Deepest Gold von Bettyna (Who are you, holy flame?) ================================================================================ Kapitel 6: Face time -------------------- Seika suchte nach dem gerade beendeten Abendessen ihr Zimmer auf, um das wunderschöne Katana, das Kisame ihr geschenkt hatte, auf ihrem Schreibtisch abzulegen. Sie lächelte immer noch bei dem Gedanken daran. Der Haimann hatte ihr angeboten, sie vertrauter im Umgang mit dem Schwert zu machen. Auf ihrem Weg in das Gebäude nach dem Training hatte er sie gefragt, ob sie mit dieser Waffe kämpfen konnte. Seika hatte ehrlich geantwortet. Sie kannte nur die generellen Grundtechniken und mehr nicht. Sie hatte sich auch nie bemüht, mehr zu lernen, da sie sich voll auf die Ausbildung ihrer eigenen Kräfte beschränkt hatte, die nur deshalb nun so präzise ausgebildet waren. Kisame meinte, es wäre ein Schande, kein Katana führen zu können, obwohl er das mit einem Grinsen gesagt hatte und das sie es bei ihrem Talent und Können sicher auch schnell lernen würde. Sein Gram über ihren Kampf war schnell verflogen und sein Sarkasmus hatte wieder seinen allezeit präsenten Platz eingenommen. Obwohl sie es nicht in vollem Ausmaße gezeigt hatte, Seika war überaus gerührt von dieser Geste. Kisame hatte überhaupt keinen Grund das zu tun, er hatte nicht die Pflicht, sie im Schwertkampf zu unterweisen. Aber er wollte es, obwohl sie sich erst seit einigen Tagen kannten und noch nicht viel miteinander geredet hatten. Er fände es lustig, einmal eine Schülerin zu haben, wie er zu Seika gesagt hatte. Sie hatte ihm ein ehrliches, dankbares Lächeln geschenkt. Vielleicht wollte sie es sich nur einbilden, aber sie glaubte, einen verlegenen Ausdruck in Kisames Gesicht gesehen zu haben. Die Erinnerung ließ sie leise kichern. Aber Seika blieb nicht lange in ihrem Zimmer. Sie hatte plötzlich eine starke Neugier, die sie wieder in den Gemeinschaftsraum trieb, obwohl sie sich nicht einmal sicher war, ob sich dort überhaupt irgendjemand aufhielt. Sie war recht überrascht, als sie dort zwei bestimmte Personen sah. Beide hatten sie schwarzes Haar. Es waren Tobi und Itachi. Die Männer sahen auf, als Seika den Raum betrat, nicht anders gekleidet als gestern. Ein Blick auf Tobi sagte ihr, dass seine Maske wieder an Ort und Stelle saß. Trotzdem konnte sie ihn darunter lächeln fühlen. „Seika-san“, sagte er und seine Stimme klang überrascht und freundlich, aber dumpf im Vergleich zu den Worten, die er unmaskiert auf dem Trainingsfeld gesprochen hatte. Weil die beiden Männer nicht danach aussahen, als hätten sie etwas Wichtiges besprochen oder als ob sie überhaupt etwas Sinnvolles taten, trat Seika ein paar Schritte näher, nachdem sie von Tobi begrüßt wurde. „Wollen wir die Höflichkeitsfloskeln nicht weg lassen?“, entgegnete die Brünette darauf, denn Tobi war der Einzige der Akatsuki außer Pain, der diese formalen Anreden benutzte. Tobis Haltung versteifte sich etwas, doch dann nickte er langsam. „Aber nur bei Gegenseitigkeit, Seika“, antworte er und wirkte aufgeregt und verlegen, während er am Saum seines Ärmels herum zupfte. „Gerne, Tobi“, antwortete sie und lächelte zart. Sie drehte ihren Kopf leicht zu Seite und sah, dass Itachis rote Augen auf ihr lagen. Sie erwiderte den Blick ungezwungen und ruhig. Keiner der Beiden war gewillt, seine Augen zuerst abzuwenden. Es war eine recht seltsame Situation. Etwas in Seikas Magen zog sich zusammen und sie verkrampfte sich leicht. Sie durfte nicht so unbedarft sein, vor allem nicht in der Anwesenheit des berüchtigten Uchihas. Er war derjenige, der seine Familie und seinen besten Freund getötet hatte. Und warum? Um das zu werden? Ein emotionsloser Killer? „Auf ein Wort, Seika“, sagte er und seine dunkle Stimme ließ die junge Frau in dem Glauben, dass er ihre Gedanken gut erkannt hatte. Jedoch lag in seinem Ton nichts Böses, sodass sie sich wieder etwas entspannte. „Ja, Itachi?“ Es war nicht das erste Mal, dass sie seinen Namen in seiner Gegenwart gesagt hatte, doch es fühlte sich… merkwürdig an. Ihre Zunge und ihre Lippen wogen diese Situation und das Wort vorsichtig ab. Sollte sie ihn vielleicht respektvoller anreden? Er war der Einzige der Anderen, bei dem sie solche Gedanken hegte, denn bei Pain war es ihr klar gewesen, dass sie ihn mit Achtung ansprechen musste. Doch Itachi war ein anderer Fall. Er hatte sie in der Kammer mit einer seiner mächtigsten Techniken gefoltert und trotzdem war Seika so seltsam gelassen in seiner Gegenwart. Dies konnte schnell schlimm ausgehen. Doch vielleicht bewirkte dies ihre neu aufkeimende Neugier. „Setz Dich“, sagte er nur. Seika nickte bereitwillig und ging noch näher. Sie wollte sich anhören, was er zu sagen hatte. Tobi rutschte zur Seite, damit sie seinen Platz einnehmen konnte. Am Rande bemerkte sie, dass sie damit exakt so saß, wie gestern, nun jedoch zwischen zwei Uchihas. „Worum geht es, Itachi?“, fragte sie, erneut seinen Namen nennend. Plötzlich erinnerte sie sich, dass er wohl schon gestern mit ihr hatte sprechen wollen, doch es hatte sich nicht mehr ergeben, nachdem Seika wütend nach Deidaras und Kisames Reaktionen auf sie den Raum verlassen hatte. „Erzähle mir über meinen Bruder“, forderte er, ohne eine erkennbare Neugier oder ähnliches in der Stimme. Das war es also. Seika runzelte die Stirn. „Ich weiß nicht, ob ich das tun werde“, erwiderte sie ohne zu zögern, weil das genau ihre Gedanken waren und dachte nicht darüber nach, ob diese Widerworte Itachi vielleicht erzürnen könnten. Doch eines war klar: Warum hatte sie vorher nicht daran gedacht, dass genau diese Frage von dem Uchiha kommen würde? Seika kam direkt aus Konoha und als alte, entfernte Bekanntschaft von Sasuke und seinem Team 7 war diese Frage von dem älteren Bruder nur zu berechtigt. Itachis Augen verengten sich kaum merklich nach ihren gesprochenen Worten. „Du weißt also Bescheid. Hat er es Dir erzählt?“, fragte Itachi und spielte damit auf die prekäre Familiengeschichte des Clans an, worüber die Brünette wohl einige Kenntnis hatte. Seika lachte sachte auf diese Frage. „Nein, er persönlich hat es mir sicher nicht anvertraut. Die einzigen Worte, die wir in letzter Zeit gewechselt haben, waren nicht besonders friedfertig. Auch nach zehn Jahren scheint er immer noch… irgendetwas gegen mich zu haben. Nein, ich weiß es von Sakura, einem seiner Teammitglieder“, antwortete sie. Nach ihrer Rückkehr und dem immer noch feindlichen Verhalten von Sasuke ihr gegenüber, hatte sich Seika deswegen an die Kunoichi mit den pinken Haaren gewandt und diese hatte ihr dann von dem Neid des jüngeren Uchihas erzählt und auch ein wenig von den Geschehnissen, die der Auslöser dafür gewesen waren. Danach konnte sich Seika endlich ein Bild machen, weswegen Sasuke immer so auf sie reagierte. „Ich erinnere mich. Du hast schon mit 8 Jahren die Prüfung zum Genin bestanden. Sasuke ist wohl mit dem Gedanken nie fertig geworden, dass Du, eine Kunoichi, so viel besser warst als er“, gab er nachdenklich und auch mit einem Hauch von Spott zurück. Seika zeigte ihre Verblüffung ganz offen. Itachis Worte sagten die Wahrheit. Sasuke war verärgert gewesen, dass ein Mädchen so früh die Akademie abschließen konnte und ihn damit weit zurück ließ. Er hatte sie dafür gehasst, dass sie so viel besser war als er und dass er so viel schlechter war als sein Bruder, den er töten wollte, der die Akademie sogar noch ein Jahr früher abgeschlossen hatte… Itachi wusste das alles noch, obwohl es so viele Jahre her war? Hatte er sich einmal für so etwas interessiert? Ihre Verblüffung endete in einem offenen Lächeln, das er natürlich nicht erwiderte, aber das war nicht schlimm für sie, sie registrierte es nicht einmal, weil es nur ihre eigenen Gefühle ausdrückte. „Nun, Sasuke geht es ansonsten relativ gut. Er ist zwar frustriert, dass er Dich bisher nirgends finden konnte und trainiert deswegen wie besessen. Doch das und seine Freunde lenken ihn etwas ab“, erklärte die Brünette. So intensiv, wie Itachi plötzlich in ihre Augen sah, ließ sie vermuten, dass er sie wohl an ihrer goldenen Augenfarbe erkannt haben musste, die doch ziemlich einzigartig war, wie sie selber zugeben musste. Doch der Knoten in ihrem Magen wurde gleichzeitig fester. Irgendwie verwirrten sie diese roten Augen, die plötzlich einen leicht missbilligenden Ausdruck bekamen. „Also lässt er sich gehen. So wird er sein Ziel nie erreichen“, sprach er mit einer Spur Verachtung aus und fixierte mit seinem Sharingan einen Punkt hinter Seikas Schulter. Die junge Frau ließ wieder ein sanftes Lachen hören, was sie nicht unterdrücken konnte, weil die ganze Sache so kontrovers war. Itachi verbarg sich, damit er nirgends auffindbar war, wollte aber gleichzeitig, dass Sasuke ihn fand. Was war das für eine Verbindung zwischen diesen beiden Brüdern? Seika konnte sie nicht so ganz nachvollziehen, doch eines wusste sie und wollte es auch sagen. „Sein Ziel? Dich zu besiegen? Willst Du das wirklich? Hat er es denn nicht auch verdient, etwas Ruhe in seinem Leben zu haben? Natürlich kann ich nicht nachvollziehen, was ihr alles durchgemacht habt, aber ich kann mir vorstellen, dass er müde ist, nach Dir zu suchen. Du versteckst Dich, um ihn anzutreiben, doch das Gegenteil projiziert sich auf ihn. Er genießt die Anwesenheit seiner Freunde. Er zieht aus ihnen das Gefühl einer Familie, die er, glaube ich, noch nie richtig hatte“, führte sie mit ruhiger Stimme aus. Ein scharf eingezogener Atem von Tobis Seite ließ Seika enden. Mit leichten Sorgen sah sie Itachi entgegen, dessen Augen seinen Zorn plötzlich gut vermittelten. „Niemand fragt Dich um Deine Meinung“, stieß er hervor. Seine Augen hatten plötzlich einen dunkleren roten Ton angenommen, vor dem die junge Frau etwas zurück zuckte. Seika wusste, dass sie sich in unsicheres Terrain begeben hatte, doch was machten schon ein paar Worte aus? „Ich richte damit niemanden, Itachi, und ganz bestimmt nicht Dich. Warum sollte ich auch? Du wolltest etwas über Deinen Bruder wissen und ich gab es aus meiner Perspektive wieder. Wie Du weißt, habe ich nicht viel mit Sasuke zu tun gehabt“, erwiderte sie sachte und fuhr fort, ihm in die Augen zu sehen, Augen, die sie auch schon bei Sasuke gesehen hatte, jedoch nicht oft, und deren Macht sie irgendwie faszinierten. Itachi schien sie immer zu tragen. Sie fürchtete sich zwar davor, seine Wut auf sich zu ziehen und deshalb hätte sie auch still sein können, doch dann würde das alles ungeklärt bleiben. Und Seika wollte wirklich nicht, dass er wegen einfachen, leeren Worten verärgert blieb. Hätte Itachi nicht so eine gute Beherrschung, dann würde man es in seinem Gesicht sehen, wie sein Verstand arbeitete. So dachte Tobi heimlich in diesem Moment und schmunzelte unter seiner Maske. Der Uchiha mit den langen Haaren blickte einen weiteren langen Moment in die goldenen Augen der jungen Frau. Die Sanftheit in ihnen war unbeschreiblich groß und trotzdem hatten sie etwas so Unerschütterbares und Anziehendes, zusammen mit ihrer dunklen und zugleich warmen Stimme, die so ruhig war, wie ein windstiller Tag, und die Worte sprach, die – zu seinem Missfallen – so richtig waren… „Hn“, machte er nur und wandte sich daraufhin mit vor der Brust verschränkten Armen ab. Sein Gesicht war wieder unlesbar und sein Sharingan war wieder ganz normal. Seika schloss ihre Augen, schürzte ihre Lippen und atmete tief durch. Sie hoffte, dass das ein gutes Zeichen war und Itachi ihr ihre Worte nicht allzu sehr nachtrug. Ihr nächster Blick galt Tobi, der abwechselnd seinen Blutsverwandten und die Brünette betrachtet hatte, als ob er auch etwas fragen wollte, sich jedoch unschlüssig war, was er sagen sollte, oder aber sich nicht sicher war, ob er sich überhaupt trauen sollte. „Ist dein Kinn in Ordnung, Tobi?“, fragte sie ihn daher fürsorglich. Irgendetwas in der Reaktion, die Tobi auf ihre Frage zeigte, ließ sie annehmen, dass er errötet war. Der Gedanke daran ließ sie innerlich kichern. Sie hatte aber auch wirklich eine dumme Frage gestellt, wie sie im Nachhinein erkannte. Traute sie denn ihren eigenen Fähigkeiten nicht? Sie hatte ihn doch eigenhändig geheilt. Doch nun war sie müde. Das Gespräch und die Gegenwart von Itachi hatten sie doch etwas ausgelaugt, nicht nur emotional. Es war aber auch ein anstrengender Tag gewesen. Deshalb erhob sie sich langsam. „Ich gehe jetzt zu Bett. Gute Nacht“, sagte sie zu den beiden Männern, ohne einen von ihnen noch einmal anzusehen und verließ den Raum. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)