Out of Place von Nordwind (Eine Frage des Vertrauens) ================================================================================ ZWANZIG ------- Es geht tatsächlich weiter. ^__^ Mehr will ich hier auch gar nicht sagen. ~~~ ZWANZIG| „Nein.“ kam Bryan ihm zuvor ehe er den Mund zu etwas auch nur Ansatzweise Antwortähnlichem öffnen konnte. Typisch. Absolut typisch. Eine dieser dämlichen Angewohnheiten, die sich Bryan von Tala abgeschaut hatte. Wenn es klingelte nicht an die Türe gehen, sich dann aber groß aufspielen und plötzlich beinahe wie aus dem Nichts hinter ihm auftauchen. Spencer schüttelte innerlich den Kopf. Nach außen hin gab er sich unbefangen um den ‚Besuchern’ keinen falschen Eindruck zu vermitteln. „Nein?“ Tyson sah verwirrt zwischen den beiden Russen hin und her. „Warum ‚nein’? Ich hab doch noch gar nichts gesagt.“ Weder Spencer noch Bryan rührten sich und blieben ihm die Antwort schuldig. „Wie auch immer, wir wissen, dass Tala verschwunden ist und Kai ist auch weg und deshalb-…“ „Nein.“ fuhr Bryan ihm erneut dazwischen und diesmal wurde Tyson wütend. Er war leicht zu durchschauen, denn auf seiner Stirn bildete sich eine Falte als er das Gesicht verzog. „Hör mal!“ rief er aufgebracht. „Du weißt doch gar nicht, was ich sagen will und sagst schon ‚Nein’! Wir sind nicht eure Feinde verdammt!“ „Tyson.“ Ray trat neben den Japaner und legte ihm beschwichtigend die Hand auf die Schulter, dann wandte er den Blick Spencer und Bryan zu. Es war ein starker Blick, wie Spencer beinahe überrascht zugeben musste. Eigentlich kannte er dieses Team, dass es streng genommen nicht mehr gab und gegen das die im letzten Jahr angetreten waren, gar nicht. Er hatte Ray immer als einen zurückhaltenden Menschen betrachtet, als jemanden ohne viel Selbstbewusstsein, der seine eigene Schwäche gerne hinter einem Lächeln verbarg. Nun musste er zugeben, dass es da mehr gab. In diesem Blick lag Ruhe und die Gewissheit das Richtige zu tun und zu sagen. Vielleicht hätten sie ihre Gegner vor einem Jahr nicht so unterschätzen dürfen und besser beobachten müssen, vielleicht hätten sie dann nicht verloren. Ray zeigte kein Bisschen Unsicherheit, als er Bryan gegenüber trat, der ihm vor knapp einem Jahr noch halbtot geschlagen hatte. „Ihr wollt Tala finden, wir Kai.“ erklärte der Chinese mit ruhiger, sicherer Stimme. „Wir wissen alle nicht, was wir tun sollen, aber vielleicht können wir uns ein besseres Bild der Lage machen, wenn wir zusammenarbeiten.“ Spencer sah Bryan die Skepsis an und wusste, dass er ihm zuvorkommen musste, wenn er nicht wollte, dass dieses Gespräch böse endete. „Woher willst du wissen, dass wir nichts mit den Diebstählen zu tun haben?“ fragte er deshalb und stellte die Frage direkt an Ray mit dem sich scheinbar durchaus reden ließ, zumindest besser al mit Tyson. „Kai.“ antwortete Ray darauf. Nicht nur Spencer warf ihm darauf einen überraschten Blick zu, sondern auch Bryan gleichwohl wie Tyson und Max. „Kai hat es mir gesagt.“ „Kai?“ Bryans Stimme klang skeptisch, als meinte er, Ray wollte ihn auf den Arm nehmen und Spencer konnte sich dieser Skepsis nur anschließen. „Nicht direkt“, gab Ray zu, dem der Unglaube der beiden Russen natürlich nicht verborgen blieb. „Er hat mir gesagt, dass die Frage nicht sei ob Tala etwas mit dieser Sache zu tun habe, sonder warum er etwas damit zu tun haben könnte. Er hat mir gesagt, dass es Menschen gibt, die immer allen helfen wollen und alles für andere tun würden ohne jemals etwas dafür zu verlangen oder dabei an sich selbst zu denken. Ich denke Tala ist so ein Mensch, deshalb hat er euch nichts erzählt und deshalb habt ihr auch nichts damit zu tun.“ Schweigen breitete sich auf dem Gang aus, sowohl auf der Seite der ehemaligen Bladebreaker sowie auf der von Spencer und Bryan, und allesamt starrten sie Ray an, der mit ernster, ruhiger Miene zwischen ihnen stand. Spencer konnte es nicht glauben. Sollte es tatsächlich so sein, dass Ray, oder besser Kai, Tala besser durchschaut hatte als er und Bryan? Sollte es wirklich so sein, dass Kai immer von Talas Unschuld überzeugt gewesen war, während er und Bryan ihren Teamcaptain kritisiert und angezweifelt hatten? Es war ein Schlag, ohne Zweifel. Ein Schlag ins Gesicht, den Spencer so nicht erwartet hatte. Bryan rührte sich als erster. Er wandte sich ohne ein weiteres Wort um und verschwand im Innern des Appartements. Die Tür ließ er offen. Spencer verharrte einen Augenblick länger, dann nickte er Ray knapp zu und folgte seinem Teamkollegen. Auch er schloss die Tür nicht. Ray, Tyson und Max nahmen die unausgesprochene Einladung kommentarlos an und folgten den beiden Russen in das Innere ihres Appartements. Bryan lehnte sich mit dem Rücken gegen die Wand und verschränkte die Arme vor der Brust. Sein Blick war starr und düster. Spencer ließ sich in den Sessel fallen und überließ den anderen drei Beybladern das Sofa. „Woher wollt ihr wissen, dass es nicht Kai ist?“ wollte Spencer wissen, als alle drei schließlich Platz genommen hatten. Er war überrascht zu sehen wie Tyson die Hand zur Faust ballte und das Gesicht zu einer Grimasse verzog. „Kai würde niemals Dragoon stehlen.“ beantwortete der Japaner die Frage mit verbissenem Ton. Spencer öffnete den Mund und schloss ihn dann wieder. Dragoon? Der Dieb hatte Tyson Grangers Bitbeast gestohlen? Selbst Bryan war das Erstaunen über diese Neuigkeit am Gesicht abzulesen. „Aber wie-…“ begann Spencer und endete abrupt, als ihm klar wurde, dass es vielleicht nicht unbedingt das Weiseste war nun zu fragen wie Tyson es geschafft hatte sich Dragoon abnehmen zu lassen. „Ich meine, warum seid ihr euch so sicher, dass Kai-…“ „Nein!“ Tysons fest überzeugte Stimme, die keinen Widerspruch duldete, fuhr ihm dazwischen und brach den Satz ab. „Kai hat nichts damit zu tun.“ Diese tiefe Überzeugung überraschte Spencer erneut. Sie ließ keinen Zweifel zu und Spencer fragte sich unwillkürlich womit Kai dieses Vertrauen verdient hatte. „Kai macht niemals denselben Fehler zweimal.“ warf nun Max ein. Der Blonde war bisher auffällig still gewesen. „Er hat uns so oft geholfen. In einem Match, von dem du geglaubt hast, dass du es nicht mehr würdest gewinnen können, hatte Kai immer einen rettenden Rat. Wenn wir in einer ausweglosen Situation waren hat Kai uns gerettet. Manchmal ist er wie aus dem Nichts aufgetaucht. Wenn einer von uns nicht mehr wusste wie weiter oder wohin, dann war er da.“ Max zuckte beinahe hilflos mit den Schultern. „Ich meine, es waren nicht immer freundliche Worte, aber im Endeffekt hatte er eigentlich immer Recht. Er hat einen Fehler gemacht, er hat es erkannt, er wird ihn nicht nochmal machen. Er war unser Captain. Ihr müsst das verstehen, oder? Ihr vertraut Tala doch auch.“ „Tala“, sagte Spencer schließlich langsam. Er wusste, dass Bryan nichts sagen würde und dass er derjenige war, der würde reden müssen. „Tala hat immer alle Schuld auf sich genommen und wenn er gekonnt hatte, dann auch die Strafen. Wer weiß, wo wir ohne ihn wären. Ihr wollt, dass wir zusammenarbeiten?“ Er machte eine Pause und sah zu den ehemaligen Bladebreakern hinüber. „Dann habe ich eine Bedingung. Urteilt nicht zu schnell. Wenn wir herausfinden, dass Tala etwas damit zu tun hat, dann urteilt nicht gleich über ihn.“ Er stockte. Er war es nicht gewöhnt so zu reden und es war ihm alles andere als angenehm, aber es gab Dinge, die gesagt, Dinge, die geklärt werden mussten. „Tala tut nichts… Böses um sich zu… um des Bösen Willen, um sich zu… bereichern, er tut Dinge nur für andere, nicht für sich selbst. Er denkt immer zuerst an andere.“ Spencer war sich nicht sicher, ob Ray, Tyson und Max ihm glaubten, ob sie ihn für voll nahmen. Er wusste nicht, ob es Erstaunen war, das in ihren Gesichtern stand, aber einen Augenblick später waren ihre Gesichter verständnisvoll. So verständnisvoll, dass es Spencer beinahe überraschte. Tyson nickte. „Keine voreiligen Schlüsse.“ versprach er. „Dasselbe gilt für Kai.“ Spencer nickte nach kurzem Zögern ebenfalls. Bryan zuckte nur die Schultern. Spencer konnte, ohne hinzuschauen, sagen, dass sein Teamkollege alles andere als zufrieden mit dieser Lösung war, doch selbst er schien keinen anderen Weg gefunden zu haben. „Was wisst ihr?“ wollte Spencer schließlich wissen um einen Anfang zu machen. „Habt ihr mit Kai gesprochen? Was hat er euch gesagt?“ Ray setzte sich auf und stützte seine Ellenbogen auf die Knie. „Ich glaube ich habe als Letzter mit ihm gesprochen.“ begann er und dachte nach. „Ich habe ihn gefragt was er weiß und er meinte ‚Nichts’, aber dass es Zeit würden es herauszufinden.“ Er zuckte die Schultern und sah dann u den beiden Russen hinüber. „Das ist alles.“ schloss er, als er bemerkte, dass sie auf mehr warteten. „Tala hat auch nichts gesagt.“ erklärte Spencer, während er beschloss nichts von dem streit zwischen Tala und Bryan zu erzählen. Die Bladebreaker mussten das nicht wissen. „Er meinte nur, dass wir uns heraushalten sollen.“ Sie wussten nichts. Gar nichts. Die einzigen beiden Personen, die anscheinend auch nur annähernd begriffen hatten worum es hierbei ging waren verschwunden, wie vom Erdboden verschluckt. Sie saßen in einer Sackgasse, in einer verdammten Sackgasse. Und das einzig Sinnvolle, dass man in einer Sackgasse tun konnte war zurückgehen. Blieb die Frage, wie weit? Wie weit würden sie zurückgehen müssen und in welche Richtung? ~~~ „Hey“, sagte Tala plötzlich in die Stille hinein, die nach ihrer letzten Auseinandersetzung entstanden war. Kai sah auf. Er saß noch immer an derselben Stelle, hatte die Knie angezogen und die verschränkten Arme auf die Knie gelegt. Mit Rücken und Kopf lehnte er an der Wand, die Augen hatte er bis eben noch geschlossen gehabt, nun waren sie auf Tala gerichtet. „Erinnerst du dich noch an die Unterrichtsstunden, die wir früher bei Boris hatten?“ Kai war so überrascht von der plötzlichen Frage und deren seltsamen Thematik, dass er nur vage nickte, obwohl Tala das in der Dunkelheit beinahe unmöglich sehen konnte. Er wusste nicht worauf genau Tala hinauswollte, doch Kai erinnerte sich gut an diese Stunden. Sie hatten alle still dagesessen, während ihnen etwas über Strategie und Technik beigebracht hatte, darüber was man tun musste um ein Match zu gewinnen. Nein, kein ‚Match’. Boris hatte es niemals ‚Match’ genannt. Kampf. Boris hatte immer ‚Kampf’ gesagt. „Boris hat gemeint, dass man einen Gegner niemals zu schnell besiegen darf, selbst wenn man die Möglichkeit hat ihn schon im ersten Augenblick aus der Arena zu kicken“, fuhr der rothaarige Russe fort ohne eine Antwort abzuwarten. „Er hat immer gemeint es sei eine völlig absurde Idee, weil es keinen ‚Spaß’ macht.“ Und ob sich Kai erinnerte. Der Russe verzog die Lippen zu einem schmalen Grinsen. Boris hatte das Prinzip eines schnellen Siegs nie verstanden. Seiner Meinung nach musste man einen ‚Krieg’, und er hatte ‚Krieg’ gesagt, vollkommen auskosten. Man musste mit seinem Gegner spielen, ihn langsam quälen, bis er flehend vor einem auf die Knie sank. Ein Krieg musste wie ein langsam wirkendes Gift sein. Es musste lange dauern, damit man genug Zeit hatte zu sehen, wie der Feind unterging und man den Triumph voll und ganz auskosten konnte. Es war eine Machtdemonstration. Es ging darum alle erkennen zu lassen, dass man sie getäuscht hatte, den Gegner, die Zuschauer, die Spezialisten. Man musste so lange warten, bis sie langsam bemerkten, dass das ganze Match von Anfang an unter der eigenen Kontrolle gestanden hatte, dass jeder Treffer des Gegners im Voraus geplant gewesen war, dass von Anfang an keine Chance bestanden hatte. Boris verachtete schnelle Siege. „Blitzkrieg Boys“, meinte Tala schließlich und Kai spürte regelrecht das zynische Grinsen auf den Lippen des rothaarigen Russen. Boris würde sich grün und blau ärgern, was natürlich der einzige Sinn und Zweck dieses Namens war. „Was hältst du davon?“ „Du warst nie besonders kreativ, wenn es um Namen ging.“ antwortete Kai schlicht, obwohl er den Namen eigentlich recht gut fand, vor allem wenn es nur darum ging Boris höhnisch ins Gesicht zu lachen. „Du magst ihn nicht?“ erwiderte Tala gespielt überrascht, dann zuckte er die Schultern. „Um so besser, dass es dich nicht betrifft.“ Darauf gab es keine Antwort, kein weiteres Wort. Kai schwieg und lehnte den Kopf wieder zurück gegen die Wand. Etwas stimmte nicht. Er wusste nicht, was es war, aber etwas hatte sich geändert. Natürlich hatte dieses seltsame Gefühl nichts damit zu tun, dass er irgendwo in einem verdammten Keller festsaß und ausgerechnet Tala der einzige Mensch war, der sich in derselben Situation befand. Vielleicht war es die Tatsache, dass sie ständig auf irgendwelche Themen kamen, es aber nicht fertig brachten einen vernünftigen Plan auszuarbeiten, der sie aus dieser misslichen Lage befreite. Es war absurd. Wenn er doch wenigstens wüsste, was Boris mit ihnen vorhatte. Doch Boris hatte nicht mit ihm gesprochen, sondern mit Tala. „Ich habe ein Angebot für dich, Kai. Nimm es an und mache denselben Fehler noch einmal.“ Das hatte er gesagt, aber bisher hatte er Kai kein Angebot gemacht. Noch nicht. „Ich weiß, was Boris vorhat.“ sagte Tala plötzlich, als hätte er Kais Gedanken gelesen. Kai sah überrascht auf. Tala wusste es? Tala hatte es die ganze Zeit gewusst? Fragen drängten sich in seinen Kopf, eine Menge Fragen und nicht alle besonders freundlich, doch er wartete, wartete darauf, dass Tala weiter sprach. „Woher?“ fragte er schließlich, als ihm klar wurde, dass Tala nicht vorhatte etwas zu sagen. ‚Woher’ war nicht unbedingt die erste Frage, die ihm auf der Zunge gelegen hatte. ‚Was’ und ‚Wehalb hast du mir das nicht eher gesagt’ wären bei weitem interessanter gewesen, doch auf sie hätte Tala womöglich nicht geantwortet. „Er hat es mir gesagt.“ antwortete Tala und seine Stimme klang plötzlich stumpf und seltsam leer. „Du hättest es mir sagen können. Anstatt zu warten bis Boris mir höhnisch ins Gesicht lacht.“ ~~~ *hust* Entschuldigung! Ich musste diesen Cliffhanger einfach einbauen, auch auf die Gefahr hin, dass mich jetzt jeder Leser hasst. Auf Wunsch ein Flashbackfreies Kapitel. Einen weiteren Flashback wird es noch geben (ein großen, aber wahrscheinlich zerstückelten), aber hey, den schafft ihr auch noch! *g* Ansonsten bleibt nur zu sagen, dass die Geschichte langsam zu Ende geht (vielleicht noch vor Weihnachten; das aber als unverbindliche Aussage) und die noch kommende Kapitelzahl eher im unteren einstelligen Bereich liegt. Ich wünsche euch noch einen schönen Abend, Nordwind Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)