Yina und Feoan von -Elenya- (Der Fluch) ================================================================================ Kapitel 1: Yina --------------- Die untergehende Sonne tauchte die sonst so maigrünen Hügel des Landes in ein angenehmes, warmes Rot, welches sich kaum von der Farbe eines reifen Apfels unterschied. Weit oben am Himmel flog ein schwarzer Vogel, der schon nach kurzer Zeit am Horizont verschwunden war. Die Luft war warm, doch sobald die Sonne verschwunden sein würde, würde es kälter werden. Dann würde es Zeit sein für ein kleines Feuer im Kamin und einen guten Wein. Doch war Wein am Kamin zu trinken überhaupt noch angebracht, in solch schlimmer Zeit? Wohl kaum. Jedenfalls schoss mir das durch den Kopf, als ich auf dem Balkon meines Anwesens in die hügelige Landschaft blickte. Die Felder wurden abgeerntet und überall sah man schwitzende Arbeiter, die mit Sichel und Sense versuchten jeden Halm der Getreidepflanzen an der Wurzel zu durchtrennen. Ich wandte mich ab und schritt langsam durch die Tür in mein Zimmer. Es war, wie immer, schön aufgeräumt und ein feiner Duft von Basilikum lag in der Luft. Der Duft meines Parfums. Die Pflanzen, die meinem Gemach ein schöneres Aussehen verliehen wucherten die Wände hinauf und blühten in voller Pracht. Auf meinem Bett schnurrten mein schneeweißer Kater zufrieden vor sich hin und die letzten Sonnenstrahlen durchdrangen die Fensterscheiben und warfen ihren goldenen Glanz in den großen Raum. Alles in allem war es ein ganz gewöhnliches Zimmer einer Elfe, doch ich fühlte mich nicht wohl. Ich wusste, dass heute Abend ein hoher Besuch angekündigt war und mein Vater hatte mich vorgewarnt: Es sei ein störrischer alter Mann und sein ernster Sohn. Ein Elf um die zwanzig, also genau mein Alter. Ich seufzte und setzte mich auf mein fein gemachtes Bett. Wie mein Vater diese Worte betont hatte! Und sein ernster Sohn in deinem Alter! Hatte ich nicht zurzeit andere Sorgen? Unser Reich war bedroht, die Zauberer wurden in den Verhandlungen aggressiv und drohten mit einer Kriegserklärung, würden wir nicht bald viele unsere Landteile ihnen überlassen. Doch die Elfen hatten nicht vor den Zauberern noch mehr Macht zu überlassen. Denn Land bedeutete Macht und davon hatten die Zauberer fast schon zu viel. Es klopfte und ich wurde aus meinen Grübelein gerissen. Meine Zofe betrat mit leuchtenden Augen mein Zimmer, nachdem ich ihr die Erlaubnis mit einem kurzen „Herein“ gegeben hatte. Sie schien ganz aufgeregt und war ganz nervös. Schnell verließ ich meinen Platz am Bett und stürzte zu ihr. „Was ist?“, stieß ich hervor, von ihrer Nervosität ganz angesteckt, „Ist etwas passiert?“ „Nein, nein. Nichts schlimmes jedenfalls.“, beruhigte sie mich und sich selbst wahrscheinlich auch ein wenig. „Es ist nur... der Besuch ist da! Und der junge Mann, verzeiht wenn ich zu frech werde, aber er sieht wirklich gut aus und...“ „Es reicht.“, unterbrach ich sie und wies sie an, mir beim einkleiden zu helfen. Sie hatte sich wohl über beide Ohren in den Elfen verliebt, oder was? Mein Kleid war rot, die Ärmel jedoch zartlila und ein wenig durchsichtig. Im mochte dieses Kleid am liebsten von allen die ich besaß. Und das waren nicht wenige. Schnell besprühte ich mich mit meinem Parfum, dann folgte ich meiner immer noch leicht aufgeregten Zofe die Treppen hinab in den Empfangssaal. Er war groß und wurde von mehreren Säulen gestützt, die alle mit Kletterpflanzen bewachsen waren. Der Boden, aus schwarzem Stein, war so sauber, dass man sich darin spiegelte. Schon als ich herein kam, sah ich die beiden Elfen auf dem Boden. Als ich aufblickte verschlug es mir die Sprache. Der jüngere Elf, neben dem mit dem störrischen Gesicht, sah wirklich gut aus. Er war nicht so schmächtig wie die meisten Elfen, eher kräftig, aber nicht dick. Seine Züge waren sanft und in seinen braunen Augen funkelte die Lust nach Abenteuern. Seine Haare waren kurz geschnitten, doch ich sah, dass ein Zopf mit etwas längeren Haaren ihm auf den Rücken fiel. Es waren schon einiger solcher Leute hier angekommen und immer hatte meine Zofe gemeint, sie hätten gut ausgesehen, was jedoch meist nicht der Fall gewesen war. Nun war ich wirklich erstaunt und wurde selbst ein wenig nervös. Der Elf, mit diesen für unserer Volk ungewöhnlichen schwarzen Haaren, musterte mich lange und hielt meinen Blick fest. Das machte mir Angst und ich beäugte nun seinen Vater. Dieser hatte graue Haare, die ihm über die schmalen Schultern fielen. Ein sterblicher Elf also. Oder war er ein halber Elf? Der Sohn eines Nichtelfen und eines Elfen? Ich grübelte eine Weile, dann trat er mir entgegen. „Ich grüße Euch Prinzessin Yina, Tochter des Herren über Eneil!“, verkündete er und verbeugte sich tief vor mir. Sein Sohn tat es ihm gleich und ich erwiderte seine Geste. „Seid Willkommen, Herr. Mein Vater wird sicher gleich hier sein und euch in Empfang nehmen.“, erwiderte ich freundlich und lächelte den Beiden zu. Kaum hatte ich meine Worte ausgesprochen, da erschien auch schon mein Vater in der Halle. Langsam kam er auf uns zu und verbeugte sich, nachdem er neben mir zum stehen kam, tief und lange. Seine schönen, goldenen Haare fielen ihm dabei in das junge Gesicht und als er aufblickte funkelten seine eisblauen Augen zu unserem Besuch hinüber. Der ältere Elf verbeugte sich abermals und hob die Hand zum Gruß. „Ich grüße Euch König Nuflen, Herr über Eneil. Wir kommen aus dem Norden, aus dem Land Fenu, um Euch in dieser bitteren Zeit Beistand zu leisten. Mein Name ist Funar. Ich bin ein sterblicher Elf und das ist mein Sohn Feoan, der das große Glück hat die Unsterblichkeit seiner Mutter geerbt zu haben.“ Er hielt kurz inne und ich blickte wieder zu dem hübschen Elfen, der trotz des höflichen Empfangs eine Mine zog, als hätten wir ihnen gerade den Krieg erklärt. Solch einen ernsten, verschlossenen und unhöflichen Elfen hatte ich noch nie getroffen! Ich lächelte ihm wieder einmal zu, doch er blickte auf den Boden. Schade das er unsterblich war, denn ich war es auch und so verband uns etwas, das alle Unsterblichen verband. Doch niemals wollte ich mit diesem Elfen etwas zu tun haben! Funar fuhr mit seiner Rede fort. „Wir kommen also um Euch unsere Hilfe anzubieten, denn die Elfen müssen zusammenhalten in dieser Zeit. Es ist schon schlimm genug das sich die Waldelfen aus Ailava in ihren Wäldern verkriechen, jetzt wo die Zauberer mit ihren Schiffen aus Kemén hinüber nach Alareiy kommen!“ Mein Vater nickte Funar dankend zu und reichte ihm seine makellos schöne Hand. „Ich und meine Tochter, Yina, danken Euch, dass Ihr soweit gereist seid nur um uns in dieser Lage beizustehen. Ich biete Euch und Eurem Sohn ein Zimmer in meinem Haus an. Ihr dürft solange verweilen wie Ihr es wünscht.“ Er führte den Besuch zusammen mit mir zur der großen Treppe, die hinauf zu den Zimmern führte. Ich lief neben Feoan und wir beide schwiegen lange, bis einer von uns sprach. Ich war es und ich war nicht sehr nett zu ihm. „Ihr hättet ruhig ein Wort zu uns sprechen können, wenn Ihr schon nicht ein freundliches Gesicht ziehen konntet, wo wir Euch einfach so in unser Haus aufgenommen haben.“, zischte ich ihm zu, doch der Elf schien in keiner Weise ein schlechtes Gewissen zu haben. Ohne mich eines Blickes zu würdigen, antwortete er mir. „Ich habe nicht diese lange und beschwerliche Reise gemacht und bin hier angekommen um mich von einer drittklassigen Herrin eines reichlich schmutzigen Hauses so ansprechen zu lassen. Ich habe meinen Stolz und Ihr habt nicht das Recht mir vorzuschreiben, wann ich zu sprechen oder zu lächeln habe! Ich hoffe ich habe mich klar und deutlich ausgedrückt, denn sonst muss ich zu anderen Mitteln greifen, um es Euch klar zu machen.“ Mir blieb der Mund offen stehen, vor Empörung. Ich vergas jegliche Art von Höfflichkeit und baute mich vor dem Elfen auf. Er blieb verblüfft stehen und blickte mich nun etwas verwirrt an. „Wer mich so beleidigt, verdient es nicht in meinem Haus zu nächtigen!“, knurrte ich und drohte ihm mit dem Zeigefinger. „Ich hatte geglaubt es hier mit einem höflichen und respektablen Elfen zu tun zu haben, aber ich denke ich habe mich geirrt, denn Ihr seid nichts von alldem. Vielleicht ein dreckiger Bettler, der sich der gehobenen Sprache nicht bedienen kann!“ Insgeheim glaubte ich, dass ich übertrieben hatte, doch ich war voller Wut, dass er so über das Haus meiner Familie gesprochen hatte. Zornig sah er mich an und packte mein Handgelenk. Ich keuchte auf und rief: „Was tut Ihr da?“ Doch er hörte nicht aus mich sondern zog mich nah an sich heran. „Noch ein solches Wort und Ihr habt nicht nur die Zauberer gegen Euch, sondern auch die Elfen des Nordens!“, zischte er in mein Ohr und ich riss mich los. „So wie Ihr mich beleidigt habt, habe ich jedes Recht auf solch ein Wort!“, erwiderte ich. „Und wer hat begonnen, mit diesem „Gespräch“?“, sagte er und schwieg. Ich erwiderte nichts, war es doch eine rhetorische Frage auf die er die Antworte schon wusste. „Ich war es nicht, sondern Ihr!“ Nachdem er dies festgestellt hatte, drehte er mir den Rücken zu und schritt schnell in die Richtung, in die sein Vater mit meinem verschwunden war. Hosted by Animexx e.V. 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