Bleibt alles anders von abranka (SSxGW) ================================================================================ Kapitel 18: XVIII. Kapitel -------------------------- Der gesamte Tag war für George letztlich jedoch nichts anderes als eine einzige Quälerei. Er war unruhig, er war nervös und immer wieder lauschte er, ob er von oben, aus Snapes Zimmer, irgendetwas hörte, was ihm irgendetwas – was auch immer – über das verriet, was in diesem Mann gerade vor sich ging oder was er zu hören bekam. Doch natürlich war da nichts. Es wäre schon ein Sonorus-Zauber notwendig gewesen, um irgendwelche Töne von dort oben hier unten hörbar zu machen – und das würde Snape natürlich nicht tun. Also musste George warten. Einfach nur abwarten. Und das war grausam. Er stellte sich vor, wie Snape in dem Zimmer auf dem Stuhl an dem kleinen Tisch saß und Fred zuhörte. Er malte sich aus, wie seine Miene vollkommen steinern war, wie diese Miene aufbrach. Er dachte sich aus, wie die Empfindungen in diesem aussehen mussten. Wie er wütend wurde oder traurig, wie ihn Liebe überwältigte, wie er in ein tiefes Loch fiel... Die Gedanken kamen und kamen einfach nicht zum Stillstand, ganz egal, was er tat. Er hatte mehrfach halbe Katastrophen ausgelöst, indem er Päckchen erst falsch zuordnete oder komplett falsch packte. Es war nahezu ein Wunder, dass ihm zumindest die meisten Fehler noch rechtzeitig auffielen – und noch ein größeres Wunder, dass es Itodi gelang, ihm noch zur Hand zu gehen und die gröbsten Fehler wieder auszumerzen. Snape ließ sich den Rest des Tages nicht mehr sehen und George hatte auch nicht den Mut, bei ihm an die Tür zu klopfen. Selbst Itodi, die ihm Mittag- und Abendessen hinaufgebracht und vor die Tür gestellt hatte, kam irgendwann nur mit den leeren Tabletts wieder nach unten und hatte ihn nicht zu Gesicht bekommen. Am nächsten Morgen ließ sich Snape immerhin wieder zum Frühstück in der Küche zu sehen. George brannte darauf zu erfahren, was er dachte, was in ihm vorging, was er fühlte, was... Ach, eigentlich alles! Aber ihn fragen? Einfach so, ganz direkt? Das war etwas, was er dann doch wiederum nicht wagte. Selbst, wenn diese Frage aus ihm herauszuplatzen drohte. Somit zappelte er auf seinem Stuhl herum, schickte immer wieder kurze Blicke zu Severus hinüber, der jedoch so stoisch gelassen wie gewohnt seine Zeitung las und mit keinem winzigen Zucken auch nur verriet, was er dachte. Das war deprimierend! Und das Deprimierendste war, dass der Tag letztlich so weiter ging. George huschte sogar immer wieder in den Lagerraum, wo Snape arbeitete, um irgendwelche Waren zu holen, doch nichts! Gar nichts! Aber das war auch eigentlich zu erwarten gewesen. Severus war niemand, der sein Herz auf der Zunge trug. Natürlich nicht. Dennoch... George hatte sich irgendetwas erhofft. Irgendeine kleine Geste. Irgendetwas eben. Stattdessen stand er dort so ruhig, verpackte Nasenblutnougat, Kotzkaugummi und was noch alles, das den Lehrern in Hogwarts das Leben schwer machen würde, als wenn es das Selbstverständlichste von der Welt wäre! Gegen Mittag hielt er es schließlich nicht mehr aus. Er verabschiedete sich in eine längere Mittagspause und erklärte dies damit, dass er noch Weihnachtsgeschenke besorgen müsse. Musste er ja auch. Für seine Familie hatte er ja bereits alles zusammen, selbst Veritys und Itodis Geschenke ruhten sicher versteckt in seinem Kleiderschrank. Allerdings war da ja noch ihr Neuzugang im Laden... Severus Snape konnte schließlich nicht ohne ein Weihnachtsgeschenk davonkommen. Selbst wenn dieser das vermutlich sogar wollen würde. In seinen dicken Winterumhang gehüllt, eine knallrote Pudelmütze auf dem Kopf und einen quietschgelben Schal um den Hals geschlungen, marschierte George durch die verschneite Winkelgasse. Überall herrschte Hektik. Es waren schließlich nur noch drei Tage bis Weihnachten und es gab noch einige Geschenke, die offenbar gekauft werden wollten. Es war brechend voll und der Schnee war nur noch an einigen wenigen geschützten Stellen weiß und nicht braun und schlammig. Schade eigentlich, fand der Rotschopf. Aber so war das nun einmal. Aber nun die große Frage: Was schenkte man jemandem wie Severus Snape? Tja... Das war wirklich ein Problem. Er hatte einiges über das Wesen des ehemaligen Lehrers begriffen, er hatte einige seiner Vorlieben entdeckt, aber für ein Weihnachtsgeschenk... Nun, da würde es wohl eher schwierig werden. Er seufzte tief. Nicht nur schwierig. Das war sogar verdammt schwer. Er drückte sich an einer vollkommen überfüllten Punschbude des Winkelgassenweihnachtsmarkts vorbei und steuerte die nächste Bude an. Sie bot verzauberten Schmuck und die Verkäuferin versuchte sofort, ihn für ein verzaubertes Amulett zu gewinnen, dass seine große Liebe ewig an ihn erinnern würde. Er lehnte es nur lächelnd ab und meinte, dass es schon bedauerlich sei, wenn diese nicht von sich aus an ihn denken würde. Weiter ging es. Bei der nächsten Hütte wurden alle möglichen seltenen Kräuter angeboten. Von Alraunen bis hin zu diesen ekligen Kakteen, die komisches gelbes Zeug verspritzen konnten, und deren Namen er verdrängt hatte. Er orderte dort jedoch einige Pflanzen, die sie im Laden brauchen würden. Vermutlich war es geschickt, sich einen eigenen Kräutergarten zuzulegen. Darüber musste er dringend mal mit Neville reden. Der war ja schließlich Profi in so etwas. Er hospitierte ja mittlerweile in Hogwarts bei Professor Sprout und würde wohl über kurz oder lang deren Nachfolger werden. Und weiter... Vorbei an speziell gegossenen Kerzen, Weihnachtsgebäck, Kesselausstellungen, Kräuterbonbons, Schals und Mützen, Handschuhen und Umhängen, Handwerksarbeiten, Schnitzereien, Schmuck, Schmuck und Schmuck... Auch nachdem er sämtliche Läden einmal abgeklappert hatte, fand er nichts. Das war doch echt zum Haare raufen! Und jetzt? Es blieb ihm nicht mehr viel Zeit! Einzig allein konnte er noch nach Muggel-London herüberwechseln und sich dort umsehen. Dafür mochte er zwar vielleicht etwas auffällig gekleidet sein, aber das würde schon gehen. War ja schließlich nicht das erste Mal, dass er sich dort herumtrieb. Und so durchquerte er den ‚Tropfenden Kessel’, um dann das London der Muggel unsicher zu machen. Eine Stunde später musste er in den Laden zurückkehren – und war immer noch nicht fündig geworden. Das war doch... Er schüttelte den Schnee von seinen Schultern und grübelte weiter, während er den nassen Mantel aufhängte und dann Verity zur Hand ging, die unter dem Ansturm der Kunden unterzugehen drohte. Vielleicht... Ja, er musste zusehen, dass er heute Abend noch eine kleine Reise machte. Harry und Ron hatten da doch mal etwas erzählt. Und zwar, dass der Weihnachtsmarkt in der Winkelgasse seinen Ursprung in einer deutschen Tradition hatte. Irgendein deutschstämmiger Zauberer – Rudolf Krauthammer oder sowas – hatte diese Idee mit nach England gebracht. Ergo: In Deutschland musste es große Muggelweihnachtsmärkte geben, im Gegensatz zu Großbritannien, wo diese noch nicht allzu verbreitet waren. Und genau dorthin wollte er. Auf einen großen Weihnachtsmarkt in einer großen Stadt. Dort musste er doch etwas finden. Geld war sogar dafür nicht das Problem, da Hermione im Gryffindorgemeinschaftsraum einmal einen umfassenden Vortrag über die Wechselkurse von Muggelgeld und Zauberergold gehalten hatte. Ein kurzer Besuch bei Gringotts würde da alles lösen. Und so brach er kurz nach Ladenschluss auf. Diesmal hatte er sich für den Lodenmantel entschieden, den sein Dad ihm vor zwei Jahren zum Weihnachtsgeschenk gemacht hatte. Dazu die rote Mütze und der gelbe Schal – er wollte schließlich nicht frieren! – und auf ging es. Er hatte extra noch mal in der Muggelenzyklopädie nachgeschlagen und dort herausgefunden, dass es besonders sehenswerte Weihnachtsmärkte in Aachen, München und im Erzgebirge gab. Er entschied sich aufgrund des netten Namens einfach mal für Aachen. München kannte er ja schon aus einem Familienausflug, weil sein Vater so begeistert von den Weißwürsten und den Dirndln gewesen war. Gebirge kannte er auch, also Aachen. Denn wenn er etwas finden würde, dann wohl in dem Mutterland der Weihnachtsmärkte. Er hoffte nur, dass er es schaffen würde, dort nicht unbedingt irgendwo in der Masse aufzuschlagen, wenn er dorthin apparierte. Das Bild zu Aachen in der Enzyklopädie hatte den Altar des Doms gezeigt – und genau vor diesem landete er auch. Dankenswerterweise war heute kein Gottesdienst, sodass der Dom vollkommen verlassen da lag. Kunststück, in Deutschland war es ja auch eine Stunde später als in Großbritannien. Er hoffte nur, dass dieser Weihnachtsmarkt auch lange genug geöffnet hatte. Bemüht leise ging er durch die Reihen leerer Bänke, dennoch hallten seine Schritte laut von den Wänden wider. Irgendwie war es unheimlich hier drinnen, obwohl zugleich auch eine seltsam friedliche Atmosphäre herrschte. Für einen Moment beneidete er die Muggel um ihren Glauben. Sich selbst in die Hände einer höheren Macht zu legen, das musste sehr befriedigend sein und dafür sorgen, dass man weniger Sorgen im Diesseits hatte. Und trotzdem war das nichts, wozu er in der Lage gewesen wäre. Er wusste, dass er in entsprechenden Ritualen doch nur einen Scherz gesehen hätte. Das hier war nichts für ihn, auch wenn er für einen Augenblick wünschte, dass dem so wäre. Mit einem schlichten Alohomora öffnete er die Eingangstür und huschte gerade noch hindurch, ehe der Lichtschein der Taschenlampe von einer der Domwachen um die Ecke bog. Draußen erwartete ihn eisige Kälte. Auch hier hatte es geschneit und der Schnee lag am Straßenrand zu hohen, weißen Bergen aufgeschichtet. Die Straßenlaternen leuchteten warm und heimelig, während er sich auf den Weg machte, diesen berühmten Weihnachtsmarkt zu erkunden. Dabei hatte er es kaum weit – direkt auf dem Domplatz erwarteten ihn schon die ersten Buden. Auch sie waren hell beleuchtet und Menschenmengen drängten sich davor. Sie waren ebenfalls dick vermummt und trugen kaum weniger auffällige Mützen und Schals als er. Das brachte George doch zum Schmunzeln. Langsam schob er sich durch die Masse und begutachtete die Auslagen der Buden. Netter Kleinkram war dabei und er erstand für Ginny noch eine Schneekugel, in deren Mitte ein einsamer Weihnachtsbaum stand. Ihr würde sie garantiert gefallen. Für seinen Vater fand er eine Spieluhr, die sich perfekt in dessen Sammlung machen würde. Für Severus allerdings... Es war wirklich zum Haare raufen. Da reiste er schon extra hierher und was war? Nichts! Er blieb schließlich an einem Stand stehen, der nur rot-weiße Kleidungsstücke hatte. Der Verkäufer sprach George an, doch dieser zuckte nur hilflos mit den Achseln. Er sprach schließlich kein Deutsch. Dennoch war ihm sofort klar, dass dieser Mann ihm etwas verkaufen wollte. Und wenn er ehrlich war, dann war er dem einem rot-weißen Mantel mit passender Mütze nicht abgeneigt. Frustkauf hätte Fred das jetzt genannt. Also kaufte er genau das. Um einen dicken Beutel reicher und einige seltsame Muggelmünzen namens Euro ärmer wanderte er weiter, zurück Richtung Dom. Er musste schließlich zusehen, dass er auch wieder nach Hause kam. Als er um die Ecke bog und sich gerade auf das Tor zubewegen wollte, sah er einen Stand, der von eher wenigen Menschen besucht wurde. Nun, es war einen Versuch wert, oder? Also änderte er seine Zielrichtung und hielt direkt auf den recht leeren Stand zu. Nur zwei Muggel standen davor und begutachteten die Ware. Sobald er dieser gewahr wurde, musste er grinsen. Warum nicht? Er hatte von diesen Dingen gehört, aber sie bisher noch nicht mit eigenen Augen gesehen. Also: Warum nicht? Angesichts von Severus’ Hingabe und Ausdauer, wenn es darum ging, Ordnung zu schaffen und etwas in Form zu bringen, war das hier ja wohl genau richtig. Und so kaufte er einen Bonsai. Und natürlich nicht irgendeinen, nein, es musste eine deutsche Eiche sein. Denn, wenn er doch schon extra nach Deutschland dafür reiste... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)