Psychiatrie von phinix (Sind denn hier alle irre?) ================================================================================ Kapitel 7: Seelenschmerz ------------------------ Kapitel 7: Seelenschmerz Laut knallte die Tür zum Badezimmer zu. Unzählige Tränen liefen auf der weißen Haut hinab. Hilflos zitterten die Hände, bevor sie sich haltsuchend in die Oberarme krallten, als würde er sich selbst umarmen. Kraftlos sackte er gegen das Holz der Tür. Er spürte, wie der harte Untergrund sich unsanft in seine Wirbelsäule drückte. Doch war das nichts im Vergleich zu dem Schmerzen in seinem Inneren. //Ich mag dich nicht.... Ich mag dich gar nicht... Ich mag dich nicht mal ein bisschen// Immer wieder hallten diese Worte Yuriys in seinem Kopf nach. Deutlich hörte er den kalten Ton des Rothaarigen, spürte die eisigen Augen, welche sich voller Verachtung in seinen Körper bohrten. Ein hilflos Schluchzen entwich seiner Kehle, während sein Kinn auf die Brust sank. Graublaues Haar fiel ihm ins Gesicht und versperrte ihm die Sicht. Die roten Augen wirkten verschleiert, als wäre ein Vorhang über diese gefallen. Erneut löste sich eine Träne aus dem Augenwinkel, lief an der Wange hinab und perlte schließlich auf sein Oberteil. Yuriy konnte ihn nicht leiden. Das hatte er ihm eben mehr als deutlich gesagt. Wäre er noch deutlicher geworden, hätte er ihm wohl ein Messer in die Brust gerammt. Sein Leben war für Yuriy doch auch wertlos, wenn er ihn nicht mal leiden konnte. Fester krallten sich die Nägel in die Oberarme bei diesen Gedanken. //Warum?... Warum ist für einige Leute ein Leben bedeutungslos? Warum ist MEIN Leben bedeutungslos? Oft habe ich mich gefragt, was ich tun muss, damit man mich um meinetwillen mag, doch noch immer weiß ich keine Antwort. Ich lebe und versuche mir so viel Wissen anzueignen, wie ich kann. Ich will mich verändern, aber nichts dergleichen scheint zu helfen. Meine Familie hat mich im Stich gelassen. Statt sich mit mir zu befassen steckten sie mich lieber hier in diese Anstalt. Freunde habe ich auch keine und Yuriy kann mich auch nicht ausstehen. Warum? Man sagt doch, dass jeder Mensch in seinem Leben immer wieder Zeiten, oder Phasen hat, in denen er alleine ist. Es soll zum Leben dazu gehören und doch hasse ich es. Bisher war ich mein ganzes Leben alleine, es ist keine Phase, sondern scheinbar mein Schicksal, ein ständiger Begleiter. Ich bin alleine und es scheint, als würde das ein fester Bestandteil meines Lebens sein. Der erste Schritt, seine Einsamkeit zu überwinden soll doch sein, sich selbst zu mögen und sich selbst ein ausgefülltes Leben zu geben. Nur wer mit sich selbst zufrieden ist und alleine mit sich etwas anfangen kann, kann auch mit anderen etwas anfangen. Ich will nicht einsam sein und genau deshalb bin ich doch auf Yuriy zugegangen. Es stimmt, ich bin nicht zufrieden mit mir und meinem Leben, aber ich bemühe mich doch. Reicht das nicht, um mich um meinetwillen zu mögen? Niemand kann sich von heute auf morgen ändern, aber ich kämpfe doch selbst nach Jahren gegen meine Krankheit. Aber das alles scheint nicht zu helfen. Ich bin alleine.... Alleine... Und mir ist so schrecklich kalt... Warum kommt keiner um mich zu Wärmen?// Fest biss Kai die Zähne zusammen, als sein Körper erzitterte. Die Kälte kroch in seine Knochen, während sich eine Gänsehaut ausbreitete. Die Nägel bohren sich tiefer in die Haut am Oberarm. Das Gefühl von Schmerz breitet sich langsam aus. Physischer Schmerz war bei weitem besser als psychischer. Langsam dämmte es die Kälte in Kais Seele ein. Er konzentrierte sich auf seine Atmung. Ein... Und aus... Ein... Und aus... Langsam beruhigte sich sein Herzschlag. Mühsam hob er den Kopf an und ließ ihn mit einem dumpfen laut zurück gegen die Tür sinken. Er war schon froh, dass er sich gerade nicht in einer anderen Persönlichkeit fallen gelassen hatte. Er war krank, dass wusste er und vielleicht war genau deshalb einsam. „Wenn man anders ist, als die anderen Menschen, muss man einsam bleiben“, murmelte er mit heiser Stimme und zitierte damit ein Buch, dass er vor längerer Zeit gelesen hatte. Deutlich erinnerte er sich noch an den Titel „Schöne neue Welt“. Fahrig schüttelte er den Kopf. Er wollte nicht Denken. Denken sorgte dafür, dass man nicht vergas und so würde der Schmerz bleiben. //Vergessen, ja einfach vergessen was Yuriy gesagt hat, was alle über mich sagen, dass wäre wunderschön.// Mit einem leichten Lächeln auf den Lippen schloss er die Augen. Derweil saß Yuriy noch immer überrumpelt auf der anderen Seite der Tür. Verwirrt legte er den Kopf schief, während seine blauen Augen gerade aus auf die Tür gerichtet waren. Kais Abgang war komisch gewesen. Eher hätte er damit gerechnet, dass er ihn anfaucht, aber ein derartiger Rückzug? //Habe ich Kai wirklich nur mit solch unbedeutenden Worten verletzt? Er sollte sich nicht so anstellen. Es ist doch egal, was andere über einen Denken. Man benötigt eh niemanden außer sich selbst. Ich weiß, dass mich eh niemand so akzeptiert, wie ich bin, warum also andere an mich ranlassen? Kai jedoch scheint anders zu sein. Wir kennen uns kaum und schon hängt er wie eine Klette an mir. Eine Klette, mit sehr vielen Persönlichkeiten, welche einen in den Wahnsinntreiben können. Ich verstehe nicht, wie er so schnell vertrauen fassen kann? Aber erschüttender ist wohl die Tatsache, dass er mich wirklich... Mag... Er mag ich und genau deshalb lief er eben weinend davon. Ich weiß nicht was es war, aber mein innerstes zog sich zusammen, als ich ihn derart sah. Vielleicht sollte ich nach ihm sehen, nur damit er keine Dummheiten macht....// Unruhig schnappten Yuriys Zähne nach seiner Unterlippe und malträtierten sie. Kurz saugte er sie ein, bevor er sie wieder frei ließ. Ein Seufzen verließ seine Kehle, als er eine Entscheidung fällte. Ergebens erhob er sich vom Bett und schritt hinüber zur Tür. „Kai?“, rief er nach seinem Zimmergenossen. Etwas in ihm ließ ihn zögern einfach so einzutreten. Vielleicht rechnete er damit, irgendetwas gegen den Kopf geworfen zu bekommen, oder aber er hatte Angst wie er Kai vorfinden würde. Als sich nach einer längeren Zeit nichts tat rief er erneut nach dem Kleineren. Leise schnaubte er auf. //Sicherlich zickt er nur. Ich sollte aufhören meine Gedanken an ihn zu verschwenden...// Auf einmal wurde die Badezimmertür geöffnet und Kai trat ins Zimmer. Ein Lächeln lag auf seinen Lippen, als er Yuriy sah. „Sag mal, ist das Essen schon gekommen?“, erkundigte er sich, als wäre nichts gewesen. Mehrmals blinzelte der Rothaarige. Er hätte mit vielem gerechnet, aber niemals damit. So brachte er nur ein überraschtes: „Nein“, über die Lippen. „Schade, ich kriege langsam wirklich Hunger. Aber was soll´s, kann man ja kaum ändern.“ Schon fast gleichgültig zuckte er mit den Schultern. Die roten Augen trafen auf Blau. „Sag mal, was habe ich eigentlich im Bad gemacht?“ Entgeistert klappte Yuriys Kiefer hinab. „Das weißt du nicht mehr?“ Als Antwort schüttelte der Kleinere mit seinem Kopf. „Ne, was war denn los? Habe ich irgendwas angestellt?“ Noch immer überrumpelt sah Yuriy ihn erst mal nur an. Kai schien sich wirklich an nichts mehr zu erinnern, aber das konnte wohl kaum mit einer weiteren Persönlichkeit liegen. Eher ähnelte das mehr an eine Verdrängung. Kurz fiel ihm ein Bericht ein, den er mal gelesen hatte, wo man genau dieses Thema behandelt hatte, wo man fragte, was überhaupt verdrängung sei. Und die Antwort war: „Stellen Sie sich eine Fabrik für Stressverarbeitung vor, die einen gewissen Vorrat an Energie gebunkert hat. Normalerweise funktioniert alles reibungslos, der Stress wird weggearbeitet. Mal fällt viel an, Mal wenig; je nachdem wird mehr Energie verbraucht oder weniger. Gefährlich wird es, wenn die Energie erschöpft ist. Dann ist die Verarbeitung von Ängsten und Kränkungen nicht mehr möglich. Sie überfallen das Ich mit Panikattacken, Depressionen, Zwangssymptomen. Nichts funktioniert mehr. Wenn jemand in seiner Verdrängungsfähigkeit sehr geschwächt, wenn er sehr traumatisiert ist, kann er auch geringen Stress nicht mehr verarbeiten. Manche Kriegstraumatisierten empfinden schon das Ticken einer Uhr als unzumutbar und bekommen einen Wutanfall.“ Da Kai keine derartigen Wutanfälle hatte schien seine Verdrängung einwandfrei zu funktionieren. Es wäre ungerecht, dass nun gegen ihn zu verwenden, oder? „Du hast was mehr als peinliches gemacht“, sagte Yuriy dann jedoch. Er konnte auch nichts dagegen machen. Er liebte es den Kleinen zu necken. Bei dieser Antwort wanderte Kais Augenbraue hinauf. „Oh. Schlimm?“ „Ja, sehr schlimm. Ich habe dich beim Masturbieren erwischt.“ Nun war es an Kai entgeistert zu gucken. Weit wurden die roten Augen aufgerissen. „WAS?!“, entwich es ihm nur. „Du hast schon verstanden“, versicherte Yuriy grinsend. „Das... Das ist nicht wahr. Du verarscht mich doch!“ Trotzdem kam Kai nicht herum das vielleicht doch in betracht zu ziehen. Hatte er wirklich masturbiert, vor Yuriy? Allein der Gedanke ließ ihn erröten, als das Blut in seine Wangen schoss. Leise murrte der Rothaarige. „Ich würde doch niemals wagen dich zu verarschen. Außerdem wäre der Anblick sicherlich gut gewesen.“ „Du hast dich gerade selbst verraten. Du sagtest: wäre. Also habe ich es nicht gemacht. Wie konntest du mir so einen schrecken einjagen, du...!“, wütend fauchte Kai ihn an, doch dann wurde ihre Zimmertür geöffnet. Abrupft endete der Streit, als sie sich der eintretenden Person zu wanden. ********************************************************** Hoffe es hat euch gefallen. Ist Leider etwas kurz geworden, aber nur weil es ein Überleitungskpaitel ist. Bis zum nächsten Mal. phinix Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)