Santa ... Seto? von moonlily (Eine schöne Bescherung) ================================================================================ Kapitel 4: Wenn Weihnachtselfen helfen ... oder nerven ------------------------------------------------------ Kapitel 4 Wenn Weihnachtselfen helfen ... oder nerven Es war erst eine Viertelstunde vergangen, doch Seto kam sie wie eine kleine Ewigkeit vor. Das mochte daran liegen, dass für ihn als Weihnachtsmann die Uhren in dieser Nacht anders tickten. Für ihn und Bianca lief die Zeit hundertmal langsamer ab als für die gewöhnlichen Menschen, die in ihren Betten lagen und dem Weihnachtsmorgen entgegenträumten. Seto hätte sonst was dafür gegeben, zu ihnen zu gehören, einfach in seinem gemütlichen, warmen Bett zu liegen und zu schlafen. Stattdessen musste er bei dieser Eiseskälte mit seinem Drachenjet von einem Dach zum nächsten fliegen und überall Geschenke ausliefern. Er hatte es nach dem etwa zwanzigsten Haus aufgegeben, die Schornsteine, die er hinunter musste, und die Geschenke, die er unter die Bäume legte, zu zählen. Für ihn sahen die Zimmer ohnehin alle gleich aus und in der Dunkelheit war es schwer, etwas zu sehen. Zu seinem blauen Fleck, den er sich vor der Villa eingefangen hatte, hatten sich inzwischen weitere gesellt; der neueste stammte von einer Tischkante, an der er sich gestoßen hatte. Was hatte Bianca noch gesagt, dies sei der schönste Job der Welt? Das Mädchen hatte keine Ahnung. Aber diese Elfe schien ohnehin alles besser zu wissen. Sie nervte ihn pausenlos mit ihren Kommentaren und Ratschlägen und ignorierte mit wachsender Penetranz jeden seiner Wünsche, endlich ihre Klappe zu halten. „Halt, wir müssen hier landen“, unterbrach Bianca seine Gedankengänge. Seto stöhnte leise, als er das Gebäude erkannte, auf das sie deutete. Die bunte Bemalung, die im Schein der Straßenlaterne gut erkennbar war, und die große Schildkröte ließen keinen Zweifel daran, dass sie gerade direkt vor dem Spieleladen der Familie Muto gelandet waren. Seto war ganz bewusst vor dem Gebäude gelandet, denn das Dach hätte das Gewicht des Drachen mit Sicherheit nicht ausgehalten. Seto stieg aus dem Cockpit und war Sekunden darauf mit ausgesprochen genervt wirkendem Gesichtsausdruck schwebenderweise – dank seines Geschenksackes – auf dem Weg zum Schornstein. Als er aus dem Kamin in das Wohnzimmer des Mutoschen Haushaltes hineinstolperte, schüttelte er sich und klopfte sich den Ruß von seinem Mantel. „Die Mutos könnten ihren Kamin auch mal besser putzen!“, murmelte er. „Der Laden wird ja wohl so viel Gewinn abwerfen, dass sie es sich leisten können, mal einen Kaminkehrer kommen zu lassen. Und ansonsten kann Yugi reinklettern, wofür ist der so klein?“ „Wie lange dauert es denn noch?“, drang da eine Stimme aus dem Stockwerk über ihm. Die Wohnzimmertür, die auf den Flur hinausführte, war nur angelehnt, so dass Seto jedes einzelne Wort gut verstehen konnte. Dann hörte er Schritte auf der Treppe, Füße, die entschlossen die Stufen herunterstapften. Ihnen folgten mehrere andere, die sich leichter an-hörten. „Nein, Atemu, so funktioniert das nicht.“ Das war eindeutig Yugi. Und noch schlimmer: Er war noch wach. Bisher hatten die Menschen überall, wo Seto hingekommen war, geschlafen. Die Schritte näherten sich der Tür. In Seto, für eine Sekunde zu einer Eisskulptur erstarrt, kam Bewegung. Yugi und sein angeblicher Cousin Atemu durften ihn auf gar keinen Fall so sehen, erst recht nicht in diesem absolut lächerlichen Kostüm. Seto packte den Sack und warf sich hinter dem Sofa auf den Boden. Innerlich konnte er über diese Situation nur bitter lachen. Da befand er sich im Haus seines Erzfeindes und spielte mit ihm ohne sein Wissen Verstecken. Und nebenbei sollte er bei ihm auch noch ein paar Geschenke abliefern. Dieser Abend entwickelte sich mehr und mehr zu seinem persönlichen Albtraum. „Aber du hast doch gesagt, dass der Weihnachtsmann heute Nacht kommt und die Geschenke bringt, Yugi“, verteidigte sich Atemu, die Hand bereits auf der Klinke; die Tür ging ein Stück auf. „Ich will bloß mal nachsehen, ob er schon da war, danach gehe ich zurück nach oben.“ „Trotzdem wartet man bis zum Morgen, bis man runtergeht und nach den Geschenken sieht“, ließ sich nun eine dritte Stimme vernehmen, die Seto nach kurzem Überlegen Ryou zuordnen konnte. Was machte der denn im Haus der Mutos und dann auch noch an Heiligabend? „Ich hasse es zu warten“, grummelte der ehemalige Pharao. „Haben die letzten dreitausend Jahre im Millenniumspuzzle denn nicht gereicht?“ „Dann kommt es auf die paar Stunden doch nun wirklich nicht an, oder?“, versuchte Yugi ihn zu beschwichtigen. „Atemu, bitte, was ist, wenn er gerade bei uns ist und du ihn bei der Arbeit störst? Dann wird er nächstes Jahr bestimmt nicht zu uns kommen.“ Seto schwankte zwischen einem ganz leichten Anflug von Bewunderung für Yugi, weil dieser ihm wahrscheinlich gerade unwissentlich den Hals rettete, und einem Lachanfall, dass er in seinem Alter noch an den Weihnachtsmann glaubte. Diese These allerdings musste er Sekundenbruchteile später wieder verwerfen. Er selbst hatte bis heute Abend ebenfalls nicht an den Mann mit dem roten Mantel geglaubt, das hatte er noch während seiner Zeit im Waisenhaus abgelegt. Wenn einem aber eben dieser alte Herr vom eigenen Dach und direkt vor die Füße fiel, konnte man diese Meinung schon mal überdenken. „Na gut, schön“, sagte Atemu, nachdem er eine Weile überlegt hatte. „Aber dann stehen wir ganz früh auf.“ „Ja, versprochen. Ich wecke dich, sobald die Sonne aufgegangen ist“, sagte Yugi. „Einverstanden?“ „Gut, aber keine Minute später.“ Yugi atmete erleichtert aus. Damit hatte er sich ein paar Extrastunden Schlaf ausgehandelt, schließlich ging die Sonne im Winter später auf. Daran hatte Atemu sicher nicht gedacht. Seto spähte vorsichtig um die Ecke des Sofas. Im Licht der Flurlampe waren die drei Jungen gut zu sehen. Alle drei hatten Schlafanzüge an, demnach mussten sie bereits im Bett gewesen sein. Yugi und Atemu glichen sich mit ihren rot-blonden Stachelfrisuren wie ein Ei dem anderen, nur dass Atemu ein wenig größer war. „Gut nachdem das geklärt ist, wie wäre es, wenn wir raufgehen und unser Spiel noch schnell zu Ende bringen?“, sagte Ryou. „Hast du heute nicht bereits oft genug gewonnen?“ Seto horchte auf. Aber hallo, das hörte fast so an, als wäre Atemu gerade am Verlieren gewesen, ausgerechnet er, der ihn so lange in jedem Spiel geschlagen hatte. „Ärger dich nicht, Atemu“, sagte Yugi, der wie immer sofort bemüht war, die Wogen eines aufkommenden Streits zwischen seinen Freunden zu schlichten. „Skat ist anders als Duel Monsters, aber das lernst du auch noch.“ „Hab ich mich überhaupt schon bei dir bedankt, dass ich heute bei euch übernachten darf?“, fiel Ryou da ein. „Ach, ist doch überhaupt nicht der Rede wert“, sagte Yugi. „An Weihnachten soll man nicht allein zu Hause hocken.“ „Bakura hätte mir auch ein bisschen eher sagen können, dass er mit Mariku zum Skilaufen in die Berge fährt und sie sich eine kleine Hütte gemietet haben. Hätte Ishizu die beiden nicht im Schattenreich lassen können?“ „Wie hat sie so schön gesagt: Gleiches Recht für alle.“ „Du bist ja auch nicht mit einem sadistisch veranlagten Yami gestraft, Yugi“, erwiderte der Weißhaarige. „Und dann mit Mariku ... ich glaube, die zwei haben was miteinander.“ „Irgendwie zusammenpassen würden sie ja“, überlegte Atemu. „Wenn ich allein an den ganzen Ärger denke, den sie gemacht haben ...“ „Ja, und du kriegst heute Nacht auch noch Ärger, wenn du nicht endlich nach oben gehst“, sagte Yugi. „Wir beenden die Partie Skat und dann geht’s ins Bett.“ Atemu ließ die Türklinke los und wandte sich mit Yugi und Ryou der Treppe zu. Seto tastete sich ein Stück weiter vor, um eine bessere Sicht auf sie zu haben, als neben ihm ein leises Rauschen zu hören war. „Wie lange brauchst du denn noch, Seto?“ Bei diesen Worten fuhr er heftig zusammen, sein Kopf schnellte zu Bianca herum, die hinter ihm stand. „Hast du das eben auch gehört?“, fragte Ryou und wandte sich wieder der Wohnzimmertür zu. „War da nicht eben was im Wohnzimmer?“ Bianca blickte ihren Begleiter streng an. „Wir haben heute noch viel zu tun und – warum hockst du auf dem Boden?“ „Ja, jetzt hab ich auch was gehört“, äußerte Yugi. „Ihr glaubt doch nicht, dass ... der Weihnachtsmann –“ „Den muss ich sehen!“, rief Atemu. Yugi schüttelte den Kopf. Wenn er daran dachte, wie sicher ihn Atemu stets durch ihre Duelle gelenkt und ihm geholfen hatte ... Und nun verhielt sich der Ex-Pharao wie ein kleines Kind. Andererseits war es sein erstes Weihnachten, da konnte man ihm sein Verhalten nachsehen. Atemu war mit zwei Schritten an der Tür und stieß sie auf. Setos Reaktion kam schnell wie ein Blitz. Er packte Bianca und riss sie zu Boden. Seine Arme schlangen sich eng um sie, damit sie sich nicht wehren konnte, seine Hand legte sich auf ihren Mund. Er blickte sie warnend an und gab ihr stumm zu verstehen, dass sie den Mund halten sollte. Sie nickte ihn zu, was Seto sehr beruhigte, anscheinend hatte sie sich entschlossen, wenigstens ein Mal auf ihn zu hören. Yugi und Ryou drängten sich an Atemus Seite und spähten in den Raum hinein. Seto presste sich und Bianca so dicht an das Sofa, wie er nur konnte und hoffte inständig, dass sie den Raum nicht einer näheren Durchsuchung unterziehen würden. „Hmm, es ist nichts zu sehen“, meinte Yugi. „Vielleicht war es nur eine Maus.“ „Schade, es sind noch keine Geschenke da“, sagte Atemu, dessen Blick in Richtung des Weihnachtsbaumes gewandert war, enttäuscht. Seto spürte, wie sich Bianca unter seiner Hand regte. Ihre Nase zog sich kraus und bevor er etwas tun konnte, um es zu verhindern, nieste sie. Die Hand dämpfte das Geräusch etwas, doch in dem ansonsten stillen Haus war es noch deutlich genug zu hören, um die drei Jungen aufmerksam werden zu lassen. „Eine Maus also“, sagte Atemu. „Können eure Mäuse etwa niesen, Yugi?“ „Keine Ahnung, ich hab hier noch keine gesehen.“ „Ähm, wenn es keine Mäuse sind und hier auch sonst niemand zu sehen ist ... ihr habt hier doch keine Geister, oder?“, erkundigte sich Ryou. „Nicht mehr, seit ich in Ägypten ins Jenseits verschwunden bin“, sagte Atemu. „Ich danke Ishizu jeden Tag, dass sie es geschafft hat, mich da wieder rauszuholen. Klar, es war toll, meine alten Freunde wiederzusehen und mit Mana hatte ich mir viel zu erzählen, aber ihr könnt euch gar nicht vorstellen, wie langweilig es dort nach einer Weile war.“ „Doch, können wir, sogar sehr gut“, erinnerte ihn Yugi und seufzte. „Das alles hast du uns in den letzten Wochen sehr ausführlich erzählt. Aber jetzt lasst uns ins Bett gehen, sonst sind wir morgen nicht ausgeschlafen, wenn die anderen kommen.“ „Und das Geräusch?“ „Das war sicher nur unser Kater Horus“, winkte Yugi ab. Er schob Atemu aus dem Zimmer. Sie schlossen die Tür hinter sich und ließen, ohne dass sie es wussten, einen sehr erleichterten Seto Kaiba in der Dunkelheit zurück. Das wäre beinahe gehörig schief gegangen. Nicht auszudenken, wenn sie ihn in der Verkleidung gesehen hätten. Seto wartete, bis sie die Stufen hinaufgegangen waren und er oben eine Tür zuschlagen hörte. Er nahm die Hand von Biancas Mund und ließ sie los. Dann sank er an der Rückenlehne des Sofas zusammen. „Also, Seto –“, setzte Bianca an, wurde jedoch sofort von ihm unterbrochen. „Was. Zum. Teufel. Hat. Dich. Geritten. Hierher. Zu. Kommen?“, zischte er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. „Bist du wahnsinnig geworden, du Elfe?“ „Hey, ich hab einen Namen!“ „Antworte mir, Bianca.“ „Du warst so lange weg und da dachte ich –“ „Du sorgst dafür, dass sie mich erwischen oder was?“ „Ich konnte doch nicht wissen, dass sie gerade im Flur stehen. Bin ich vielleicht Hellseherin?“ „Ich weiß es nicht. Sag du’s mir doch“, erwiderte Seto bissig. „Du weißt doch sonst auch alles besser.“ Ihre Stimmen waren im Verlauf ihres Gesprächs immer lauter geworden. Als sie über sich ein dumpfes Geräusch vernahmen, wurden beide schlagartig still wie Mäuse und lauschten. Es blieb ruhig, die Bewohner des Hauses schienen nichts vom Streit des Weihnachtsmanns und seiner Elfe mitgekriegt zu haben. „Hör zu, misch dich nicht in meine Arbeit ein, sonst fahre ich sofort nach Hause und du kannst die Geschenke selbst verteilen.“ Seto kam hinter dem Sofa hervor und beeilte sich, die Sachen unter dem Baum zu verteilen, wobei er mit den Päckchen alles andere als vorsichtig verfuhr, obwohl eines sogar ein Schild mit der Aufschrift Nicht schütteln trug. Nichts wie weg hier, war sein einziger Gedanke, als er sich mit dem Sack dem Kamin näherte. Bevor Atemu auf die Idee kommt, doch noch mal nachzusehen. Bianca folgte ihm schweigend. Kurz darauf saßen sie wieder im Drachenjet und flogen ihrem nächsten Ziel entgegen. Sie ließen Domino hinter sich und nahmen Kurs auf die Berge. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)