Bleibt alles anders von abranka (SSxGW) ================================================================================ Kapitel 4: IV. Kapitel ---------------------- Sie frühstückten gemeinsam, etwas, das George einst für absolut unmöglich gehalten hatte und eigentlich auch vermieden hätte – wenn er nicht unbedingt das Ergebnis seiner langen Nachtschicht hätte testen wollen. Die Rohfassung der Augenbraue-heb-Creme war bereits fertig und ihr Geschmack ließ sich perfekt mit Kaffee übertünchen. Ein kleiner Tropfen davon befand sich bereits in Snapes Tasse und nun lauerte George darauf, dass dieser ihn endlich trank. Das machte Spaß! Und er fühlte sich nahezu in seine Schulzeit zurückversetzt, als Fred und er... Seine Miene wurde düsterer und sein Blick ging ins Leere. Warum... „Was haben Sie in den Kaffee getan?“ Snapes schneidende Stimme zwang seine Aufmerksamkeit aus Schmerz und Vergangenheit zurück. Der irritierte Blick richtete sich auf seinen ehemaligen Lehrer und nur einen Sekundenbruchteil später brach ein explosionsartiger Lachanfall aus dem rothaarigen Mann hervor. Snapes Augenbrauen waren so weit hochgezogen, dass sie den Haaransatz berührten und dafür sorgten, dass sein abgrundtief zorniger Blick vollkommen lächerlich wirkte. „Das ist nicht lustig, Mr. Weasley.“ Snapes offensichtlicher Zorn bewirkte jedoch nur, dass Georges Lachen nur noch lauter wurde. Es war einfach urkomisch! „Mr. Weasley!“ Mittlerweile tat George der Bauch weh und Lachtränen rannen über seine Wangen. Wie lange hatte er schon nicht mehr so gelacht? Wie lange hatte er schon nicht mehr vor Lachen geweint? Keuchend und prustend zog er schließlich eine kleine Flasche hervor und reichte sie bebend vor Lachen über den Tisch. „Zw... ei...“, kicherte er und wischte sich die Tränen von den glühenden Wangen, die seinem roten Haarschopf bereits ernsthafte Konkurrenz machten. Zwei gelbliche Tropfen kleckste Snape auf einen silbernen Löffel und tatsächlich entspannte sich seine Gesichtsmuskulatur wieder. „Wenigstens entwickeln Sie auch gleichzeitig die Gegenmittel“, knurrte der ehemalige Lehrer und strich sich über die Stirn, eindeutig um sich zu vergewissern, dass auch wirklich wieder alles in seinen angestammten Normalzustand zurückgekehrt war. „Türlich“, prustete George. „Ist doch Ehrensache.“ War es ja auch – ganz abgesehen davon, dass es schließlich wenig erstrebenswert war, wenn man eine Neuentwicklung ausprobierte und nichts zur Hand hatte, um sich zu helfen. Ohne Fred ging George so ziemlich immer auf Nummer sicher, denn nun war ja niemand mehr da, der ihm helfen konnte, wenn beim ersten Test alles schief ging... So, wie bei den Supertraumbonbons, die einem berauschende Träume bescheren sollten, George allerdings vier Tage lang mit Albträumen heimgesucht hatten, weil sich das Zitronengras nicht mit den Zimtstangen hatte vertragen wollen... Snape rümpfte die Nase. „Wagen Sie es nicht, mich noch einmal für ein Experiment zu nutzen“, knurrte er. George grinste nur breit über das ganze Gesicht. Bei dem Spaß, den er dabei hatte? Oh, wie garantiert er Snape weiter ärgern würde! Die Tage zogen dahin und der Augenbrauen-Creme folgten Schwarzsehschokolade, Giftgraschips, Kaugummidrachen, Kaktuszungenwürger, eine neue Version des Nasenblutnougats sowie Geruchsmarzipan, Maiglöckchenstinkbomben und Heiligenscheinlutscher. Alles in allem eine recht zufriedenstellende Ausbeute, auch wenn dabei noch gewisse Weihnachtsspezialitäten fehlten. George hatte Snape schließlich darauf angesetzt, Zimtsterne mit den unterschiedlichsten Scherzeffekten auszustatten. Altbewährte Ideen wurden auf diese Art und Weise neu verpackt – und die Zimtsterne wurden zu einem weiteren Überraschungsknaller. Zwar behagte es George nicht unbedingt, alte Ideen auf diese Art und Weise zu recyceln, jedoch wusste er auch, dass Fred diese Verwendung gefallen hätte. Weil es für den Laden war und ihren gemeinsamen Traum. Auch wenn George nicht so genau wusste, wie er diesen Traum noch ohne seinen Zwillingsbruder leben sollte. Es ging mittlerweile ja ein wenig bergauf, dennoch... Das Wesentliche fehlte noch immer. Es war der letzte Novembertag, als Ginny vorbeikam und mit zusammengezogenen Augenbrauen Snape in dem Hinterzimmer des Ladens erspähte. „Er...“, setzte sie mit großen Augen an, doch George unterbrach sie und zog die Tür zu, damit Snape nicht gestört wurde – schließlich übernahm er gerade die äußerst heikle Serienproduktion der Kaugummidrachen, die zwischenzeitlich dazu neigten, eine klebrige Explosion auszulösen und das gesamte Arbeitszimmer einzukleben – und damit dieser nicht hören konnte, was Ginny wollte. „Ja, er.“ „Aber... ich dachte... Harry sagte...“ „Er hat sich offenbar geirrt.“ George sah sich gezwungen, seiner Schwester wenigstens eine Kurzfassung dessen zu erzählen, was geschehen war, wobei er allerdings seine finanzielle Situation sowie Snapes Notlage schlichtweg unter den Tisch fallen ließ. Manche Dinge mussten man schließlich nicht jedem auf die Nase binden. Auch wenn Ginny nicht „jeder“ war... „Aber...“, endete der Rotschopf schließlich. „Was führt dich her?“ „Ich habe das hier gefunden.“ Seine Schwester zog ein kleines Notizbuch aus der Tasche. Es besaß einen tiefgrünen Ledereinband, doch als sie es in Georges Hände legte, veränderte es seine Farbe und leuchtete Mitternachtsblau. „Was ist das?“ George runzelte die Stirn und schlug die erste Seite. „Hi George!“, dröhnte ihm eine nur allzu vertraute Stimme entgegen, die ihn dazu brachte, das Buch sofort zuzuknallen. Schlagartig war jegliche Farbe aus seinem Gesicht gewichen. „Ginny! Was ist das?!“ „Freds... Tagebuch, denke ich...“ Ginny zuckte hilflos mit den Schultern. „Zu mir hat es nur Hallo gesagt und dass ich es dir bringen soll, damit du die Idee weiterentwickeln kannst. Weißt du...“ Sie stockte und sprach dann langsam weiter. „Ich wusste gar nicht, dass er so etwas hatte...“ George schüttelte fassungslos den Kopf und sah das Buch in seiner Hand an. Fred... schien Geheimnisse vor ihm gehabt zu haben und das erschütterte ihn zutiefst. Und Fred hatte dieses Buch offenbar ohne ihn entwickelt! Wie... wie konnte er nur! Wie? „Danke, Ginny...“, murmelte er leise und mit den Gedanken längst weit fort. Sie lächelte still und stand leise auf. „Sei nicht wütend auf ihn, ja? Versuch... ihn vielleicht zu verstehen“, bat sie weich, ehe sie zur Tür ging und George nachdenklich allein zurückließ. Er drehte das Buch wieder und wieder in den Händen. Freds Stimme zu hören, kam einem blanken Schock gleich. Es war unfassbar! Fred... war tot. Seit Monaten schon und doch war er jetzt in der Lage, ihn noch einmal zu hören. Und er konnte es wieder tun. Wieder und wieder... Langsam kehrte etwas Farbe in Georges Gesicht zurück. Er war versucht, sich sofort mit dem Tagebuch zurückzuziehen, doch das war kaum möglich. Die bimmelnde Ladenglocke und die drei Kinder, die den Geschäftsraum betraten, waren ein deutliches Anzeichen dafür. Verity bearbeitete gerade die Bestellungen, die per Eulenpost eingetroffen waren, und so blieb nur noch er selbst übrig, um sich um die Kundschaft zu kümmern. Irgendwann ging jedoch auch dieser Tag vorüber. Sobald die Ladentür verschlossen und die Schaufenster vor neugierigen Blicken geschützt waren, betrat Snape das Lokal und zupfte entnervt an einer vollkommen verklebten Haarsträhne. „Ich hoffe, es war keiner Ihrer humorigen Anfälle, dass mir diese Aufgabe zugetragen wurde“, knurrte der ehemalige Lehrer gereizt und entfernte einen weiteren Klecks Drachenkaugummi von seinem schwarzen Hemd. „Pure Notwendigkeit“, erwiderte George mit einem nachsichtigen Lächeln. „Sie können auch gerne das nächste Mal den Verkauf übernehmen. Allerdings müssten wir dann eine große Menge Vielsafttrank vorbereiten, da Sie sich ja immer noch nicht der Öffentlichkeit offenbaren wollen.“ Snape schnaubte nur leise, womit dieses Thema eindeutig vom Tisch sein sollte – das war es jedoch nicht. „Warum eigentlich nicht? Harry hat dafür gesorgt, dass Ihnen posthum große Ehre zuteilwurde... Sie wären nicht geächtet. Ansonsten wären Sie kaum hier.“ Kurz verengten sich seine Augen etwas, ehe er sich lässig gegen die Theke lehnte und Snape aufmerksam beobachtete. Schwarze Augen bohrten sich in braune, doch George hielt dem Blick problemlos stand. Auf einmal ging ihm auf, dass zwischen ihnen keine Hierarchie mehr bestand, dass er sich nicht zurechtgewiesen fühlen musste. Er war kein Kind mehr. Er war kein Schüler mehr – und Snape nicht mehr sein Lehrer. „Soll ich Ihrer Meinung nach in die Gnade eines Harry Potter zurückkehren?“ Snapes Augenbraue wanderte nach oben, was George nur mühsam ein Kichern unterdrücken ließ. Diese Geste konnte er kaum sehen, ohne dass er an diesen einen Morgen denken musste. Dennoch gelang es ihm ernst zu bleiben, als er erwiderte: „Nein, dazu sind Sie vermutlich nicht in der Lage. Dazu geht Ihre Abneigung ihm gegenüber viel zu tief, als dass Sie solch ein Geschenk annehmen könnten. Vermutlich... können Sie gar kein Geschenk annehmen. Ansonsten hätte Malfoy Ihnen sicher anderweitig helfen können, ohne dass Sie hier wären und mir zur Hand gehen müssten...“ „Sie sollten aufhören zu spekulieren, Mr. Weasley. Ihre Vermutungen werden Ihnen keine Antworten geben.“ Snapes Blick war tief, tiefer als zuvor und auf einmal kam sich George regelrecht durchleuchtet vor. Und er bekam den harten Verdacht, dass Snape nicht allein aus finanziellen Nöten hier war, sondern dass es noch... einen anderen Grund gab. Und dass Malfoy etwas wusste... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)