eigenen Augen sah, glaubte ich ihm nicht das Geringste. „Das hoffe ich für dich.“ Mit diesen Worten verschwand ich aus der Küche, ohne den Milchshake, mit dem die Welt ja gleich so viel besser aussehen sollte, zu mir genommen zu haben. Statt einen Spaziergang zu machen, verschanzte ich mich wieder in meinem Zimmer. Zuerst las ich ein wenig, ging dann aber doch lieber ein wenig auf den Balkon des Zimmers. Da er überdacht war, bekam man keinen Regen ab. Nachdenklich sah ich in den Regen. Ich wusste immer noch nicht genau was ich Shou erzählen sollte. Am besten würde ich einfach seine Fragen abwarten. Ich konnte dann immer noch entscheiden ob ich sie ihm beantwortete oder doch lieber schwieg. Spontan, das war das Wort des heutigen Tages, denn so würden meine Antworten ausfallen. Ich stand noch eine Weile so da, bis ich einen riesigen Rums aus meinem Haus vernahm. Was mich nun wohl wieder erwartete? Kapitel 8: VIII. ---------------- „Was ums alles in der Welt...?!“ Ich konnte es nicht glauben. Da ließ man den Kerl mal für eine Weile aus den Augen und was fabrizierte er? Statt Ordnung noch mehr Chaos. „Nun ja, ich weiß auch nicht wie das passieren konnte..“, war seine lahme Ausrede, denn er kniete in einem Haufen von DVDs, CDs und Regalbrettern. „Du hast mein Regal zerstört!“, presste ich hervor. Nur mit sehr viel Mühe hielt ich mich unter Kontrolle. „Du solltest einfach nur AUFRÄUMEN! Nicht noch mehr Chaos anrichten! Und vor allem nicht meine Einrichtung zerstören!“ „Ja, ich weiß... ich kann es ja auch nicht genau erklären... das Regal ist einfach beim Einräumen aus seinen Bestandteilen gefallen. Eigentlich bist ganz allein du an dem Schlamassel hier schuld.“ Hatte er gerade ernsthaft gemeint es wäre MEINE Schuld? Ungläubig starrte ich ihn an. „Sag mal, ist dir zufällig all der ganze Kram auf den Kopf gefallen? Denn du hast gerade gemeint dass das alles meine Schuld ist!“ „Ist es ja auch. Du hast das Regal mit Sicherheit zusammengebaut. Also musst du dabei etwas falsch gemacht haben, sonst wäre es ja jetzt noch ganz.“ „Ok“, begann ich und meine Stimme wurde bedrohlich ruhig, „du verlässt jetzt auf der Stelle mein Haus oder du wirst es bereuen! Und ich sag das nicht nur einfach so, ich setze es auch in die Tat um! Ich habe dir eine Chance gegeben obwohl du unausstehlich und arrogant bist! Du raubst mir meinen letzten Nerv! Ich habe dir sogar noch eine Chance gegeben obwohl du mein Haus binnen weniger Stunden in ein heilloses Durcheinander verwandelt hast! Das einzige was du machten solltest war, dieses Chaos zu beseitigen und was machst du stattdessen? Es noch verschlimmern! Aber vielleicht hätte ich dir sogar jetzt noch einmal eine Chance gegeben, aber die Tatsache dass du die Frechheit besitzt mir ins Gesicht zu sagen, dass dieser ganze Schlamassel nur auf Grund meiner fehlenden handwerklichen Fähigkeiten geschehen sei und somit allein meine Schuld wäre, grenzt einfach nur an bodenlose Frechheit! Also, verlasse mein Haus!“ Ich sah wie Kenta seine Gesichtszüge entgleisten. „Aber... du kannst doch nicht... ich mache es auch wieder gut... ich habe es doch nicht so gemeint... bitte, noch eine letzte Chance“, stammelte er herum, das letzte bisschen Arroganz restlos verschwunden. „Ach ja, und aus welchem Grund bitte schön?“ „Weil...“ Dazu fiel ihm jetzt auch nichts mehr ein. „Siehst du, dir fällt ja noch nicht mal mehr selbst ein Argument ein, weswegen du es verdient hättest hierbleiben zu dürfen.“ Kenta sah ein wenig geknickt aus. Vielleicht hätte ich nicht ganz so hart sein sollen? Doch hatte er es nicht verdient? „Du hast eine Stunde! Wenn das Durcheinander bis dahin noch nicht verschwunden ist kannst du dir eine andere Bleibe suchen!“ Ich drehte mich um und ließ Kenta in dem Durcheinander zurück. Vielleicht hatte er keine weitere Chance verdient, doch ich würde sehen ob er diese letzte nutze. Nach exakt einer Stunde betrat ich wieder das Wohnzimmer, was zu meiner Verwunderung wirklich aufgeräumt und blitzblank war. Kenta hatte es sich auf dem Sofa bequem gemacht und sah sichtlich erschöpft aus. „Zufrieden?“ Er blickte mich an, als würde ich ihn jeden Moment zur Tür raus treten. „Ja, nicht übel.“ Scheinbar hatte er sich meine Worte mehr oder weniger zu Herzen genommen. „Heißt das ich darf bleiben?“ „Ja, darfst du. Jedenfalls vorerst. Wir werden ja sehen wie du dich weiterhin verhältst. Bloß, strapaziere mein Geduld nicht über, denn das bekommt dir nicht und noch einmal lasse ich mich nicht erweichen.“ Ich nahm auf dem Sessel schräg gegenüber von Kenta Platz. „Soll ich eigentlich heute Abend mitkommen?“, fragte er mich. „Nein, das ist etwas was ich alleine erledigen muss. Du hast damit nichts zu tun. Vertritt dir die Beine oder mach sonst was. Aber stell kein Chaos an!“ Bei dem Wort Chaos musste er grinsen. „Werde ich schon nicht“, versprach er. Na das würden wir dann wohl noch sehen. Kapitel 9: IX. -------------- Ich kam ein wenig zu spät in die Bar, da ich, auch wenn ich es nie zugeben wurde, das Gespräch mit Shou wahrscheinlich unterbewusst hatte hinauszögern wollte. Aber wer konnte mir das schon verübeln? Natürlich war Shou schon da und wartete. Er war weiterhin ein wenig blass und saß an dem Tisch in der Ecke, an dem wir auch schon gestern gesessen hatten. „Hallo, tut mir echt leid dass ich zu spät bin“, meinte ich entschuldigend und setzte mich auf den Stuhl ihm gegenüber, „ich hoffe du wartest noch nicht allzulange.“ Der Blick, mit dem Shou mich ansah, war im ersten Moment ein wenig leer. Wahrscheinlich hatte er die Nacht alles andere als gut geschlafen. „Hallo. Nein, nein, ist schon in Ordnung. Ich bin auch erst seit ein paar Minuten da“, meinte Shou erschöpft. Natürlich war das eine glatte Lüge, das konnte man ihm ansehen. So wie er wirkte war er schon mindestens eine dreiviertel Stunde vor unserem eigentlichen Treffpunkt dagewesen. Ich bestellte mir erst einmal etwas zu trinken. Nachdem wir ungefähr eine halbe Stunde einfach nur schweigend dagesessen hatten, spielte ich schon mit dem Gedanken mich aus dem Staub zu machen, aber da fing Shou dann doch noch an zu reden. „Weißt du...“, begann er langsam, „ ich weiß nicht genau was ich von dem Ganzen halten soll, wenn du verstehst was ich meine. Natürlich gibt es viele Mythen über Vampire, aber bis ich dich traf dachte ich, dass das alles nur dummes Zeug wäre. Sicherlich, interessant sind die Geschichten über Vampire immer. Doch warum hätte ich ihnen glauben schenken sollen? Es waren für mich ja nur Geschichten, verstehst du? Und jetzt tauchst auf einmal du auf und... trinkst mein Blut, wie immer in den Büchern. Und ich denke es ist ein Traum, aber es ist keiner! Und wie du vielleicht oder auch nicht nachvollziehen kannst bin ich ganz schön durcheinander.“ Innerlich braute sich wieder ein wenig Wut und Hass zusammen, den es mir noch nicht gelungen war zu vergessen. Ja sicher, Geschichten gab es viele über uns Vampire. Aber diese einfältigen Menschen dachten natürlich nicht daran, dass diese vielleicht auch einen waren Kern haben konnten. Nein, denn dann hätten sie sich ja eingestehen müssen dass es Wesen gibt, die ihnen überlegen sind und das ließ ihr Stolz ja nun einmal nicht zu. Früher hatte man uns verfolgt und als man sich angeblich sicher war, das jeder Einzelne von uns zu Grunde gegangen war, erschienen wir nur noch als eine Art Märchen, als Wesen die nie wirklich existiert hatten. Doch ich besann mich wieder, denn Shou konnte ja schließlich nichts dafür. „Weißt du, manchmal ist es halt von Nöten auch mal hinter die Fassade zu gucken“, meinte ich nach einem kurzen Moment so zu ihm, dass nur er mich hören konnte. „Sicher, eigentlich kann eure Generation nicht ahnen, dass wir wirklich existieren. Doch selbst wenn ihr Menschen es ahnen würdet, würdet ihr es nicht akzeptieren und es weiterhin leugnen. Ihr glaubt nur dass was ihr seht und was euch als richtig und normal erscheint. Abnormales, wie ihr uns Vampire wahrscheinlich bezeichnen würdet, existiert für euch nicht. Es darf eurer Meinung nach auch gar nicht existieren, weil es nicht in euer Bild hinein passt. Es ist, als hättet ihr Menschen eine genaue Vorstellung von dem, was sein darf und was nicht. Alles was darüber hinausgeht, gibt es eurer Meinung nach nicht. Meinst du all die Morde, welche in der Welt geschehen, würden nur von Menschen ausgeführt werden? Nein, denn es gibt genug Vampire, die sich nicht damit begnügen nur ein wenig Blut von ihrem Opfer zu nehmen, sonder wollen gleich das ganze Leben. Es gibt uns Vampire nun einmal, ob ihr Menschen es nun akzeptieren wollt oder nicht.“ Ich sah, dass Shou nicht genau wusste was er von meinem Gesagten halten sollte. Eigentlich wirkte er noch verwirrter als zuvor. Sicher, er glaubte, wie die meisten Menschen auch, nicht an Vampire und wurde jetzt mit dem Beweis konfrontiert. Es dauerte eine Weile bis er wieder seine Sprache gefunden hatte. „Und du bist einer der Vampire, die nicht töten?“ Er war ja eigentlich der Beweis dafür, oder? „Wenn ich töten würde, meinst du, du würdest dann heute hier mit mir zusammen sitzen? Ich sehe keinen Nutzen darin unnötigerweise Menschen umzubringen.“ „Und wie ist das so, als Vampir?“ „Wie soll es schon groß sein? Ich geh ins Bett und ich stehe auf.“ „Aber du schläfst doch dann sicherlich tagsüber, oder?“ „Nein, nicht gezwungener Maßen. Eigentlich schlafe ich nachts, auch wenn das jetzt vielleicht komisch klingen mag. Ich verbrenne auch nicht im Sonnenlicht, wenn das jetzt auch eine deiner Fragen gewesen wäre, sondern es ist nur nicht sonderlich angenehm, eigentlich so, als würde deine Haut glühen, aber nicht verbrennen. Dann trinke ich auch nicht nur Blut, sondern auch andere Sachen, ‚normale‘ Sachen. Solltest du den Gedanken hegen mir ein Kruzifix entgegen zu wedeln pass auf, dass du dir nicht aus versehen selbst die Augen ausstichst, aber Vampiren macht das recht wenig. Ach ja und fang bloß nicht mit Knoblauch an, denn der stinkt zwar, lässt sich aber aushalten, sonst könnte man ja heutzutage nirgendwo mehr hingehen, denn viele Leute essen Knoblauch.“ Shous noch anfänglich verwirrter Blick wandelte sich nun in eine Art Faszination. „Irgendwie ist das ganze... interessant. Erzählst du mir noch mehr über euch Vampire?“ Ich stöhnte innerlich. Warum war der Kerl nur so wissbegierig? „Nun gut... also was soll ich dir groß erzählen, früher haben die Menschen uns gefürchtet. Sie jagten uns wie wilde Bestien. In ihren Augen waren wir die Ausgeburt der Hölle, vom Teufel persönlich geschickt um Unheil und Verderben über sie zu bringen. Sie versuchten alles erdenkliche, was sie zu der Zeit an Mitteln hatten um uns loszuwerden. Sie wollten uns vernichten ohne uns zu kennen oder etwas über uns zu wissen. Nachdem sie dachten, dass sie alle von uns ausgelöscht hätten, taten sie uns als Mythos ab. Ich habe dir ja versucht zu erklären wie das mit dem Denken an das ‚Unnormale‘ bei euch Menschen ist. Natürlich gibt es Vampire, wie es ja auch Menschen gibt, denen es Vergnügen bereitet zu töten. Dann gibt es wieder die, welche aus Rache töten, für dass, was die Menschen ihnen angetan haben. Andere wiederum töten aus versehen. Das passiert vor allem bei jungen Vampiren die noch nicht das Maß an Blut gefunden haben, das sie brauchen und die eine schier unstillbare Gier nach Blut erfüllt, die sich aber normalerweise nach ein paar Jahren legt. Im Prinzip gibt es uns überall. Vielleicht kennst du sogar schon ein paar und weißt es noch gar nicht. Ich zum Beispiel bin auch mit Menschen befreundet, die nichts über mein wahres Wesen wissen. Vielleicht erzähle ich es ihnen irgendwann, aber momentan sehe ich noch nicht den rechten Zeitpunkt gekommen.“ Die ganze Zeit über hatte mir Shou sehr interessiert zugehört. Wie schon gesagt, eben ein wissbegieriger Kerl. Mit einem Blick auf die Uhr meinte ich: „Nun, ich werde dann aber wieder gehen. Ich hoffe deine Fragen sind beantwortet und du schaffst es die Tage wieder ein wenig zur Ruhe zu kommen.“ Ich bezahlte und erhob mich langsam. „Eine Frage noch oder vielleicht auch zwei..“, meinte Shou schnell und ich ließ mich wieder auf den Stuhl sinken. Er fing an ein wenig rumzudrucksen, was mich ein wenig verwunderte. „Also.... ich wollte fragen.. ich weiß nicht ob du das vielleicht als unhöflich anssiehst.. wenn ja tut es mir schon im voraus sehr Leid... nur es würde mich echt interessieren wie alt du bist... weil Vampire ja unsterblich sind...“ Ich musste ein wenig schmunzeln bei der Frage. Normalerweise beantwortete ich Fragen nach meinem Alter nicht, aber ich beschloss ausnahmsweise mal eine Ausnahme zu machen. „Ich bin 270“, meinte ich ohne Umschweife, „und falls es dich interessiert, ich bin mit 19 gestorben.“ Mit diesen Worten erhob ich mich und wandte mich zum gehen. „Also, tschüss.“ „Eine Frage noch, treffen wir uns wieder und du erzählst mir mehr?“ „Mal sehen“, meinte ich und verschwand. Kapitel 10: X. -------------- Erleichtert kam ich zu Hause an. Das Gespräch war eigentlich gar nicht so schlimm gewesen. Shou war einigermaßen zufrieden, wobei er immer noch gern mehr wissen würde. Mal sehen ob ich ihm den Wunsch erfüllen würde. Eigentlich schien er ganz in Ordnung zu sein. Ich hing meine Jacke auf und schlüpfte aus meinen Schuhe. Jetzt konnte ich noch etwas ausspannen. „Juhuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuu!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!! Du bist zurück!!!!!!!!!“, kam mir Kenta freudestrahlend entgegen. Oh nein, den hatte ich ja ganz vergessen beziehungsweise verdrängt. „Ähm... ja bin ich...“ Wieso hatte ich dem Kerl noch einmal eine weitere Chance gegeben? Und warum hatte ich ihn eigentlich überhaupt erst bei mir einziehen lassen? War ich denn verrückt? Wenn das jetzt jedesmal so ging wenn ich weg war und zurück kam, konnte ich mir ja gleich die Kugel geben. Ich hatte ein Gespräch gehabt nach dem ich ein wenig Ruhe gebrauchen konnte. RUHE. Soweit verständlich? „... und dann war ich in dieser einen Cocktailbar weil du mich ja nicht mitnehmen wolltest... ganz nett... dann war mir langweilig... dann hab ich gedacht... warte halt auf dich...dachte... DVD gucken... sag mal hörst du mir überhaupt zu?!“ „Hä? Oh, ja sicherlich höre ich dir zu“, meinte ich schnell. Ich hatte zwar keine Ahnung wovon er genau geredet hatte, aber was war schon so schlimm daran? „Nun, was meinst du dann?“ Er sah mich fragend an. „Was meine ich wozu?“, fragte ich irritiert. Vielleicht hätte ich ihm doch ein wenig zuhören sollen. „Na dass wir jetzt zusammen eine DVD gucken. Hab ich doch grade eben gesagt“, meinte Kenta leicht verärgert. „Vielleicht solltest du mal deine Ohren putzen.“ „Ist ja gut. Jetzt fang nicht an hier irgendwelche Beleidigungen auszuteilen sonst werde ich jetzt ernsthaft böse! Wie wär’s wenn du mir jetzt erst mal ein wenig Ruhe gönnst und wir reden morgen weiter?“ Er setzte einen sehr beleidigten Blick auf. „Und von mir aus gucken wir dann auch eine DVD wenn dich das glücklich macht“, meinte ich ein wenig genervt. Hauptsache der Kerl würde mir jetzt wenigstens für heute meinen Frieden lassen. Hatte ich das denn nicht verdient? „Ok, einverstanden“, meinte Kenta zufrieden und wirkte wie ein kleines Kind dem man gerade einen Lolly gegeben hatte. „Na dann, gute Nacht“, meinte ich und war dann schon verschwunden. In meinem Zimmer warf ich mich erst einmal auf mein Bett. Ich registrierte nur so nebenbei, dass ich die Balkontür aufgelassen hatte. Ruhe, diese tolle, fantastische Ruhe. Wie sehr ich sie doch vermisst hatte. Ich seufzte zufrieden. Vielleicht sollte ich morgen mal einen Wellnesstag einlegen. Na ja, so ganz war das ja nicht in die Tat umzusetzen, denn ich hatte ja Kenta versprochen mit ihm eine DVD zu gucken, aber die ging schließlich auch nicht ewig oder? Also konnte ich mir morgen schon ein Verwöhnprogramm gönnen. Meiner Meinung nach hatte ich das nun wirklich verdient. Immerhin ließ ich Kenta bei mir wohnen und war so nett gewesen Shou seine Fragen zu beantworten. Also hatte ich für diese guten Taten nicht eine richtige Belohnung verdient? „Sieh, an sieh, an“, wurde die Stille von einer glockenhellen Stimme durchbrochen. „es sieht dir ja so gar nicht ähnlich dass du so erschöpft die Schultern hängen lässt.“ „Ja, was ist denn los mit dir Nanami?“, ertönte eine tiefere Stimme. Ich setzte mich ruckartig auf und dann sah ich sie, wie sie sich aus den Schatten meines Zimmers schälten: Kurasa und Shi. „Freust du dich denn nicht uns zu sehen?“, fragte Kurasa und ein heimtückisches Lächeln schlich sich auf ihre Lippen. Ich war vollkommen sprachlos. Die beiden Personen, welche ich eigentlich niemals wieder treffen wollte befanden sich in meinem Zimmer, unmittelbar in meiner Nähe. Konnte es noch schlimmer kommen. „Was wollt ihr hier?“, fragte ich kühl, endlich meine Sprache wiederfindend. „Ein wenig plaudern.“ Das kam dieses Mal von Shi, der ein ebenso heimtückisches Lächeln auf den Lippen hatte.„Oder willst du uns etwa gleich wieder vor die Tür setzen? Das wäre aber nicht sehr gastfreundlich.“ „Als ob ihr Ahnung von so etwas hättet“, zischte ich nur. Was wollten die beiden nur hier? Und was sollte ich jetzt bitte schön unternehmen? Das letzte was ich mir bei den beiden vorstellen konnte war, dass sie reden wollten. Sie wirkten wie zwei bedrohliche Schatten, bereit jeden Moment zuzuschlagen. „Ach, Nanami. Du scheinst die Absicht unseres Besuches zu missverstehen“, meinte Kurasa zuckersüß. „Hat dich dein Leben mit Menschen denn so misstrauisch gemacht, dass du noch nicht einmal alten Freunden vertraust?“ „Alte Freunde? Ich kann mich nicht dran erinnern dass wir jemals welche gewesen sind!“ Konnten die beiden denn nicht endlich wieder verschwinden? Oder konnte ich wenigstens aus dem Alptraum, in dem ich mich gerade zu befinden schien, aufwachen? „Was ist nur aus dir geworden, Nanami? Bezeichnest du jetzt nur noch deine menschlichen Freunde, als Freunde?“ Shi wagte es auch noch vorwurfsvoll zu klingen. „Das Leben bei diesen verabscheuungswürdigen Kreaturen tut dir nicht gut. Sie behandeln dich nicht so, wie es sein sollte.“ „Aber ihr würdet das tun oder wie?“, fragte ich spöttisch. „Uns kränkt es, dass du das überhaupt in Frage zu stellen scheinst.“ Kurasa ließ ein leidiges Seufzten ertönen. „Vielleicht ist jetzt nicht der rechte Zeitpunkt eines Gespräches. Aber wir werden wieder kommen.“ Und mit diesem Versprechen verschwanden die beiden. Ich denke nicht oft an damals, das habe ich nie getan. Es war eine Zeit voll Hass, voll Schmerz, aber auch voll Zuneigung. Mein Leben war eigentlich alles andere als schlecht gewesen, denn ich stammte aus reichem Hause. Ich wurde gehütet und gepflegt und mein Vater ließ es sogar zu, dass ich unterrichtet wurde und zwar nicht nur in Sachen wie Benehmen und wie man die perfekte Gesellschafterin ist, nein, auch in Dingen, die normalerweise nur den Jungen vorbehalten war. Vielen war es ein Dorn im Augen wie meine Erziehung ablief, allen voran meiner Mutter, die immer der Meinung war mein Vater würde mir nur Flausen in den Kopf setzten und noch dafür Sorgen, dass mich später kein anständiger Mann haben wollen würde, da er durch diese Erziehung nur ausdrücken wollte, dass keiner jemals gut genug für mich sein würde. Doch eines Winters kam einer neuer Graf in die Stadt, zusammen mit seiner Schwester. Wo man ihn zu Gesicht bekam, sah man mit Sicherheit auch sie. Es war als wären sie eins, der andere nie ohne den anderen. Aber an einem Tag war es anders. Es hatte geschneit und ich tollte wie ein kleines Kind im Schnee herum. Ich liebte den Schnee. Hätte meine Mutter dies gesehen, sie hätte die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen und sich gefragt, wie ich mich so untragbar verhalten könnte. Mein Vater hätte wahrscheinlich wieder geschmunzelt und mir meinen Spaß gelassen. Nun, wie ich da so im Schnee herum tollte, ragte auf einmal eine Gestalt vor mir auf. Es war der junge Graf. Ich wusste nicht was es war, doch sowohl bei ihm, als auch bei seiner Schwester war mir schon aufgefallen, dass jeden von ihnen eine Art dunkel Aura umgab, zugleich abstoßend aber auch wieder anziehend. Sie waren beide wunderschön, dunkle Haare, dunkle Augen und ein elfenartiges Gesicht. Ich war fasziniert von ihm und er schien erstaunt darüber dass eine ‚Dame‘ meines Alters noch im Schnee zu toben pflegte. „Wollt ihr meiner Schwester und mir nicht am Abend Gesellschaft beim Mahle leisten?“, fragte er mich mit seiner samtweichen Stimme. Ich konnte nicht anders und sagte ja. Als ich meinen Eltern von dem Ereigniss berichtete, waren diese vollauf begeistert, am meisten natürlich meine Mutter, da sie die Hoffnung auf eine wertvolle und einflussreiche Verbindung hegte. So wurde ich am Abend in mein bestes Kleid gekleidet, natürlich auch schön hergerichtet und wurde zu der Residenz des jungen Grafen gebracht. Seine Schwester und er waren schon am Essenstisch versammelt und ich war zuerst beschämt, da ich dachte zu spät zusein. „Aber nicht doch, wir haben uns gerade erst hier versammelt“, beruhigte mich der Graf mit seiner samtenen Stimme. Ein wenig plaudernd nahmen wir das Mahl zu uns. Vor lauter Aufregung fiel mir gar nicht auf dass eigentlich nur ich diejenige war, die etwas essbares zu sich nahm und dass der Graf und seine Schwester sich eher an den dunklen Wein hielten. Nachdem das Mahl zu Ende war, bedeutete der Graf seiner Schwester uns alleine zu lassen. Es verwunderte mich zuerst, da man die beiden ja nie ohne einander sah, doch sobald ich in des Grafen Augen blickte, vergaß ich alles um mich herum. Es war, als hätte er mich in seinen Bann gezogen. Und dann ehe ich mich versah, wurde es dunkel um mich herum und als ich erwachte spürte ich nur noch diesen schrecklichen, verlangenden Durst nach Blut. Kapitel 11: XI. --------------- Der nächste Morgen begann für mich erst sehr spät, was mir eigentlich gar nicht ähnlich sah, denn normalerweise war ich eine derjenigen, die ziemlich früh aufstanden. Die Begegnung mit Kurasa und Shi hatte ich leider, trotz aller Bemühungen, nicht verdrängen können. Was zum Teufel wollten die beiden hier? Und vor allem, was wollten die beiden von MIR? Eigentlich hatte ich angenommen, dass sie die Vergangenheit ruhen lassen würden, aber allem Anschein nach hatte ich mich geirrt, denn so schnell würde ich die beiden wahrscheinlich nicht mehr loswerden. Das würde nicht zu ihnen passen, so eine halb angefangene Sache. Ächzend erhob ich mich, denn heute war eigentlich einer dieser Tage, an denen man am liebsten im Bett geblieben wäre, schon allein deswegen, weil die letzten paar Tage schon die reinste Katastrophe gewesen waren und wahrscheinlich die folgenden nicht besser werden würden. Da waren ja zum einen meine beiden besten Freunde, mit denen ich noch reden musste. Dann war dann noch Kenta, den ich auch erst einmal auf unbestimmte Zeit an der Backe kleben hatte. Nicht zu vergessen Shou, der immer noch ganz wissbegierig war und am liebsten alles, aber auch wirklich ALLES über Vampire wissen wollte. Und zum krönenden Abschluss jetzt auch noch Kurasa und Shi, zwei ‚herzallerliebste‘ Persönlichkeiten, über deren Besuch ich mich ja so tiiiiiieeeeeeerisch freute. Nun ja, die folgenden Tage konnten ja nur bombig werden und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Eigentlich könnte ich mich auch gleich in einem Loch verkriechen und nie wieder herauskommen. Auf Grund der vorliegenden Tatsachen wäre das wahrscheinlich sogar die sicherste Lösung gewesen. Ich musste wirklich etwas sehr Schlimmes angestellt haben, weil man mich jetzt so bestrafte. Nur konnte ich mich irgendwie nicht erinnern, was dies gewesen sein sollte. Entweder ich litt an akutem Gedächtnisschwund, weil ich mich nicht mehr erinnerte oder aber ich hatte einfach nur Pech. Alle Sachen wären vielleicht einigermaßen ertragbar gewesen, aber Shi und Kurasa? Nein, die ganz bestimmt nicht. So machte ich mich nun fertig bereit den Tag ‚tapfer‘ anzutreten. „Guten Morgen“, begrüßte mich Kenta gut gelaunt, als ich die Küche betrat und mich an den Tisch setzte. „Milchshake?“ Bevor ich etwas sagen konnte hatte ich auch schon einen vor der Nase stehen. „Ähm... guten Morgen.. und danke..“, meinte ich weniger euphorischer als er. Ich nahm einen Schluck von dem Milchshake, der gar nicht mal so schlecht war. Kenta musterte mich aufmerksam und die Euphorie in seinem Gesicht wurde von Besorgnis abgelöst. Erstaunlich, der Typ konnte besorgt sein, jawohl! „Ist das Gespräch mit Shou gestern doch schlecht gelaufen und du hast dir jetzt Gedanken darüber gemacht?“, fragte er mich nach einem kurzen Moment. Ich blickte ihn für einen Moment irritiert an, rief mir dann aber wieder in Erinnerung, dass er ja von meinem späten Besuch gar nichts mitbekommen hatte. „Also.. äh.. nein, nein... es war eigentlich sogar recht gut“, antwortete ich ihm schließlich, da ich ja gestern Abend keine Lust mehr gehabt hatte ihm irgendwas über das Gespräch zu berichten. „Ich mein der Kerl ist echt wissbegierig. Er hat mir die Worte geradezu von den Lippen gesogen. Am liebsten hätte er noch mehr erfahren und eigentlich würde er sich gerne noch einmal mit mir treffen. Gut möglich dass er jetzt täglich in der Bar auf mich wartet... vielleicht gehen ich noch einmal hin... aber ich weiß es noch nicht...“ „Aber erzähl ihm nicht zu viel, sonst hast du schneller einen Pflock im Herzen stecken als dir lieb ist, dessen bist du dir hoffentlich bewusst?“ „Jaja, sicher bin ich das. Ich bin doch kein kleines Kind mehr.“ „Das habe ich auch nie behauptet.“ Er musterte mich noch einmal eindringlich. „Wenn es nicht das Gespräch mit Shou ist, was dich bedrückt, was ist es dann?“ „Wie kommst du darauf, dass mich etwas bedrücken könnte?“ Aus einem mir unerfindlichen Grund fühlte ich mich ertappt. Doch warum nur? Der Kerl musste doch nicht alles wissen! „Du wirkst so“, meinte Kenta, ohne den Blick von mir abzuwenden und fügte dann ernster hinzu: „Hör mir zu Nanami, ich habe genügend Jahre auf dem Buckel um die wahren Gefühle meines Gegenübers zu erkenne. Ich weiß wann jemanden etwas bedrückt und wann nicht. Genauso wie ich jetzt weißt, dass dich etwas zu bedrücken scheint, was du wahrscheinlich am liebsten niemandem erzählen und lieber verheimlichen würdest. Doch, siehst du darin die Lösung deines Problems?“ „Ich bin bis jetzt immer gut alleine mit meinen Problemen zurecht gekommen“, erwiderte ich ein wenig pampiger als beabsichtigt. „Aber es ist nicht ratsam alles in sich hineinzufressen und alles selbst austragen zu wollen.“ Er hatte doch keine Ahnung um was es ging und ob es in dem Fall ratsam war etwas zu sagen oder nicht. Ich meine, was bitte schön sollte ich ihm denn groß erzählen? Wahrscheinlich wäre der Kommentar so was wie: ‚Oh, zwei alte Freunde haben dich besucht, echt bedrohlich.‘ Aber er hatte doch keine Ahnung zu was die beiden fähig waren. Ich allerdings schon. Und genau deswegen wollte ich mit niemandem darüber reden. Denn dann wäre ich an dem Punkt an dem ich mich mit meiner Vergangenheit auseinander setzen müssen und hatte ich mich nicht all die Jahre davor gedrückt? Die Bilder verdrängt? Nicht mehr an all das Ganze gedacht? Sicher, Bruchstücke blitzen immer wieder in meiner Erinnerungen auf, vielleicht auch mal ein wenig mehr, zum Beispiel ein ganzer Abschnitt oder ein ganzes Erlebnis. Doch ich hatte nicht vor jetzt an all das zurückzudenken, jedenfalls nicht jetzt, noch nicht. „Vielleicht in dem Fall schon“, brachte ich nach ein paar Minuten hervor. „Lass uns das Gespräch hier beenden und die DVD gucken gehen. Was sollen wir schaun?“ Ich hoffte er ging auf den Themenwechsel ein. „Wir beenden es vorerst“, meinte Kenta seufzend. Also würde er nicht aufgeben. So ein Mist. „Ich hab schon eine ausgesucht. Lass uns ins Wohnzimmer gehen.“ Damit war das Thema, wie Kenta schon gesagt hatte, vorerst beendet. Zuerst begriff ich nicht, was mit mir geschehen war, trotz dieses Verlangens nach Blut. Auch war ich verwirrt, da ich mich nicht bei uns zu Hause befand, sondern auf einem mir unbekannten Himmelbett gebettet war. Ich realisierte, dass ich mich allem Anschein nach noch in der Residenz des Grafen befinden musste. Wo sonst sollte ich auch sein? Verwirrt tapste ich durch die steinernen Gänge. Ich hatte das Gefühl als würde ich alles viel klarer sehen, die ganzen Konturen und vor allem Dinge, die mir zuvor niemals aufgefallen wären, weil sie für ein menschliches Auge einfach nicht sichtbar waren. Ich kam in einen großen Raum in dem sich Sessel befanden. Am Fenster dieses Raumes stand der Graf. Erst jetzt fiel mir auf, dass es draußen dunkel war. Sollte nicht eigentlich Tag sein? „Ach schön du bist erwacht meine Liebe“, meinte der Graf, während er sich mit einem entzückenden Lächeln zu mir umdrehte. „Ich.. ich...“, stammelte ich nur herum. Mir fiel es schwer einen anständigen Satz zustande zu kriegen, aber schließlich schaffte ich es doch einigermaßen. „Was... was um alles in der Welt... geschieht mit mir? Was habt ihr mit mir gemacht?!“ In meiner Stimme schwang Panik mit, denn ich verstand nicht was geschehen war und was auch noch weiterhin mit mir geschah. Er machte einen Schritt auf mich zu und ich wich erschrocken zurück. „Hab keine Angst“, meinte er und sein Lächeln wurde amüsiert. „Du wirkst wie ein verschrecktes Huhn. Dabei habe ich dir etwas gegeben wovon andere nur träumen können.“ Ich sah ihn irritiert an. „Das Verlangen nach Blut, wunderst du dich nicht woher es kommt? Und ist dir nicht aufgefallen dass dein Herz nicht mehr schlägt?“ Sein Blick ruhte auf dem Meinigen. „Du bist nun in den Kreis der Unsterblichen eingetreten. Eigentlich könntest du den Preis, den du dafür bezahlen musst als gering abstufen. Ewiges Leben, Stärke, Überlegenheit und dafür musst du nur Blut trinken.“ Mein Blick wandelte sich in Entsetzen. Ich legte die Hand auf meine Brust, an der Stelle wo eigentlich mein Herz schlagen sollte, doch nichts, nur Stille. Ich, ich war tot! TOT! Und doch auch wieder nicht! Es fiel mir schwer das zu realisieren. Die Tür hinter mir öffnete sich und des Grafen Schwester kam zusammen mit dem Hausmädchen herein. Ich spürte wie das Blut in den Adlern des Hausmädchens pulsierte und mein Verlangen nach Blut wuchs, ebenso wie meine Eckzähne. „Hast du Hunger?“ Auf dem Gesicht des Grafen breitete sich ein unheimliches Lächeln aus, ebenso wie auf dem Gesicht seiner Schwester. „Bediene dich!“ Ich konnte nicht anders ich stürzte mich auf das Hausmädchen und biss ihr in die Kehle. Das köstliche warme Blut rann meine Kehle hinab. Zwar schrie und zappelte sie, doch ich hatte sie fest im Griff. Ihre Bewegungen und Schreie verebbten nach einiger Zeit und ich war wie von Sinnen. Das Blut füllte meinen Verstand vollkommen aus, so dass ich nicht mehr wusste was ich tat. Als ich aufstand fiel der Körper des Hausmädchens zu Boden, jedes Stück Leben daraus entwichen. Entsetzt blickte ich auf mein Werk. Ich konnte nicht glauben was ich da gerade getan hatte. Ich war ein MONSTER! Mein Blick wurde leer und ich fiel resigniert auf die Knie. Mein einziger Gedanke war: MONSTER! Der Graf ging neben mir in die Hocke und blickte mich durchdringend an. „Ach, mach dir keine Gedanken um sie. Mit der Zeit wird alles besser Nanami.“ Nanami? Aber so hieß ich doch gar nicht. Mein Name war Mariko! Er merkte wohl dass ich nicht verstand, warum er mich nicht bei meinem richtigen Namen nannte. „Es ist am sichersten wenn du dich umbenennst. Niemand kennt dich als Nanami, nur als Mariko. Wenn du irgendwo bist und durch deine noch momentane Unbeherrschtheit Schaden anrichtest wird niemand dich damit in Verbindung bringen, da sie dich ja alle nur als Mariko kennen und nicht als Nanami. Also für alle die du in Zukunft kennen lernst bist du einfach nur Nanami. Verstanden?“ Ich ließ nur ein schwaches Nicken vernehmen. Ich war ein Monster! Ein wirklich furchtbares Monster! Kapitel 12: XII --------------- Soll ich, soll ich nicht, soll ich, soll ich nicht... So saß ich bestimmt zwanzig Minuten im Schneidersitz in meinem Garten unter einem Baum im Schatten, eine Blume nach der anderen in der Hand und die Blütenblätter von ihr abrupfend. Es war aber auch wirklich zum Haare raufen. Der Film, den ich mit Kenta gesehen hatte war nett gewesen, doch mir waren viel zu viele Gedanken durch den Kopf geschossen, als dass ich mich richtig darauf hätte konzentrieren können. Und jetzt saß ich da und wusste nicht was ich machen sollte. Ich mein es war noch viel zu früh um sich auf den Weg zur Bar zu machen, denn es war ja erst Nachmittag. Außerdem war ja da noch die Frage ob ich überhaupt hingehen wollte. Schwierige Entscheidung... ich meine es wäre sicher nett noch ein wenig mit Shou zu plaudern... auch wenn er mich wahrscheinlich wieder mit Fragen löchern würde. Und wieso hegte ich überhaupt noch einmal den Gedanken mit dem Kerl ein Gespräch zu führen? Er war zwar nett, doch eigentlich hatte ich doch gestern meine Schuld beglichen? Eigentlich war ich ihm noch nicht mal was schuldig gewesen, oder? Na ja... vielleicht ein klein wenig, mehr aber auch nicht und wenn dann war das Thema mit gestern Abend doch eigentlich für mich aus der Welt. Aber wenn es für mich aus der Welt war wieso war ich dann so unsicher ob ich nicht doch noch einmal hingehen sollte? Ein weiteres Gespräch, dagegen war ja eigentlich nichts einzuwenden und er war ja schließlich auch echt nett gewesen… “Was machst duuuuuuuuuuuhuuuuuu?”, kam Kenta gut gelaunt an, setzte sich neben mich und unterbrach damit meine Überlegungen. Ich rollte nur leicht genervt mit den Augen. Wieso schaffte der Kerl es eigentlich immer dann aufzukreuzen, wenn ich gerade keine Lust auf soziale Kontakte hatte und ein wenig Ruhe zum nachdenken brauchte?! “Wie dir vielleicht aufgefallen ist, bin ich gerade in Gedanken versunken gewesen und ich wäre dir sehr dankbar wenn du meine Überlegungen nicht andauernd unterbrechen würdest!”, meinte ich ein wenig gereizt. Kenta ließ sich davon natürlich wie immer nicht aus der Bahn werfen. “Ach, deine Überlegungen kannst du auch noch später fortführen. Du denkst sowieso viel zu viel nach. Wie wär’s wenn du einfach mal ein wenig abschalten würdest? Es täte dir wirklich gut mal ein wenig lockerer zu werden. Du wirkst irgendwie immer so…verspannt und gestresst. Komm wir machen heute Abend die Nachtclubs unsicher!” Ich zog nur eine Augenbraue hoch. “Ich soll mich mit DIR in der Öffentlichkeit blicken lassen?” Ich konnte nur den Kopf schütteln. Dieser Kerl war wirklich eine hochgradige Nervensäge! “Was spricht denn dagegen?” “Vielleicht dass ich dir heute schon genügend meiner Aufmerksamkeit zu Teil werden gelassen hab und somit dein Tagesbedarf gedeckt sein sollte? Wie alt bist du, fünf?! Könnte man jedenfalls meinen da du noch nicht einmal in der Lage zu sein scheinst dich selbst zu beschäftigen!“ “Aber du hast gestern nichts mit mir gemacht und mit dir ist es bestimmt viel lustiger!” Kenta fing förmlich an zu strahlen und ich konnte einfach nicht an mich halten und musste loslachen. “Ja klar.. lustiger... mit mir? Ich lach mich kaputt. Sagtest du nicht eben dass ich lockerer werden müsste? Also schein ich in deinen Augen ja nicht gerade DIE Spaßkanone zu sein.” Man musste diesen Kerl nicht verstehen. Wieso um alles in der Welt wollte er unbedingt Zeit mit mir verbringen? Ich war ja noch nicht einmal sonderlich nett zu ihm, bis vielleicht auf die Tatsache dass ich ihn vorübergehend hier wohnen ließ. Allerdings sollte ich mir das vielleicht auch nochmal durch den Kopf gehen lassen, denn Kenta war wirklich sehr, sehr anstrengend. “Such dir jemand anderen“, murmelte ich nur mürrisch vor mich hin. “Ich mag aber mit DIR weggehen.” Er zog eine Schnute. “Sagen dir die Wörter: ICH HAB ABER KEINE LUST!, etwas?” “Ne, kenn ich nicht.” “Mmhhppff...” Ich seufzte entnervt. “Ich will einfach nur meine Ruhe, verstanden?!” “Ähm... nö.”, erwiderte Kenta mit einem frechen und zu gleich kecken Grinsen auf den Lippen. Ich versuchte mich wirklich zusammenzureißen ihm nicht auf der Stelle den Kopf abzureißen, obwohl nicht mehr viel fehlte dass mir der Kragen platzte. “Sag mal wieso bist du eigentlich so ein penetrantes nerviges Bündel?”, seufzte ich sichtlich genervt. “Ich mag einfach nur was mit dir unternehmen. Was ist bitte schön so schlimm daran? Das einzige was ich möchte ist dass du ja sagst. Mehr verlange ich gar nicht. Außerdem machst du dir wirklich zu viele Gedanken. Wenn du nicht aufpasst zerfressen sie dich noch und genau deswegen wollte ich dich eigentlich ablenken. Außerdem wenn ich nichts mit dir unternehme, wer sollte es sonst tun? Scheinst ja nicht gerade viele Freunde zu haben. Aber nimm’s nicht gleich wieder persönlich.” Kenta hob beschwichtigend die Hände. „Das war lediglich eine Feststellung…“ Ich seufzte resigniert. Irgendwo hatte Kenta ja recht. Die einzigen Freunde die ich hatte waren sauer auf mich und der einzige der im Moment nett zu mir war, war tatsächlich er. Vielleicht war ich die letzten Tage einfach nur ein wenig zu angespannt, was auch kein Wunder war wenn man die ganzen Umstände betrachtete, und brauchte tatsächlich mal ein bisschen Spaß und Ablenkung. Konnte schließlich nicht schaden, oder? “Nun gut...”, gab ich mich schließlich genervt geschlagen. “Gehen wir halt weg. Aber nerv mich nur ein einziges Mal und du wirst es bereuen, das kann ich dir garantieren.” Ich hätte mich ohrfeigen können. Wieso nur hatte ich mich geschlagen gegeben etwas mit Kenta zu unternehmen? Bestimmt wäre mein Abend viel besser verlaufen wenn ich zu Hause geblieben wäre und mich in meinem Bett verkrochen hätte. So hatte ich nun das Desaster. Eigentlich hatte es ganz harmlos angefangen. Kenta und ich hatten uns zu einem der angesagten Nachtclubs begeben, ‚Bloodmoon‘. Leider kam ich nicht umhin auch ein wenig mit Kenta zu tanzen, er nervte einfach so lange bis ich ja sagte, was zum Glück nicht ganz so schlimm war wie ich befürchtet hatte. Teilweise saß ich aber auch einfach nur an der Bar des Clubs, vor allem wenn Kenta gerade mal wieder mit ein paar Mädels beschäftigt war. Der Kerl ließ wirklich nichts anbrennen. Irgendwann hatte ich aufgehört zu zählen wie viele Nummern er schon kassiert hatte Und dann passierte es. “Ach so sieht man sich wieder, meine Liebe”, hauchte mir eine nur allzu bekannte Stimme in mein Ohr und jemand schmiegte sich relativ eng von hinten an mich. Mein Körper versteifte sich und meine Nackenhaare stellten sich auf. “Was willst du?”, meinte ich nur mit tonloser Stimme. “Nur ein wenig plaudern, nicht mehr und nicht weniger. Um der alten Zeiten wegen.” Ich drehte mich um und schaute direkt in Shis Augen, welche süffisant funkelten. “Ach hast du deine Schwester ausnahmsweise einmal nicht im Schlepptau? Oder lungert sie in irgendeiner Ecke?”, konnte ich mir den bissigen Kommentar nicht verkneifen, denn Kurasa konnte ich weit und breit nirgendwo im Club erblicken. “Ich wollte alleine mit dir reden.” Langsam hob Shi seine Hand und legte sie auf meine Wange, was mich ein wenig erschaudern ließ. “Es schmerzt zu sehen welche Abscheu du gegen uns hegst, vor allem gegen mich“, meinte er mit einer gewissen Wehmut in der Stimme. “Ihr wisst dass ich mit euch nichts mehr zu tun haben will!”, entgegnete ich nur mit aufkommender Wut in der Stimme. “Vergiss was in der Vergangenheit zwischen uns vorgefallen ist, denn es liegt hinter uns.”, versuchte er mich zu besänftigen. “Das ist nicht so einfach aus der Welt zu schaffen!” Ich konnte nicht fassen dass er wirklich zu glauben schien, ich könnte alles Vergangene einfach so vergessen. Shi beugte sich vor und war jetzt nur noch Millimeter von meinem Gesicht entfernt. „Hach… meine liebe Nanami… stur wie eh und je… doch wir haben uns geändert, glaube mir. Komm zurück zu uns… zu mir.“ Er strich mir sanft eine Haarsträhne aus meinem Gesicht und ließ mich nicht aus den Augen. Ich schluckte schwer, wollte mich von ihm lösen, wünschte mich an einen anderen Ort. Doch ich hätte mich verfluchen können, denn ich begann langsam schwach zu werden unter seinem Blick und musste mir eingestehen, dass er immer noch so gut und verführerisch aussah wie früher. Seine Gesicht so nah an meinem zu spüren und seine Lippen nur wenige Millimeter weg von meinen zu wissen… STOP! NEIN! So durfte ich auf keinen Fall denken! „Also…“, begann ich langsam, wurde allerdings von einer mir –leider- seit neustem sehr vertrauten Stimme unterbrochen. „Ich schätze Nanami ist diese Unterhaltung ein wenig unangenehm und es wäre an der Zeit dass du gehst!“, meinte Kenta, riss Shi bestimmt von mir Weg und schubste ihn Richtung Ausgang. „Dann schätze ich wohl dass wir unsere Unterhaltung ein ander Mal weiterführen, nicht meine Liebe?“, meinte Shi nur mit einem fast bedrohlich wirkenden Grinsen, warf Kenta nur einen verächtlichen Blick zu und verließ dann den Club. „Alles ok?“, fragte Kenta und sein Blick, welcher auf mir ruhte, schien fast besorgt. Doch ich konnte mich gar nicht richtig auf ihn konzentrieren. Wie in Trance starrte ich auf die Stelle an der eben noch Shi gestanden hatte. Meine Gedanken und Gefühle schienen sich zu drehen, war ich auf der einen Stelle erleichter dass Shi nun verschwunden war und irgendwie sogar dankbar dass Kenta dazwischen gefunkt hatte, auf der anderen Seite überkam mich eine längst verdrängte und vergessen geglaubte Sehnsucht nach diesem gottverdammten Kerl, woraufhin ich wiederum alles andere als erfreut über das Einschreiten Kentas war und ihm am liebsten den Kopf abgerissen hätte. „Alles bestens!“, zischte ich zwischen zusammengebissenen Zähnen und mied Kentas Blick, hätte ich ihm sonst wohl meinen unangemessenen Zorn entgegengeschleudert. Ich wusste er hatte mir nur helfen wollen und hätte es nicht verdient wenn ich ihn aufgrund meiner verwirrten Gefühlslage noch zusammenstauchte. „Ich werde wohl besser schon einmal gehen.“ Und um jedweden Begleitungsversuch zu unterbinden fügte ich direkt hinzu: „Und zwar ALLEINE!“ Denn das wollte ich jetzt um jeden Preis sein. Mit wehendem Schritt verließ ich den Club und ließ einen mehr oder weniger verwirren Kenta zurück, welcher mir erstaunlicher Weise nichts auf meine Worte erwidert hatte. An meinem Haus angekommen verschwand ich sofort in meinem Zimmer und vergrub mich in meiner Decke und meinen Kissen. Es erschien mir immer noch alles so unreal, war es für meinen Verstand irgendwie immer noch nicht begreiflich dass Shi und Kurasa tatsächlich wieder hier waren, dass sie mich gefunden hatten und wohl nicht eher Ruhe geben würden bis sie das hatten, was sie wollten. Ich konnte mir nicht vorstellen dass die beiden nur auf einen Plausch hatten vorbeikommen wollten um der alten Zeiten willen und um das Vergangene aus der Welt zu schaffen… nein, das würde den beiden nicht ähnlich sehen. Und das Shi mich vermisste.. ha! Dass ich nicht lachte. Er wollte mich wieder bei sich haben? Irgendwie konnte ich mir das nicht recht vorstellen… Die beiden führten etwas im Schilde, sei es nun Rache an mir oder etwas anderes. Wer wusste schon was die beiden plante, schließlich waren sie seit je her hinterlistig und intrigant. Doch ich sollte vielleicht versuchen es herauszufinden bevor noch etwas Schreckliches geschah… Mit diesen Gedanken schlief ich ein. Am Anfang spielte ich mit dem Gedanken zu fliehen und zu meiner Familie zurückzukehren. Doch wie sollte ich mein Verschwinden erklären und vor allem meine, nun ja, Veränderung? Außerdem konnte ich meinen Durst nach Blut nicht kontrollieren. Sobald ich auch nur in die Nähe eines menschlichen Wesens kam und spürte, wie das Blut durch dessen Adern pulsierte, ich den verlockenden und betörenden Duft des flüssigen Rot wahrnahm, konnte ich einfach nicht mehr an mich halten. Nicht nur dass ich das Blut trank, nein, ich verlor dermaßen die Beherrschung, dass ich meine Opfer fast bis auf den letzten Tropfen leer trank. Allein Shi hielt mich davon ab es zu tun. „Wenn du sie leer saugst, dann verwandeln sie sich in unseres Gleichen!“, ermahnte er mich jedes Mal wenn ich wieder kurz davor war, es zu tun. „Sie erwachen wieder, so wie du. So lange du dein neues Ich nicht richtig beherrschst kann ich nicht zulassen, dass du jemanden verwandelst, auch, wenn mir das sehr gelegen käme, denn jeder weitere Vampir stärkt uns. Doch jetzt ist nicht der Zeitpunkt instabile Vampire auf die Menschen loszulassen. Jeder muss stark und kontrollierbar sein“ Was genau er damit sagen wollte erschien mir zu diesem Zeitpunkt noch nicht wichtig, war ich doch zu sehr damit beschäftigt meine eigene monströse Existenz akzeptieren zu lernen und die Sehnsucht nach meiner Familie zu vergessen. Denn ich kam zu der Erkenntnis dass ich ihnen in diesem Zustand niemals wieder unter die Augen treten konnte. Sie hätten nicht verstanden was ich war und vor allem wäre ich in meinem Zustand eine Gefahr für sie gewesen. Auch überlegte ich mich dem Namen, welchen mir Shi zugetragen hatte, zu verweigern. Doch die Art und Weise wie er diesen Namen, Nanami, aussprach war so harmonisch und einlullend, dass ich gar nicht anders konnte als ihn zu akzeptieren, als wäre es wie ein Bann, welcher mich umfesselte. Vielleicht lag es aber auch daran, dass ich der anziehenden, verruchten Aura, welche Shi umgab so oder so nicht widerstehen konnte. Egal wie sehr ich auch versuchte ihn zu hassen, zu hassen was er war, wie er war und vor allem dass er derjenige war, der mir dieses Schicksal aufgebürdet hatte, ich konnte nicht anders als seiner samtenen Stimme zu verfallen. Auch begann ich mich immer öfter zu fragen, wie sich seine sinnlich geformten Lippen wohl anfühlen würden. Und dann eines Nachts fand ich es heraus, als Shi zu mir ins Zimmer kam, welches ich leider nur selten verlassen durfte. Langsam kam er in den Raum, fixierte mich mit seinen Augen, wie ein Raubtier, welches sich jeden Moment auf seine Beute stürzen wollte. Schritt für Schritt kam er näher ohne mich auch nur eine Sekunde aus den Augen zu lassen. Wenn mein Herz noch geschlagen hätte wäre es mir wahrscheinlich vor lauter Aufregung aus der Brust gesprungen. Es trennten uns nur noch wenige Millimeter als Shi seine Hand ausstreckte und mir eine verirrte Haarsträhne hinters Ohr schob. Als er sich dann vorbeugte und seine Lippen auf die meinen presste, erst sanft und dann fordernd, vergaß ich alles um mich herum, selbst die Tatsache, was ich nun war. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)