Brüder von Mono-chan (das letzte Kapitel ist da) ================================================================================ Kapitel 10: Paranoia -------------------- Am nächsten Morgen drang ein leises Klingeln in Tsubasas Bewusstsein. Noch bevor er darüber nachdenken konnte, woher er dieses Klingeln kannte, spürte er einen leichten Druck auf seiner Brust. Als er die Augen öffnete, sah er sich Yoshi gegenüber – Sanaes rotgetigerter Katze – die sich auf seiner Brust zusammen gerollt hatte und ihn aufmerksam beobachtete. Sie maunzte leise, und Tsubasa verkniff sich ein Lachen. „Guten Morgen. Du kennst mich also noch?“ Er kraulte Yoshi hinter den Ohren,, und sie antwortete mit einem lauten Schnurren. Wie hatte er das nur vergessen können? Immer, wenn er bei Sanae übernachtete, wurde er morgens von Yoshi begrüßt. Er pflückte die Katze von seiner Brust und setzte sie neben sich auf die Bettdecke, bevor er sich aufrichtete. Yoshi schüttelte sich leicht, und das Glöckchen an ihrem Halsband klingelte wieder. Dann begann sie sich ausgiebig zu putzen. Tsubasa schlug die Decke zurück und stand auf. Sanae war anscheinend schon wach und hatte ihn länger schlafen lassen, wahrscheinlich weil sie vermutete, dass er wieder so lange wach gelegen hatte. Auch daran hatte er sich gewöhnt, und oft war er ihr dankbar dafür. Heute wäre es ihm jedoch eigentlich lieber gewesen, wenn sie ihn geweckt hätte, aber wenigstens fühlte er sich jetzt fit und ausgeruht. Nach kurzem Zögern ging er zum Fenster und warf einen kurzen Blick nach draußen. An der Stelle, an der er gestern die Gestalt gesehen hatte, wurde gerade ein roter Opel geparkt, ein paar Fußgänger gingen spaziere. Ansonsten war niemand zu sehen. Tsubasa schüttelte über sich selbst den Kopf, während er seine Sachen vom Stuhl nahm, um sich anzuziehen. Wie er vermutet hatte – reine Paranoia! *** Er fand Sanae in der Küche, wo sie eifrig damit beschäftigt war, Frühstück zu machen. „Oh, guten Morgen! Doch schon wach?“, meinte sie leicht überrascht, als sie ihn bemerkte. Tsubasa warf unwillkürlich einen Blick auf die Uhr. Es war kurz nach halb zehn. „Was heißt hier schon? Normalerweise stehe ich früher auf.“ „Normalerweise hast du aber auch ab sieben Fußballtraining.“ „Stimmt.“ Sanae lächelte. „Sag ich doch.“ Sie gab ihm einen Kuss. „Und, wie geht’s dir?“ „Wenn ich „Bestens“ sage, glaubst du mir vermutlich nicht, oder?“ Sanae musterte ihn kurz und prüfend, dann lächelte sie. „Doch, aber nur ausnahmsweise.“ Sie küsste ihn erneut und widmete sich dann wieder dem Frühstückstisch. „Wie lange bist du schon auf?“, wollte Tsubasa wissen. „Nicht lange, halbe Stunde vielleicht. Hätte ich dich auch wecken sollen?“ „Passt schon – Yoshi hat dafür gesorgt, dass ich rechtzeitig wach werde.“ Sanae lachte. „Und ich habe noch darüber nachgedacht, ob ich sie aussperren soll.“ „Ich fand es eigentlich ganz schön, dass sie mich noch kennt.“ Tsubasa schmunzelte. „Deine Eltern sind unterwegs?“ „Ja, beide arbeiten.“ Sanae verzog das Gesicht. „Ist eigentlich paradox, oder? Seit meine Mutter auch arbeitet, gehen beide mehr zusammen aus, auch unter der Woche, und sind trotzdem immer fit! Ich finde das unfair! Meine Eltern sind stärkere Nachteulen geworden als ich!“ „Als ob du das vermissen würdest. Du verbringst die Abende doch am liebsten gemütlich zuhause, oder etwa nicht?“ „Ja, schon – aber stell dir vor, wie viele DVDs man anschauen könnte, wenn man so lange wach bleiben könnte...“ Tsubasa musste lachen. „Ich denke, das Problem liegt eher beim aufstehen am nächsten Morgen, oder?“ Sanae gab sich geschlagen und wechselte schnell das Thema. „Was hast du heute vor?“ „Nichts besonderes. Ich denke, heute Mittag zum Fußball, aber ansonsten – keine Ahnung. Und du?“ „Vorhin kam eine SMS von Yukari, sie braucht neue Klamotten.“ „Oha.“ „Was soll das heißen?“ „Nichts – nur dass ich mich heute dann wohl besser von der Innenstadt fernhalte.“ „Und was, wenn ich darauf bestehe, dass du mitkommst?“ „Dann würde ich mich weigern.“ „Und wenn ich dich ganz lieb bitte?“ Tsubasa lachte. „Das passiert nicht! Meiner Meinung nach plant ihr einen typischen Frauentag, da wäre es ja was ganz neues, wenn du mich dabei haben wolltest.“ Sanae grinste. „Stimmt. Glück gehabt.“ „Allerdings.“ „Den zweiten Teil der SMS habe ich dir aber noch nicht verraten.“ „Aha?“ „Sie fragt, ob wir heute abend mit ins Kino wollen. Taro hat schon fest zugesagt, und sie will noch ein paar andere aus der Fußballmannschaft fragen.“ „Welcher Film?“ Als Sanae den Titel nannte, zuckte Tsubasa mit den Schultern. „Sagt mir nichts. Aber wenn du willst, gehen wir mit.“ Sanae strahlte. Super! Dann sage ich ihr gleich zu!” „Wann wollt ihr euch denn treffen?“ „Gegen elf, wir haben noch Zeit. Die genauen Infos wegen Kino bekomme ich noch, da sage ich dir noch Bescheid.“ „Okay.“ *** Als Tsubasa später am Vormittag die Haustür aufschloß, empfing ihn Daichis Gekicher aus dem Wohnzimmer. Anscheinend war sein kleiner Bruder bestens gelaunt. Als er in den Raum linste, sah er Daichi auf dem Boden umherkrabbeln, wo er versuchte, den kleinen Knautschfußball zu fangen. Irgendwie kam ihm diese Szene bekannt vor.... „Ah, da bist du ja wieder.“ Tsubasa zuckte unwillkürlich zusammen. Er hatte seinen Vater gar nicht gesehen, der jetzt aus dem Sessel aufstand und die Zeitung zusammenfaltete. „Und? Wie siehts aus?“ „Gut, denke ich.“ „BASA!“ Daichi hatte seinen großen Bruder entdeckt und rappelte sich auf die Beine, bevor er zu Tsubasa hinüber wuselte und sich an ihm festklammerte. „Hey!“ Herr Ozora lächelte. „Er hat sich sehr schnell an dich gewöhnt – er hat heute morgen sogar nach dir gefragt.“ „Aha.“ Daichi blickte strahlend zu ihm auf. „Spielen?“ „Jetzt nicht.“ Daichi verzog das Gesicht, und Tsubasa seufzte, bevor er seinen Vater anblickte. „Dann muss ich mich jetzt auch an so was gewöhnen, oder wie?“ „Sieht danach aus.“ Herr Ozora schmunzelte. „Daichi spielt eben nicht so gerne alleine, das hab ich auch schon gemerkt. Und mal so nebenbei gesagt, du warst auch nicht anders in dem Alter, so lange bis ich dir den Fußball gekauft habe. Ab da hast du dich stundenlang nur damit beschäftigt...“ „Ja ja, die Geschichte kenne ich schon.“ Tsubasa unterdrückte ein erneutes Seufzen und hob Daichi nach kurzem Zögern auf den Arm. „Du bist eine kleine Nervensäge!“ Das kümmerte Daichi nicht wirklich, er strahlte Tsubasa unbekümmert an. „Und wie sieht dein Tag heute aus?“ „Heute nachmittag Fußball, heute abend Kino – wann und wo, weiß ich aber noch nicht.“ „Deine Mutter ist unterwegs, und ich müsste ein paar Einkäufe erledigen. Willst du mit, oder kann ich Daichi wieder hier bei dir lassen?“ „Du könntest ihn auch mitnehmen, ohne das ich mitgehe, oder?“ „Ja, könnte ich, aber ich dachte vielleicht hast du Lust mitzukommen – um zu sehen, was sich in Nankatsu alles verändert hat, während du weg warst. Und ich denke, ich könnte deine Hilfe gebrauchen – deine Mutter hat eine ziemlich große Liste geschrieben.“ „Aha.“ Tsubasa unterdrückte ein Grinsen. Die Einkaufsgewohnheiten seiner Mutter hatten sich also auch nicht verändert. „Na schön, dann komme ich mit. Ich bring nur kurz meine Sachen nach oben.“ Er gab Daichi seinem Vater auf den Arm, um ein neues Heulbojenkonzert zu vermeiden, und ging dann die Treppe nach oben. In seinem Zimmer warf er zunächst einmal seinen Rucksack aufs Bett, bevor er sich das T-Shirt über den Kopf zog. Als er ein neues aus dem Schrank geholt hatte und es gerade anziehen wollte, fiel sein Blick durch Zufall aus dem Fenster. Die Scheibe war mittlerweile repariert, aber das bemerkte er im Moment nicht. Fassungslos ließ er das T-Shirt fallen und trat näher an das Fenster heran. Da draußen stand ein roter Opel..... „Tsubasa?“ Er zuckte zusammen und beeilte sich, das T-Shirt aufzuheben und sich überzuziehen, bevor er wieder nach unten lief. „Komme!“ Sein Vater erwartete ihn bereits, Daichi nach wie vor auf dem Arm. „Ist alles in Ordnung? Du bist plötzlich so blass.“, wollte er verwundert wissen. „Alles bestens. Wollen wir?“ *** Die SMS von Sanae mit den Infos für den Abend kam gegen drei. Der Film fing um halb neun an, um acht wollten sie sich vor dem Kino treffen, und sie würde mit Yukari direkt dorthin kommen. Also machte sich Tsubasa gegen halb acht alleine auf den Weg, nicht ohne noch einmal in seinem Zimmer aus dem Fenster zu sehen. Der rote Opel stand immer noch da. Er wandte sich abrupt um und ging nach unten. Seine Eltern saßen mit Daichi gemeinsam im Wohnzimmer, er döste auf dem Schoß seiner Mutter, eifrig an seinem Schnuller nuckelnd. „Ich geh dann.“ „Alles klar – viele Grüße an Sanae.“ „Ja, richte ich aus. Bis morgen!“ Er verließ das Haus und zwang sich, nicht noch einmal nach dem roten Opel umzudrehen. Von hier aus konnte er ihn eh nicht sehen.....selbst wenn er noch da war. Möglicherweise war er auch schon längst weg....und eigentlich hatte er absolut keinen Grund, darüber nachzudenken!! Rote Opel gab es wie Sand am Meer....hatte er überhaupt auf das Kennzeichen geachtet? Tsubasa seufzte und verdrängt den Gedanken endgültig in seinen Hinterkopf. Zwanzig Minuten später kam das Kino in Sicht. Die Anderen waren bereits da und schienen auf ihn zu warten. Anscheinend kam doch nur Taro mit..... „Da bist du ja!“ Sanae winkte. „Wir warten schon ewig!“ „Ewig?“ Tsubasa blickte auf die Uhr. „Ich bin doch noch zehn Minuten zu früh.“ „Mit „Ewig“ meint sie genau 2 Minuten.“, meinte Taro grinsend. „Verstehe.“ „Wollen wir gleich die Karten kaufen gehen? Danach können wir ja noch was trinken, bis der Film anfängt., schlug Yukari vor. Dem war nichts entgegen zu setzen, und die Gruppe setzte sich Richtung Eingang in Bewegung. Tsubasa warf unwillkürlich doch noch einen Blick auf die Schulter, bevor er das Gebäude betrat – gerade rechtzeitig, um zu sehen, wie ein roter Opel in der Nähe in eine Parklücke gelenkt wurde. „Tsubasa?“ Taro hielt ihm abwarten die Tür auf. „Ist was?“ „Ich – nein, ich dachte nur....ist nicht so wichtig.“ Er betrat das Kino ebenfalls und hoffte, dass er wenigstens über dem Film etwas Ablenkung finden würde – vielleicht hatten sich seine Nerven danach wieder etwas beruhigt und er hörte auf, überall Gespenster zu sehen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)