Out of Place von Nordwind (Eine Frage des Vertrauens) ================================================================================ SIEBZEHN -------- Tut mir Leid, dass es wieder so lange gedauert hat, aber damit müsst ihr in nächster Zeit leider einfach rechenen. Es tut mir auch furchtbar Leid, dass ich dieses Mal nicht auf eure Kommentare antworten konnte, aber mir mangelt es im Augenblick einfach an Zeit um alles unter einen Hut zu bekommen. Einen großen Dank trotzdem an alle Kommentarschreiber. Ich werde mich darum bemühen in Zukunft wieder auf alle Kommentare zu antworten. ~~~ SIEBZEHN| Kai stand mit dem Rücken zur Wand in einem der unzähligen Gänge der Abtei. Er wusste, dass sein Ziel nicht weit war. Nur um die Ecke musste er gehen, zu der großen Türe vor der die beiden Wachen standen. Die beiden Wachen, an denen er unbedingt vorbeikommen musste nicht nur um Talas dämliche Wette zu gewinnen. Er musste ihn haben, musste ihn in den Händen halten, den schwarzen Beyblade, nur ein einziges Mal, nur einen Augenblick. Er war für ihn geschaffen, nur für ihn allein. Kai hatte es gespürt, er hatte die Verbindung gespürt. Es hatte ihn gerufen, nur ihn, ihn ganz alleine. Es war für ihn bestimmt. Voltaire hatte es gewusst, dem war sich Kai ganz sicher. Sein Großvater hatte das Beyblade nur hergebracht, hatte es nur von diesem Schüler testen lassen, um Kai die Macht zu demonstrieren. Die Macht, die ihm alleine versprochen worden war, die ihm alleine gehörte, die er sich so sehr ersehnte. Der Schüler war dieser Macht nicht gewachsen gewesen, er hatte nicht damit umgehen können, er war viel zu schwach gewesen. Er hatte die Stimme nicht gehört, niemand hatte es ihm erlaubt, er hätte es niemals herausfordern dürfen, war dem nicht würdig, doch Kai wusste, dass er selbst es konnte. Diese Macht existierte einzig und allein um von ihm genutzt werden zu können. Es konnte gar nicht anders sein, denn die Stimme hatte es ihm versprochen, hatte ihm die Macht versprochen. Wie konnte es anders sein? Voltaire hatte ihm von Anfang an prophezeit, dass dieser Tag kommen würde. Der Tag, an dem er zum mächtigsten aller Beyblader werden würde. Die Elite, die Spitze. Voltaire hatte es ihm versprochen, als er zu ihm kam vor ein paar Jahren. Er würde der Beste sein, er war etwas Besonders, er war anders. Voltaires Augen hatten gefunkelt vor stolz und Zufriedenheit. Nun war es so weit, der Schlüssel zu allem, was sich Kai je gewünscht hatte, war nur durch eine einfache Wand von ihm getrennt. Eine Wand und die beiden Wachen. Es war die perfekte Gelegenheit und er musste sie nutzen. Tala würde vielleicht enttäuscht sein, aber er war ein guter Verlierer. Tala würde es ihm nicht übel nehmen. Im Gegenteil, er würde es bald akzeptieren und dann konnten sie zusammen einen Weg finden die Abtei zu verlassen. Es würde einfach werden, denn mit der Macht des schwarzen Beyblades gab es keine ernsthaften Hindernisse mehr. Niemand würde sie aufhalten können. Sie würden einfach gehen, hinaus in die Welt, die er gekannt hatte und gemocht hatte und sie würden zu seinen Eltern gehen und sie würden ihm erklären, warum sie niemals gekommen waren um ihn zu besuchen und warum sie ihn einfach hatten gehen lassen. Er hatte bereits selbst mehr als hundert gute Gründe dafür gefunden. Heute Mittag war Voltaire in die Abtei gekommen und als Kai das kleine Büro betreten hatte, war ein Mann in einem weißen Kittel anwesend gewesen, der das schwarze Beyblade bei sich gehabt hatte. Der Wissenschaftler hatte das Büro kurz darauf verlassen und Kai war ihm wenig später gefolgt. Die Unterredungen mit Voltaire fielen zu meist sehr knapp aus, sowie auch dieses Mal. Kai wartete bis der Wissenschaftler den Raum wieder verlies und stellte sich ihm dann in den Weg. „Mein Großvater schickt mich.“ erklärte er, als der Mann in fragend ansah. „Das schwarze Beyblade, er will es sich noch mal ansehen, ich soll es zu ihm bringen.“ Der Wissenschaftler verzog genervt das Gesicht und murmelte etwas Unverständliches vor sich hin. Natürlich kannte er Kai und wie jeder andere wusste er, dass er Voltaires Enkel und dessen ganzer Stolz war. Des Weiteren hatte er den Jungen eben noch im Büro seines Großvaters gesehen. Ihm war ebenfalls bekannt, wie Voltaire reagierte, wenn man seine Befehle ignorierte oder nicht zu seiner Zufriedenheit ausführte, also ging er zurück in den Raum und händigte Kai den pechschwarzen Beyblade aus. Er nickte Kai noch kurz zu und verschwand dann. Als Kai das Beyblade berührte, spürte er wie ein enormer Kraftstoß seinen Köper durchflutete. Es war als würde pure Energie durch seine Adern fließen. Ein Gefühl der Sicherheit breitete sich in ihm aus, Überlegenheit und etwas anderes, dass er nicht zu deuten wusste. Etwas, das ihm klar machte, dass es nichts Wichtiges mehr gab, dass alles seinen Wert verlor gegenüber dieser Macht. Es gab kein Richtig, kein Falsch mehr, kein Gestern, kein Morgen, keine Kälte, keine Wärme. Alles wurde bedeutungslos und nichts zählte mehr. Er musste ihn unbedingt ausprobieren, nun da er ihn schon in der Hand hielt. Er wollte alles sehen, alles spüren, die ganze Kraft, die gebündelte Macht. Kai fand schnell einen der vielen Testräume, der leer stand, wo doch die meisten Trainingseinheiten in der großen Halle stattfanden. Er stellte sich an den Rand der Bowl, nahm seinen Shooter vom Gürtel und befestigte das schwarze Beyblade daran. In diesem Augenblick öffnete sich mit leisem Klicken die Türe. Schritte näherten sich und nach den Jahren, die sie nun schon in demselben Zimmer lebten und jeden Tag gemeinsam verbrachten, erkannte Kai Tala bereits an dem Klang seiner Turnschuhe auf dem Betonboden. Tala trat an ihn heran und warf einen Blick auf das Beyblade in Kais Hand. Als er den Kopf hob, leuchteten seine Augen und ein breites Grinsen lag auf seinen blassen Lippen. „Du hast ihn wirklich gekriegt?“ sagte er und seine Stimme klang nahezu euphorisch, wie die eines Kindes, das eine Schokoladentafel aus einem Küchenschrank stibitzt hatte. „Bryan hat gesagt, er hätte dich gesehen und ich hab ihm nicht geglaubt. Willst du ihn ausprobieren?“ Ohne Kais Antwort abzuwarten ging Tala um die in den Boden eingelassene Wölbung herum und zog sein eigenes, weißes Beyblade aus der Tasche. Sie brauchten kein Kommando, mussten nicht herunterzählen. Kai trat einen Schritt zurück und zog mit einem kraftvollen Ruck an der Reisleine. Das schwarze Beyblade landete im selben Augenblick auf dem Boden der Bowl wie das Talas. Wie schon an jenem Tag fiel es Kai schwer dem Beyblade mit den Augen zu folgen, doch da er nun die Bewegungen selbst kontrollieren konnte, wusste er zumindest wohin er schauen musste. Das Beyblade reagierte überraschend schnell und problemlos auf seine Befehle, beinahe als wüsste es schon was er wollte, noch ehe er es selbst wusste. Es war als wäre es nur für ihn gemacht worden, für ihn alleine. Kai ließ es langsam angehen. Tala setzte zumeist auf Angriffkraft und Schnelligkeit. Sein Beyblade war für die Offensive gebaut und seine Taktik basierte darauf. Kai dagegen wollte zunächst sein neues Beyblade testen. Wollte die Bewegungen testen, die Reaktion und vor allem in wie weit es ihm möglich war es zu kontrollieren. Tala ließ nicht lange auf sich warten er begann mit einigen schnellen, gut gezielten Angriffen, denen Kai lediglich versuchte auszuweichen. Wie bei der Demonstration zuvor waren die Bewegungen des Beyblades weich, elegant und fließend. Es war besser ausbalanciert als jedes andere Beyblade, das Kai zuvor benutzt hatte. Schneller, geschickter und wendiger. Es war perfekt. Es gelang Tala nicht das schwarze Beyblade zu treffen, nicht ein Mal. Kai empfand es als genug für den ersten Versuch und wollte als nächstes die Verteidigung testen. Es fing ganz leise an, ganz schwach spürte er es zuerst nur. Er wartete Talas nächsten Angriff ab und dieses Mal wollte er nicht ausweichen, er wollte lediglich sehen, wie widerstandsfähig das schwarze Beyblade war. Er wartete ab, während Talas weißes Beyblade auf sein eigenes zuraste und änderte im letzten Augenblick seine Meinung und griff an. Die beiden Beyblades krachten unter lautem Scheppern aufeinander, Splitter schossen durch die Luft, prallten gegen die Wände der Bowl und rutschten zurück zum Boden hinunter. Das weiße Beyblade hatte sie am äußersten Rand des Becken gefangen und eierte eher anstatt zu kreiseln. Es hatte einige Zacken des Angriffsrings verloren und wirkte ein wenig unbalanciert. Das schwarze Beyblade hingegen befand sich noch immer an derselben Stelle wie zuvor und hatte einem kurzen Blick nach nicht einmal einen Kratzer. Es verging kaum ein Augenblick, da war es bereits wieder verschwunden und tauchte nahezu im selben Moment wieder hinter dem Weißen auf, um dieses nun vor sich her mit rasanter Geschwindigkeit zum Boden der Bowl hinunter zu schubsen, während immer mehr weiße Splitter abfielen. Tala rief etwas, doch Kai konnte es nicht verstehen, er hatte nur Augen für das unglaubliche schwarze Beyblade. Er bemerkte auch nicht, wie sich leichter, schwarzer Dunst, Nebel ganz ähnlich, langsam um das Beyblade herum zusammenzog. Immer größere Teile von Talas Beyblade brachen ab, während das schwarze Beyblade unermüdlich mit immer schneller werdenden Angriffen attackierte. Es war unglaublich und Kais Augen fingen unweigerlich an zu leuchten. Niemals hatte er dergleichen gesehen. Niemals hatte er solche Überlegenheit, solche Perfektion gesehen. Und es gehört ihm, ihm ganz alleine. „Kai!“ rief Tala plötzlich und als Kai aufsah und zu Tala hinüberblickte, erkannte er plötzlich dessen verzweifelten Gesichtsausdruck, während ihm langsam bewusst wurde, dass es Talas Beyblade war, dass er dort im Stadion gerade auseinander nahm und das man Tala dafür bestrafen würde. Er wollte dem schwarzen Beyblade den Befehl geben zurückzuweichen, doch stattdessen schlug des das weiße Beyblade mit einem letzten kraftvollen Angriff aus der Bowl und ließ es damit direkt auf Tala zuschießen. Kai wollte schreien, doch die Warnung blieb ihm in der Kehle stecken. Tala gelang es nicht mehr rechtzeitig auszuweichen, woraufhin das ramponierte Beyblade ihn an der Wange streifte und eine blutige Spur hinter sich zog. Kai wich einen Schritt von der Bowl zurück. Ließ den Shooter fallen und starrte ungläubig mit geweiteten Augen. Er hatte die Kontrolle verloren. Das Beyblade kreiselte weiter ruhige, gleichmäßige Runden in der Bowl, doch Kai spürte wie die Kraft aus ihm wich, die Sicherheit verschwand und die Überlegenheit sich in Luft auflöste. Er fühlte sich ausgelaugt und schwach. Seine Beine gaben unter dem Gewicht seines Körpers nach, seine Knie knickten ein und er fiel kraftlos zu Boden. Er atmete schwer, hatte den Geschmack von Blut im Mund und hörte sein Herz schnell und laut schlagen. Der Dunst um das Beyblade zog sich inzwischen zu einem riesigen schwarzen Schattenknäul zusammen, das keine genaue Form erkennen lies. Es wuchs an und füllte schnell den ganzen Raum. Kai sah nichts, er spürte nur den Schmerz, etwas in ihm regte sich, und den Bruchteil einer Sekunde später das Blut, das über seinen Bauch und über seine Beine hinweg strömte. Er schrie vor Schmerz, presste beide Hände auf die Wunde an seiner Brust und krümmte sich. Es war, als wäre etwas aus ihm heraus gebrochen, aus seinem Herzen, hatte Gewebe, Muskeln und Haut wie mit einem spitzen Messer von innen heraus zerfetzt und hatte sich aus seinem Körper befreit. Mit einem Mal wusste Kai, dass dies sein Ende sein würde. Wenn dieses Ding ihn nicht innerhalb der nächsten Sekunden umbringen würde, würde er verbluten. Tränen brannten in seinen Augen, Panik stieg in ihm auf. Er wollte nicht sterben, auf gar keinen Fall. Er fürchtete sich vor dem Tod wie vor ansonsten nichts. Er wollte ihm nicht gegenübertreten, wollte sich dem nicht stellen. Er wollte nicht wissen, was danach kam, ob nun Leere oder Hölle. Er wollte leben. Doch es kam nicht, was auch immer dieses Ding gewesen war, es kam nicht zu ihm um ihn zu töten, stattdessen hörte einen anderen Schrei von irgendwoher in der Finsternis. Es war ein qualvoller Schrei, der von schrecklichen Schmerzen sprach. Kai konnte sich nicht länger aufrecht halten, als ihn sein eigener Schmerz erneut übermannte, und kippte zur Seite. Tränen rannen über seinen Wangen, er kniff die Augen zusammen und plötzlich wusste er, wer da geschrieen hatte. ~~~ Sein erster Gedanke, als er sich auf dem Bett, eingehüllt in weiße Decken, wieder fand, war: Ich bin tot. Er wusste nicht, warum ihm dieser Gedanke kam, doch im ersten Augenblick wirke er relativ logisch, ehe er im nächsten jegliche Bedeutung verlor. Er war nicht tot. Er war am Leben, selbst wenn er nicht wusste wo er sich befand und wie er dort hingekommen war. Das letzte, an das er sich wirklich erinnerte war rotes Licht. Rotes Licht und Goldene Strahlen und Wärme. Sonst nichts. In seinem Kopf und in seinen Erinnerungen herrschte eine solche Leere, dass er sie zunächst einmal gar nicht bemerkte. Er sah sich um. Ein sterilweißer Raum mit Betten auf rollbaren Metallgestellen, die allesamt leer waren. An der Decke befand sich eine Neonröhre. Er kannte diesen Ort nicht, oder besser, als er versuchte ihn zu erkennen sah er nur weiße Leere in seinen Gedanken. Als er versuchte diesen Ort mit allen anderen zu vergleichen, die er in seinem Leben bisher gesehen hatte, begegnete ihm nur diese weiße Leere, die er nicht verstand und mit der er nichts anzufangen wusste. Plötzlich wurde die Tür so schwungvoll geöffnet, dass sie unter lautem Krachen gegen die wand schlug. Ein Mann von beachtlicher Statur kam herein, mit stürmischen Schritten und einem bedrohlichen von Wut zerfressenem Gesicht und grauem Haar. Ihm folgte, langsamer, ein weitaus jüngerer Mann mit Brille und weißem Kittel, der ununterbrochen auf den ersten Mann einzureden schien. Die Worte waren unverständliche, leise und nervös. „WAS HAST DU DIR DABEI GEDACHT!?“ schrie der erste Mann, als er das Bett erreichte, in dem der Junge lag, der ihn mit großen Augen verständnislos anstarrte. „WIE KONNTEST DU ES WAGEN OHNE ERLAUBNIS DIESES BEYBLADE ZU BENUTZEN!?“ Der Junge rührte sich nicht, er zwinkerte nicht einmal, als wäre er in eine Art Schockzustand gefallen. Der zweite Mann wich einen Schritt zurück und sein Gesicht zeigte deutlich wie erschrocken er war. Der erste Mann machte einen schnellen Schritt an die Kante des Bettes heran und schlug dem Jungen mit der Hand ins Gesicht. „Du hast mich enttäuscht und du wirst die Folgen dafür tragen.“ Mit diesen Worten machte er auf dem Absatz kehrt und ging quer durch das Zimmer zu der Tür. Der zweite Mann lief ihm nach, wie ein Hund seinem Herrchen. „Wenn wir der gebündelten Energie eine Form geben würden, könnte man sie womöglich kontrol-…“ Die Türe knallte ins Schloss. Stille kehrte zurück in den Raum. Der Junge blieb starr, mit großen, leeren Augen, während es in seinen Gedanken arbeitete. Bilder rasten durch seinen Kopf, Bilder, Stimmen, Filme, Gedanken, Worte, doch wollte er sie fassen, so entwichen sie seinem Griff und verschwanden ins Nichts. Am Ende blieb nur die weite, weiße Ebene, die ewig weiße Leere. Seine Wange brannte, als würden Flammen auf ihr züngeln. Der Junge erwachte aus seiner Starre und ließ sich in die Kissen zurück fallen, wobei sein Kopf auf etwas Hartes traf. Er suchte mit der Hand nach was immer es gewesen war und fand zu seiner Überraschung einen runden blauen Gegenstand mit vielen Zacken und Kanten. Er drehte den Gegenstand in der Hand und wollte ihn auf das kleine Tischchen legen, das sich neben seinem Bett befand. Er hielt inne, als er das Bild eines rotgoldenen Vogels auf einer kreisrunden Fläche entdeckte. Das Abbild eines Phönix’. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)