Wenn die Nacht anbricht von sweet-shadow (story) ================================================================================ Kapitel 1, Teil 2 ----------------- „Was?..... Wer sind sie? Was .... wollen sie?..... Wie kommen sie... überhaupt hier herein?“, stotterte ich völlig geschockt, obwohl ich die ganze Zeit praktisch darauf gewartet hatte. Ein Mann, ca. 25 Jahre alt, stand in der Tür. Er lehnte lässig an dem Türrahmen und schaute mich, höchst amüsiert über meine Angst, mit kalten, schmalen, orangen Augen an. Ich musterte ihn: Seine Gesichtszüge waren eigentlich Recht hübsch, nur der Ausdruck missfiel mir. Seine ungewöhnlichen pinken Haare standen ihm vom Kopf ab. Er trug einen langen, ihn ganz einhüllenden braunen Mantel. Allein diese gewagte Farbauswahl überrumpelte mich. Ich biss mir wieder auf die Unterlippe und ballte meine Hände zu Fäusten. Was wollte er von mir? „Angst?“, fragte er mit sanfter Stimme, die mich wieder überraschte. „Ist es mir zu verübeln, nachdem was ich erlebt habe, und wenn ein wildfremder Mann, des nachts, plötzlich in meinem Zimmer auftaucht?“, entgegnete ich als ich meine Stimme endlich wieder fand. „Wohl nicht, nein“, räumte der Mann ein. „Würden sie jetzt die Güte haben, mir zu erklären, was sie hier suchen?“, forderte ich ihn mit einer Gelassenheit im Angesicht der Situation, die ich nie von mir erwartet hätte. „Wie konnte ich nur? Entschuldigen sie bitte, mein Name ist Tülan.“ Dabei verbeugte er sich. Ich sah verwirrt zu diesem Mann. Nahm er mich auf den Arm? Wenn er nicht die Höflichkeit besessen oder es für notwendig gehalten hatte, anzuklopfen und auf mein „herein“ zu warten, warum nun das? Komischer Kauz! Und was wollte er eigentlich? Als ob er meine Gedanken erraten hätte sagte er: „Ich bin gekommen, um sie um etwas zu bitten. Ich brauche etwas, das ihnen gehört.“ Ich blickte ihn total verdattert und zugleich skeptisch an. „Und das wäre?“ „Es mag sich vielleicht etwas komisch anhören, denn ich denke, sie kennen den wahren Wert nicht“, begann er umständlich. „Nun sagen sie schon“, forderte ich und setzte mich auf den Rand meiner Badewanne, ohne diesen komischen Kerl aus den Augen zu lassen. Meine Angst ließ ein bisschen nach, aber dafür kam ihr Freund Skepsis zu Besuch. Was wollte er wirklich? War er auf mysteriöse Weise aufgetaucht, um mich dann höflich zu fragen, ob er irgendeinen Gegenstand von mir haben konnte? „Ich brauche“, er kam einen Schritt auf mich zu. Ich wollte zurückweichen, doch da ich vergessen hatte, dass ich auf dem Badewannenrand saß, verlor ich das Gleichgewicht und stürzte in das Becken. Ich spürte grade zu, wie sich meine Augen weiteten, als ich diesen Fehler erkannte, doch es war zu spät. Dann, kurz bevor ich den schon erwarteten Schlag bekam, durchzog mich etwas in meinem linken Arm und ich stoppte in der Schwebe. Dieser Tülan stand vor mir. Er hatte mich gehalten und den Aufschlag verhindert. „Entschuldigung, ich wollte sie nicht erschrecken!“, sagte er charmant und zog mich mühelos wieder auf die Beine. Ich war etwas konfus. „Eh... ja“, sagte ich und musterte Tülan mit verengten Augen. „Also?“, ich wich einen Schritt zur Seite. „Was wollten sie nun von mir?“, fragte ich. „Ja, natürlich... Es ist ihr Ohrring“, sagte er. Mein Ohrring? Ich griff einem Reflex folgend nach ihnen. Sie waren alt. Ich hatte sie von meiner Uroma bekommen. Sie stellten zwei verschiedene Drachen da. „Es ist ein Erbstück, oder?“, fragte er. „Es? Also interessiert sie nur der eine?“, fragte ich, inzwischen ziemlich sicher, dass dieser Kerl einen an der Klatsche hatte. „Der eine?“, echote Tülan überrascht. Mein langes Haar verbarg sie vollkommen, weswegen er sie nicht gesehen haben konnte. „Es gibt mehrere?“, wollte er wissen. „Ja“, sagte ich zögernd „ich habe zwei.“ „Interessant“, sagte Tülan und legte seine Hand nachdenklich ans Kinn. „Darf ich mal sehen?“, fragte er dann. „Wenn´s sein muss“, erlaubte ich. „Aber ich habe nicht gesagt, dass ich sie ihnen gebe“, fügte ich hinzu. Er trat auf mich zu und griff mir zuerst an das rechte Ohr. Ich schaute ihn an. Ja, er sah gut aus, aber er muss echt krank sein. Psychisch krank. Ohrringe.... Nur woher wusste er denn, dass ich Ohrringe trage? Ich überlegte, dass die Chancen recht gut stehen müssten, dass eine Frau Ohrringe trägt und diese Information nichts zu bedeuten hatte. Seine Stirn war in Denkfalten gelegt. Seine Augen musterten den kleinen Drachen eingehend. Dann schaute er sich den anderen genauso lange an. Er ließ sich viel Zeit. Ich wurde unruhiger. „Und?“, fragte ich schließlich. „Mh... schwerer als ich dachte....“, sagte er. „Aber Moment.“ Er ließ sich im Schneidersitz auf den Boden fallen. Dann zog er etwas aus seinem Mantel. „Das ist kein Problem, was wir nicht lösen könnten…“ Ich schaute gespannt zu, was jetzt kommen würde. Ich überlegte, ob ich vielleicht die Polizei rufen sollte, entschloss mich aber dann, vorerst ab zu warten. Als erstes holte er eine kleine Flasche heraus, sie war jedoch leer. Es folgte eine Zweite. Diese war mit einer durchsichtigen Flüssigkeit gefüllt. Er öffnete beide und tröpfelte ein wenig von der vollen- in die leere Flasche. Dann schloss er beide wieder und steckte die Vollere zurück in den Mantel. Nun stellte er die übrig gebliebene Flasche vor sich auf den Boden und legte seine rechte Hand über sie. Zuvor zog er seinen linken schwarzen Handschuh aus. Seine Augen starrten auf die Flasche, mit dem Fußbad aus der durchsichtigen Flüssigkeit. Plötzlich glühten seine orangen Augen hell auf. Ich blinzelte und sofort war das Leuchten wieder fort. „Was tust du da?“, fragte ich erschrocken. Er löste seinen Blick von der Flasche, die wie ich nun bemerkte, einigen violetten Nebel enthielt. Er spreizte kurz seine linke Hand und nahm dann den Korken von dem Fläschchen. „Ganz ruhig. Ihnen wird nichts passieren“, versicherte er mir gelassen. Was? Warum sollte ich ganz ruhig bleiben? Was würde geschehen, das mich wohl aus der Ruhe bringen würde? Ich schaute Tülan fragend an, doch dann wurde mein Blick von etwas anderem abgelenkt. Der violette Nebel stieg aus der Flasche empor! Er stieg wabernd höher und höher und dann schoss er unerwartet auf mich zu. Er machte keines Falls mehr den Eindruck von wabernden, weichen Nebel. Wohl eher von einem Speerähnlichen Etwas. Aus Reflex zuckte ich zurück. Der „Nebel“ verfehlte mich nur knapp! „Geht’s noch?! Was zum Teufel war das?“, wollte ich entsetzt wissen. Hosted by Animexx e.V. 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